Archiv für den Monat: März 2017

Zuhause im Riad Dar Sofian

Nun bin ich wieder in Zagora angekommen in meinem geliebten Riad. Schön ist, dass Omar wieder da ist. Er ist ein supernetter Kellner und wir hatten schon daher immer einen guten Draht zueinander, weil er Marathon läuft und weil ich auch immer am Morgen gelaufen bin. Ich kann das leider nicht mehr tun, da ich Probleme mit meinem Fuß habe und auch Omar fiel für 18 Monate aus. Er hatte sich beim Laufen überanstrengt und seine Hüfte verletzt, nun ist er endlich wieder da und wir hatten viel zu erzählen. Und was am schönsten ist, er hat als Sportler Verständnis für meine Speisewünsche und bringt mir genau das, was ich ihm sage, während der Kellner gestern in der sehr hochpreisigen Kasbah Bab Ourika überhaupt nicht darauf gehört hat, dass ich weder Brot noch Kartoffeln möchte.

Ach, es ist einfach schön, wieder zu Hause zu sein. Heute werde ich nicht viel tun, sondern einen Arbeitstag am PC einlegen.

Ourikatal

An einem heißen Tag gibt es für die Einwohner von Marrakech nichts Schöneres als einen Ausflug ins kühle Ourikatal. Ich war ein paar Jahre nicht mehr da und hatte mir vorgenommen, heute dort hin zu fahren. Es ist Montag, also kein Wochenendverkehr und Ruhe, so dachte ich zumindest. Doch wenn das noch vor wenigen Jahren ein entspannender Ausflug war, so ist im Ourikatal heute doch ein ziemlicher Rummel. Das enge Tal an sich ist sehr schön, ein donnernder Gebirgsbach rauscht über riesige Felsbrocken hinab und so kann man sich nichts Schöneres vorstellen, als mittags hier zu sitzen und ein Tajine zu verspeisen. Doch nun hat wirklich jeder, der ein Haus an dieser Straße besitzt oder auch nur ein Grundstück, daraus ein Restaurant für die Ausflügler gemacht. Tajine bruzzelt auf Holzkohle, Tische und Stühle stehen unter schattigen Bäumen bereit, direkt am kühlen Bach. Parkplatz ist knapp, so hat man auch noch auf dem letzten ebenen Stückchen Land Parkstreifen eingezeichnet und die Parkwächter versuchen, die Touristen abzufangen. Jeder, der hält, ist ja auch Kunde für das Restaurant. Kamele stehen für kurze Touren bereit, Keramikstände bieten die am Ort gefertigten Produkte an, Arganien-Kooperativen bieten das Öl, dessen Grundstoff überhaupt nicht hier gewachsen ist, und Teppiche kann man natürlich auch kaufen.

Ich fühlte nur noch Horror. Ein Wahninns-Verkehr, unzählige Vans mit geführten Touren, dazwischen jede Menge Taxis. Man kommt kaum durch, es geht meist im Schritttempo. Für Wohnmobile wird die Fahrt eher nicht empfohlen. Die Straße ist eng, der Verkehr mörderisch und die Parkplätze sind klein. Entspannen Sie auf dem Campingplatz und buchen von dort eine geführte Tour, Sie haben mehr davon.

Eigentlich wollte ich recherchieren, wollte schauen, ob es neue Hotels gibt, was die alten machen. Ich war sehr erstaunt, dass sich in relativ kurzer Zeit so viel getan hat. Zwar gibt es einige neue, aber die alten sind fast alle zu. Es sieht für mich so aus, als gäbe es im Ourikatal hauptsächlich noch Tagesausflügler, während früher doch viele Leute, bepackt mit Rucksack, für 1 – 2 Tage kamen. Heute scheinbar nur noch zum Essen und natürlich muss man am Ende, in Setti Fatma, hoch zu den Wasserfällen klettern. Aber ich hatte dazu heute absolut keine Lust. Ich fuhr bis ans Ende der Straße, was eine echte Herausforderung war, drehte und fuhr wieder zurück. Unterwegs sah ich dann doch noch ein nettes Hotel, eines, das ich noch nicht kannte, und hielt an. Ourika Garden heißt es und es hat mir richtig gut gefallen. Hier gibt es einen privaten Parkplatz, wird man nicht von Parkwächtern genötigt, sitzt gemütlich drinnen oder draußen. Heute ist das Wetter nach den heißen Tagen in Marrakech ziemlich kühl, also lasse ich mir einen Tisch drinnen geben und setze mich zum Lunch. Die Vorspeise ist ideal für mich, viel Gemüse, dazu Linsen, und alles sehr gut gewürzt. Danach kommt ein Hähnchentajine, ich esse nur das Fleisch. Doch beim Nachtisch, einem warmen Zitronenkuchen, werde ich dann doch schwach und esse ihn. Für die, die es noch nicht wissen, ich versuche eine Low Carb-Diät einzuhalten, nur am Morgen gibt es etwas Brot, ansonsten den ganzen Tag keine Kohlehydrate mehr. Auf Reisen in Marokko ist das nicht so ganz einfach, es geht halt am besten, wenn man selbst kocht.

