21.5. Agdz

In Agdz ist es einfach immer unglaublich. Kaum eingetroffen fangen wir an zu reden und das geht so weiter bis ich kurz vor Mitternacht endlich todmüde in mein Bett falle. Mit Kamal ist es immer interessant. Zunächst haben wir eine Tour durch alle Zimmer gemacht. Er hat ja ein großartiges Werk vollbracht, indem er eine 400 Jahre alte Kasbah, die zudem eine sehr reizvolle Lage hat, wunderschön restauriert hat. Für mich ist es die schönste Kasbah in ganz Marokko, die für Gäste zum Wohnen geöffnet ist. Das hätte ich nie besser machen können, wenn ich nun zufällig reich wäre. Aber in den Zimmern hapert es noch ein bisschen. Ich wohne in so vielen Hotels und Riads in Marokko, kenne die wichtigsten Bedürfnisse der Reisenden, so kann ich ihnen noch Tipps geben, wie sie es mit kleinen Mitteln verschönern.
Und dann sind wir wieder auf Entdeckungsreise an den Dra gegangen. Kamal hatte am Tag zuvor ohne mich (!) den Djebel Kissane bestiegen und von oben ein zerfallenes Dorf entdeckt, das zwar ganz nah an Agdz liegt, das er aber noch nicht kannte. Und direkt daneben ein Hotel. Vor allem letzteres hat mich verblüfft, da ich glaubte, alle Hotels der Region zu kennen. Also machten wir uns auf. Das Dorf unter hohen Palmen nicht weit vom Dra fanden wir schnell, wenn wir auch zunächst keinerlei Hinweise auf dessen Geschichte hatten. Es war vollkommen verlassen, bis auf ein neu restauriertes mächtiges Gebäude daneben, ein verschlossenes Privathaus. Das Dorf war völlig verlassen, keinerlei Lebenszeichen war zu entdecken. Wir spazieren unter schattigen Palmen bis zum Dra, der an dieser Stelle erstaunlich viel Wasser führt, man kann sogar schwimmen. Und plötzlich standen wir vor einer hohen, mit spitzen Glasscherben geschützten Mauer. Das muss das Hotel sein. Wir fanden einen Fußweg entlang der Mauer und standen plötzlich mittendrin. Und lernten Juan und seine junge, hochschwangere, marokkanische Frau kennen.
Der spanische Fotograf Juan Munoz hat versteckt im Palmenhain von Agdz direkt am Ufer des Dra eine wunderschöne Anlage erbaut, die weder mit Schild und Wegweiser bezeichnet wurde, noch mit dem Wagen zu erreichen ist. Von ihm erfuhren wir auch, dass der verlassene Ksar Hara heißt und von Juden bewohnt war, die zurück nach Israel gingen, und dass das restaurierte Haus seine Wohnung ist. Dort muss man parken und wird dann von Angestellten abgeholt und zu Fuß zum Hotel geleitet, der schmale Weg reicht noch nicht mal für einen Eselskarren. Doch dann kommt man in einen lauschigen Garten, in dem 14 gemütliche Lehmbungalows auf Gäste warten. Sie sind sehr nett und liebevoll eingerichtet, mit vielen Details, die der Fotograf Juan auf seinen vielen Reisen durch die Welt gesammelt hat. Alle Zimmer sind mit Bad, aber der Strom kommt nur von Sonnenenergie und am Abend wird alles romantisch mit Kerzen erleuchtet. Hoch über dem Oued Dra ist eine Aussichtplattform mit direktem Blick zum Dra und zu der schönen Kasbah Taliouine auf der anderen Seite. Dort tranken wir dann zusammen Tee und schnell stellte sich heraus, dass Juan genau so gerne nach Mauretanien reist wie ich. Und die Krokodile von Matraucha noch nicht kannte, die sich ja aufgrund der schönen Lage viel mehr für Fotografen eignen als die von Matmata. Ich versprach ihm die GPS-Koordinaten. Der Nachmittag verging mit Gesprächen über das Reisen und Mauretanien.
Und der Abend in der Kasbah mit Gesprächen über Gott und die Welt. So liebe ich meine Reisen.