Merzouga

Wie jedes Jahr so ist auch diesmal Merzouga wieder ein Wechselbad der Gefühle. Ich freue mich immer sehr, herzukommen und die alten Freunde wiederzutreffen, aber es gibt auch immer irgendwelche Schwierigkeiten. Ein solch alter Freund ist Ali Mouni. Ich habe schon sehr schöne Zeiten mit ihm erlebt, wir sind tolle Pisten zusammen gefahren, haben herrliche Wüstenpicknicks gemacht. Aber seit ein paar Jahren klappt es einfach nicht mehr. Zwar ruft er zwischendurch immer mal an, beschwört mich, zu kommen und länger zu bleiben, aber wenn ich dann da bin ist er komisch. Den ersten Abend haben wir lange zusammen gesessen und gegessen, aber man bekommt kaum ein Wort aus ihm heraus. Dann frage ich mich, was mache ich eigentlich hier. Ich liebe es auch sehr, in den Hotels mit den anderen Gästen zusammen zu kommen, schöne Gespräche zu führen, aber in Alis Nomad Palace klappt das meistens nicht und ich habe niemand zum Reden. Für heute hatte mir Ali versprochen, dass wir zusammen die Piste nach Ouzina und Ramlia fahren. Ich hätte mich echt gefreut, wenn ich auch schon dachte, dass daraus nichts wird. Am Morgen war von Ali keine Spur. Und sein Telefon hatte keine Verbindung. Also hinterließ ich ihm eine Nachricht und reiste ab. Allerdings wollte ich weiter in Merzouga bleiben. Wäre gerne ins Riad Madu, aber das ist ausgebucht. Außerdem musste ich mir noch ein Biwak anschauen. Ich habe im Oktober eine größere Gruppe, die eine Nacht im Luxusbiwak bleiben will. Da Abdous wunderschönes Biwak dafür zu klein ist, hat er das entsprechende Biwak von Xaluca gebucht. Und da ich dies noch nie gesehen hatte, habe ich es mir gestern angeschaut. Ich war total enttäuscht. Nein, das entspricht nicht unserem Standard, das ist nicht, was diese speziellen Gäste wollen. Ich war ziemlich am Boden, was nun. Aber Abdou findet für alles eine Lösung, er will sich drum kümmern und ich soll heute etwas hören. Nichts habe ich gehört. Weder eine Nachricht, wo ich heute schlafen soll noch Biwak, einfach nichts. Dann weiß ich irgendwie nicht, wo ich mein Ei hinlegen soll und war ziemlich schlechter Laune.

Um die Zeit zu vertreiben fuhr ich zum Campingplatz von Mohayut, der meist fest in deutscher Hand ist. So auch heute. Ich traf ein nettes Camper-Ehepaar, die nur den ziemlich dünnen Konkurrenzführer besaßen und schon viel von meinen Büchern gehört hatten. Sie waren sehr froh, dass sie diese nun gleich erwerben konnten. Aber noch froher waren sie über den weiteren Verlauf des Gespräches. Sie erwähnten, dass sie ihr erst 2 Jahre altes Navi nicht benutzen können, da das dummerweise Marokko nicht enthält. Ich hatte meinen PC dabei mit der kostenlosen Marokko-Karte und Basecamp und in wenigen Minuten war das auf ihr wunderschönes Garmingerät geladen. Die beiden waren echt froh, nun nicht mehr durch die verwirrenden Straßen einer Stadt irren zu müssen. Und ich konnte ihnen auch gleich zeigen, wo sie die richtige Einstellung für meine Koordinaten vornehmen können. Denn das ist ein Problem, das viele haben. Obwohl ich im Führer genau schreibe welches System ich verwende und dass dies eingestellt werden muss, überlesen das die meisten und schimpfen auf meine angeblich falschen Koordinaten.

Inzwischen sendete mir die Agentur dann endlich eine Kontaktnummer fürs Biwak, aber ich erreichte niemand, dafür erreichte die miese Stimmung ihren Höhepunkt. Ich beschloss, einfach aufs Gratewohl zu der Auberge zu fahren, zu der das Biwak gehört.

