Von Zagora nach Nekob

Der Tag vorgestern war furchtbar. Ein Tag, an dem ich nichts zu tun hatte und keine Leute zum Reden fand. Ich scheine tatsächlich eine ziemliche Quasselstrippe zu sein und wenn kein Opfer da ist werde ich unzufrieden. Abdou hatte mich gebeten, ein neues Hotel zu testen, das 14 km außerhalb von Zagora liegt. Zu weit, um meinen Aufgaben in Zagora nachzugehen, zu nah, um eine Tagestour daraus zu machen. Also kam ich schon kurz vor Mittag in Beni Zoli an. Das Hotel Riad Al Haoudaj ist auf den ersten Blick hübsch, eine massive Anlage mit blühendem Garten und einem Pool mit Sonnenliegen. Die 10 Zimmer sind geräumig, wenn auch spärlich möbliert, WC und Dusche jeweils hinter einer eigenen Tür. Der Fernseher eine Überraschung, empfängt er doch Satellit und hat bestimmt 1000 Programme. Wenn man einfach nur weiter klickt, findet man nie ein deutsches Programm, als ich aber ARD in die Suche eingab gelangte ich zum deutschen Bereich und fand viele Sender, die mir dann noch sehr nützlich waren. Denn das Hotel bot ansonsten absolut nichts. Am Pool konnte ich nicht liegen, es war zu windig. Ein Spaziergang nach Beni Zoli zeigte sich als absolut ereignislos, und das junge Mädel an der Rezeption war alles andere als gesprächig. Und das Abendessen konnte man vollkommen vergessen. Aufgetragen von einem schweigsamen Mann, den ich eher für den Gärtner gehalten hätte brachte er mir ohne je zu fragen was ich wollte eine riesige, völlig geschmacklose Salatplatte, stellte sie sofort zum Essen vor mich statt in die Mitte, wo man sich dann löffelweise bedienen konnte und erinnerte sich erst nach einiger Zeit, mir auch ein Tellerchen Mayonnaise zu bringen, die ich aber dankend ablehnte. Das Tajine mit Pflaumen, immerhin mein Lieblingstajine, enthielt reichlich Fleisch und ein paar verlorene Pflaumen, aber auch hier kein Geschmack. Wirklich der einzige Lichtblick war der Besitzer Ahmed, Präsident des lokalen Tourismusverbandes, der extra anreiste, sich zu mir setzte und mir noch einige wichtige Hinweise zur Region gab. Die Nacht erwies sich dann als ziemlich schädlich für meinen Rücken, denn das Bett, das mit unzähligen Kissen hübsch dekoriert war, hatte zum Schlafen eben diese sehr dicken, sehr harten Kissen, auf denen ich nicht liegen konnte. Mein Rücken tat sehr weh, ich schlief kurz ein, wachte immer wieder auf und die einzige Möglichkeit war schließlich, alle Kissen raus zu werfen und mit zusammen gefalteten Kleidungsstücken ein kleines Kissen zu bauen. Aber ganz ehrlich, in dieses Hotel schicke ich meine Kunden nicht.

 

Ich war richtig froh, am nächsten Morgen weiter zu fahren und mich endlich wieder an die Arbeit zu stürzen. Mein Ziel war Nekob, nicht allzu weit entfernt. Doch man kann auch aus einer kurzen Strecke viele Kilometer machen. Ahmed, der Präsident, hatte mir gesagt, es sei eine direkte Verbindung nach Nekob im Bau, zunächst Asphalt, dann Piste. So etwas interessiert mich. Ich fuhr also los, fand tatsächlich die ersten 22 km sehr schön asphaltiert, aber die dann folgende Piste war doch sehr schlecht. Bauarbeiten waren noch nicht im Gang und ich kehrte nach wenigen Kilometern zurück und folgte zunächst der neuen Straße durch den weitläufigen Palmenhain des Dra. Diese ist zwar gut, aber windet sich in unendlichen Kurven durch die Dörfer, Kinderscharen radelten zur Schule und in einem Dorf war eine mobile Krankenstation von ehrenamtlichen Helfern im Einsatz, hunderte Frauen versperrten fast die Straße und ich gab auf. Die Hauptstraße durchs Dratal muss es sein und keine andere.

