Archiv für den Monat: Oktober 2017

Eine raue Woche geht zu Ende

Heute morgen bin ich zum erstenmal aufgewacht, ohne dass ein Sturm ums Haus bläst. Sollte es tatsächlich besser werden? Gestern war es ja furchtbar, den ganzen Tag Regen. Mal sanftes Nieseln, mal richtiger tropischer Regensturm. Zum Glück habe ich ums Haus trotz meinem Teich kein Hochwasser, aber die, die an einem Gewässer liegen, das mit dem Meer verbunden ist, haben da schon mehr Probleme. Freund Bob kann sozusagen vor der Haustür ins Kayak steigen.

Doch haben die letzten Tage mehr als nur Sturm gebracht. Jeder hat von dem Massaker in Las Vegas gehört, ich will da nicht mehr groß darüber schreiben. Dieser Mann hat über 40 Waffen, teils Sturmgewehre, zusammengekauft, aber ein Gesetz, das die privaten Waffen beschränkt ist nicht in Sicht. Bei einem so großen Verbrechen ist das Geschrei groß, aber es gibt viel mehr Tote, die auf leise Weise völlig unnötig sterben. Erst vor wenigen Tagen starbin Florida wieder ein kleiner Junge, weil er von seinem Vater in einem geparkten Wagen kurz zurückgelassen wurde, eine Pistole im Wagen fand und sich damit selbst erschoss. Darüber regt sich hier schon keiner mehr auf.

http://www.wftv.com/news/local/double-check-your-weapons-orange-county-deputies-urge-gun-safety-after-child-5-kills-himself-/619046171

Und die Höhe der amerikanischen Heuchelei ereignete sich diese Woche auch noch. Der republikanische Senator Tim Murphy ist schon immer dafür bekannt, sehr streng gegen Abtreibung vorzugehen. Doch als der verheiratete 65jährige nun von seiner Geliebten hörte, sie sei schwanger, textete er zurück, dass sie eine Abtreibung machen müsse. Sie wies in ihrer Antwort darauf hin, dass er im Senat doch ganz anders redet, worauf er antwortete, das ist mein Team, das diese Texte entwirft, nicht ich. Er musste sein Amt niederlegen, auch seine Ehe ist am Ende. Und die Geliebte scheint gar nicht schwanger gewesen zu sein, sondern wollte ihn nur provozieren. Danke, Shannon.

Explore Volusia

Heute ist es richtig stürmisch. Seit Tagen haben wir einen starken Ostwind, der das Wasser des Atlantik in die Creeks treibt, überall Hochwasser. Und genau heute hat Explore Volusia Kayak fahren angesetzt. Um 9 Uhr. Seit halb acht schaue ich in meine Emails und bin ziemlich sicher, dass dies gecancelt wird, andere Veranstalter canceln schon bei lauem Lüftchen. Aber nichts. Und ja, das Kayak ist schon seit dem Abend sicher im Auto verstaut, dann fahre ich also einfach mal los. Es geht nach New Smyrna, nicht weit entfernt. Und tatsächlich, die meisten sind schon vor Ort. 16 Kayaks, einschließlich der zwei Tour Guides, wollen los. Nun muss man sagen, dass ich absolut untrainiert bin, im Leben vielleicht zehnmal im Kayak saß, den ganzen Sommer nichts gemacht habe. Aber egal, es wird los gepaddelt. Und solange es durch kleine Kanäle geht ist es auch unproblematisch. Okay, am Anfang hielt ich das Paddel falsch herum und musste erst aufgeklärt werden, ja okay, kann ja mal passieren. Und wenn das Kayak auch öfter im Kreis herum fuhr statt geradeaus, auch nicht so schlimm. Aber als der Wind dann so richtig im breiteren Intracoastal Waterway durchblies (welchen Namen hat der Sturm denn diesmal?), da fuhr mein Kayak wunderschön rückwärts. Trey, unser Führer, erbarmte sich und verband sich mit mir mittels eines Taus. Dann ging das ganze doch sehr viel leichter. Zweimal habe ich noch versucht, alleine loszukommen, aber irgendwie haben sich das blöde Kayak und auch die Mangroven gegen mich verschworen und sind trotz meiner deutschen Flüche eine enge Verbindung eingegangen, so dass Trey mich doch bis zum Ende andocken musste. Schon beschämend! Aber trotzdem großer Spaß und nette Gruppe. Ich freue mich aufs nächste Mal ohne Sturm.

