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Familiengeschichte Schröder – Teil 3

Kriegstagebücher

Was mein Vater in dieser Zeit erlebte kann aus seinen Kriegstagebüchern entnommen werden, die mir vorliegen. Sie sind im ersten Teil in Sütterlin geschrieben und die Entzifferung war ziemlich schwer. Das erste geht vom 21.05.1940 bis zum 19.07.1941. Als Anschrift gibt er dort wie auch später Kirn, Bergerweg 37, an. Die Bücher gehen bis zum 14.02.1945 und sind alle als unbedenklich von der Wehrmacht abgestempelt. Auf der ersten Seite steht:

Dieses Tagebuch soll mir für spätere Zeiten als Erinnerung und Andenken dienen an meine Militär- und Kriegszeit. Sollte ich den Krieg nicht überleben, so soll es für meine Familie ein Andenken an mich sein.

1940 musste die Deutsche Reichspost Personal zu OKW/WNV/Fu III abstellen (OKW = Oberkommando der Wehrmacht), die Mitarbeiter kamen hauptsächlich zum Funkdienst/Abwehr. Nach der Einberufung am 21.5.1940 ging Erich Schröder zunächst nach Posen im heutigen Polen, wo er eine Ausbildung zum Funker machte. Er kam zur Abwehr und hatte zu Anfang die beste Zeit seines Lebens, als er in Bordeaux und dann in San Sebastian in Spanien beschäftigt war, einem Land, das nicht am Krieg beteiligt war. Dort lernte er Spanisch, konnte in seiner Freizeit tanzen gehen und kaufte Unmengen von Waren für die Familie ein, da es in Spanien sehr preiswert war. Später war er im Osten eingesetzt, in der Krim und der Ukraine. Durch seine Tätigkeit als Funker immer hinter der Front. In dieser Zeit entwickelte sich wohl seine Vorliebe fürs Reisen. Er langweilte sich schnell, wenn er längere Zeit fest auf einer sicheren Dienststelle war, er wollte immer fort. Die Reisen waren sehr abenteuerlich, oft mit der Bahn, was nicht einfach war, aber auch mit LKWs, die im Schlamm stecken blieben. Das schrieb er sorgsam auf, auch die Orte, durch die er fuhr. Aber im Tagebuch schrieb er hauptsächlich von der Freizeit, denn die dienstliche Arbeit war geheim. Er ging während seiner Kriegszeit mehr ins Kino, Theater und Café, als ich je in meinem Leben. Verglichen mit anderen Soldaten hatte er eine richtig gute Zeit, während meine Mutter zu Hause unter dem Bomben­hagel litt und andere Soldaten ihr Leben lassen mussten.

Einige Einträge im Buch sind denkwürdig:

4.6.1940 Bei dem Nachsprechen der Eidesformel befiel mich ein eigenartiges Gefühl. Jetzt bin ich Soldat mit Leib und Seele. Es gilt der Satz; wer auf die preußische Fahne schwört, hat nichts mehr, was ihm selber gehört. Wenn die Frage an mich herantritt, soll ich mein Leben einsetzen oder nicht werde ich mit allen Konsequenzen meine Pflicht tun.
7.7.1940 Seit dem Waffenstillstand mit Frankreich hat unsere Ausbildung sehr nachgelassen. Seitdem das Gerücht aufgetaucht ist, dass einzelne Jahrgänge entlassen werden sollen, ist nichts mehr los. Unser Fronteinsatz ist wahrscheinlich auch vorbei. Schade, gegen England wären wir alle gern dabei gewesen.
26.8.1942 Berti hatte 2 Rollen Drops geschickt. Damit hat sie mir große Freude gemacht. Diese Sachen entbehre ich hier sehr.
15.9.1942 Leider war unser Zimmer vollständig verwanzt und verlaust. Dadurch konnte ich die ganze Nacht kein Auge zutun. Bei Taschenlampenbeleuchtung ging ich auf die Jagd.
14.10.1942 Auf dieser Fahrt hatten wir reichlich Gelegenheit festzustellen, dass die Rede Göhrings von der Besserung auf Wahrheit beruhte. Von Rostow an war die Bahnstrecke zweigleisig ausgebaut. Fast alle Brücken waren schon durch eiserne Brücken ersetzt oder waren im Bau. Alle Bahnhöfe neu aufgebaut. Auf allen Bahnhöfen waren riesige Kohlenlager aufgestapelt für den Winter. Überall sieht man wieder rauchende Schornsteine von Fabriken. Teilweise wurden sogar neue Fabriken gebaut, die Felder sind zum großen Teil schon bestellt. Ja es ist Wahrheit. Die schlimme Zeit ist hinter uns. Jetzt noch den Kampf im Osten beenden, dann kann kommen, was will, es kann uns nichts mehr geschehen.
20.7.1944 Heute kam die aufsehenerregende Nachricht von dem Attentat auf den Führer. Glücklicherweise ist ihm nichts geschehen.
27.11.1944 Hoffentlich werden bald die neuen Abwehrwaffen eingesetzt, damit die Heimat mal zur Ruhe kommt.

Über das Ende des Krieges schreibt mein Vater: Werde während eines Urlaubs in Kirn von dem Vormarsch der Amerikaner überrascht. Schlage mich durch ganz Deutschland bis nach Kunzendorf zur Truppe zurück. Komme dort am 20.4.45 an. Am gleichen Tag mit Oblt. Bachmann und Hans Esche Abfahrt über Kommando in Planian und Prag nach Schwarzenberg im Erzgebirge, um neues Einsatzgerät abzuholen. Können dort nicht mehr vor- noch rückwärts, da hinter uns in der Tschechei Aufstand. Vor uns Amerikaner. Am Führergeburtstag hatte Ltn Spode aus eigenem Entschluss noch schnell die alten Leute zu Unteroffizieren befördert, auch mich. In Schwarzenberg erklärt Bachmann, dass es zu Ende sei, er könne nichts mehr machen und entlässt uns. Ich gehe nach Aue, melde mich am 5.5.45 bei Postamt zum Dienst und bleibe dort bis zur russischen Besetzung am 10.6.45. Dann zu Fuß zurück nach Wetzlar. Dort bleibe ich bei Bauern.

Erzählungen zufolge kam er unbeschadet zurück nach Boppard. Allerdings hatte er auch nicht die nötigen Entlassungspapiere, die er sich zunächst mit etwas Mühe bei den französischen Besetzern besorgen musste.

