Archiv für den Monat: April 2014

7.4. Schulbesuch

Mein erster Gang heute früh ist zur Ecole vivante, ein interessantes Schulprojekt im „Glücklichen Tal“ Ait Bouguemès, geleitet von einer Deutschen. Stefanie kam während einer Studienfahrt nach Marokko und verliebte sich in den Reiseführer Haddou, mir bekannt aus der Tichkafamilie. Sie gab Studium und Leben in Deutschland auf, kam nach Marokko und führte zunächst zusammen mit ihrem Mann Reisegruppen. Aber schon bald merkte sie, dass dies nichts für sie ist, zudem gründete sie in dem kleinen Bergdorf Timit eine Familie und bekam vier Kinder. Etwa zu der Zeit, als ihr Ältester schulpflichtig wurde, kam sie in Kontakt mit einem schweizer Verein, der Schulprojekte im Ausland unterhält. Ermutigt durch diese Hilfe gründete sie schließlich zusammen mit ihrem Mann diese private Dorfschule und geht ganz in diesem Projekt auf. Hier werden die Kinder ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen nach unterrichtet, dennoch gemäß dem marokkanischen Schulplan. Die Schule ist offiziell anerkannt. Stefanie unterrichtet Französisch und Kunst, aber in erster Linie kümmert sie sich um die Leitung.

Angefangen hat alles vor vier Jahren mit der ersten Klasse. Jedes Jahr kommt eine neue Klasse hinzu, im Moment ist die vierte Klassenstufe erreicht, die marokkanische Grundschule hat sechs Klassen. Inzwischen gibt es 30 Schüler und eine große Nachfrage. Aber nicht nur die Kinder werden ausgebildet, auch die Lehrer lernen, dass es noch andere pädagogische Instrumente gibt als den Rohrstock. Konflikte zwischen den Schülern werden gewaltfrei gelöst. Haddou hat das Haus, in dem die Schule ist, einst für seine Familie und vielleicht noch als Gästehaus konzipiert, es ist also geräumig. Aber da Stefanie kein touristisches Projekt machen wollte, wird nun ein Teil des Hauses als Schule genutzt. Doch reicht dies nicht aus, die Familie wird bald in ein neues Haus umziehen und das alte kann komplett als Schule genutzt werden.

Schon der äußere Eindruck ist sehr viel anders als die staatlichen Schulen. Alles wirkt freundlich und einladend, im Garten wachsen Blumen, sind Tische und Stühle aufgestellt für die Frühstückspause. Dann gibt es Tee, Brot und Olivenöl. Die Toiletten sind sauber, arbeiten nicht mit Wasser, sondern mit Kompost, und auf einem Plakat wird den Kindern das Prinzip erklärt. In einer Ecke ist ein kleiner Schulgarten, die Beete säuberlich mit Namensschildchen versehen. Jeder Klassenraum ist mit den Werken der Schüler geschmückt, es gibt eine Bibliothek mit Büchern. Die Eltern müssen Schulgeld bezahlen, doch ist dies den Einkommensverhältnissen angepasst, eine Beamtenfamilie zahlt etwa 25 Euro im Monat, eine arme Familie vielleicht auch mal gar nichts. Und es gibt für etwa 7 – 8 Kinder einen Lehrer, das ist leider bei uns auch Utopie. Doch die Kinder hier müssen auch besonders gefördert werden. Sie kommen meist aus Berberfamilien und sprechen nur diese Sprache, in der Schule ist die erste Sprache Arabisch und die Kinder verstehen oft gar nichts.

Auf jeden Fall bekomme ich den Eindruck, dass die Kinder hier sehr gerne hingehen, auffallend war auch, dass keinerlei Geschrei zu hören war. Und natürlich kann auch diese Schule Unterstützung gebrauchen. Geld wäre natürlich ideal, um Lehrer zu bezahlen, um die Schule ausbauen zu können, Lernmittel anzuschaffen. Doch auch Sachspenden sind willkommen. Vor allem Wohnmobilfahrer, die in diese Gegend kommen, sind aufgerufen, den Platz in ihrem Gefährt zu nutzen. Helfen tut auch schon nur eine Transportmöglichkeit. Ein Unterstützer-Verein in Deutschland sammelt Sachspenden und benötigt ab und an Transportmöglichkeiten. Zur Frage an Stefanie, was denn aktuell benötigt wird, heißt es: Zahnbürsten und Fußbälle!