Mein Hotel heute ist die Kasbah Bab Ourika. Ich dachte natürlich, sie liegt an der Straße ins Tal, aber das war nicht der Fall, sie liegt zu Beginn des Tales abseits der Straße hoch oben auf einem Hügel und war erstmal nicht so einfach zu finden. Erbaut von Engländern wird hier eine sehr teure Unterkunft geboten, ich bin eingeladen, diese Preise könnte ich nicht bezahlen. Und ehrlich gesagt, ich finde nicht, dass es das wert ist. Die Aussicht ist fantastisch, wirklich, meine Suite ist sehr schön und hat einen offenen Kamin, gefüllt mit Holz, ob ich es anstecken sollte? Das Bad liegt zwar um eine Ecke, so dass man nicht direkt hineinsehen kann, aber eine Tür gibt es nicht. Das kann manchmal peinlich sein, wenn man mit Freunden reist. In einer Suite dieser Preisklasse sollte es ein abgeschlossenes WC geben. Das Zimmer hat einen Heizkörper, das Bad einen Handtuchwärmer, die aber beide nicht individuell eingestellt werden können und nur wenig Wärme geben. Nein, 5 Sterne ist das nicht. Hübsch ist die Glastür, die den weiten Blick in das Ourikatal frei gibt, und draußen stehen Liegestühle bereit, nur die Sonne fehlt. Es ist ziemlich kühl und windig.

Aber die Preise sollen ja bis zu 400 Euro für eine Nacht liegen, das ist doch ein wenig viel. Und Wi-Fi gibt es nur an der Rezeption in einem zugigen Hof, es gibt paar Sitzgelegenheiten, aber nicht genug, und keinen Tisch für meinen Computer. Nein, unter Service verstehe ich doch etwas anderes. Natürlich gibt es zum kompletten Abschalten auch keinen Fernseher, sondern viele Bücher zum Lesen. Ja, vielleicht sollte man im Urlaub mal ausspannen und abschalten, aber ich habe ja keinen Urlaub und muss arbeiten, und auch die anderen Leute drängen sich mit ihren Smartphones in dem kalten Bereich, sitzen teils auf dem Boden. Bequem ist das nicht, vor allem wo es gleich nebenan absolut gemütliche Aufenthaltsräume mit einem knisternden Feuer, aber ohne Empfang, gibt.

Das Abendessen ist wenigstens in einem schön mit Kerzen erleuchteten Raum, die Wärme kommt von zwei Kaminfeuern in den Nebenräumen. Der Service ist gut, das Essen sehr, sehr übersichtlich. Wäre ich nicht auf Diät, ich würde für die 31 Euro nicht satt. Es schmeckt sehr gut, international in Anlehnung an marokkanische Küche.

Vor dem Schlafen gehen muss ich nun aber erstmal die vielen gelben Blüten einsammeln, mit dem Bett und Bad geschmückt sind. Das ist ja ein netter Touch. Und das Frühstück war auch gut. Obstkompott, Naturjoghurt und Haferflocken, so dass man sich sein Müsli zusammenstellen konnte, 3 Sorten Crêpe mit Butter und Konfitüre und eine Karte, aus der man sich eine Eierspeise aussuchen konnte. Aber ich darf ja nicht so viel essen.