Total überwältigt war ich von der Erkenntnis wie ähnlich mein Vater und ich uns sind. Ich reise durch die nordafrikanischen Länder, früher sehr abenteuerlich, heute etwas komfortabler, und ich habe es schon immer geliebt, darüber zu schreiben. Zunächst ins Tagebuch nur für mich; Internetblogs, die alles öffentlich machen, gab es damals noch nicht. Dann als Länderberichte für den Saharaclub. Und dann sehr bald in der Form von Reiseführern. Und nun muss ich erkennen, dass mein Vater genau das gleiche gemacht hat. Er reiste und schrieb darüber. Wenn er mal längere Zeit in relativer Sicherheit in einem Büro in Berlin, Warschau, Wien oder Krakau Dienst tat, dann langweilte er sich und meldete sich auf einen Einsatzort in der Ferne. Die Reise war sein Abenteuer und wenn es noch so schwierig war. Wie sehr kann ich mich doch mit ihm identifizieren. Er nennt die Orte auf seiner Strecke mit Namen. Viele der besuchten Länder gehörten damals zum deutschen Reich und die Orte hatten deutsche Namen, die heute ganz anders lauten.

Eine der Fahrten zum Einsatzort

Das Kriegtagebuch ist erschienen in gedruckter Form und kann hier bestellt werden:

https://shop.edith-kohlbach.de/Kriegstagebuch

Familiengeschichte Schröder – Teil 2

Eltern Erich Schröder und Berta, geb. Franz

Meine Mutter Berta Franz machte von 1928 bis 1931 eine Lehre als Verkäuferin und arbeitete dann bis zu ihrer Hochzeit am 24. Juni 1937 in diesem Beruf. Ich habe noch ihr Arbeitsbuch.

Mein Vater Erich Schröder machte Abitur auf einem altsprachlichen Gymnasium mit Latein und Griechisch, vermutlich 1930, und suchte zunächst verzweifelt nach einer Arbeitsstelle. Durch Vermittlung eines Bekannten konnte er zwei Jahre später als Praktikant bei der Post anfangen. Unterlagen zeigen, dass er vor dem Krieg auf etlichen Postämtern im Hunsrück gearbeitet hat (z.B. Kastellaun und Andernach) und dann vermutlich auf dem Postamt in Boppard, wo er meine Mutter kennenlernte.

Kriegsjahre

Schon immer liebte mein Vater die Abwechslung, die ihm das Leben bisher aber noch nicht beschert hatte. Und so nahm er im Jahr 1938 das Angebot an, für ein Jahr die Arbeitsstelle mit einem Beamten aus dem Osten des Reiches zu tauschen, und das junge Paar zog noch im gleichen Jahr ins schlesische Gleiwitz, nicht ahnend, an welch geschichtsträchtigen Ort es sie verschlug, war Gleiwitz doch der Ausgangspunkt des 2. Weltkriegs. Am 31. August 1939 drangen SS-Leute als angebliche polnische Freischärler in den Sender Gleiwitz ein und riefen zu einem Aufstand der polnischen Minderheit auf. Diesen fingierten Angriff nahm Hitler als Auslöser für seinen Überfall auf Polen, offizieller Kriegsbeginn war der 1. September 1939.

Doch schon Anfang des Jahres gab es Vermutungen, dass ein Krieg bevorstand. Meine Mutter war schwanger und so legte mein Vater alles daran, wieder ins Rheinland zurück zu kommen. Der Tauschbeamte hatte sich inzwischen in ein Mädel aus dem Rheinland verliebt und wollte nicht zurück, aber irgendwie ist es ihm doch gelungen, und die Familie ging im Februar 1939 wieder zurück nach Boppard. Am 31. März 1939 wurde dann ihr erstes Kind, meine Schwester Sigrid, geboren. Vater wurde Ende 1939 nach Kirn (Nahe) versetzt. Die kleine Familie zog dorthin um und meine Mutter sollte die Kriegsjahre dort verleben. Meine Eltern hatten immer eine enge Bindung an Kirn, hatten Freunde dort und sind auch in späteren Jahren oft dorthin gefahren.

Vaters Papiere zeigen, dass er am 17.05.1940, mit 28 Jahren, eingezogen wurde. Von da an muss man für meine Eltern getrennte Wege berichten. Und wenn ich für mich zu wählen hätte, wurde ich ganz klar Vaters Militärzeit wählen, denn die war verhältnismäßig ruhig, während meine Mutter mit der kleinen Sigrid den Bombenhagel erleben musste.

Da ich zu dieser Zeit noch nicht geboren war habe ich nur Erinnerungsfetzen aus Erzählungen. Und alle Beteiligten leben heute nicht mehr, können nicht befragt werden. Im Gedächtnis blieb haften, dass meine Mutter sehr oft mit der kleinen Sigrid in den Schutzkeller flüchten musste. Der Bombenalarm ertönte, und sie mussten weg. Mehrmals täglich. In Hennweiler, einem Dorf 8 km von Kirn entfernt, lebte die Familie Fuchs, sehr gute Freunde von meinen Eltern. Zu diesen sind sie häufig gewandert, denn damals gab es dort keinen öffentlichen Nahverkehr. Familie Fuchs lebte auf einem Bauernhof und hatte daher immer etwas zu essen, woran sie meine Mutter und die Kleine teilhaben ließen. Auch später in meiner Kindheit haben wir die Familie noch oft besucht. Gut kann ich mich an den Donnerbalken erinnern. Das war der Klo draußen im Hof, ganz ohne Wasserspülung, ein Badezimmer mit WC und fließendem Wasser hatten sie lange nicht. Dorthin musste man bei jedem Wetter und um nicht in der Nacht raus ins Kalte zu müssen stand am Bett ein Nachttopf.

Selten kam Vater zu Besuch, später erzählte er nie vom Krieg, aber eine Heldentat blieb haften. Als er nämlich im Urlaub in Kirn mehr aus Versehen zusammen mit einem Freund ein Wildschwein erlegte. Eine schwere Straftat damals, aber ein unglaubliches Geschenk für die Familie. Das Fleisch wurde heimlich unter den Freunden aufgeteilt und eingemacht. Mit Eingemachtem haben auch andere Erinnerungen zu tun, die meine Mutter oft erzählte, dass nämlich gegen Kriegsende amerikanische Soldaten in die Stadt kamen, die Häuser durchsuchten und vor allem das Eingemachte aus den Kellern mitnahmen. Im Frühjahr 1945 erreichte der Vormarsch der Amerikaner Kirn. Außerdem stand die Einschulung Sigrids bevor, das Schuljahr begann damals noch an Ostern, und die Familie entschied, dass es besser sei, nach Boppard ins Elternhaus zurück zu gehen, damit Sigrid dort in die Schule käme.