Und damit löste sich die schlechte Stimmung des Tages gründlich auf. Wenn jeder Nachmittag so schön wird können gerne die Morgen mies sein.

Doch von vorne. Im Hotel wusste man nach einigen Telefonaten endlich, worum es ging. Und meinte, zum Biwak müssen wir aber mit dem Quad fahren. Ich sagte, kein Problem. Dann meinte der Fahrer, ob ich selbst fahren will. Oh Gott, hab ich noch nie getan, aber ich sage nie im Leben nein. Also fuhr ich vom Hoteleingang zur Garage. Und das wars dann auch. Einstimmig beschlossen alle, inklusive mir, dass ich lieber hinten drauf sitzen solle.

Ich bin da echt nicht für gemacht. Und dann ging die wilde Fahrt auch schon los. Der Fahrer bedeutete mir, dass ich die Hände um ihn lege, nur hinten an Griff festhalten reicht nicht. Er fuhr immer auf die höchste Düne hinauf, und die fallen ja auf der anderen Seite steil ab. Und am Hang im 90 Grad Winkel schräg fahren gehörte auch zu seinen Spezialitäten. Ich musste mich ganz schön festklammern. Er hat auch keineswegs den direkten Weg genommen sondern mich quer durch den Erg Chebbi gefahren. Ich war überrascht wie schön es dort im Innern ist. Immer wieder gibt es kleine Palmengrüppchen und ab und zu richtige Wiesen. Öfter raste ein einzelner Endurofahrer die Dünen fast 180 Grad hoch, es war unglaublich. Leider ist es völlig unmöglich, diese heiße Fahrt zu filmen, da bräuchte man schon eine Helmkamera.

Und dann kamen wir zum Biwak. Die Managerin Sara hatte gesagt, es sei das schönste weit und breit, die Leute wollen niemals mehr abreisen und ich dachte im Stillen nur immer, hah, die haben das von Sahara Experience noch nicht gesehen. Und dann schaute ich in die Zelte. Es ist wirklich unglaublich, was die da mitten in der Wüste hingezaubert haben. Eine Eleganz und ein Luxus, wie man ihn in Merzouga in den Hotels nicht findet. Jedes Zelt anders und vor allem, jedes Zelt bereit für Gäste. Gemälde an den Wänden, hohe Keramikvasen zur Dekoration, was gar nicht so leicht über die hohen Dünen zu transportieren war, ohne diese zu zerbrechen. Es sieht so aus, als sei dieses Biwak immer ausgebucht. Aus der Küche kam ein kleiner Lunch für mich, die Köchin entschuldigte sich, es gäbe nicht viel, das Abendessen sei ja noch nicht fertig. Aber es war einfach köstlich. Auf der ebenso heißen Rückfahrt sahen wir dann auch die Karawane der Touristen, die auf Kamelen zu diesem schönen Biwak ritten, um eine herrliche Nacht unter den Sternen zu verleben. Ein bisschen neidisch war ich schon.

Zurück am Hotel sah ich schon von weitem, dass ein Wohnmobil auf dem Parkplatz neben meinem Wagen stand. Und an der Rezeption gab es die Nachricht, dass die Camper nach mir gefragt hätten. Und so endete der Nachmittag bei einem Gläschen Wein im Wohnmobil. Natürlich erzählte ich von meinem Biwakabenteuer und die Beiden wurden ganz kribbelig. Das wollen sie auch, diesen Wüstenluxus wollen sie erleben. Ein wenig später kam noch ein weiteres Riesengefährt, Freunde von Ihnen, und wir beendeten den Tag bei einem wirklich guten Abendessen in der Auberge du Sud. Am Nebentisch noch eine kleine deutsche Reisegruppe, eine Frau auch aus Wiesbaden und es war einfach schön, so viel zu erzählen. Und vielleicht verbringen wir demnächst alle zusammen eine Nacht in diesem schönen Wüstencamp.

Ja, so stelle ich mir die Marokkoabende vor. Und nicht mit dem schweigsamen Ali.