Es gibt so viele Marokkos

Das Marokko, in das ich mich vor 31 Jahren verliebt habe, war ein recht armes Land. Ein großer Teil der Bevölkerung lebte auf dem Land ohne Zugang zu sauberem, fließenden Wasser, ohne Strom und ohne Verkehrsanbindung. Aber die Menschen waren lieb und freundlich, zeigten eine große Gastfreundschaft und gaben von ihrem einfachen Leben ab, was sie konnten. Das politische Leben war nicht sehr aktiv, keiner traute sich, offen seine Meinung zu sagen, wenn man versuchte, in dieser Richtung Fragen zu stellen, drehten sich die Leute weg und sagten, die Wände haben Ohren. Natürlich gab es auch damals reichere, gebildetere Kreise, aber dazu fand ich keinen Zugang.

Viel ist in den vergangenen drei Jahrzehnten geschehen. Noch unter Hassan II gab es das Gesetz zur Anbindung der örtlichen Regionen an Verkehr, Wasser und Strom, da er aber bald danach starb, wird der Erfolg vor allem seinem Sohn König Mohammed VI zugeschrieben. M VI wie er liebevoll von seinem Volk genannt wird, ist ein ganz anderer König. Nun traut man sich, von Politik zu sprechen. Geht auch zum Demonstrieren auf die Straße, wenn man meint, es gehe irgendwo ungerecht zu. Keine Angst mehr vor den Wänden. Auch wirtschaftlich geht es aufwärts. Natürlich sind die städtischen Regionen davon begünstigt, auf dem Land haben es junge Menschen immer noch schwer. Aber es gibt inzwischen eine Mittelschicht. Gestern Abend war so ein schönes Beispiel dafür. Mein Freund Abdou, Inhaber einer Reiseagentur, der die Woche auf der Touristikmesse in Berlin verbracht hat, holte mich überraschend vom Hotel ab und wir gingen in die Neustadt Hivernage. Das Spektakel, das dort abends abgeht, ist einfach unglaublich. Die neue Morocco Mall mit schicken Restaurants ist abends DER Treffpunkt, auf einem großen Platz zeigt ein Springbrunnen eine Lasershow, dicht umrundet von faszinierten Zuschauern. Daneben das neue 5-Sterne-Hotel Savoy Le Grand mit der schicken Buddha-Bar. Da diese noch zu war gingen wir erst ins Savoy zu einem Aperitif an der romantisch beleuchteten Poolbar. Abdou muss sich dazu immer eine Wasserpfeife bringen lassen.

Und schon kam die zweite Überraschung des Abends, Moulay Slimane. Abdou hatte ihn angerufen und mir nichts davon gesagt. Ich kenne Slimane und seine Familie schon von meiner ersten Reise vor 31 Jahren und es ist einfach schön, Freunde über so lange Zeit zu kennen. Während Abdou aus eher einfachen Verhältnissen kommt, sein Vater war Sanitäter beim Militär, war der Vater von Slimane ein Gouverneur. Seinen zahlreichen Kindern hat er nicht Geld mit auf den Weg gegeben, sondern Beziehungen. Beide Männer haben es zu etwas gebracht, zu einem Vermögen, von dem ich Deutsche nur träumen kann. Sie sind gute Beispiele für den Aufbruch in diesem Land.

Wir gingen dann zur Buddha-Bar. Unglaublich schön eingerichtet mit den vielen Lichtern und dem fetten Buddha, der mitten im Raum sitzt. Die Speisekarte ist mehr als gehoben, das australische Steak, das Abdou bestellte, kostete 59 Euro. Und diese Bar ist so wie die meisten schicken Lokale in Marrakech absolut nicht für normale Touristen gedacht. Hierher kommt die marokkanische Oberschicht, am Wochenende ist es knallvoll mit jungen Leuten aus Casablanca, und natürlich auch die Oberschicht der Reisenden, die nicht in einem Riad zu 100 Euro wohnen, sondern in einer Suite im 5-Sterne-Hotel oder sogar in einer privaten Villa in einem solchen Hotel. So wie das Traditionshotel Es Saadi, das ich heute besichtigt habe. Und es gibt doch eine Menge solcher wohlhabenden Menschen, die Restaurants in Marrakech brummen. Der Service war grandios, nicht nur breitete man mir meine Serviette auf dem Schoß aus, man brachte sogar einen Hocker für meine Handtasche. Das ist mir echt noch nicht passiert. Um 22 Uhr folgte dann eine Tanzshow, es war einfach ein unglaublich schöner Abend.

