Schwätzchen am Oued Tissint

Die erste Aktion heute früh war, mit dem Moped ins alte Tissint zu fahren. Der Kellner Mohammed ließ mich hinten aufsteigen und los ging die Höllenfahrt. Mit Karacho durch die Gassen des alten Ksar, nicht mal einen Meter breit. Das Foucauld – Haus war mein Ziel. Charles de Foucauld war ein berühmter Franzose, der im 20. Jahrhundert durch die Sahara reiste und auch einige Zeit in Tissint wohnte. Von der einst blühenden, reichen Oase ist heute kaum mehr etwas zu sehen. Die Trockenheit hat die meisten Palmen zerstört. Aber damals war das eine wichtige Karawanenstation, ein reiches Dorf mit einem florierenden Handel. Foucault wohnte in dem Haus eines reichen Kaufmanns und seit Jahrzehnten weiß ich bereits davon. Nur, angeschaut habe ich es nie. Einfach weil das alleine unmöglich ist und weil es in dem unscheinbaren Tissint für mich unmöglich war, die entsprechenden Kontakte zu knüpfen. Doch nun hat das neue Hotel von Naji all dies geändert und Tissint findet Eingang in die Welt des Tourismus. Und es lohnt sich.

Wir fuhren also in das alte Dorf und den überdachten Ksar. Dann ließ Mohammed mich warten, ich übergab ihm 20 Dirham, so wie man es mir an der Hotelrezeption gesagt hatte, und er suchte die Inhaberin des Schlüssels. Das Haus ist heute nicht mehr bewohnt, aber verschlossen. Und das ist gut so. Denn als Mohammed mit der Schlüsselgewaltigen zurück kam und das Tor unter Schwierigkeiten aufgesperrt wurde, was offensichtlich lange nicht mehr getan wurde, erschloss sich mir ein wunderschönes altes Haus mit herrlichen Wanddekorationen. Wieder ganz anders im Stil, als ich bisher gesehen hatte. Das Haus ist nicht möbliert und die Kammer, in der Foucault geschlafen hat, nicht mal so groß wie mein ganzes Bett. Mit Sicherheit war der Franzose kleiner als ich. Aber damals war man halt auch bescheidener. Selbst wenn er nie hier gewohnt hätte und das Haus daher nicht diesen geschichtlichen Bezug hätte, so wäre der Besuch dennoch unbedingt lohnenswert, denn man kann immer noch erkennen, dass das riadartige Haus wunderschön war. Im Zentrum ein winziger, quadratischer Innenhof, von geometrisch verzierten Säulen bestanden, darüber ein weiteres Stockwerk mit Rundbögen. Die Wände sind mit Zeichnungen verziert.

Nach dem Besuch übergab Mohammed die vereinbarten 20 Dirham, aber die liebe Dame war nicht damit zufrieden und startete ein ziemliches Gezeter, doch sind die 20 Dirham ein absolut korrekter Preis verglichen mit ähnlichen Einrichtungen. Doch selbst wenn man die geforderten 50 Dirham zahlen muss ist der Besuch es in meinen Augen wert. Abgerundet wurde das Ganze noch dadurch, dass Mohammeds Mutter in dem Ksar wohnt und wir zu ihr zum Tee trinken gingen. Eine ganz liebe Frau, die sich auch gerne mit mir ablichten ließ. Und genau für solche Fälle habe ich meinen Koffer im Auto mit Kleidungsstücken, wovon ich Mohammed denn ein Päckchen übergab, was ihn sehr gefreut hat.

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Ich kann also nur jedem raten, in Tissint eine Etappenstation einzulegen und diese Besichtigung zu machen. Für alle ist gesorgt, mit Hotel und als Stellplatz und wer weiß, wie lange Tissint noch so ursprünglich sein wird.

Dann ging es gemütlich weiter, denn für diesen Tag standen ja nur 70 km auf dem Programm. Ich ließ mir Zeit und legte am wunderschönen Oued Tissint noch eine Pause ein. Es gibt da herrliche Stellen, mit kleinen Wasserfällen oder auch von Palmen bestandenen Seen, man könnte, wenn man wollte, auch dort baden. Mitten auf der Furt standen dann zwei Wohnmobile, deren Besatzung mich sofort mit „Frau Kohlbach?“ begrüßte. Ja, man kennt sich. Ein kleines Schwätzchen, Austauschen von Tipps, natürlich habe ich sofort von Tissint berichtet, und weiter gings. Für die kurze Strecke habe ich schließlich vier Stunden gebraucht, einschließlich des Besuchs eines neuen Campingplatzes in Foum Zguid, und kam danach im Bab Rimal an, wo es endlich auch Wi-Fi gibt.