Familiengeschichte Schröder – Teil 1

Ein Jubeln ging durch das Krankenhaus. Mitten in der „schlechten Zeit“, am 5. Dezember 1947 kurz nach dem Krieg, als es fast kein Geld und wenig zu essen gab, wurde endlich mal ein pralles Baby geboren. Natürlich kann ich, Edith Kohlbach geb. Schröder, mich nicht wirklich an das Geschrei erinnern, aber es war so etwas besonderes, dass es mir noch oft erzählt wurde. Genauso wie der Ärger meiner Schwester Sigrid, die 9 Jahre lang ihr Dasein als Einzelkind genoss, und genau am Nikolausabend auf ihre Mutter verzichten musste, denn ich wurde kurz vor Mitternacht geboren.

Großeltern väterlicherseits

Meinen Großvater, den Klavierbauer und Händler Johannes Schröder, habe ich nie kennengelernt, er wurde am 18. Oktober 1878 in Koblenz als Sohn des Kaufmanns Wilhelm Schröder geboren. Johannes hatte in Koblenz in der Schlossstraße das Musikaliengeschäft seines Vaters übernommen. Mein Vater Wilhelm Leonhard Hans Erich Schröder wurde am 25. November 1911 in Düren geboren. Die Heiratsurkunde zeigt, dass Erich eine Frühgeburt war, denn Johannes hat seine Margarete Steiger (geb. 4.11.1890) erst am 19. Mai 1911 geheiratet. Am 27. März 1915 wurde ein weiterer Sohn, Hans, geboren.

Johannes Schröder wurde im 1. Weltkrieg (28.7.1914 – 11.11.1918) als Soldat eingezogen. In dieser Zeit scheint sich das Ehepaar entfremdet zu haben. 1918 wurde Schwester Rita geboren, und der Vater war nicht Johannes. Das führte zur Scheidung im Jahr 1919. Die beiden Söhne kamen noch während des Krieges ins Waisenhaus. Johannes heiratete am 27. Mai 1921 erneut, und zwar Franziska Müller (geb. am 4. Mai 1886 in Koblenz-Pfaffendorf). Die beiden Jungen kamen irgendwann zurück zur Familie. Mein Vater hatte in seiner Jugendzeit oft Krach mit seinem Vater, verstand sich aber mit seiner Stiefmutter gut.

1942 wurde das Haus in der Schlossstraße 9, das Geschäft und Wohnung enthielt, völlig ausgebombt, so dass die Eltern das sehr zerstörte Koblenz verlassen mussten und zu Verwandten nach Wetzlar zogen. Meine eigenen Eltern besaßen noch viele Schall­platten aus ihrem Besitz. Der Großvater ist kurz nach Ende des zweiten Weltkrieges am 14. Mai 1945 verstorben, die Familie sagte mir, er sei ermordet worden, weil man ihm sein Fahrrad stehlen wollte. So habe ich ihn nie kennengelernt. Seine zweite Frau Franziska starb am 1. Dezember 1952.

Die geschiedene Großmutter Margarete hat später Ritas Vater, einen Herrn Happ, geheiratet, der Kinder mit in die Ehe brachte. Eines davon war Hubert. Rita heiratete später diesen Stief-/Halbbruder Hubert, vermutlich um 1951. Alle wohnten in Büsdorf bei Köln. Meine Eltern pflegten einen guten Kontakt mit ihnen, wir fuhren oft hin und Familienfotos zeigen, dass Rita und Hubert uns auch besuchten.

Großeltern mütterlicherseits

Meine Großmutter Elisabetha Pauline Reinehr wurde am 9. Juni 1886 in Niederheimbach geboren, einem kleinen Ort am Rhein. Ihr Vater war dort der Schreinermeister und Möbeltischler Wilhelm Reinehr (geb. 1853) und ich habe noch Stücke aus seiner Hand gesehen. Reinehr war damals eine alteingesessene Familie im Ort, doch im Jahr 2019 steht kein einziger Reinehr mehr im Telefonbuch von Niederheimbach. Die kleine Gemeinde hatte damals wie heute keine 1.000 Einwohner.

Niederheimbach zieht sich entlang des Rheins, ist aber von der daran entlang führenden Eisenbahnlinie und der Straße vom Fluss getrennt. Es war ein eher armer Ort, der von seinen wenigen Weinbergen lebte; die Chronik berichtet, dass 1854 39 Bürger des Ortes wegen großer Not auswanderten nach Brasilien und Australien. Unter den Glücklichen, welche es geschafft hatten, ist auch ein Anton Reinehr. 1859 war dann der Eisenbahnbau in vollem Gange. Dies und die aufstrebende Schifffahrt mit ihrem Frachtverkehr auf dem Rhein brachten nun viele Einwohner Niederheimbachs in Arbeit und Brot. Viele Gärten, Äcker und Wiesen am Rhein fielen dem Eisenbahnbau zum Opfer. Für die Entschädigung konnten andere Grundstücke angekauft, oder, was mehrfach der Fall war, mit diesem Geld endlich Schulden bezahlt werden, welche die Menschen in den letzten sehr schlechten Jahren der Missernten zu machen gezwungen waren, um ihre Familien ernähren zu können. In einer Kopie eines Dokumentes vom 12. April 1859 sind die Namen der Niederheimbacher aufgeführt, die eine Entschädigung für ihr Grundstück erhielten. Hier findet sich auch ein Reinehr (Andreas).

1899 wurde dann auch mein Großvater in der Stadtchronik erwähnt. Am 21. August am Kirmes – Montag, 9 Uhr, brannten 12 Häuser im „Flecken“ nieder. Das Feuer brach im Stall von Anton Stark aus und innerhalb einer halben Stunde standen schon mehrere Häuser in Flammen. Es hatte in dieser Zeit wochenlang nicht geregnet, so dass der Heimbach kaum Wasser führte, was zum Löschen unbedingt benötigt worden wäre. Eine Wasserleitung gab es noch nicht. Wilhelm Reinehr gehörte eines der abgebrannten Häuser. Die Häuser waren damals schon alle bei der Provinzial versichert und erhielten Entschädigungen. Die damals wieder aufgebauten Häuser sind an ihren roten Backstein – Fassaden zu erkennen. Dieses Ereignis und andere schwere Brände führten 1932 zur Gründung einer freiwilligen Feuerwehr. Zum Brandmeister wurde Wilhelm Reinehr gewählt, vermutlich ein Bruder Paulines, denn der Vater wäre für diese Aufgabe schon zu alt gewesen.