Also, wer kommt demnächst nach Marokko und kann einige Zahnbürsten mitbringen?

Kontakt: Itto Stefanie Tapal-Mouzoun, www.ecolevivante.com, info@ecolevivante.com, Tel. 00212 672 26 76 88

Die Schule darf gerne besichtigt werden, aber nur in der Frühstückspause:

Sommer 11:30 – 12 Uhr, Winter: 10:30 – 11 Uhr

Danach ging es noch nach Ibakklioune. Dieses wunderschöne und noch sehr original erhaltene Dorf ist nicht nur wegen den prähistorischen Dinosaurierspuren einen Abstecher wert. Alle Häuser sind aus dunkelbraunem Lehm errichtet, kein Beton stört den schönen Anblick. Am Dorfbrunnen waschen die Frauen ihre Wäsche, kommen die Hühner und Esel vorbei, um zu trinken. Die Menschen sind freundlich, weisen den Weg zu den Dinosaurierspuren. Diese sind über einen kleinen Weg zwischen den Häusern zu erreichen. Auf einer schrägen Felsplatte sind deutlich die Spuren von Dinosauriern zu erkennen. Vor 250 Millionen Jahren war an dieser Stelle noch ein großer See. Die Dinosaurier spazierten am Ufer entlang, Sand oder Schlamm füllten die Trittspuren, bevor sie verwittern konnten. Immer mehr Erde lagerte sich darüber ab und presste die Abdrücke über Millionen Jahre zu Stein, und durch die Faltung des Hohen Atlas später wurde die Felsplatte hochgeschoben. Durch Verwitterung wurde die Füllung ausgewaschen und die Spuren freigelegt.

6.4. Auf neuen Wegen

Kaum habe ich mich von meiner bequemen Burg Tichka losgerissen, kommen sie wieder, die tollen Erlebnisse und neuen Eindrücke. Auch nach 30 Jahren Marokko erlebe ich auf jeder Reise etwas Neues, nie Gesehenes. Zunächst geht es auf einer unbedeutenden Straße nach Demnate und von dort weiter nach Imi-n-Ifri. An der Naturbrücke war die Hölle los. Sechs Reisebusse standen an diesem herrlichen Sonntag dort, brachten marokkanische Familien. Bei diesem Andrang habe ich lieber nicht gestoppt und fuhr weiter zu den Dinosaurierspuren, die nur 6 km entfernt von der Brücke liegen. Dort war es zwar wesentlich ruhiger, aber dennoch kamen sofort Kinder und wollten sich ein paar Dirham verdienen. Nicht mit mir. Ich kannte die Spuren schon, außerdem wurde inzwischen ein Hinweisschild aufgestellt. Bisher war ich auf dieser Straße noch nicht weiter gefahren, aber Haddou aus der Tichkafamilie hatte mir gesagt, dass dies eine gute Verbindung ins Tal Ait Bouguemès ist. Und das war sie.

Satte rote Erde, frische, tiefgrüne Vegetation, alte Lehmdörfer, in der Ferne glitzern schneebedeckte Gipfel, es geht über viele Kurven hinauf und hinab. Die Frauen waschen die Wäsche am reißenden Fluss oder sitzen vor den Häusern und spinnen die Wolle, Schafe kreuzen den Weg. Wunderschön, nur – ich muss mal – und nirgendwo ist eine ruhige Toilette zu finden. Es gibt kaum richtige Dörfer, aber immer wieder Bauernhöfe. Die Erde ist fruchtbar, das Wasser kein Mangel. Die schmale Teerstraße ist gut, aber an jeder Furt ist der Asphalt weg gerissen, da kann man sich vorstellen, was bei Regen so los ist. In endlosen Kurven geht es bergan und bergab, ich komme kaum vorwärts, weil ich dauernd anhalten und fotografieren muss. Nur wenige Kilometer von dem Luxus von Marrakech und was für eine unberührte Natur, was für eine Schönheit der Landschaft. Ideal ist die Strecke für Motorradfahrer, hier gibt es Kurven satt. Gefällt mir noch besser als die Strecke entlang der Cathedrale des Roches, es ist ein richtiger Geheimtipp.