Das ist natürlich nicht das ganze Marokko. Es gibt viele Schichten davon. Es gibt eine ordentliche, arbeitende Mittelschicht, die sich nicht die Zeit in solchen Vergnügungstempeln vertreiben, sondern sich um ihre Familien kümmern und darum, dass die Kinder eine ordentliche Zukunft bekommen. Und es gibt das ländliche Marokko, wo eine Familie meist auf mehreren Säulen stehen muss, um zu überleben. Ein bisschen Landwirtschaft, einer der Söhne vielleicht beim Militär oder Polizei, einer arbeitet im Tourismus, so kommt man irgendwie durch.

Und dann gibt es natürlich die Looser. Die, die sich nicht anstrengen wollen, die nicht arbeiten wollen, da es oft schwer ist und schlecht bezahlt. Die auf das schnelle, einfache Geld warten. Solche Menschen gibt es übrigens überall auf der Welt, auch bei uns. Sie werden bei uns aber durch das soziale Netz aufgefangen. Diese jungen Marokkaner versuchen, nach Europa zu gehen, weil sie sich dort den Himmel auf Erden erwarten, sind die berühmten Silvester-Marokkaner, die die Mädchen angrapschen. Ich will das nicht entschuldigen, das ist nicht in Ordnung, hat dem Ruf des Landes sehr geschadet, aber es ist nicht Marokko. Die Menschen hier verurteilen diese Handlungen ebenso.

Hotel Tichka

Ich liebe mein Hotel Tichka, es ist mein fester Bezug in einem Land, in dem ich ansonsten ständig umherreise. Liebe es wegen seiner außergewöhnlichen Architektur, aber vor allem wegen seinem freundlichen Direktor, der mir hier unbegrenztes Wohnrecht gibt und der die Tage damit krönt, dass wir am Abend an Wintertagen vor dem Kamin sitzen, im Sommer auf der Terrasse, ein Glas Wein genießen, immer umrundet von irgendwelchen interessanten Freunden. Solche Abende habe ich weder an anderen Orten Marokkos noch in meiner Zweitheimat Florida und ich genieße sie sehr.

Aber trotz allem sehe ich auch die negativen Seiten dieses Hotels. Heute früh war es wieder so interessant beim Frühstück. Abgesehen von ein paar Einzelreisenden ist zur Zeit hauptsächlich eine Busladung österreichischer Touristen im Haus, und die bringen das Restaurant schon an den Rand des Zusammenbruchs. Es fehlt an allem. Zuerst gehen die Kaffeebohnen in der vollautomatischen Maschine aus, dann verklumpt das Milchpulver, die Tropfschale läuft ständig über, die Tassen sind aus. Das ist nur das Chaos an der Kaffeemaschine, die allein schon einen Vollzeitmitarbeiter bräuchte. Auf dem Frühstücksbüffet geht der Käse aus, die Butter, Konfitüre, die Teller und überhaupt alles. Der Reiseleiter ist hinten in der Küche und scheucht das Personal herum, ist stinksauer. Als ich mein Omelette bestelle heißt es, die Eier sind aus und man wartet auf eine neue Lieferung. Ganz ehrlich, meine Gäste würde ich nicht in diesem Hotel unterbringen.

Aber man muss sich auch über die Ursachen klar werden. Die Agenturen drücken die Preise immer mehr, die Hotels bekommen kaum noch was für eine Übernachtung, verdienen nur dann etwas, wenn die Gäste am Abend auch mal ein Bier oder Wein bestellen. Es ist eine Spirale ohne Ende. Denn von den geringen Einnahmen kann man das Personal kaum bezahlen und ganz sicher nicht genügend einstellen. Die wunderschönen Gästehäuser, mit denen ich arbeite, kosten das Dreifache von dem, was die Agenturen hier zahlen und so kann dort auch ein viel besserer Service und ein höherwertiges Essen geboten werden. Aber bei Pauschalreisen ist Geiz immer noch geil, will man die billigste Tour, aber beschwert sich nachher, wenn man auch nur das für sein Geld bekommen hat. Meine „marrakechtours.de“ Reisen sind erheblich teurer, aber ich bekomme auch niemals schlechtes Feedback.