 

Niederheimbach
Die neu aufgebauten Backsteinhäuser

Pauline heiratete am 2. August 1909 den Eisenbahnschaffner Josef Franz (geb. 5.3.1881), dessen Vater Winzer in Niederheimbach war. Auch die ersten Kinder wurden in Niederheimbach geboren. In den 1920ern zogen sie ins größere Boppard, Opa Josef war dann Lokführer der Hunsrück­bahn. In den 1930ern erwarben sie das Haus in der Sabelstraße 18, in dem ich aufgewachsen bin. Sie hatten fünf Mädchen, meine Mutter Berta Franz wurde am 29. Juli 1912 geboren. Die älteste war Paula, dann Berta, Käthe, Rosi und als Nesthäkchen Hannele.

Paula, Berta und Käthe noch in Niederheimbach

Die fünf Schwestern hatten ganz offensichtlich eine schöne Kindheit, wenn man rein von den Fotos her urteilt. Der 1. Weltkrieg (1914 – 1918) war gerade vorbei, die Weltwirtschaftskrise zum Ende der 1920er und im Verlauf der 1930er Jahre schien auf die Bahnbeamtenfamilie keine große Auswirkung zu haben. Oma Pauline starb am 15. Dezember 1978, Opa Josef lange vorher am 30. September 1957. 

Weihnachten um 1932 oder 1933

Die fünf Schwestern

Regentag

Am Morgen fahre ich schon vor 7 Uhr zur Boulangerie Artisanal in Wissembourg. Rott hat keinen Bäcker, aber dies ist nur 3 km entfernt. Ich kaufe auch gleich für die anderen Gäste mit ein. Es regnet nicht, ist aber kalt und stürmisch.

Nach meinem gemütlichen Frühstück ist Regen angesagt, aber ich habe ein richtig spannendes Buch gefunden und lese. Daniel kommt immer mal vorbei und wir plaudern. Zum Mittagessen will ich nach Woerth, in ein sehr gutes Restaurant, in dem ich schon mehrmals war. Er will mitkommen. Wie schön, macht natürlich mehr Spaß zu zweit. Doch das Restaurant ist geschlossen, nur diese eine Woche, ich habe doch wirklich Pech. Aber auf dem Weg sah ich ein Restaurant mit sehr vielen geparkten Autos davor, das ist doch ein gutes Zeichen. Wir halten also dort. Obwohl es keine Überlandstraße ist, ist dies doch ein richtiges Routiere, also ein Lokal, wo man gut und deftig isst mit großen Portionen. Habe mein Handy im Auto gelassen, also gibt es keine Fotos.

Zurück in Rott regnet es immer noch, aber mein Buch ist ja auch noch nicht fertig gelesen. Erst am Abend kommt ein wenig die Sonne raus, das Happy End war gut, also nichts wie auf das Rad und nur eine kurze Strecke um Rott herum. Mit Google Maps den Weg gesucht. Das war nicht gut, es ging in den schlammigen Wald und sogar auf eine Gefällstrecke, die nur aus Felsbrocken bestand. Ich musste das Rad schieben. Und die ersten Regentropfen kamen auch wieder. Also als Radurlaub steht der Kurztrip unter einem schlechten Stern. Doch sonst ist es schön. Daniel will zu seinen Biohühnern gehen, die sind in einem Garten an der Dorfgrenze. Das lasse ich mir nicht entgehen. Den Hühnern geht es gut, zumindest was die Unterkunft betrifft, aber einige haben einen ganz zerkratzten Rücken und ich erfahre sehr bald, woher das kommt. Als der Hahn auf die Henne steigt, das ist schon eine heftige Aktion, vor allem da der zweite Hahn dazwischen geht. Daniel meint, dass Frederic bald im Kochtopf landen wird, drei Hähne sind einfach zu viel. Ich frage, ob er selbst dem Tier den Hals umdreht, nein, nein, sagt er, das macht eine Frau im Dorf.

Am Abend stelle ich wieder die Sauna an, das ideale an einem so kühlen Regentag und Daniel kommt mit. Ist doch viel schöner als allein. Ich fühle mich hier schon richtig zuhause.

Fazit, die Fahrt hierher hat sich gelohnt, nicht fahrradmäßig, aber vom Erholungswert.

Cave Vinicole Cleebourg

Es regnet sich ein. Deshalb arbeite ich zunächst ein wenig am PC und fahre dann gegen 12 Uhr mit Auto zum 2 km entfernten Hotel-Restaurant Le Cleebourg für den Mittagstisch. Den Hinweis darauf hatte ich schon gestern an der Tür gefunden. Und da ich ja aus bitterer Erfahrung weiß, dass man es mit der Mittagstischzeit sehr genau nimmt, bin ich rechtzeitig da, obwohl ich lieber später gegessen hätte. Ich bekomme einen netten Tisch neben einem deutschen Paar, sie reichen mir freundlicherweise schon die Karte. Dort keine Spur vom Mittagsmenü. Aber ich weiß ja Bescheid und bestelle es. Als Vorspeise Croque Monsieur und dann Kassler in Blätterteig mit Kartoffelsalat, sehr lecker. Den Nachtisch spare ich ein, denn ich habe ja noch eine Zitronentarte von gestern. Die deutschen Nachbarn sind überrascht, denn man hat ihnen nichts von der Mittagskarte erzählt, wohl dem ganzen Lokal nicht. Scheint so eine Insidergeschichte zu sein.

Ich bleibe nach dem Essen noch ein wenig, denn um 14 Uhr soll ja die Kellerführung gleich nebenan stattfinden. Und so finden sich auch einige Leutchen ein, die Wartezeit wird mit einem Gläschen Wein versüßt. Dann geht es hinab in den Keller. Ich war vorgewarnt worden, die Führung sei nur in Französisch, kein Problem, kann ich. Aber natürlich nicht das schnelle Rattern des Kellermeisters, der mit Fachausdrücken nur so um sich wirft. Aber egal, es ist nicht meine erste Kellerei und es macht Spaß. Cleebourg ist ein Zusammenschluss der Winzer der Region und ich sagte es ja schon, es gibt hier einen wirklich hervorragenden Wein zu einem angemessenen Preis. Aber nicht nur Wein, es wird vor allem auch der hervorragende Cremant hergestellt, in Flaschengärung. Deshalb die merkwürdige Palette mit den Flaschen, die die in regelmäßigen Abständen gedreht werden müssen.

