Man hat mich in eine Höhle verfrachtet

Meine Liebe zum Reisen habe ich von meinem Vater geerbt. Jeden Sommer fuhr er mit uns sechs volle Wochen in den Süden, Spanien, Portugal oder Italien. Als Kind hasste ich das, musste mir jede Kathedrale anschauen, während ich lieber zu Hause mit meinen Freunden gespielt hätte. Aber sobald ich erwachsen war hat mich dieser Reisevirus voll gepackt.

Ein Erlebnis aus meinen frühen Jahren, irgendwann in den 1950ern, hat sich in verschwommenen Bildern in meinem Kopf festgebrannt. Ich sitze mit den Eltern in einer Höhle irgendwo in der Nähe von Granada, in den Höhlen wohnen Zigeuner und sie tanzen für uns Flamenco und singen ihre Lieder. Später habe ich niemals wieder gehört, dass es so etwas ähnliches gibt. Aber auf meinen Fahrten nach Marokko komme ich immer an Guadix vorbei und sehe eben dort die schön heraus geputzten Höhlenwohnungen. Und diesmal muss es einfach sein, am letzten Rastplatz trinke ich einen Kaffee, nutze das kostenlose Wifi und buche ein Höhlenzimmer in Guadix!

45 Minuten später bin ich dort und traue meinen Augen nicht. Ein Einzelzimmer habe ich gebucht, für 36 Euro. Das ziemlich primitive Zimmer gestern Nacht hat 30 Euro gekostet. Cuevas de Maria heißt die Unterkunft. Ich folge dem Navi, aber mein dicker Land Rover hat ziemliche Probleme, die engen, steilen Gassen zu fahren. Einmal muss ich nachfragen, aber dann stehe ich auf einem kleinen Platz vor einer Kirche und bin umrahmt von Höhlenwohnungen. Maria hat ein kleines Lädchen, wartet schon auf mich und begrüßt mich mit Küsschen. Zu meiner Höhle müssen wir etwas laufen. Ein Gittertor führt zu einer Terrasse mit gemauertem Grill und Sitzplatz, zwei Türen führen in die beiden Höhlenzimmer, die der Komplex umfasst. Was sage ich da, Zimmer. Nein, wirklich nicht. Es sind zwei komplette Wohnungen. Meine, für 36 Euro!, umfasst ein Wohnzimmer mit Esstisch und Sitzecke, daneben die komplette Küche mit offenem Kamin, im höhlenartigen Badezimmer ist neben der Dusche eine Waschmaschine und dann gibt es drei Schlafzimmer für jeweils zwei Personen. Warum nur habe ich meine Familie nicht mitgebracht. Auch Sonnenschirm und Terrassenstühle stehen bereit. Das zweite Apartment ist gerade von einem holländischen Paar bezogen worden und sie laden mich zum Anschauen ein, auch das schön groß, großes Bad, Wohnküche und Wohnzimmer, aber nur mit zwei Schlafzimmern. Was für eine Armut! Und all das für 33 Euro.

Dies hier ist ein Ort zum Bleiben, zum Genießen, zum Urlaub machen. Und nicht für eine Übernachtung und weiter. Aber eigentlich will ich ja nach Marokko. Mal schauen, was ich mir morgen früh überlege.