Natürlich schaue ich gleich, wo es einen Platz gibt, der sich als freier Stellplatz eignet. Entlang der Straße gibt es tatsächlich wenige Parkmöglichkeiten, ich finde auf der ganzen Strecke nur einen Platz, der anfahrbar ist, wenn auch nicht ganz eben. Doch von dort hat man eine wunderbare Aussicht auf ein Lehmdorf und kommt auch noch in den Genuss des Muezzinrufes. Und nach nur 72 km, viel zu früh, komme ich in Agouti bei Beatrice in der Auberge Flilou an. Agouti liegt im Tal Ait Bouguemès, auch genannt das Glückliche Tal wegen seiner blühenden Landwirtschaft. Aber langsam frage ich mich, ob es vielleicht so heißt, weil es hier immer noch kein DSL und damit kein Wi-Fi gibt. Hier ist man von der Welt abgeschlossen. Nur mit dem langsamen Modem kann man sich verbinden, und meins ist abgelaufen.

5.4. Abschied von der Tichka-Familie

Einmal muss es ja sein, einmal muss ich hier weg. Nachdem ich den guten Direktor Moulay Abdellah den ganzen Tag nicht gesehen habe und auch sonst statt die herrliche Sonne zu genießen nur gearbeitet habe, fühlte ich mich am Abend ein wenig einsam, wusste nichts mit mir anzufangen, ging hinaus, lief ein paar Schritte und da fuhr so ein blöder Kleinwagen direkt auf mich zu. Drinnen Abdou und Abdou, zwei aus der Tichkafamilie. Sie wollten mich besuchen, da es doch mein letzter Tag war. Also gingen wir alle wieder hinein und setzten uns zusammen und langsam wurde dann die Familie immer größer, endlich kam auch der Direktor aus seiner Kemenate, wo er den ganzen Tag zusammen mit den Buchprüfern gesteckt hat. Es ist einfach immer wieder schön hier und ich zeige euch hier ein paar Teile aus der Tichkafamilie, die Trennung nach Geschlechtern ist rein zufällig. Und alle Mitglieder sind nicht drauf, sie setzen sich ja auch jeden Abend anders zusammen.

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Es war wieder ein richtig schöner Abend. Und als ich fragte, wie man denn die karamellisierten Tomaten herstellt, flüsterte Moulay mit dem Kellner, ich dachte, nun fragt er den Koch, aber nein. Nachdem wir alle schon gegessen hatten, kam ein großer Tajinetopf mit eben diesem Gericht. Und schließlich auch die Köchin Khadija, um mir das Rezept zu erklären.

Süße Tomaten à la Khadija

2 kg Tomaten aufschneiden und häuten, mit 2 Esslöffel Öl, etwas Salz und Zimtstange köcheln, bis das Wasser einkocht. Dann eine marokkanische Suppenschale voll Puderzucker dazu geben und weiter köcheln lassen, bis eine sämige Paste entsteht.

Ich werde es zu Hause ausprobieren.

 

tajine

Noch 3.4. Die Liebenden von der Mohammed VI

Der Abend endete dann mal wieder anders als gedacht. Gegen 18 Uhr zog ich mich um für die üblichen Kamingespräche. Aber die einzige, die ich traf, war Amina im Jogginganzug, eine Hotel-Repräsentantin aus Ouarzazate, die auf der Suche nach einer Begleiterin für ihren Abendlauf war. Aber eigentlich wollte Abdou ja gegen 18 Uhr vorbei kommen. Nur bei dem Mann weiß man ja nie. Ein Anruf ergab, dass er gegen 20.30 Uhr kommen wird. Also schnell ins Renn-Outfit und ab mit Amina. Während ich bevorzuge, kein Auto zu nutzen und gleich ab Hotel zu joggen, wollte sie lieber in eine ruhigere Gegend, also fuhren wir in der hereinbrechenden Dämmerung mit schweren, schwarzen Wolken über dem Atlas zum Boulevard Mohammed VI und den Menara Gärten. Das ist schon was anderes. Der Boulevard hat einen breiten, gepflegten Mittelstreifen, mit Blumen bewachsen, ab und zu einen Springbrunnen, und dazwischen überwucherte Lauben mit Bänken, der ideale Platz natürlich für Liebespaare. Und wer denkt, dass es die in einem islamischen Land nicht gibt, der irrt ganz gewaltig. Fast jede Bank war besetzt und es war sehr interessant zu sehen, dass die jungen Leute in Marokko die gleichen Bedürfnisse und Wünsche haben wie alle jungen Leute auf der ganzen Welt. Es war ein Geknutsche überall und machte mir richtig Spaß. Immer nur wird von den unterdrückten Frauen in einem islamischen Land gesprochen, aber Marokko zeigt, dass es auch ganz anders gehen kann. Wie ich gesprächsweise hörte soll der König nun sogar ein Gesetz unterzeichnet haben, das es einem Muslim gestattet, in eine andere Religion zu konvertieren. Das wäre wirklich revolutionär.