Nach der Führung geht es natürlich wieder an die Theke und obwohl schon einige Kistchen im Wagen sind kaufe ich dennoch ein wenig mehr. Denn ich bekam eine Idee. Nächste Woche habe ich Freunde eingeladen, wusste noch nicht, was ich zum Essen machen soll, aber nun ist es klar. Es wird eine Elsässer Weinprobe mit entsprechender Brotzeit! Habe den Kellermeister auch gefragt, auf wieviel Grad ich meinen schönen neuen Weinkühlschrank einstellen soll zum Servieren der herrlichen Weißweine. 8 Grad!

Das war wirklich die perfekte Beschäftigung für diesen regenreichen Tag und als ich wieder heraus komme ist es doch tatsächlich trocken. Von Sonnenschein kann man noch nicht sprechen, aber nachdem ich mir bei Daniel wieder einen Kaffee gekocht und meine Zitronentarte gegessen habe setze ich mich aufs Rad und fahre nach Seebach. Soll einer der schönsten Orte in der Gegend sein. Stimmt ja, ist sehr hübsch. Hätte gerne ein Häuschen hier. Und ich komme tatsächlich ohne einen Regentropfen wieder zurück von der 20 km Tour. Noch nicht richtig angekommen kommt draußen wieder ein Regenschauer runter.

 

Daniel

Daniel besitzt in Rott ein echtes Elsässer Bauernhaus gleich neben der Kirche. Sein Garten eine Wüstenei, weil er irgendetwas mit Holz arbeitet, was sich mir noch nicht so ganz erschlossen hat. Der Wohnbereich teilt sich in das Haus, in dem er wohnt, im Erdgeschoss die Küche, die auch ich betreten darf, weil da nämlich der Kaffee-Vollautomat steht. Arbeitet mit Bohnen und nicht mit den überteuerten Kapseln! Sehr gut. Ansonsten absolutes Chaos im Haus wie auch im Garten.

Aber daneben ist quasi ein Extrabereich, der meine Wohneinheit sein wird. Mein Zimmer ist ein kleines Kämmerchen, aber es ist alles da, was ich brauche, einschließlich einem Arbeitstisch, an dem ich gerade sitze und schreibe. Neben meinem Kämmerchen ist das multifunktionale Bad, dort ist eine Kochecke mit Mikrowelle, Induktionskochplatte, Kühlschrank, Spüle, Dusche und Sauna. Extra gibt es noch einen WC. Und da hier nur dieses eine Gästezimmer ist, ist dies also meine kleine private Wohnung. Und anders als der Daniel-Bereich ist es hier aufgeräumt und sauber. Ich fühle mich wohl. Mein Fahrrad findet einen Platz direkt im Flur vor meiner Zimmertür.

Am Abend habe ich zunächst mal die Sauna angestellt und freue mich wahnsinnig. Ist doch die Sauna in meinem Haus schon lange geschlossen. Herrlich und entspannend, so sehr dass ich danach völlig erschöpft ins Bett falle und richtig gut schlafe.

Am Morgen wecken mich die Regentropfen. Ja, auch heute ist wieder den ganzen Tag Regen angesagt. Aber ich lasse mich nicht aus der Ruhe bringen und frühstücke erst einmal. Habe ja alles dabei und auch eine komplette Küche zur Verfügung, koche mir sogar mein Frühstücksei. Die habe ich mir von zuhause mitgebracht, weil ich ja nicht wusste, dass Daniel Bio-Eier verkauft, 4 Euro für 10 Stück. Ich werde welche mitnehmen.

Nun werde ich ein wenig arbeiten und zum Lunch will ich das Hotel-Restaurant testen, das zum Weingut gehört und sehr gute Einträge hat. Danach Kellerführung und wenn alles gut geht gibt es am Nachmittag doch ein wenig Sonne und ich kann eine kleine Radtour machen. Ich werde berichten.

Elsasstour

Ich muss einfach raus. In Taunusstein auf der Couch sitzen ist nicht mein Ding. Und die versprochene Klimaerwärmung ist ja auch nur von kurzer Dauer gewesen. Es ist kalt und regnerisch. Die Taunussteiner Berge kenne ich in- und auswendig, also muss ich raus. Habe zunächst in die Wettervorhersage geschaut und mir Anfang August als gut rausgesucht. Und ein Zimmer in meinem geliebten Nordelsass gebucht. Nordelsass weil es nicht weit von mir entfernt ist und ich keine Lust auf lange Autofahrten habe. Es soll ja mit Auto in den Elsass gehen und dann schöne Rundfahrten mit dem Rad, natürlich mit leckerem Einkehren zwischendurch.

Schon gleich am nächsten Tag nach der Buchung der große Schock. Es ist geradeso als wollte mich das Wetter mal so richtig verarschen, plötzlich ist für diese Tage nur noch 100 % Regen und unter 20 Grad vorhergesagt, und das den ganzen Tag über. Jeden Tag schau ich rein, es wird eher schlechter als besser. Die Unterkunft habe ich in AirBnB gefunden und sie kostet gerade mal 87 Euro. Nein, nicht pro Tag, für 3 Tage! Und es gibt eine Sauna. Da kann man nicht meckern. Xmal habe ich überlegt, ob ich nicht einfach absagen soll, das Geld wird nicht erstattet, aber es ist auch nicht viel.

Doch dann dachte ich, zuhause kann ich bei Regen nur auf der Couch sitzen. Fahr doch einfach, es kann nur besser werden. Mal schön essen gehen, zum Weingut und vielleicht ist es dazwischen doch mal trocken genug für eine kleine Fahrt.

Die ganze Nacht hat es geregnet. Zumindest immer dann wenn ich mal kurz wach wurde. Auch noch am Morgen. Aber dann, oh Wunder, als ich mein Auto packen wollte, Fahrrad drauf und so, kam die Sonne hervor. Um 10 Uhr ging es dann los nach Bad Bergzabern (Deutschland). Dort am Kurhaus geparkt und ab aufs Rad. Ich hatte mir eine schöne 30 km Rundfahrt ausgesucht über Weissenburg (Frankreich) und zurück über das Weintor in Schweigen. Es hat alles richtig schön geklappt, zwar drohte mal eine schwarze Wolke am Himmel, aber sie hat sich zurückgehalten und ich war sogar dankbar, dass ich meine Sonnenbrille eingepackt hatte.

