Melatonin

Seit vielen Jahren schon habe ich Schlafstörungen. Kann zwar meist einschlafen, wache nachts aber immer wieder auf und kann schlecht wieder einschlafen. Über Jahre hinweg habe ich es mir daraufhin angewöhnt, nachts den Fernseher anzumachen, auf 30 Minuten, weil es das einzige Mittel war, mit dem ich wieder einschlafen konnte. Ich habe es auch mit Lesen versucht, oder, wenn ich gerade an einem Buch schrieb, bin ich nachts aufgestanden und habe so lange gearbeitet, bis ich wieder müde genug war. In den ersten Jahren habe ich tagsüber keine Beschwerden gehabt, aber es wurde immer schlimmer. Hier in Florida habe ich keinen Fernseher im Schlafzimmer, also habe ich gelesen oder bin eben schon um 4 Uhr aufgestanden, wenn es absolut nicht mehr möglich war, einzuschlafen. Und so langsam merkte ich, wie abgeschlagen ich am Tage bin, wie sehr mir der Schlaf fehlt. Gegen Schlaftabletten habe ich etwas, diese nehme ich nur in den seltensten Fällen, zum Beispiel nach einem Flug gegen den Jetlag. Und nein, ich bin nicht zum Arzt damit. Hatte einfach nicht das Gefühl, dass der mir helfen kann, genauso wenig wie er ja auch bei meinen anderen Beschwerden wirklich hilft. Old age halt ….

Aber nun bin ich in USA und hier gibt es Melatonin, das in Deutschland nicht verkauft werden darf. Hatte schon öfter davon gehört, aber nie probiert. Da Melatonin ja kein Schlafmittel, sondern ein Hormon ist, wollte ich es mal probieren. Aber zunächst recherchierte ich und wollte wissen, was Melatonin genau ist.

In der Zirbeldrüse, einer winzigen Hirnregion, wird das Hormon Melatonin nur produziert, wenn es dunkel wird. Die Information, ob es hell oder dunkel ist, bekommt die Zirbeldrüse über mehrere Zwischenstationen vom Auge. In den Abendstunden beginnt die Zirbeldrüse langsam mit der Herstellung, zwischen zwei und vier Uhr nachts arbeitet sie auf Hochtouren. Fällt bei Tagesanbruch Licht ins Auge, wird die Ausschüttung des Hormons ins Blut eingestellt. Nachts, bei fehlendem Lichteinstrahl, wird Melatonin aus den Speichern abgegeben und kann seine schlaffördernde Wirkung entfalten.

Weil das Hormon vom Blut zu jeder Körperzelle transportiert wird, werden wir allmählich müde, wenn es Nacht wird. Ab etwa Mitte 40 lässt die Funktion der Zirbeldrüse drastisch nach, und die Melatoninproduktion sinkt auf etwa die Hälfte. Dieser Abbau geht leider ungehindert weiter. Mit 60 Jahren hat man nur noch zehn Prozent der ehemaligen Melatonin-Produktion, und mit 70 ist sie oft schon nicht mehr nachweisbar. Viele Wissenschaftler sehen in diesem Rückgang der Melatonin-Werte die Erklärung für den gestörten Schlaf bei Menschen jenseits der 55. Bei alten, unter Schlaflosigkeit leidenden Menschen finden sich niedrigere nächtliche Melatonin-Spiegel als bei gleichaltrigen mit ungestörtem Schlaf.

In den Drogerien der Vereinigten Staaten kann man synthetisch hergestelltes Melatonin ohne Rezept kaufen. In Deutschland darf es nicht verkauft werden mit der Begründung, dass es zu wenige Langzeitstudien über das Produkt gibt. In den letzten Jahren hat sich Melatonin einen Namen als Wundermittel gemacht und soll unter anderem die Zellalterung aufhalten, Fett verbrennen, vor Haarausfall schützen und Krankheiten wie Aids, Alzheimer und Krebs vorbeugen bzw. heilen können.

Das klingt ja alles ganz gut und deshalb beschließe ich, Melatonin auszuprobieren. Habe mir 2 Packungen gekauft, einmal mit 5 mg Wirkstoff für die erste Zeit, mit 3 mg für Langzeitbehandlung. Meine Schlafprobleme sollten ja hoffentlich früher gelöst werden, aber Melatonin hat noch andere positive Effekte und in meinem Alter den Alterungsprozess ein wenig aufzuhalten wäre ja nicht schlecht, oder? Auch der Fettverbrennung und geringerem Haarausfall bin ich nicht abgeneigt.

Also nochmal die Situation: Ich bin früh müde, oft schon um 20 Uhr völlig kaputt, kann auch einschlafen, aber wache nachts mehrmals auf. Kann jeweils nur schlecht wieder einschlafen und stehe schließlich zwischen 4 und 6 völlig erschöpft auf.

Am ersten Abend nehme ich die erste Pille. Es soll immer um die gleiche Zeit sein, aber ich bin so müde, dass ich es nur bis 20 Uhr rausziehen kann bis ich endlich eine Pille nehme und ins Bett gehe. Ich lese etwas, kann nach 1 Stunde einschlafen, wache aber wieder auf. Bemühe mich wieder einzuschlafen, so richtig geht es noch nicht. Langsam versuche ich nun die abendliche Pilleneinnahme auf 21:30 Uhr hinauszuzögern. Und schon bevor das erreicht ist merke ich eine deutliche Verbesserung in meinem Schlaf. Ich kann einschlafen, wache nachts hier und da auf, kann aber wieder einschlafen ohne je die Augen aufgemacht zu haben. Manchmal gelingt es sogar, bis um 7 Uhr zu schlafen. Ein oder zweimal ist es nun in den drei Wochen passiert, dass ich aufwachte und länger wach war, aber da gab es meist einen Grund, wie z.B. einen nächtlichen Anruf. Aber im Ganzen hat sich mein Schlaf sehr deutlich gebessert und mein Befinden tagsüber damit auch. Der Mittagschlaf ist nur noch selten nötig. Ich nehme aber immer noch die 5 mg Pillen und denke, das ist noch eine Zeitlang nötig.

Ich möchte Melatonin nun aber nicht für alle und jeden empfehlen. Es hat sich gezeigt, dass es für mich genau das richtige war, denn offensichtlich hat sich mein Schlafrhythmus durch die jahrelangen Probleme völlig verschoben und zersetzt. Melatonin hat es wieder in die Reihe bekommen. Wer aber zum Beispiel Schlafprobleme hat wegen Depressionen oder anderen Krankheiten, für den ist es sicher nicht das richtige Mittel. Schade eigentlich, dass Melatonin in Deutschland so wenig anerkannt ist.