11.2. Losgerissen

Schwer wars, sehr schwer. Aber endlich habe ich mich losgerissen vom Tichka Paradies und mich wieder in die Arbeit gestürzt. Mehr als 65 km habe ich aber nicht geschafft. Nachdem sich mein Auto 8 Tage vor dem Tichka ausgeruht hat, kontrollierte ich gestern das Öl und musste feststellen, dass der Ölwechsel überfällig war. Und ich will damit immerhin noch bis nach Mauretanien. Also wieder eine Aufgabe für meinen gelben Engel Abdou. Er holte das Auto in der Frühe ab und um 11 Uhr konnte ich dann losfahren.
In Marrakech fand ich die Abzweigung nach Asni nicht, kein Wunder, ich schaute immer links und dabei ist sie rechts. Ein Polizist hielt mich an, weil ich das GPS in der Hand hatte, dachte, es wäre ein Telefon, meinte, nur fest installierte Navis dürfe ich während der Fahrt nutzen, hatte aber dann doch ein Einsehen mit mir. Und plötzlich stand ich ohne es zu wollen, mal wieder vor dem Camping Ourika Camp. Diesmal habe ich auch Jerome kennengelernt. Vor einem halben Jahr ist ja der Vater, der das Camp aufgebaut hat, verstorben, und Jerome und seine Schwester kümmern sich nun um den Platz. Sehr, sehr nette Leute. Sie sind Franko-Kanadier, sprechen daher englisch und französisch, aber kein Deutsch. Ich hatte ja schon beim erstenmal gemerkt, dass dies nun der angenehmste Platz um Marrakech ist, und das kann ich nur erneuern. Es gibt oft deutsche Dauercamper und Jerome denkt sich immer was besonderes aus. Jeden Mittwoch gibt es Quiche und Salat (roch absolut köstlich), am Freitag Couscous, beides gegen Bezahlung, soll aber sehr gut sein, und am Sonntag schließlich gibt es immer Crepes kostenlos. Die geben sich echt Mühe. Es war auch nicht so dicht an dicht wie im Relais.
Dann gings weiter Richtung Ouirgane. Ich bin schon ein paar Jahre nicht mehr die Tizi-n-Test Straße gefahren und hatte richtig vergessen, wie schön die ist. Schöner als der Tizi-n-Tichka. Und zumindest bis Ouirgane auch in gutem Zustand. An der Straße nach Amizmiz liegt das Restaurant L’Oliveraie de Marigha. Das hatte ich vor ein paar Jahren mal entdeckt und war begeistert. Nicht nur, weil es herrlich liegt und einen großen Pool hat, sondern auch, weil es recht preiswert war. Mit nur einem Getränk konnte man den Pool nutzen. Nun, das hat sich geändert. Nun muss man für ein Menü mit Pool stolze 250 DH zahlen. Ein Franzose hat den Platz erst kürzlich übernommen, bietet auch schöne, geräumige Zimmer an und zumindest die Speisekarte liest sich sehr lecker, eher Französisch als Marokkanisch.
Kurz danach folgt La Bergerie, aufgebaut von einem französischen Ehepaar. Leider musste ich erfahren, dass der Ehemann vor einem Jahr verstorben ist. Die Ehefrau hatte während der letzten Zeit der Krankheit ihres Mannes und auch danach das Hotel vermietet, aber nun ist sie wieder zurück. In der Bergerie kann man ja ganz nett mit dem Wohnmobil stehen. Es wird keine Gebühr erhoben, man muss nur im Restaurant essen. Und es muss nicht das komplette Menü sein. Ein sehr angenehmer Platz mit Piscine, die beste Stellmöglichkeit am Tizi-Test. Wir haben übrigens heute ein wunderbar sonniges Wetter und schön warm, hier ist es ja noch nicht so hoch.
Und nun bin ich also Chez Momo, eine wunderschöne Auberge in Ouirgane. Ich lernte sie um das Jahr 2002 kennen und war begeistert. Der damals noch ziemlich junge Momo hatte da etwas sehr schönes kreiert, aber kurz danach musste sie dem neuen Stausee weichen. Doch letztendlich hat sich das zum Guten gefügt, die neue Lage am Berghang auf größerem Terrain ist wunderbar, bietet eine tolle Aussicht und Momo hat alles noch viel schöner aufgebaut.
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In Skoura gibt es die Auberge Talout. Ich habe in meinem Führer geschrieben, dass es dort das beste Brot von Marokko gibt. Ich fürchte, ich muss das revidieren oder zumindest mit Momo auf eine Stufe stellen. Das hausgebackene Galette ist ein solches Gedicht, dass ich, die ich mit Kohlehydraten eher spare, nicht widerstehen kann. Eigentlich bräuchte ich sonst nichts mehr. Die Gemüsecremesuppe ist auch gut. Aber der Renner ist das Tajine. Und zwar nicht, weil es so besonders ist. Zum Beispiel im Riad Dar Sofian habe ich ein viel schöneres bekommen. Nein, der Grund ist dieser. Als ich vor fast drei Jahrzehnten durch Marokko reiste gab es keine eleganten Auberges. Einfache Hotels, die keinerlei Mahlzeiten anboten. Aber ich war häufig in Familien eingeladen und dort haben wir alle zusammen die Sauce aus dem Tajinetopf mit dem Brot aufgetunkt und es war einfach köstlich. Heute wird das Tajine, das oft noch nicht mal tatsächlich in dem Tontopf gekocht wurde, mitten auf den Tisch gestellt und man schöpft dann auf einen kalten, weißen Teller. Der Geschmack ist einfach dahin.

Nicht jedoch im Chez Momo. Ein schöner weißer Teller, darauf ein Untersetzer aus Palmstroh, und darauf wird das Tajine gesetzt. Und dann kann man tunken, was das Herz begehrt. Der leicht eingebrannte Boden zeigt, dass das Tajine direkt in diesem Topf zubereitet wurde. Und die Sauce ist köstlich. Genauso wie das Mousse au Chocolat, das danach kommt. Wollte ich nicht eigentlich abnehmen?