In Weissenburg gibt es viele schöne Restaurants und ich ging wieder dorthin , wo ich schon einmal war und recht zufrieden. Doch diesmal, nein, absolut nicht. Die Bedienung schaute erstmal überhaupt nicht nach mir und als ich endlich, endlich bestellen konnte, das Mittagsmenü zu 13,50, da meinte sie, nein, das gibt es nur bis 13 Uhr. Ja, so kann man es auch machen, die Leute sitzen lassen bis 13 Uhr vorbei ist. Ich war eh nicht sehr hungrig, stand abrupt auf und machte mich auf den Weg zu meinem Quartier. Zunächst aber zum Supermarkt um für das entgangene Menü einzukaufen, das ich dann in meinem Zimmer nehmen wollte.

Doch nicht, ohne zuvor bei meinem Cave vorbei zu schauen. Der Cave Vinicole de Cleebourg, den ich mal auf einer Fahrradtour entdeckt hatte, ist weit über die Grenzen bekannt, auch viele deutsche Kunden sieht man dort, weil es einfach einen vorzüglichen Wein gibt zu akzeptablen Preisen. Und an der Tür stand ein großes Schild, dass immer Mittwoch eine Führung durch den Keller ist, heute ist Dienstag, also das werde ich mir morgen nicht entgehen lassen.

Dann ging es zur Unterkunft. Kein Hotel, sondern Privatunterkunft über AirBnB. Ich sagte es ja schon oben. Preiswert. Sehr preiswert. Von daher kann man nicht viel erwarten. Aber ich komme auch mit wenig zurecht. Es gab im Angebot viele Fotos, von daher wusste ich ziemlich gut, was mich erwartet. Und so war es auch. Daniel ist ein junger Deutscher (ja, in meinem Alter ist fast jeder jung, aber könnte wirklich mein Enkel sein), ganz locker drauf und wirklich nett. Wir sitzen draußen an einem Tisch in seinem Garten und unterhalten uns, ich trinke Cremant de l‘Alsace zu einem herzhaften Brie. Das mag ich, nicht so ein anonymes Wohnen.

Danach geht es mit dem Rad nochmal die 3 km nach Wissembourg für einen Stadtbummel und da springen doch zwei leckere Törtchen in meinen Korb.

Kaufrausch

Seit ich wieder in Deutschland bin habe ich einen richtigen Kaufrausch. Keine Ahnung warum, vielleicht einfach, weil ich 8 Monate nicht zuhause war und einige Investitionen notwendig sind. Das schönste war der Weinkühlschrank gleich zu Beginn. Aus dem Elsass hatte ich wunderbare Weine mitgebracht und wünschte mir einfach eine gute Aufbewahrungsmöglichkeit, mein Keller ist leider sehr weit von meiner Wohnung entfernt. Wollte das Teil auf dem Balkon unterbringen, habe dort einen sehr guten Platz neben dem Grill, völlig regenwassergeschützt. Das hielt aber nur ganz wenige Tage, dann kam die Hitze und die Kühlschranktemperatur stieg auf 27 Grad. Also ab ins Wohnzimmer. Ist nicht ideal, aber egal. Die Weinchen sind wichtig und machen mir Spaß.

Es gab noch etliches andere was ich gekauft habe, und ich gestehe, ja, eigentlich alles von Amazon. Egal ob für das Büro oder den Haushalt, auch für mein Fahrrad, Amazon ist einfach heute der Ort, wo man alles bekommt. Hier ist die große Auswahl, hier muss man nicht von Laden zu Laden rennen, hier ist es gleich am nächsten oder übernächsten Tag bei mir.

Nicht aber bei meiner neuen Balkon Bank. Auch das fiel unter Kaufrausch. Plötzlich konnte ich den Tisch mit Bank und zwei Stühlen nicht mehr sehen. Gedacht, um dort mein Frühstück einzunehmen, der Balkon ist gleich vor der Küche. Aber tatsächlich habe ich das außer dem ersten Tag in all den 13 Jahren noch nie getan. Und der Balkon ist mir einfach zu eng. Ich wünschte mir eine schöne Sitzmöglichkeit, kein Tisch, sondern einfach nur eine gemütliche Bank, wo ich die Morgensonne genießen und ein Buch lesen kann. Und ja, in Amazon gab es genau die richtige Bank. Während jedes winzige Päckchen von Amazon mit der Sendungsverfolgung auf die Stunde genau angekündigt wird, gab es das sowohl für den großen Weinkühlschrank wie auch die Bank nicht. Es hieß, sie sollte Dienstag oder Mittwoch kommen, also konnte ich getrost über das Wochenende wegfahren. Und bekam dann am Samstagmittag eine Email, dass die Bank nicht zugestellt werden konnte. Das Teil ist groß und wiegt 25 kg.

Montag bin ich kurz mit dem Rad im Postshop vorbei gefahren um mir die Sache anzusehen. Ja. Ist da. Und groß. Und schwer. Auto geholt, geparkt. Keine Chance, es alleine reinzubekommen. Ein netter Autofahrer half mir. Zu Hause geparkt, das Paket rausgezerrt. Niemals bekomme ich das die Treppen hoch. Also Nachbar Aleksander angerufen. Er kam und half. Und nach zwei Stunden Aufbauzeit konnte ich sitzen. Und tue es seitdem fast täglich.

Und keine Angst, die alten Möbel wurden nicht zum Sperrmüll gestellt. Ein Foto an die ukrainische Nachbarsfamilie und schon haben sie es abgeholt. Ziert nun ihren Balkon.

Invictus

Ich schlafe ziemlich schlecht und um wieder einzuschlafen schalte ich im TV Medical Detectives ein und kann ganz schnell wieder einschlafen. Doch an diesem Morgen so um fünf lief schon der Genios-Mediashop. Der Invictus Akku-Staubsauger wurde vorgeführt. Eigentlich habe ich mir so ein Teil schon immer gewünscht. Mein Sohn hat einen von Dyson, viel zu teuer für mich, aber es ist schon schön, mit diesem relativ leichten Teil kabellos durch die Wohnung zu hüpfen. Man muss ja immer ganz schön lange warten, bis man den Preis erfährt. 259 Euro hieß es. Das könnte ich mir vielleicht auch leisten. Aber es muss unbedingt mitsamt dem Wischmop sein. Ich rief also an und erfuhr, dass der Preis leider nur die Basisversion umfasst. 21-teilig würde  es 359 Euro es kosten, plus 9,95 Porto. Aber ohne Wischmop. Mist. Aber egal, ich habe es bestellt.

