Fahrt nach Diama

Da ich die Hoffnung auf mein Gepäck noch nicht ganz aufgegeben habe, bleibe ich noch einen weiteren Tag im Hotel, nutze ihn aber mit einer Informationsfahrt nach Diama, damit er nicht ganz verloren ist. Es sind etwa 250 km bis dorthin und ich will natürlich auch am gleichen Tag zurück. Meine Infos besagen, dass der Zustand der Straße katastrophal ist, und daher war ich angenehm überrascht, dass die aus Nouakchott führende RN 2 ganz offensichtlich neu geteert ist. Aber genau deshalb fahre ich ja auch hier, um den aktuellen Zustand herauszufinden. Also ganz bis ans Ziel hat die tolle Straße nicht gereicht, aber wer es genau wissen will muss bis auf das Erscheinen meines Führers im Herbst warten. Am Hotel holte mich Ahmed ab, ein Guide, der für Idoumou arbeitet, denn er selbst ist ja viel zu müde, muss er doch täglich nachts bis um 4 Uhr auf dem Flughafen sein, um auf meine Koffer zu warten. Am Morgen kam zumindest der kleine, unwichtige. Kleidung, Geld und Medikamente sind weiterhin nicht existent.

Idoumous Sohn Mohammed chauffierte den Pickup, der schon komplett mit der Ausrüstung für unsere kommende Tour beladen war (ob sie jemals kommt?). So schnell kamen wir nicht aus der Stadt raus, denn die Beiden hatten immer noch irgendetwas zu besorgen. Als sie mich an einer Tankstelle im Wagen warten ließen, stürmten einige Jungs den Wagen, um mir Pfefferminze zu verkaufen oder zumindest ein paar Münzen zu erbetteln. Kurzerhand griff ich zur Kamera und knipste sie. Zunächst wehrten sie ab, aber dann zeigte ich ihnen die Bilder. Sie waren begeistert und schnitten alle möglichen Grimassen, nur um dann das Foto zu sehen.

Von der Fahrt gibt es nicht viel zu berichten, es ist nur eine richtige Ansiedlung, Tiguent, auf der Strecke, dazwischen aber sind viele Streusiedlungen mit weit auseinander liegenden Hütten. Die Menschen hier haben keinen Stromanschluss, aber zumindest gibt es eine Wasserleitung, die sauberes Trinkwasser transportiert, dass dann aber an Brunnen geholt werden muss. Nach 150 km verließen wir dann die Rosso-Straße und bogen in Richtung Naturpark Diawling und Senegal-Staudamm Diama ab. Auf der ganzen Fahrt gibt es natürlich wie in Mauretanien üblich viele Polizeikontrollen, und jeder möchte alle Personalien langsam und sorgfältig aufschreiben. Deshalb haben Landeskenner natürlich das sogenannte Fiche, ein Zettel, auf dem die verlangten Angaben bereits aufgedruckt sind. Das muss man sich vor der Reise zusammenstellen und vielfach kopieren. Das spart sehr viel Zeit.

Auch am Eingang zum Park Diawling muss man ein solches Fiche abgeben. Die Piste zur Grenze nach Senegal bei Diama verläuft durch diesen Park und so muss auch jeder diese Gebühr zahlen. Aber nachdem Ahmed erklärte, dass ich Reiseführer schreibe, hat man nicht nur auf die Gebühr verzichtet, sondern mich gleich zur Rangerstation geschickt. Dort erhielt ich Erklärungen, ein Buch über die Vogelwelt in diesem Park und wir drei wurden auch noch zum gemeinsamen Mittagessen mit den Angestellten eingeladen. Und mit den Katzen.

Wer aber in etwas ordentlicherer Umgebung essen und vielleicht sogar schlafen will dem kann ich nur die hervorragende Unterkunft in der Rangerstation empfehlen. Vier Bungalows mit hübschen, sauberen Zimmer und neu gefliesten Bädern, selbst eine Klimaanlage gibt es. Ich möchte wirklich gerne mal länger hier bleiben und auf einer geführten Tour die herrliche Tierwelt kennenlernen. Warzenschweine kreuzten ständig unseren Weg, einmal sauste ein Affe über die Straße, Vögel gibt es zuhauf, aber wer mehr sehen will darf nicht so durchrasen, wie wir es tun.

Dann erreichten wir Diama. Das ist nicht etwa ein Ort, sondern wirklich nur der Grenzübergang bzw. der Beginn der Staumauer. Will man ausreisen, so muss man diesseits drei Stationen ablaufen, um die mauretanischen Formalitäten zu erledigen, dann geht es 700 m über die Staumauer und am anderen Ende warten dann die Senegalesen. Aber wir wollten ja nicht rüber, ich hätte mir nur gerne mal den Damm angesehen. Wir parkten und gingen zum ersten Posten, der Gendarmerie. Der Polizeichef kam sofort herbei, war super freundlich, erklärte alle Prozeduren und schickte mich weiter zur Douane. Ein ganz junger Beamter empfing mich und weckte dann seinen Chef aus dem Mittagsschlaf, auch der sehr freundlich. Nun soll ich weiter zur Polizei gehen. Aber der Beamte war zwar freundlich, aber bestimmt und meinte, weiter geht es nicht. Sperrgebiet bzw. nur für Ausreisende. Also ehrlich, ich verstehs. Also spazierten wir wieder zurück. Ich war überrascht, wie entspannt es hier zugeht und es waren auch nur wenige Grenzgänger da. In Rosso sieht es da schon anders aus, aber das ist ja auch eine große Stadt. Ich kann also jedem Touristen nur zu diesem Grenzübergang raten.

Da ich Rosso schon kannte fuhren wir auf dem gleichen Weg zurück. Aber so unglaublich es ist, nun bin ich schon drei Tage in Mauretanien und habe immer noch nicht den speziellen Tee zu trinken bekommen. Ahmed schien es zu ahnen, er hatte ja eigentlich sogar Material zum Teekochen mitgenommen, aber dann entschied er, das Restaurant Modern (!) in Tiguent zu besuchen, dem einzigen Ort an der Strecke. Ich glaube modern würden es selbst meine marokkanischen Freunde nicht nennen, nein, es ist ganz im traditionellen Stil gehalten. Das bedeutet ein Karree mit Zeltdach, unten ein Mäuerchen, vielleicht um Krabbeltiere abzuhalten, darüber aber alles offen, damit der Wind durchziehen kann. Die Schuhe lässt man vor dem Zelt und lagert sich auf die Teppiche und Matten. Am Rande steht ein großer Suppentopf, darin garen Ziegenschenkel im Salzsud, von der Chefin ständig umgerührt, der lebende Fleischnachschub wartet hinter dem Zelt, und ein junger Mann bereitet unablässig Tee zu und verteilt ihn dann in winzigen Gläschen. Wir hatten uns ja bei den Rangern an Fisch mit Reis gelabt, so tranken wir nur Tee. Der echte, so wie man ihn zu Hause macht. In Marokko würde man sagen, nicht so wie in Touristenlokalen, aber die gibt es hier ja sowieso nicht. Ich konnte auch gut Fotos machen, die Menschen hier sind nicht so scheu.

Zurück in Nouakchott kaufte ich mir zunächst noch zwei von diesen luftigen Kleidern, denn es stellt sich immer mehr heraus, dass mein Koffer nie eintreffen wird.