Merzouga Touristen

Heute bin ich im Nomadenpalast von Ali Mouni. Zum Frühstück treffen sich hier nicht nur die Gäste aus den Zimmern, auch die Leute, die die Nacht im nahen Wüstenbiwak verbracht haben, reiten am frühen Morgen zurück und frühstücken im Hotel. Und ich freue mich immer wieder, wie viele Marokkaner ich sehe zwischen den Chinesen, Brasilianern und Franzosen. Junge Paare und Familien. Nicht nur geht es vielen Menschen in den Städten inzwischen so gut, dass sie auch an eine Urlaubsreise denken können, nein, sie haben auch ein Interesse daran, ihr eigenes Land kennenzulernen. Im Sommer zur Atlantikküste war ja schon immer ein Ziel, aber die Wüste bei Merzouga zu entdecken, das ist neu. Bisher kamen höchstens Rheumakranke im Sommer zu den berühmten Sandbädern. Bei der Ankunft humpelten sie vor Schmerzen, nach zwei Wochen reisten sie beweglich und vergnügt wieder ab. Doch ist nun auch der schöne Wüstentourismus entdeckt worden.

Hassan von der Tankstelle

Hier in Merzouga habe ich einen neuen Beruf kennengelernt, den Camper-Betreuer. Bisher kannte ich ja nur Campingplatzbesitzer. Ist es ein kleiner Platz kümmert der sich häufig selbst sehr gut um die Gäste, beantwortet Fragen, offeriert Touren. Ist es ein großer Platz wie Atlantica Park gibt es natürlich einen Stab von Mitarbeitern für die einzelnen Bereiche und es ist nicht immer so persönlich und nett.

Merzouga bietet wohl die meisten Campingmöglichkeiten konzentriert in einer relativ kleinen Region. In meinem Campingführer habe ich sie alle beschrieben. Sie sind unterschiedlich, bieten von wunderschönen Stellplätzen direkt in den goldenen Dünen bis zum ummauerten Platz ohne Sicht, von einfachen Sanitärs bis zu blitzblanken Klos und heißen Duschen wirklich alles. Und dennoch ist es interessant, welcher Platz sich schließlich zu einem Favoriten der Camper etabliert. Es liegt ganz sicher nicht an meiner Beschreibung, die relativ neutral ist.

Direkt in Merzouga sind das die netten, kleinen Plätze Le Petit Prince und Les Roches. Letzterer hat nun einen Pool direkt vor den Dünen gebaut und ist sehr hübsch. Hier sind nur wenige Stellplätze, aber immer ein paar zufriedene Besucher.

In Hassi Labiad gibt es eigentlich nur zwei Plätze, wo man immer Camper findet, Ocean des Dunes und Haven La Chance. Ocean des Dunes ist nur klein, völlig ummauert und ich würde mich da eher beengt fühlen, dennoch ist der Platz sehr beliebt, wohl wegen der Freundlichkeit des Betreibers.

La Chance ist da ganz anders. Die Lage ist super, dennoch nicht einzigartig. Im Umkreis gibt es mehrere Campingplätze, die einen schönen Stellplatz direkt an den Dünen haben und sehr romantisch sind. Aber La Chance hat das Rennen gemacht. Inzwischen hat der Inhaber Ahmed den Platz sehr vergrößert, von den oberen Standplätzen ist es schon ein Stück bis zu den Sanitäranlagen und viele, viele Gruppen kommen. Dennoch fühlen sich auch die Individualcamper wohl.

Und das liegt wohl an Hassan. Und damit kommen wir zu dem neuen Beruf des Camper-Betreuers.

Hassan ist nicht auf dem Campingplatz angestellt. Sein Arbeitsplatz, sein Büro, ist die Tankstelle von Merzouga, der Treffpunkt des Ortes schlechthin. Dort wartet er darauf, dass ein Wohlmobil vorfährt, wer auf der Straße von Zagora über Alnif anreist hat vermutlich Bedarf an Treibstoff und dann ist die Stunde von Hassan gekommen. Er schlägt den Campern La Chance vor, vielleicht noch mit dem unterschwelligen Hinweis, wie schlecht die anderen Zufahrten seien, und zeigt den Weg. Von da an sind das seine Camper, die er rundum betreut. Er kocht, er macht Ausflüge, er unterhält. Ich hätte das als einfache Besucherin, die den Platz checkt, niemals gemerkt. Aber eine gute Bekannte ist schon seit längerem ein Fan von Hassan, kommt gerade wegen ihm zu diesem Platz und hat mich eingeladen zu einem gemeinsamen Abendessen. Zwei deutsche Wohnmobile stehen zusammen, Hassan hat eingekauft und kocht im Camper das tolle Tajine. Es schmeckt gut, nichts dagegen zu sagen.

Ich gönne ihm seinen Beruf, jeder muss leben, die Camper sind zufrieden, warum also nicht.

Aber kurz danach muss ich feststellen, dass ich schon längst in seine Marketingstrategie eingebunden bin. Ein Leser fragt per Email nach einem Buch, eine Kommunikation entsteht und der Leser sagt, ach, in Merzouga sind Sie. Hassan hat mir sehr stolz berichtet, dass Sie ihn jedes Jahr besuchen.

Hups! Ich kannte ihn gar nicht. Ich besuche Ahmed und den Camping La Chance. Habe ihn erst gestern Abend persönlich kennengelernt. Clever Kerlchen.