Explore Volusia ist eine staatliche Stelle (Volusia heißt der Kreis, in dem ich wohne), die extra einen Mitarbeiter (Trey) beschäftigt, der Events organisiert, um die Natur des herrlichen Umlands zu erleben. Es gibt hier sehr viele staatliche Naturparks und dort findet immer ein anderes Event statt, mal einfach nur laufen und viel über die Natur erfahren, mal mit dem Fahrrad oder eben Kayak. Schnorcheln ist leider nur im Sommer, wenn ich im tristen Taunusstein sitze. Gestern zum Beispiel waren wir in der Wiregrass Preserve zu einem Geocaching. Verschiedene Punkte mussten mittels GPS gefunden werden, dort war jeweils eine Kapsel, die Antworten zu der Natur lieferte und danach gab es eine Preisverteilung. Ich liebe diese Events und vor allem sind sie völlig kostenlos.

Weiter im Text

Es ist 10 Uhr und ich bin für heute zum erstenmal durchgeschwitzt, verdreckt und völlig erledigt. Nach dem Frühstück bin ich gleich in den Garten, um das meterhohe Unkraut zu jäten, kaum angefangen, kam schon mein Rasenmähservice. Das hat sich gut ergänzt und jetzt sieht der Garten schon viel besser aus. Allerdings muss nun in den nächsten Tagen noch neu gepflanzt werden. Pflanzen sind hier sehr teuer, genauso wie Obst und Gemüse, das geht ins Geld, und meistens ist im nächsten Jahr alles kaputt. Einzig mein Rosmarin hat vom letzten Jahr überlebt, aber die Büsche, für die ich weit über 100 $ ausgegeben habe, sind weitgehend tot. Vielleicht sollte ich eine Rosmarinhecke pflanzen, sieht man in Marokko oft. Allerdings gehen einige Schäden auch auf das Konto des Rasenmähers, der auf seinem Sitzmäher alles umsägt.

Beim Duschen stelle ich fest, dass meine große Flasche teures Shampoo leer im Schrank steht. Im ebenso teuren Duschgel ist nur noch ein Tropfen drin. Die Mieter! Zur letzten Bikeweek waren ja noch Mieter im Haus, weil ich es zugesagt hatte, aber schon beim letztenmal habe ich diese Zusage sehr bereut. Es sind alles Kleinigkeiten, nichts großes, aber wenn alle meine privaten Dinge verbraucht werden, nichts ersetzt wird, und dann noch der Schalter am Trockner defekt ist, weil wohl jemand die Tür zu heftig zugeschlagen hat, dann reicht es mir einfach. Nie wieder möchte ich Mieter. Ich mache sicher mal eine Ausnahme, wenn es um Freunde geht, aber auch das eigentlich nicht. Es lohnt nicht. Die erhöhten Kosten für Wasser und Strom, das teure Internet, das heute verlangt wird, und Putzfrauen sind hier auch nicht billig. Dazu noch Reparaturen, nein, ganz sicher nicht mehr.

Dafür hatte ich gestern Glück. War mal kurz am Strand, es war sehr windig, vom Meer herüber, so wurde aller mögliche Abfall und Seegras ans Ufer gespült. Schön sah es nicht aus. Aber Fotos habe ich doch gemacht. Hatte wieder alle Hände voll und als ich so schön auf dem Pier stand und filmte, fiel mir auf, dass die Kameratasche fehlt. Mist. Da sind auch meine ganzen Ersatz-Akkus drin. Wegen dem schlechten Wetter war ja nicht allzuviel los, aber die wenigen Leute suchten gezielt in dem Seetang, ob sich vielleicht Schätze finden. Ich ging eilends meinen Weg zurück, sah schon in der Ferne etwas Schwarzes liegen, und tatsächlich, es war meine Tasche. Hat mich sehr gefreut.

Erledigt

Das schwüle Wetter dauert an. Wenn man auch nur einen Handschlag außen macht ist man durch und durch nass und völlig kaputt. Und ich mache viele. Gestern, als ich vom Baumarkt heim fuhr, dachte ich, ach, ich kann ja mal nach dem Haus meiner Freunde sehen. Sie waren bis vor kurzem noch da, sind nun aber zurück in Deutschland, sind halt noch keine Rentner und beneiden mich darum. Vor dem Haus macht es klick und mein Tablet ist im Internet. Oh Gott, ich bin ja wirklich blöd. Gerade um die Ecke ist das schnellste Internet und ich darf es nutzen. Wir verbanden uns über Videokonferenz, ich erfahre, dass bis zum Mittwoch freie Bahn herrscht und ich jederzeit zum Arbeiten kommen darf. Dann mach ich noch den Staub weg und neue Mieter können kommen. Hoffentlich wieder so nette wie im letzten Jahr, wo ein schöner Kontakt entstand.