Dann Frühstück. Und Zeit nachzudenken. Und zu googeln. Ach, auch Amazon hat einen Genios Shop. Und es war gerade Amazon Business Prime Day, was bedeutet, es gibt einige Dinge im Angebot. Den Invictus X8 mitsamt Wischmop für 299,95 Euro!!!! Wahnsinn. Mal sofort in den Warenkorb getan, die Versandadresse eingestellt und schon hieß es 414 Euro!

Ich habe es xmal versucht, immer das gleiche. Dann den Kundendienst von Amazon angerufen. Ja, den gibt es und ich habe ihn schon öfter genutzt. Der freundliche Andre meinte, wie weit sind Sie denn im Kaufvorgang gegangen. Da habe ich auch durchgeblickt und bin einen Schritt weiter, Kreditkarte angegeben. Und schon war ich wieder bei 299,95 Euro. Ganz ohne Versandkosten. Ich also bestellt.

Heute kam nun das gute Stück. 23-teilig. Mein Gott, das ist eine Menge. Und die Aufbauanleitung sehr schwer verständlich. Nun ist die ganze Küche voller Pakete. Was ich alles habe. Aufbewahrungsstation, Tierhaarbürste (aber kein Tier), motorisierte Elektrobürste, Hartbodenbürste, Mini-Bürste, Wischmop, Fugenbürste. Zuerst bin ich mal in Youtube und habe mir alles angeschaut, was ich mit den einzelnen Teilen machen kann. Das witzigste war dort die Tierhaarbürste, wo die Dame das Kätzchen direkt abgesaugt hat.

Also ich werde mir was einfallen lassen, zuerst muss ich mir aber mal überlegen, wo ich die vielen Teile unterbringe. Für 300 Euro ein echtes Schnäppchen.

Mautfrei durch Frankreich

Ich liebe einfach das Elsass. Fahre da gerne mal hin zum Essen und Einkaufen oder neuerdings auch zum Radfahren. Unser Lieblingshotel ist das Cheval Blanc in Niedersteinbach im Nordostelsass, weil man da so wunderbar, wenn auch teuer, isst. Und diese Region würde ich gerne in meine Tour einbinden, auch wenn es einen kleinen Umweg bedeutet. Morgen ist Sonntag, ich möchte also gerne bis kurz vor die deutsche Grenze, dort noch mal gut essen, am nächsten Morgen einkaufen und dann die nur etwa 160 km nach Hause fahren, um dann mit meiner Familie am Abend schön zu essen. Das Cheval Blanc ist ausgebucht, ich finde ein Gästehaus in Obersteinbach, nur 2 km entfernt. Die Dame des Hauses fragt an, ob ich denn am Abend auch speisen möchte, ich antworte, ja gerne und freue mich auf ein schönes Elsässer Essen.

Von Confolens geht es über Landstraßen, Speedlimit 80 km/h. Das ist nicht gerade schnell. Aber es ist ja Sonntag, es sind keine Lastwagen unterwegs und ich komme recht gut durch. Immerhin sind es 750 km und lauf Google-Maps brauche ich 10: 30 Stunden dafür mit Ankunft 17:30 Uhr. Am liebsten fahre ich hinter einem zügig fahrenden Einheimischen her, der wohl gut die örtlichen Blitzer kennt. Trotzdem freue ich mich über jeden Kilometer, der dann doch über eine mautfreie Autobahn führt, vor allem kurz vor dem Ziel bin ich auf einer Autobahn Richtung Straßburg. Ich gehe nur ganz kurz einkaufen, breche mir vom frischen Baguette nur ein paar Bröckchen ab und fahre ansonsten langsam aber stetig durch. Als ich durch den Weinort Chablis komme bin ich doch etwas traurig, dass ich fest verabredet bin und nicht hier übernachten kann, denn in diesem berühmten Weinort wäre ich gerne geblieben und hätte eine Weinprobe gemacht. Dabei fällt mir etwas auf, vielleicht hätte ich ja eine Marketingidee. Dieser Ort wirkt am Sonntag völlig verschlafen. Es gibt natürlich Hinweisschilder zu den Weingütern, aber es ist kein Mensch auf der Straße und alles zu. Wenn ich so an unseren Rheingau denke, da ist in Weinorten sehr viel los, da sind Restaurants offen, gibt es Weinausschank an einem großen Fass oder ähnliches. Hier nichts davon. Eigentlich schade.

Petit Arnsbourg

Und immer freue ich mich auf mein schönes Abendessen und bin gespannt auf meine Unterkunft. Ich finde sie auf die Minute pünktlich nach google in dem idyllischen Obersteinbach, das Chambre d`Hôtes Petit Arnsbourg. Ein altes Dorfhaus, hübsch renoviert. Mein Zimmer ist im ersten Stock, hier leider keine Terrasse, wo ich sitzen kann wie in Confolens, aber dafür ist unten der schöne Garten und ich könnte dorthin. Doch ich nutze mal wieder den Schreibtisch und arbeite. Die Hausdame stellt sich als die Holländerin Karin heraus, ihr Ehemann Marcel trotz des Namens ebenfalls und ich bereue meine Zusage für das Abendessen. Ich wollte elsässisch essen, nicht holländisch. Vor allem wo meine Schwester jahrzehntelang in Holland lebte und mir immer sagte die holländische Küche sei quasi nicht-existent. Frikandelle und Pinderkas. Sie ging lieber chinesisch essen.

 

Cheval Blanc

Doch Karin ist verständnisvoll und entlässt mich aus meiner Zusage, meint ein wenig schnippisch, ich könnte ja mal schauen, ob ich im Cheval Blanc noch einen Tisch bekäme. Ja, ich bekomme. Stelle mich einerseits als Stammkundin vor, anderseits ist es noch sehr früh und die Tische werden erst später belegt. Dafür hat man Zeit für mich und wir plaudern ein wenig. Ich kenne das Haus schon etwas 15 Jahre, habe meinen 65sten dort mit der Familie gefeiert und mir fällt als erstes auf, dass die alte Chefin nicht mehr gut laufen kann. Sie bräuchte eigentlich eine Gehhilfe, doch benutzt sie dafür einen rollenden Serviertisch, fährt damit durch das Restaurant und bringt auch nur mal ein Tellerchen mit diesem Tisch zu den Gästen. Die Mannschaft ist alt geworden, der Sohn, der in der Küche stand und seine Frau, die die Gäste empfingen, sind nicht zu sehen. Ich speise gut und teuer, man gönnt sich ja sonst nichts und fahre die 2 km hinauf nach Obersteinbach. Vermisse mein Fahrrad.