Gegen Mittag erreichte ich Nekob, wo wieder einige Hotelbesuche auf meinem Plan standen, auch ein neues Hotel, das mir Ahmed empfohlen hatte. Dieses liegt zentral in der Ortsmitte, hat ein Restaurant und Café und ist damit eher etwas, das ich für weniger gut halte, liegen über solchen Restaurants doch eher einfache Hotels. Doch dies hier war eine Überraschung. Hadj, der ehrwürdige ältere Besitzer führte mich selbst stolz durch die Räume, rief allerdings einen lokalen Guide zum Übersetzen dazu, da er wenig französisch spricht. Ja, dieses Hotel kann ich empfehlen. Die Holzarbeiten in den Zimmern wie Türen und Möbel, sind in erstklassiger handwerklicher Qualität hergestellt, sehr schön verziert und auch die traditionelle Architektur der Wände und Decken ist ansprechend. Die zwölf Zimmer sind nicht nummeriert, sondern nach den zwölf Stämmen benannt, die es in Nekob gibt. Und hier sind einfach Leute, die reden. Dieses Hotel kann ich empfehlen und es kostet gerade mal die Hälfte von meinem gestrigen. Der Guide Ahmed, erst seit wenigen Wochen im Besitz einer offiziellen Autorisation, die er mir stolz mehrmals vorlas, sprach dann noch von örtlichen Felsgravuren von Aoudral, die ich noch nicht kannte. So fuhren wir also gleich mal dorthin und es ist tatsächlich nicht weit und gut mit dem Auto zu erreichen. Allerdings stellte sich heraus, dass es auch unter den prähistorischen Felsgraveuren Künstler und Amateure gab, diese hier haben eher Kritzeleien hingelegt, aber dennoch, es ist alt und ein Teil der örtlichen Kultur, die es trotz dem Bau einer neuen Straße zu einer Mine mittendurch zu bewahren gilt.

Zurück in Nekob bekam ich im Café dann ein paar Fleischspieße serviert, zusammen mit Ahmed, und der bat mich dann noch zu sich nach Hause, wo er ein kleines Gästehaus mit fünf Zimmern betreibt. Auch dieses kann ich empfehlen, seine junge Frau ist sehr freundlich und alles ist sauber und nett. Auch ein Parkplatz ist vor dem Haus und es ist natürlich ganz klar, dass jeder mich einlud, über Nacht zu bleiben. Aber mich zog es zu Brahim in die Auberge Bassou. Das ein wenig außerhalb liegende Anwesen hatte ich im letzten Jahr kennen gelernt und da Brahim auch einen Campingplatz dazu anbietet es gerne in meinen Campingführer aufgenommen. Den die meisten Camper allerdings noch nicht in dieser neuen Auflage besitzen, da diese erst am 1. März herauskam.

Dennoch finden bereits viele deutsche Camper den gut ausgeschilderten Platz, wie sich sofort zeigte, denn ein deutsches Wohnmobil stand schon dort. Nach einer Besichtigung der vielen schönen Veränderungen, die Brahim in diesem Jahr gemacht hat, die nun einen richtigen Campingplatz ergeben, fanden wir uns alle sofort zu einem Willkommenstee ein, statt mich an meinen Computer zu setzen, wie ich eigentlich vorhatte. Daraus wurde dann auch am ganzen Abend nichts, nach dem Tee ging es in die Küche, wo wir Naima zuschauten, die „Brot mit was drin“ zubereitete. Dies ist die Übersetzung des berberischen Ausdrucks, der für mich zu schwer zum Aufschreiben ist. Naima ist eine jüngere Schwester von Brahim, spricht französisch und lässt sich gerne beim kochen zuschauen, auch gegen Fotos hat sie nichts. Und dann war es schon Zeit zum Abendessen, auch die Camper hatten sich gegen das selber kochen entschieden, eine gute Wahl, denn bei Brahin isst man immer gut. Die Nachtische sind das Werk seine französischen Frau Brigitte, es gab in Teig gebratene Apfelscheiben und Bananen, sehr lecker.

Das Vorhandensein von Brigitte ist es auch, weshalb ich noch eine andere Dienstleistung in Anspruch nahm, die hier geboten wird. Brahim ist bekannt für seine Massagen. Schon bei meinem ersten Besuch hatte er mir das angeboten, aber ich war doch zu misstrauisch. Marokkaner und Massage? Naja, da gibt es so einiges. Aber da Brigitte immer in der Nähe ist kann man sich vertrauensvoll in Brahims magische Hände begeben. Zunächst zog er seine blaue Gandora und den orangefarbenen Chech aus, zog eine weiße Jacke an und bot mir die verschiedenen Öle zur Auswahl an. Ich entschied mich für Safranöl. Und es war wirklich eine sehr lange, sehr feste Massage, die manchmal schon weh tat, aber mein zerschundener Rücken wollte Heilung und ich vertraute ihm. Fühle mich heute am Morgen danach auch schon besser. Danach gab es nur eine sehr heiße Dusche und ab ins Bett.