Als ich dann ins Hotel zurückkam stand mein Abholer schon an der Rezeption, aber zu meiner Überraschung war es nicht Abdou, sondern ein Fahrer. Für eine Dusche war keine Zeit mehr, kurz die Kleidung gewechselt und ab ins Auto. Und dort saß ein deutsches Paar, das mich ebenso überrascht ansah wie umgekehrt. Abdous Spezialität ist, immer eigene Pläne zu haben und sie nie zu kommunizieren. Das Paar war erst am Abend in Marrakech zur ersten Marokkoreise angekommen, wollte sich gerade nach einem Restaurant zum Abendessen umschauen, als ein Anruf im Riad besagte, dass sie abgeholt werden würden. Es stellte sich heraus, dass es Bekannte von Abdous Familie in Hamburg waren, und das erforderte eine Spezialbehandlung. Ich hatte Abdou erst vor ein paar Tagen nach dem Restaurant Al Fassia gefragt, das einen sehr guten Ruf hat, aber vor allem dafür bekannt ist, dass dort nur Frauen beschäftigt sind. Als wir am Dienstag aber zum Essen gehen wollten hatte das Restaurant seinen Ruhetag. Und um mir eine Freude zu machen ging es also nun ins Al Fassia. Zwar nicht in Gueliz, denn das Lokal dort ist immer lange vorreserviert, aber es gibt ein zweites im gleichen Stil in der neuen Hotelzone in Agdal. Und ganz im Gegensatz zu dem Azar war dies keine Enttäuschung. Im Al Fassia verzichtet man auf alle überflüssigen Showeffekte und bietet statt dessen eine bodenständige Feser Küche an, serviert von traditionell gekleideten Damen. Gestern war ich noch überrascht über die karamellisierten Tomaten, aber auch hier im Al Fassia stehen sie auf der Karte. Und so bestellten wir drei Ausländer jeweils ein anderes Tajine, aber alle mit karamellisierten Zutaten, Tomaten, Zwiebeln, Zucchini, aber Abdou hatte ein traditionelles Hühnchen mit Oliven. Toll war die Vorspeisenplatte, sie bestand aus kleinen gefüllten Teigtäschchen und darum gruppiert unzählige Schälchen mit verschiedenen Salaten. Wenn ich das nun direkt mit dem Hühnchen am Abend zuvor im Tichka vergleiche, so war es im Tichka geschmacklich ein wenig besser, im Al Fassia aber war die Vorspeisenplatte besser. Alles in allem muss man aber sagen, das Al Fassia ist sein Geld wert, wesentlich mehr als das Azar. Und wir wurden so reichlich satt, dass kein Platz mehr für ein Dessert blieb.

Als ich todmüde ins Tichka zurückkam musste ich ein letztes Glas mit Moulay Abdellah trinken und ihm beichten, dass ich fremd gegessen habe. Als ich ihm aber versichern konnte, dass sein Hühnchen viel besser war, hat er mir verziehen.

3.4. Die Prinzessin bleibt

Eine Gruppe hat storniert! Hat 12 Hotelzimmer im Tichka abgesagt. Und was heißt das für mich? Die Prinzessin des Tichka kann noch bleiben. Wie schön. Vor allem die Kälte hält mich davon ab, schon morgen in die Berge zu fahren. Aber am Wochenende soll es ja wärmer werden. Am Sonntag geht es also nun weiter ins Tal Ait Bouguemes.