Autobahn oder Autobahn

Von diesem Tag gibt es nicht viel zu berichten, da ich ihn hauptsächlich auf der Autobahn nach Marrakech verbracht habe. Es zieht mich halt ins Hotel Tichka, meiner Marrakech-Heimat, und an der Strecke Casablanca – Marrakech gibt es sowieso nichts zu sehen. Auf der Autobahn wie immer Fußgänger, die mal schnell die Fahrbahn überqueren, Bauern, die am Rand Futter schneiden und auffallend viele Reinigungskräfte, von denen etliche ihre leere Wasserflasche hochhalten und sich tatsächlich vorstellen, man hält an und gibt ihnen Wasser. In Marrakech dann ist alles beim Alten, vom Personal werde ich voller Freude empfangen und am Abend trinken wir auf der Terrasse die Flasche Champagner, die ich aus Frankreich mitgebracht habe.

Der erste Tag in Marokko ist ganz schön abwechslungsreich

Mein Hotel in Tanger war zwar nicht romantisch, aber zweckmäßig und das Personal freundlich. Und am besten war die geräumige Tiefgarage, wo mein voll gepackter Land Rover gut übernachtet hat. Am Morgen ging es dann ins nahe Asilah, wo ich die seit meinem letzten Campingführer neu organisierte Campingwelt recherchieren wollte. Das klappte auch ganz gut. Weiter sollte es nach Larache gehen. Dort hatte einer meiner Leser mir einen Tipp für einen Stellplatz am Meer gegeben, den wollte ich nun selbst erforschen. Und das war eine Wahnsinns-Entdeckung.

Von der Hauptstraße zweigt eine breite, vierspurige Straße mit Mittelinsel ab, die in 4 km zu einer riesigen Hotelanlage mit Golfplatz geht. Kein Mensch auf der Straße. Aber schon hier bin ich völlig hin und weg von der Schönheit der Landschaft. Der breite, wasserführende Fluss Oued Loukos schlängelt sich hin bis zum Meer, darauf vereinzelte Fischerboote, auf der anderen Seite auf einem Hügel die weiße Stadt Larache, die leider fast ganz im Nebel verschwindet. Was für eine grandiose Aussicht. Und so unbekannt. Der einzige Gegenverkehr, genauer gesagt kreuzt der Verkehr die Straße, sind Schildkröten. Irgendwie ist das der Tag der Schildkröten. Zunächst wollte ich anhalten und sie retten, aber dann fuhr ich drumherum, es war ja eh kaum Verkehr. Und es kamen immer mehr.

Die Entdeckung kommt 1 km später, wo die nun schmale Straße am Meer endet. Dort sind einige hübsche Strandcafés, die bei gutem Wetter sicher gern besucht werden. Heute ist es eher neblig und kühl. Ein Stück weiter eine Betonplatte direkt vor dem schmalen Sandstrand, dort kann man mit der Nase zum Meer stehen und der Brandung zuschauen. Einfach traumhaft. Natürlich wird dieser Platz sofort für den nächsten Campingführer notiert.

Zurück an der Hauptstraße liegt die punisch-römische Ruinenstätte Lixus. Ich bin vor Jahren schon mal allein durch die Trümmer gewandert, hatte keinen Führer gefunden, und einige Fotos gemacht. Doch das war vor der digitalen Zeit und so hielt ich an. Das ganze Gelände ist nun eingezäunt, es gibt ein Wärterhäuschen und ein Museum ist im Bau. Der Eintritt ist kostenlos, aber die Führer erhalten ein Trinkgeld. Und dieser Führer hat sich wirklich gelohnt, denn ich hatte die vielen Ruinen auf der Berghöhe bei meinem Alleingang nicht gefunden. Und dann erst der Ausblick! Die Punier hatten sich da schon eine tolle Stelle ausgesucht für ihre Stadt.

Ab Larache ging es auf die Autobahn und an der ersten Raststätte hielt ich für einen Kaffee an. Doch bevor ich zum Café gelangte sprachen mich zwei Jungen an. Sie hatten große Steigen mit Erdbeeren, Riesenfrüchte, fast so groß wie ein Apfel. Das wäre doch ein leckerer Mittagsnack für mich. Aber die Steige war mir doch zu groß und ich kaufte dem Jungen nur eine Schale ab. Sie wollten schon gehen, da rief ich die Beiden zurück, gab ihnen ein paar von meinen Karnevalsbonbons. Sie haben sich total gefreut. Aber kaum saß ich auf der Bank und wollte meine Erdbeeren essen, kamen noch drei andere hinzu. Okay, ich habe ja noch Bonbons und die Kinder waren nett. Als ich sagte, nachher, wenn ich gegessen habe, haben sie dies sofort akzeptiert. Behielten mich aber trotz ihrer Verkaufsaktivitäten genau im Auge und waren zur Stelle, als ich zum Wagen ging.