Auf dem Heimweg will ich kurz ins Big Lots, um zu schauen, ob es da preiswerte Rauchmelder gibt. Schon im Eingang will mir eine Verkäuferin einen Wagen in die Hand drücken, ich, nein danke, brauch nicht viel. Sie sagt, überlegen Sie es sich, heute ist alles 20 % billiger. Wagen bleibt stehen, ich auch, in der Möbelabteilung. Ich sehe einen Tisch mit 4 Stühlen und bin begeistert. Meine bisherigen Stühle sind zu niedrig und ich dachte über die Anschaffung von neuen nach, aber Möbel sind in USA sehr teuer und nicht schön. Dieses Ensemble kostet weniger als 4 Stühle und ich wollte schon immer mal so einen hohen Tisch. Und der Hammer, es gab einen ähnlichen Stuhl als Einzelstück für nur 8 $, wenn mal mehr Besuch kommt.

Die Frage ist nur, wie krieg ich das Ding heim. Wie bei Ikea ist alles in einer Kiste verpackt, der nette Verkäufer misst aus, ich mein Auto, keine Chance. Selbst in meinen schönen SUV, dem Kayaktransporteur, geht die Kiste nicht rein. Ein Transport kostet 45 $. Ich fahre heim, mit dem Einzelstuhl, und rufe meinen Nachbar Tom an, Pickupbesitzer. Schon nach wenigen Minuten geht es zurück zu Big Lots und die Kiste ist auf der Ladefläche.

Hier nur mal kurz: genau das ist es doch, was mir in Taunusstein fehlt. Diese Freundschaft und Hilfsbereitschaft. Fast 8 Jahre wohne ich nun schon da, aber so einen Freundeskreis habe ich dort nicht gefunden. Dürfte also keinen wundern, dass ich mich in Florida viel mehr heimisch fühle.

Tom allerdings ist gerade von einer OP genesen, er kann nur das Auto fahren, alles andere muss ich selbst machen, will ich ja auch. Die 4 Tischbeine sind relativ schnell angeschraubt im Carport, was aber ziemlich schwierig wird, ist den Tisch ins Haus zu schaffen. Ich habe mir das Teil nicht so schwer vorgestellt und ohne Helfer ist es ziemlich schnell passiert, dass ich einen hässlichen Kratzer auf der Tischplatte habe. Müssen halt immer meine schönen Platzdeckchen drauf!

Weiter geht es mit den Stühlen. Ist gar nicht so einfach, die einzelnen Schrauben auseinander zu halten. Der erste Stuhl dauert ziemlich lange, die Finger tun weh vom Schrauben, aber irgendwann ist er fertig. An diesem Abend schaffe ich nur 2 Stühle. Am nächsten Morgen kommen die anderen zwei dran und dann merke ich, dass der letzte Stuhl vom Abend falsch zusammengeschraubt ist. Also alles noch mal aufschrauben, dann sieht es besser aus. Am Ende habe ich kurze Schrauben übrig, aber zwei lange fehlen. Ich bin geschafft.

Aber nein, ausruhen geht nicht. Wenn ein Haus so lange leer steht, vor allem in einem so tropischen Klima und mit dem Durchzug von Irma, dann ist in und ums Haus sehr viel zu machen. Der Garten wird warten müssen, aber im Wohnbereich kann ich mich erst wieder wohl fühlen, wenn zumindest ein wenig sauber gemacht wurde. Zudem ist ja auch alles an Terrassenmöbel usw. in meine Eingangsdiele geräumt. Zuerst mache ich also unter dem Carport sauber, damit ich die Möbel wieder dorthin stellen kann. Und dann sieht es doch schon sehr viel besser aus. Im Grunde ist es doch ganz praktisch, dass das Internet nicht geht, so habe ich mehr Zeit fürs Putzen und mein netter Mitarbeiter zu Hause wird sich schon um alles kümmern.

Um die Mittagszeit (habe ja wegen Jetlag schon sehr früh angefangen) ist dann wenigstens so viel Ordnung eingebracht, dass ich mich etwas besser fühle, wenn auch trotzdem alle Zimmer noch ein zweites Mal sauber gemacht werden müssen.

Ich schildere hier aber lediglich, was ich so alles tue, es ist keinesfalls eine Beschwerde. Ich liebe die Hitze, auch wenn ich dreimal am Tag durchgeschwitzt bin und duschen muss, und ich liebe es, wenn ich so ums Haus werkeln kann. Das alles fehlt mir zu Hause und trägt zu meinem Wohlbefinden bei. Freue mich allerdings auch schon darauf, wenn ich wieder Exkursionen in die Natur machen kann. Am Dienstagmorgen ist Geocaching geplant.

Das ist der neue Tisch