Heute habe ich den Europäischen Friedhof in Marrakech besucht. Wer schon alles gesehen hat und gerne in Vergangenem schwelgt kann diesen Friedhof besuchen. Er heißt zwar europäischer Friedhof, doch sind hier eigentlich nur Franzosen bestattet. Nur Paula und Adolf Schreiber klingen Deutsch, aber ich tippe auf Elsass, denn Adolf war ein hoch dekorierter französischer Soldat. Der Friedhof stammt noch aus der Kolonialzeit, dementsprechend sind die meisten Gräber nicht in Ordnung gehalten, nur einige wenige zeigen an, dass die alten französischen Familien noch immer in Marokko leben und hin und wieder ihre Familienangehörigen in der alten Grabstätte beerdigen. Aber schon irre, einen solchen Friedhof aus alter Zeit zu sehen, wo nicht wie bei uns die Gräber nach 30 Jahren umgegraben werden. Auffallend ist auch, wie viele Kindergräber es gibt, alle noch in der Kolonialzeit angelegt. Die Kindersterblichkeit muss zu dieser Zeit sehr hoch gewesen sein. Ein Teil des Friedhofs ist für die französischen Kriegsgefallenen vorbehalten.

2.4. Stürmig

Das ideale Wetter, um den ganzen Tag am PC zu arbeiten. Der Wind pfeift ums Tichka, die Palmen biegen sich und es schüttet. Dieses Frühjahr ist ja mal wieder extrem. In Deutschland mild und sonnig und hier in Marokko jagt ein Wintereinbruch den anderen. Aber für das kommende Wochenende sind für Marrakech 30 Grad vorausgesagt, im Moment kaum zu glauben. Und das schlimmste ist, ich werde dann nicht mehr da sein.

Im Tichka ist ja auch nicht alles perfekt. Unser Direktor kümmert sich wirklich ganz toll ums Haus, aber seine Priorität, nach dem Füllen des Hauses mit Gästen, ist in erster Linie die Erhaltung des schönen Gebäudes, was ich toll finde. Es wurde gerade die Außenfassade neu gestrichen, von einem einzigen Mann mit Leiter, was zwar langsam geht, aber auch die Gäste so wenig wie möglich belästigt. Zur Zeit werden die hölzernen Balkonumrandungen gestrichen, und alles in den Originalfarben schwarz mit türkisblau. Aber an manchen Ecken hapert es auch und am meisten beim Essen im Restaurant. Wenn Gruppen da sind, und das ist meist der Fall, gibt es ein Büffet. Das ist weder sehr abwechslungsreich noch wird es häufig genug aufgefüllt, es passiert mir sehr oft, dass gerade von dem was ich will, nichts mehr da ist. Ab und zu habe ich mittags dagegen à la carte gegessen, das ist lecker. Und vor allem beim Frühstück gibt es nur ein dürftiges Angebot und es ist sehr schwierig, Servietten zu finden.

Aber dann passieren wieder so Sachen: Gestern Abend hörte ich Musik aus dem marokkanischen Restaurant, das nur selten in Betrieb ist. Ich sah einige Tische besetzt. Als ich Moulay Abdellah darauf ansprach besorgte er mir nicht nur einen Tisch dort, sondern auch noch gleich drei Tischherren. Neben mir war ein Tisch mit Rosenblättern geschmückt, es war für ein französisches Paar. Das Essen war hervorragend. Zunächst eine Salatplatte, deren Clou karamellisierte Tomaten waren, ein köstlicher Genuss. Und als Hauptspeise kam ein riesiges Tajine mit Hühnchen mit überzogen genau diesen Karamel-Tomaten sowie gerösteten Mandeln. Das hab ich in all den Jahren in Marokko noch nie gegessen, absolut lecker. Dazu gabs Gnaua – Musik. Und dann erst der Nachtisch, eine riesige Platte mit meiner Lieblingsspeise, die er schnell noch für mich hat machen lassen, das ganze war ja nicht bestellt, es ist eine mit Zuckerguss überzogene süße Pastilla. Aber dann ging das Licht aus, die Trommeln erklangen und herein kam eine Geburtstagstorte. Dann erst wusste ich, was das ganze zu bedeuten hatte. Die Frau an dem mit Rosenblättern geschmückten Tisch hatte Geburtstag. Und das ganze war kein vom Ehemann bestelltes Event, sondern die Rezeption hatte das Datum gesehen und das alles selbst arrangiert.