In Facebook gepostet gab es mal wieder eine riesige Aufregung. Gibt halt immer Themen, an denen sich der liebe Deutsche aufhängt. Wie kann man Kindern nur Bonbons geben, wie kann man nur die Bettelei unterstützen. Die Kinder sollen lieber in die Schule gehen, wenn man Bonbons gibt, gehen sie nicht mehr. Vermisst habe ich das Argument, dass die Bonbons die Zähne zerstören.

Also ich habe mich freundlich zurückgehalten, aber ich finde diese deutsche Überheblichkeit zum Kotzen. Wofür sind Bonbons eigentlich da? Für Kinder, denen man mal eins zur Belohnung gibt. Und nicht nur für übergewichtige deutsche Kinder, die sie vom reichlichen Taschengeld kaufen können, auch ärmere Kinder freuen sich über ein Geschenk. Geschenke geben gehört zum Menschsein doch dazu. Und gebettelt haben sie ja nicht.

Viel eher müsste man die Frage untersuchen, warum sie wohl Erdbeeren verkaufen. Ich kann nicht beurteilen, ob sie die Schule besuchen. Einige waren so alt, dass sie die vorgeschriebenen 6 Jahre schon hinter sich haben konnten, sie konnten auch etwas französisch, was auf Schule schließen lässt. Und es war Nachmittag, also kann die Schule schon aus gewesen sein. Aber alle meine deutschen Facebook-Freunde wissen das ja besser. Nein, ich sammele weiter Bonbons an Karneval und gebe sie weiter an Kinder, die das verdienen.

Nun aber ab nach Marokko

Guadix hat mir sehr gut gefallen, aber Marokko ruft. Und der eine Tag hat auch ausgereicht. Was ich mir dort besser gewünscht hätte wären interessante Speiselokale, das Angebot war eher mittelmäßig. Ich denke, es liegt daran, dass nur wenige Gäste über Nacht bleiben.

Gut ist es, wenn man nicht nur Frühaufsteher ist, sondern auch noch schlecht schlafen kann. Eigentlich war ich um 4 wach, hab aber noch die News auf meinem Tablet geschaut, um 6 Uhr war ich abfahrtbereit. Hatte mit Maria zuvor geregelt, dass ich einfach den Schlüssel im Haus liegen lasse und die Tür zuziehe. So was habe ich gerne, da fühle ich mich frei. Auf leerer Autobahn kam ich auch gut durch und war recht schnell in Algeciras, wo ein Besuch bei Carlos auf dem Programm stand. Er hatte mir schon im letzten Jahr einen Karton Campingführer abgekauft. Im Büro fand ich nur seine Tochter, die eher widerstrebend den Vater anrief. Aber als ich ihn dann doch an die Strippe bekam bestellte er mich sofort auf sein vollgestopftes Zimmer im Hotel über seinem Laden, wo er krank darnieder liegt, der Arme. Trotzdem nahm er mir wieder einen Kasten Bücher ab, wer also demnächst zu Carlos fährt und noch keins hat kann sich dort eindecken.

Über die Schnellfähre ab Tarifa gibt es nichts Neues zu berichten, sie ist gut und schnell wie eh und je. Bin ja weniger ein Preisfuchs, mir ist es egal, was die Überfahrt kostet und ich bin immer sehr zufrieden. Um 14 Uhr marokkanischer Zeit war ich in Tanger, wo ich mir die beiden Campingplätze anschaute.

Miramonte kann man weiterhin empfehlen, stadtnah, strandnah, freundlich. Wenn nur die schwierige Auffahrt nicht wäre. Achakar war absolut ungemütlich, dafür ein ganzes Stück teurer, die sanitären Anlagen schlecht und ich kann es nicht mehr empfehlen.

Nun bin ich in Tanger in einem Hotel an der Strandpromenade, schreibe alles auf und morgen geht es Richtung Asilah und Larache. Schon seit einigen Jahren ist man dabei, diese Hafenpromenade neu anzulegen, sie wurde auch zu Ehren von König Mohammed VI umbenannt. Aber noch ist nicht alles fertig. Aber immerhin ist der Sandstrand schon zu sehen, der früher hinter hässlichen Gebäuden versteckt war, neue Lampen wurden montiert, Türme gebaut, für was auch immer, und vor allem ein Jachthafen angelegt. Aber bis zur Fertigstellung wird wohl noch ein Weilchen vergehen. Hier der Blick von meinem Hotel.

