Die Affen sind los

Am Donnerstag stand uns noch ein kompletter Tag im Tazarkount vor, bevor es endlich wieder auf die Piste gehen sollte. Lyndsey hatte absolut keine Lust mehr auf die Anwendungen, sie trat Massage, Maniküre und Pediküre an mich ab. Danach war es 11:30 und ich fragte sie, was sie denn machen wolle. Ins Dorf spazieren oder ab nach Marrakech. Lyndsey konnte sich für nichts entscheiden, saß völlig unentschlossen und unzufrieden nur da. Zunächst zögerte auch ich, denn das Programm für den Freitag hätte früh angegangen werden müssen, Besuch der Wasserfälle und weiter nach Marrakech, da wollte ich schon um 9 Uhr abfahren. Afourer lag vollkommen im Dunst, keine Sonne und eher kühl. Ich rief mal kurz an den Wasserfällen an, dort schien die Sonne. Das war es also. Ich entschied und sagte Lyndsey, Abmarsch, Koffer packen. Sie hatte kein Frühstück gehabt, wollte auch kein Mittagessen und noch vor 13 Uhr ging es los. Kurzer Stopp an dem schönen Stausee Bin el-Ouidane und Pinkelpause in Ilses Hotel, dann weiter zu den Kaskaden. Ich schaute mir noch einige Campingplätze an, traf Renate und Paul auf dem Camping Zebra und sogar die Nachbarin Jane war da und ersparte mir die Fahrt auf den Hügel. War wie immer schön dort und ich traf meinen ersten deutschen Marokkaner, der mit Wohnmobil und Familie in Marokko unterwegs war, natürlich mit meinem Campingführer.

Dann ging es in den Ort, wo Mustapha uns eine Führung rund um die Wasserfälle anbot. Braucht man natürlich nicht, aber Lyndsey wollte es gerne. Und sie blühte völlig auf, trotz leerem Magen. Das war also endlich Marokko, endlich das richtige Land zum Anfassen und sie war vollkommen seelig. Der Führer sprach Englisch, auch das ein Glücksfall für sie. Sie war so begeistert, dass sie sofort plante, nächsten Monat wiederzukommen und mit Mustapha auf Tour zu gehen. Ich bin da eher zurückhaltend, sage ihr immer wieder, ja, aber der Süden ist doch noch viel schöner!

Nur haben wir leider dafür keine Zeit mehr. Statt dessen kamen die Affen angerannt, so viele habe ich bisher noch nie getroffen. Aber Mustapha führte uns auch über einen langen Weg ganz um die Wasserfälle herum, die wir so von jeder Seite ablichten konnten. Endlich mal Bewegung nach dem Herumsitzen im Tazarkount, Lyndsey war in ihrem Element. Danach mussten wir natürlich einen Tee trinken, vorher lässt man uns nicht weg und ich schaue immer auf die Uhr. Es war schon spät und irgendwo müssen wir ja schlafen. Ouzoud ist irgendwie schon eigen, ganz anders als die Städte im Süden und so richtig konnten weder ich noch Lyndsey Fuß fassen. Ein Hotel stand uns offen, Lyndsey fragte, gibt es Wlan, okay, ja es gab, aber sehr, sehr schwach. Und sie muss doch die vielen Fotos an die Familie senden, auch ihr 10jähriger Sohn wartet darauf. Aber was ihr vor allem fehlte waren Menschen. Im Tazarkount war ja schon kaum was los, aber diese Hotels waren vollkommen leer. Und auf ein Abendessen hätten wir 1,5 Stunden warten müssen. Sie hätte sogar im Zelt schlafen können, aber Menschen, Wlan und was zu essen waren absolut notwendig.

Es ist ein Geschenk mit Lyndsey zu reisen. Sie ist nicht nur nett, sondern wir denken in vielen Dingen genauso, die Entscheidungen, die ich aus Erfahrung treffe, sind immer genau die, die auch für sie richtig sind. Dass sie aber auch ungemein lustig ist, das kam erst spät am Abend raus, dazu hatte sie vorher im Tazarkount einfach keine Gelegenheit.

Kurzentschlossen hatte ich meinen Freund, des Direktor meiner Stammheimat Hotel Tichka angerufen. Hast du Zimmer für uns, bekommen wir noch was zu essen, wenn wir spät ankommen? Immer ja natürlich, die Prinzessin des Tichka ist immer willkommen. Wir fuhren wie der Wind, aber immer innerhalb des Speedlimits und kamen auf der Nebenstraße auch gut durch. Es schlug gerade 21 Uhr, als wir vor dem Tichka eintrafen. Das Gepäck blieb im Zimmer, ich suchte meinen Direktor und fand ihn auf seinem Sommerplatz, der Terrasse. Lyndsey war glückseelig. Wifi, Menschen, romantische Atmosphäre und Rosewein, den gab es in Ouzoud auch nicht. Alles was sie für einen schönen Abend braucht. Und der wurde mehr als schön. Der Direktor kann kaum Englisch, aber er saß mit einem Freund zusammen, und der hatte sofort einen Narren an Lyndsey gefressen. Die beiden radebrechten in allen möglichen Sprachen, eine Flasche Wein nach der anderen erschien und verschwand, und die bulgarische Sängerin direkt vor uns sang nur für uns. Lyndsey war einfach glücklich, das ist ihr Leben und es ist direkt schade, dass wir für Freitag ein Riad gebucht haben und das schöne Tichka mit seinem Rose schon wieder verlassen müssen.