1.4. Arbeiten wo andere Urlaub machen

Ich bin ja nicht auf Urlaub in Marokko, wer könnte sich schon vier Monate Urlaub leisten, sondern ich habe mein Büro nur mobil auf Reisen verlegt. Und gerade die letzten Tage sind ziemlich viel Arbeit, die Hochsaison zeichnet sich an jeder Ecke ab. Da eine meiner Kunden heute abreisen sollte, sie hatten ein Toubkaltrekking mit Wüstentrekking verbunden, holte ich sie kurzerhand selbst am Riad ab. So konnte ich nicht nur das Riad mal anschauen, das sie sich selbst ausgesucht hatten, ich konnte vor allem ein Feedback aus erster Hand erhalten. Wie es in der Wüste läuft weiß ich ja ganz gut, aber mit dem Toubkaltrekking habe ich weniger Erfahrung. Es war ein junges, schweizer Paar mit Bergerfahrung. Sie hatten natürlich vorher gefragt, ob der Toubkal um diese Zeit möglich ist, wie das Wetter sein wird, aber ich musste meine Standardantwort geben, dass ich es nicht weiß, dass keiner das Wetter vorhersagen kann. Und so war es ja auch, sie hatten unwahrscheinliches Glück und hatten bis zur Toubkalhütte gutes, trockenes Wetter, nur die Gipfelbesteigung war im Schnee, wofür sie ausreichend Material dabei hatten. Ich selbst war eine Woche später in Imlil und da sah es komplett anders aus, Schnee bis Imlil und an diesem Tage wäre der Marsch nicht möglich gewesen. Es sind halt die Berge, und die sind unberechenbar.

So gab es also von den Beiden nicht nur ein gutes, sondern ein begeistertes Feedback. Vor allem auch mit dem Bergführer und dem Koch waren sie höchst zufrieden, der ihnen sogar unter den einfachen Bedingungen ein tolles Tajine gezaubert hat.

Und auch an der weiteren Reise über den Hohen Atlas, zu den Schluchten des Dades und Todra nach Tamtatouchte hatten sie nichts auszusetzen. Unterwegs sind sie immer mal wieder ein paar Kilometer zu Fuß gegangen und in Tamtatouchte wartete dann Mohammed von der Kasbah Les Amis und führte sie auf einem Spaziergang durchs Dorf. Das ist immer das Highlight, weil Mohammed nicht nur sehr freundlich ist, sondern einige Jahre in Deutschland gelebt hat und gut deutsch spricht. Weiter in der Wüste hatten sie dann zwei Übernachtungen in Biwaks und als am Erg Chegaga sich ein Sandsturm zusammenbraute wurden sie kurzerhand ins bequemere Luxuscamp umgebucht, das ansonsten richtig teuer ist. Und die Beiden empfanden den Sandsturm dann als eine zur Wüste gehörige interessante Erfahrung. Alles in allem also eine gelungene Reise, das freut mich immer wieder zu hören. Ich werde ganz sicher versuchen, im nächsten Jahr auch wieder in der Hochsaison März/April im Land zu sein und so viele Kunden wie möglich zu treffen.

Und auch das Riad war sehr, sehr hübsch. Es heißt Dar Crystal, liegt ein wenig hinter dem Bahia-Palast versteckt, und wenn ich es zunächst nicht gefunden habe, dann lag das nicht daran, dass es so schwierig ist, sondern dass die Marokkaner einfach nicht in der Lage sind, eine Wegbeschreibung zu geben. Das Riad ist ganz in weiß gehalten, hat einen sehr schönen begrünten Innenhof mit kleinem Wasserbecken, eine große Dachterrasse, wo man nicht nur über die Stadt, sondern auch auf viele Terrassen von Riads blickt, die in der Nähe liegen. Ein Franzose, Bruno, führt das Riad und es ist immer ganz gut zu tun. Da die Räume lang und schmal sind, sind zwar jeweils geräumige Badezimmer entstanden, aber ums Bett herum gibt es nicht viel Platz, da das Zimmer gerade mal so breit ist wie das Bett. Auf dem Dach sind dann eine weitere Suite mit privater Terrasse und eine Hammam mit Massageraum.