Kindheitserinnerungen

Es gefällt mir so gut in meiner Höhle, dass ich spontan einen Tag angehängt habe. Am Vormittag lief ich hinunter zum Ort und bestellte mir in einer Bar Kaffee und ein Croissant. Auch da kam es wieder hoch. Ich sah mich mit meinen Eltern in den 50ern in spanischen Bars, wo der Boden mit Sägespänen bedeckt war und die Gäste alles auf den Boden warfen, Zigarettenstummel, Olivenkerne, alles ging hinab. Hier am Morgen waren es nur die Servietten und die Zuckerbeutelchen, aber es ist halt Tradition in Spanien, dass man alles einfach auf den Boden wirft. Für meine zwei Kaffee und das Croissant bezahlte ich gerade mal 2,50 Euro, hier lebt es sich echt günstig. Gestern Abend hatte ich mal google bemüht, wegen dem Flamenco in den Zigeunerhöhlen. Und tatsächlich, ich habe es gefunden, das Internet weiß einfach alles. Aber es war nicht in Guadix, es war in Granada, dort im Ortsteil Sacramento gibt es auch Höhlen, und die Zigeuner zeigen noch heute dort ihre Shows. Da kam alles wieder zu mir zurück. Ja, wir waren in einem Hotel in Granada, normal machten wir immer Camping, damals noch mit Zelt, Wohnwagen gab es in den 50ern nicht. Aber Granada hatte keinen Campingplatz, dafür viele Kathedralen, die mein Vater besichtigen musste und natürlich die Alhambra. Und eines Abends gingen wir zu der Flamenco-Show. In Erinnerung blieb mir auch, wie unglaublich spät man dort aß, für uns Kinder viel zu spät, wir machten ja nicht wie die Spanier Siesta, es war so gegen 22 Uhr, als das Abendessen im Hotel serviert wurde, und was auch für mich ganz besonders in Erinnerung blieb, ist, dass wir alle nach dem Essen eine Schale mit Wasser bekamen, um unsere Finger zu waschen.

Man hat mich in eine Höhle verfrachtet

Meine Liebe zum Reisen habe ich von meinem Vater geerbt. Jeden Sommer fuhr er mit uns sechs volle Wochen in den Süden, Spanien, Portugal oder Italien. Als Kind hasste ich das, musste mir jede Kathedrale anschauen, während ich lieber zu Hause mit meinen Freunden gespielt hätte. Aber sobald ich erwachsen war hat mich dieser Reisevirus voll gepackt.

Ein Erlebnis aus meinen frühen Jahren, irgendwann in den 1950ern, hat sich in verschwommenen Bildern in meinem Kopf festgebrannt. Ich sitze mit den Eltern in einer Höhle irgendwo in der Nähe von Granada, in den Höhlen wohnen Zigeuner und sie tanzen für uns Flamenco und singen ihre Lieder. Später habe ich niemals wieder gehört, dass es so etwas ähnliches gibt. Aber auf meinen Fahrten nach Marokko komme ich immer an Guadix vorbei und sehe eben dort die schön heraus geputzten Höhlenwohnungen. Und diesmal muss es einfach sein, am letzten Rastplatz trinke ich einen Kaffee, nutze das kostenlose Wifi und buche ein Höhlenzimmer in Guadix!

45 Minuten später bin ich dort und traue meinen Augen nicht. Ein Einzelzimmer habe ich gebucht, für 36 Euro. Das ziemlich primitive Zimmer gestern Nacht hat 30 Euro gekostet. Cuevas de Maria heißt die Unterkunft. Ich folge dem Navi, aber mein dicker Land Rover hat ziemliche Probleme, die engen, steilen Gassen zu fahren. Einmal muss ich nachfragen, aber dann stehe ich auf einem kleinen Platz vor einer Kirche und bin umrahmt von Höhlenwohnungen. Maria hat ein kleines Lädchen, wartet schon auf mich und begrüßt mich mit Küsschen. Zu meiner Höhle müssen wir etwas laufen. Ein Gittertor führt zu einer Terrasse mit gemauertem Grill und Sitzplatz, zwei Türen führen in die beiden Höhlenzimmer, die der Komplex umfasst. Was sage ich da, Zimmer. Nein, wirklich nicht. Es sind zwei komplette Wohnungen. Meine, für 36 Euro!, umfasst ein Wohnzimmer mit Esstisch und Sitzecke, daneben die komplette Küche mit offenem Kamin, im höhlenartigen Badezimmer ist neben der Dusche eine Waschmaschine und dann gibt es drei Schlafzimmer für jeweils zwei Personen. Warum nur habe ich meine Familie nicht mitgebracht. Auch Sonnenschirm und Terrassenstühle stehen bereit. Das zweite Apartment ist gerade von einem holländischen Paar bezogen worden und sie laden mich zum Anschauen ein, auch das schön groß, großes Bad, Wohnküche und Wohnzimmer, aber nur mit zwei Schlafzimmern. Was für eine Armut! Und all das für 33 Euro.