Am Morgen dann habe ich Gelegenheit, die Küche des Gästehauses zu besichtigen, denn das Frühstück ist eingeschlossen. Ich muss sagen, es ist sehr gemütlich. Die Küche ist groß, in der Mitte ein langer Tisch und hier finden die Essen statt. Mit allen Gästen zusammen, nicht jeder einzeln an einem Tisch, was ich hasse. Doch es gibt ja eh nur 2 oder 3 Gästezimmer und außer mir ist nur ein französisches Ehepaar da. Es ergibt sich, dass die Hausdame Karin mit den Franzosen spricht und ich mit Marcel in ein langes Klatschgespräch über Ober- und Niedersteinbach komme. Das gefällt mir so richtig. Hier bin ich nicht anonym, sondern gehöre dazu. Habe ja auch einige Kenntnis über die Region und das Cheval Blanc und so höre ich, dass sich da einiges geändert hat. Der Sohn ist samt Frau abgereist nach Paris, arbeitet lieber in einem Haus mit festem Einkommen und möchte das Familienerbe nicht weiter führen. Inoffiziell steht das Hotel-Restaurant zum Verkauf und die alte Mannschaft macht so lange weiter, bis ihre Füße sie noch tragen. Traurig eigentlich. Dafür gibt es in Obersteinbach ein Restaurant, das früher nicht ganz konkurrieren konnte und jetzt auf dem Vormarsch ist, das Anthon. Das muss ich beim nächstenmal doch mal ausprobieren.

Mit Marcel sprechen wir auch über das Weingut Cleebourg, das ich vor einem Jahr bei einer Fahrradtour entdeckt habe. Es ist ganz offensichtlich weit und breit berühmt, auch er bezieht Wein von dort und er empfiehlt mir den Auxerrois, den ich noch nicht kenne. Google-Maps ist wieder zur Hand und sagt mir, dass es nur 4 km Umweg sind, wenn ich das Weingut einbeziehe. Eine Nachricht an meinen Sohn, brauchst du was von dort, und ein dickes Jaaa erscheint auf dem Display. Also fahre ich zunächst zum Weingut, halte mich aber beim Probieren zurück. Es ist ja noch früh am Morgen. In Wissembourg wird für das Familienessen eingekauft und schließlich fahre ich mit 45 Flaschen Wein und einem marokkanischen Teppich über die Grenze, die aber eh nicht sichtbar ist.

Rückreise

In Spanien kam ich abends gegen 21 Uhr an und war hellwach. Ich hatte keine Lust, mir ein Hotel zu suchen und wollte noch etwas fahren. Das ging auch wunderbar, einmal hielt ich an einer Raststelle und schlief direkt neben einem Polizeiauto drei Stunden. Eigentlich wollte ich am Meer noch in einem schönen Resort einen Zwischenstopp machen, aber ich fand nichts. Entweder alles ausgebucht oder zu teuer. Also entschied ich mich, in Malaga abzubiegen Richtung Madrid und kam auch fast bis hinauf zur Küste. In Vitoria-Gasteiz fand ich ein Palacio für die Nacht in booking.com.

Vitoria-Gasteiz

Na, das klingt doch mal gut, ich möchte gerne in einem Palacio schlafen. Außerdem hieß es, es gäbe einen großen ummauerten Hof zum Parken. Dem war auch so. Das Hotel war eigentlich ganz nett, wenn auch nicht wirklich palastartig. Man nennt wohl alles alte Parador oder Palacio, mein Zimmer nicht sehr groß, aber immerhin mit Schreibtisch, wichtig für mich, aber das Essen war enttäuschend. Ich hatte mich auf ein gutes spanisches Abendessen gefreut, aber die Karte lag im Zimmer und es war eher fastfoodartig. Frühstück wurde angeboten, aber nach dieser mauen Karte nahm ich es nicht in Anspruch. Zum Glück habe ich ja alles dabei für einen Snack am Abend und auch für das Frühstück.

Doch zunächst machte ich einen Stadtbummel und der war sehr schön. Vitoria ist eine typisch spanische Kleinstadt, sehr angenehm, nicht touristisch und tatsächlich voller Bars, wo man einen Drink und Tapas bekommt. Aber ich wollte einfach nicht allein dort rein, kann ja auch kein Spanisch und mich nicht mit den Menschen unterhalten. Was mir aber auffiel, Vitoria ist die Fahrradstadt schlechthin. Überall gab es nicht nur Fahrradspuren, sondern an jeder Ecke auch Fahrradparkplätze, was ja sehr wichtig ist und oft vergessen wird. Obwohl Vitoria eher flach ist liegt das alte Stadtzentrum auf einem nicht zu hohen Hügel. Und zur Krönung als Fahrradstadt führen da hinauf Laufbänder. Zum Laufen oder eben auch, um sein Fahrrad hoch zu schieben. Also das fand ich grandios.

Confolens

Ich wollte dann gemütlich weiterfahren, dank Google-Maps mautfrei durch Frankreich. Zunächst war mein km-Durchschnitt pro Stunde sehr gering, aber ich gab nicht auf und fand sogar ein Stückchen mautfreie Autobahn. Dann suchte ich in booking etwas für die Nacht, fand aber nichts, was mich so richtig reizte. Eher langweilige Hotelzimmer, ein oder zwei Campings, nichts worauf ich mich freuen konnte. Dann war ich in einem netten kleinen Ort, Confolens, und schaute, was booking mir entlang meiner Route anbot. Aha, ein Camping 500 m von mir entfernt. Also fuhr ich einfach dorthin und schaute. Und blieb. Rückblickend kann ich sagen, von meinen 4 Nächten auf der Rückreise (1x Auto, 2x Hotel, 1x Camping) war dies die allerbeste. Ich habe mich so wohl gefühlt in meinem kleinen Zelthüttchen, hatte einfach alles was ich brauchte. Ein Zelt mit Bett zum Schlafen, eine Küche mit Kocher und Kühlschrank, eine Terrasse, wo ich sitzen und essen konnte, und das alles direkt am schönen Fluss. Dazu ein mittelalterliches Städtchen, in das ich laufen konnte und kostenfreie Kanus. Hier wäre ich gerne ein paar Tage geblieben, aber ich hatte mich gerade mit meiner Familie verabredet für Montag. Wenn ich länger bleibe treffe ich meine Enkelin nicht mehr an.