Rfissa

Vor einem Jahr in Marrakech schickte mich Abdou zum Riad Haraka. Ich sollte ihn mir ansehen, ob er für meine Touren infrage käme. Zum Mittagessen sollte ich dort sein. Pünktlich wie die Maurer war ich vor Ort, aber man hatte keine Ahnung von mir. Ein Telefongespräch ergab, dass ein Übermittlungsfehler vorlag, natürlich zeigte man mir gleich das schöne Riad und ich wollte auch gerne auf das Essen verzichten. Aber nein, die marokkanische Gastfreundschaft würde das natürlich nicht zulassen, ich musste mich auf der Terrasse platzieren, man brachte Tee und dann ein Tajine. Wir kennen das ja in Marokko, es ist immer das gleiche, Tajine, Couscous, Brochette. Obwohl die Küche so viele wunderschöne Gerichte bietet gibt es in den Restaurants und Hotels immer das gleiche.
Aber nicht hier. Das Tajine war riesig, ganz sicher nicht für eine Person bestimmt, und darin ein Gericht, das ich noch nie zuvor gesehen hatte und zunächst auch nicht mit Namen kannte. Die Grundlage bildete Hühnchen, dazu sehr viele Linsen und in der Sauce Streifen von dem köstlichen Pfannkuchen, der gerne zum Frühstück serviert wird, Msmen. Es war einfach eine Geschmacksexplosion. So richtig malerisch sieht es nicht aus, da fehlen ein wenig die Farben, aber es ist einfach köstlich. Als ich mich verabschiedete, ich hatte nur höchstens ein Viertel gegessen, sah ich in der Küche mehrere Frauen sitzen und ich bin ganz sicher, es handelte sich in Wirklichkeit um ihr eigenes Mittagessen. Aber ich war sehr dankbar, dass ich es probieren durfte.
Wochen später war ich dann in Mhamid, wo Abdou Besuch vom Bürgermeister hatte. Und dieser brachte eine Schüssel voll Essen mit, von seiner Mutter oder Frau oder was auch immer gekocht. Darin eben dieses Hühnchen – Linsen – Gericht. Ich probierte, war bei weitem nicht so gut, aber eindeutig das gleiche. Man kennt das ja auch von Zuhause, ein Gericht schmeckt immer anders, je nachdem von wem es gekocht wurde.
Bis gestern hatte ich dann keinen Kontakt mehr zum Linsengericht, wusste auch den Namen nicht. Aber da saß ich dann im Riad Dar Sofian und sollte mir ein Abendmenü aussuchen. Und fand in dem Bereich, der eine Vorbestellung erfordert, Rfissa. Zutaten Hühnchen, Linsen und Pfannkuchen. Hah! Sofort habe ich also bei meinem Lieblingskellner Omar genau das für heute bestellt und eben kam es. Wieder ganz anders als in Marrakech, erst recht als in Mhamid, aber lecker, lecker, lecker. Auch diesmal eher unscheinbar vom Aussehen her.
Und was besonders toll war, Omar erinnerte sich daran, mir kein Brot zu bringen.
Ach, es ist einfach schön hier.

Foto 1 Riad Haraka, Foto 2 Riad Dar Sofian