Dies hier ist ein Ort zum Bleiben, zum Genießen, zum Urlaub machen. Und nicht für eine Übernachtung und weiter. Aber eigentlich will ich ja nach Marokko. Mal schauen, was ich mir morgen früh überlege.

Santa Susanna, Costa Brava

Ja. Ich bin weg. Kurz entschlossen habe ich alles gepackt, habe Marlies noch die mageren Lebensmittel übergeben, die bis zu meinem offiziellem Abreisedatum im Haus waren, habe den Land Rover gepackt und Wehen fluchtartig verlassen. Die gesperrte Zufahrt zur Platte hatte mir den Rest gegeben. Um 3:30 in der Nacht. An einem Samstag. Was sich als eine sehr gute Entscheidung heraus gestellt hat. Es waren recht wenige LKW’s auf der Autobahn und ich kam super durch. Als ich kurz hinter Besançon war dachte ich, ich träume. Ein Auto nach dem anderen kam mir entgegen, alle mit einer Gepäckbox obendrauf. Aber es ist ja kein Wunder. Sie alle kamen auf der Autobahn ab Grenoble, aus einem Skigebiet, an einem Samstag, dem idealen Abreisetag. Aber lustig sah es trotzdem aus.

Für mich gibt es an diesen 3 Tagen nur, das Gaspedal durchtreten und fahren. Ich will nach Marokko und am ersten Tag habe ich die meiste Energie. Das ist die eine Sache, die andere ist die, dass in Spanien die Autovias einfach viel schöner sind und mehr Spaß machen. In anderen europäischen Ländern hat man Autobahnen gebaut, mit Raststätten, wo die Klos inzwischen Geld kosten, die Preise überteuert sind und alles gleich geschaltet ist. Deutschland hat ja alle Konzessionen an eine Firma gegeben. Frankreich zeigt bei den Raststätten schon mehr Vielfalt, aber teuer sind sie auch. In Spanien jedoch ist das völlig anders, dort gibt es neben den Autobahnen die Autovias. Und die sind toll. Eine Autovia schneidet nicht das örtliche Geschäft ab, es gibt die sogenannten via servicio, die zu genau diesen Unternehmungen führen. Ob Restaurant, Hotel oder einfach nur Cafe. Was am Wegesrand liegt wird nicht einfach abgeschnitten sondern angefahren, hat eine Zukunft.

Als Fremde ist es natürlich nicht immer leicht, diese kleinen Juwele zu finden. Deshalb habe ich meine kostenlose Guidewriters-App gemacht, um alles, das, was ich so finde, zu erhalten. Und heute bin ich also wieder auf der Piste und halte alles fest, für mich, und für alle die, die auf meinen Spuren reisen.

Ich bin um halb vier von Taunusstein aus gestartet, einfach weil ich am ersten Tag die meiste Energie habe und am meisten Kilometer schaffe. Und ich habe es bis Santa Susanna geschafft. Jetzt mal ehrlich. Wer von euch hat schon jemals von einem Ort  namens Santa Susanna gehört. Er liegt an der Costa Brava, zwischen Loret de Mar und Barcelona. Und ist völlig uninteressant. Aber hier habe ich ein Hostal gefunden, wo ich heute für 30 Euro ein ordentliches, warmes Zimmer mit Bad bekomme und im Restaurant am Abend absolut unter Einheimischen sitze. Ganz egal wo ich bin, ich will es authentisch. Konform mit meiner Low Carb Diät hatte ich einen Salat und einen Teller mit Serrano Schinken bestellt, aber dann bin ich doch schwach geworden und habe einen Nachtisch bestellt. Creme Catalan. Schritt ins Paradies: