Inch’allah

Jaja, die Wege des Herrn. Nach zwei sehr angenehmen Wochen im staubigen Mhamid wollte ich mich vor der Weiterfahrt Richtung Merzouga noch zwei Tage in Zagora mal so richtig säubern. Mich und meine Kleidung. Also ging es zunächst zur Reinigung, um ein Kleiderpäckchen abzugeben. Auf dem Weg dorthin sehe ich eine Gruppe von Leuten, Moment mal, das ist doch Anne, die ich in Mhamid zum Festival getroffen hatte und die eines Morgens angefahren war, ohne dass wir uns noch verabschieden konnten. Ich hupe, sie erkennt mich sofort und wir verabreden, einen Tee zusammen zu trinken. Aber erst Reinigung. Ich frage, ob die Sachen morgen fertig sind, die Antwort: Inch’allah. Der arme Gott, nun muss er auch noch über meine schmutzigen Hosen entscheiden.

Anne ist in Begleitung eines weiteren Camper-Kollegen, Torsten und drei jungen Mädels. Die sind neu in Marokko und wollen in die Wüste. Gingen ziemlich unschlüssig von einem Wüstenbüro zum anderen, wussten nicht recht, wo und was sie buchen sollten, bis sie Anne und Torsten trafen, die sich ihrer annahmen. Anne meinte, so eine Tour beginne man am besten von Mhamid aus, dort sei Edith, die könne vielleicht helfen. In dem Moment fuhr ich vorbei! Wieder einmal Allah, oder?

Ja, ich konnte den Mädels helfen, zu einer schönen Tour und einem Nachmittag am Pool in Mhamid. Es war eine nette Gruppe und so fiel mir plötzlich ein, dass Belaid vom Camping Prends ton Temps mich schon die ganze Zeit zu einem kleinen Fest einladen wollte. Ich hatte keine Lust hinzugehen. Belaid ist ein hervorragender Musiker, hat eine komplette Ausrüstung und tritt auch manchmal auf. Ich habe ihm schon oft begeistert zugehört. Was mich abhielt war die fehlende Gesellschaft. Allein da zu sitzen und den Jungs zuzuhören, nein, dazu hatte ich keine Lust. Aber das hier war doch eine Gelegenheit. Ich schlug ein gemeinsames Abendessen vor, alle waren begeistert, ohne dass sie wussten, was sie erwarten würde und ich fuhr schnell mal zu Belaid, um zu hören, ob er überhaupt im Lande ist und für uns spielen kann.

Ja, Belaid war da und ich bestellte Couscous. Um 7 Uhr holte ich die Mädels ab, und hatte nicht so recht überlegt, dass ja Zeitumstellung war und es um 7 Uhr noch sonnig und viel zu früh zum Essen war. Machte aber nichts, wir gingen zur Auberge und tranken Tee, ein paar Fläschchen Wein hatten wir auch eingepackt. Bei Belaid gibt es das nicht zu kaufen und so kann man seinen eigenen Wein mitbringen. Torsten und Anne kamen dann um 8 Uhr, denn sie hatten sehr wohl an die Umstellung gedacht. Und Bruder Abdellah brachte einen riesenhaften Couscous an den Tisch.

Wir hatten Glück, es war nicht nur Belaid anwesend, sondern noch zwei Marokkaner, die ich schon auf dem Festival gesehen hatte. Sie sind ebenfalls Musiker, sind dort aber nicht aufgetreten. Die Auswahl an Instrumenten bei Belaid ist einfach riesengroß und so spielten bald sechs leute nur für uns. Immer wieder kam einfach jemand von draußen rein, ergriff sich eine Trommel und spielte mit. Belaid singt auch und es war ein Konzert vom feinsten. Trommelabends in der Wüste sind auch wunderschön, aber das hier war ein richtiges Konzert, sehr prfessionell. In der Evke saß noch ein einzelner Herr, ein Franzose. Ich dachte, ah ja, ein Camper vielleicht. Bei Belaid kann man ja in hübschen Zimmerchen wohnen oder auf dem kleinen Campingplatz. Sehr viel später kam Abdellah bei mir vorbei und sagte mir, dass der Herr ein vom Guide du Routard sei, also ein Berufskollege von mir. Mit dem Guide du Routard kann ich es absolut nicht aufnehmen, das ist ein wichtiger Guide, der in etliche Sprachen übersetzt wird und den viele Reisende nutzen. Aber was mir richtig gut tat, war die Tatsache, dass Belaid das Fest mir zu Ehren gab. Nicht wegen meinem Buch, sondern aus Freundschaft. Das ist mir unglaublich wichtig. Klar behandelt mich jeder, der vom Tourismus lebt, als Autor eines Reiseführers besonders gut. Und ich kann das auf eine professionelle Art auch akzeptieren. Aber ich will auch Freunde haben, die mich als Person mögen und nicht nur wegen meiner Bücher. Belaid und sein Bruder Abdellah gehören dazu. Danke.

Und nur mal so am Rande: Abdellah brachte den Herrn zurück in sein Hotel, er wohnt im Reda, einem großen unpersönlichen Gruppenhotel. Das zeigt mir eigentlich, dass er wenig Ahnung hat. Da wohnen doch die Individualreisenden, für die sein Buch ist, nicht.

Wir dachten manchesmal ans Aufbrechen, aber es kam immer noch ein neues Lied und der Abend war so wunderschön, es war Mitternacht, als wir endlich aufbrachen.