Auf der Fahrt zum Flughafen dann sah ich plötzlich eine ganze Reihe geparkter Wohnmobile. Da ich ja immer im Dienst bin habe ich das sofort gecheckt, hier hat sich tatsächlich ein neuer Stellplatz gebildet, auf dem sehr viel Platz ist. Hunderte von Fahrzeugen passen darauf. Er ist direkt vor der Stadtmauer, Kamele liegen malerisch für die Touristen bereit und zum Djemaa el-Fna sind es genau 800 Meter. Ich habe mich mit einem Franzosen unterhalten, er sagte mir, noch gibt es keinen Wächter, keine Gebühr und keine Probleme. Sicher bleibt das nicht immer so. Wo die Behörden in der Stadt inzwischen wie zu Hause jeden Zentimeter Parkraum vermarkten wird sich hier bis zum nächsten Jahr sicher auch was tun.

Am Flughafen dann das gleiche Bild, das ich schon kenne, auf dem großen Parkplatz standen zwei Wohnmobile und die Gebühr beträgt immer noch 30 DH.

Zurück im Büro – eh sprich Hotel – warteten dann mehrere Emails auf mich. Die interessanteste: Eine Anfrage für eine Rundreise über zwölf Tage, Start am 8. April. Das ist eine Herausforderung in der Hochsaison und geht auch nur, wenn der Kunde praktisch am anderen Ende ebenfalls dauernd online ist. Bis in die Nacht haben wir gearbeitet, die Agentur hat super mitgemacht und in weniger als 24 Stunden hatten wir die ganze Rundfahrt mit Hotels in trockenen Tüchern. Und noch nicht einmal die schlechtesten. Das geht nur, wenn man eine renommierte Agentur im Rücken hat, die einen guten Draht zu den Hotels hat.

Aber auch abgesehen davon scheint sich jeder im letzten Moment für einen kleinen Ausflug in die Wüste zu interessieren und ich konnte mehreren Leuten helfen, noch etwas Schönes aus ihrer Marokkoreise zu machen. Es gibt wohl inzwischen eine Reihe von Flügen aus Deutschland nach Marrakech und die Stadt wird gerne besucht. Und irgendwie machen mir gerade diese Last-Minute-Angebote am meisten Spaß, vor allem auch, weil wir den Preis halten können und bisher noch keinen Hochsaisonzuschlag erheben mussten.

Abends dann war ich mit Abdou im Azar. Ein neues Restaurant in Gueliz ganz im Stil dieser Stadt. Viel Schau und wenig dahinter. Es gehört dem gleichen Besitzer wie Comptoir Darna und ist ähnlich aufgemacht, die Küche nennt sich Oriental und Mediterran. Am Eingang brennen Fackeln, der Tormann ist aber nicht wie beim Comptoir orientalisch gewandet, sondern im Anzug, und im Restaurant flackern die Kerzen. Es ist eine schöne, angenehme Atmosphäre, aber das Essen enttäuscht mich genauso wie in fast allen den neuen Lokalen Marrakechs. Gut sind die Mezze, die libanesischen Vorspeisen. Ich hatte mir nur Hummus bestellt, das war gut, aber das dazu gehörige Brot kam erst auf Nachfrage. Als Hauptgericht hatte ich mit Rindfleisch gefüllte Ravioli bestellt, dazu gehörte irgendwie noch Spinat. Was kam war ein großer Teller mit ganz wenigen Ravioli, eine braune Soße darüber und ein Klecks Blattspinat. Ideal für eine Diät, absolut nichts zum Sattessen. Am besten war das Dessert, ich hatte Profiteroles mit Schokofondant, die waren lecker, nur … als Besteck gab man mir einen großen Esslöffel. Wie ich damit das Fondant aus dem süßen, kleinen Töpfchen bekommen sollte und dann die Profiteroles in meinen Mund war schon eine Herausforderung. Und die Bauchtänzerinnen, die dann noch kamen, waren zwar jung und hübsch, aber alle Bauchtanzschülerinnen in Wiesbaden haben mehr Feuer.

So, und wo kriegen wir nun noch was zu essen?