Vom Glücklichen Tal zum Tal der Rosen

Das Tal von Ait Bou Guemès wird aufgrund seiner blühenden Landwirtschaft das „Glückliche Tal“ genannt. Einst hatte sich hier durch einen Felsrutsch ein natürlicher Stausee gebildet, der das ganze Tal ausfüllte. Als sich das Wasser dann wieder einen Weg durch die Felsmassen gebildet hatte, waren auf dem Untergrund viele fruchtbare Ablagerungen zurückgeblieben, die dem Tal noch heute seine Fruchtbarkeit geben. Es liegt im Hohen Zentralatlas auf der Nordseite des M’Goun-Massifs auf 1800 m Höhe. Agouti lag sozusagen auf meinem Rückweg. Über Imilchil und Midelt wollte ich langsam nach Norden vordringen. Zwar hatte ich mal gehört, zum Beispiel im Saharaforum, dass es eine neue Piste geben soll, die den bisher für Fahrzeuge unzugänglichen Teil des Hohen Atlas mit dem Rosental verbindet, aber die meisten Aussagen lauteten, dass die Straße noch nicht fertig sei und man nicht durchkommt. Hatte es deshalb schon ziemlich aus meinem Programm gestrichen.

In Agouti kenne ich schon sehr lange das Gästehaus Flilou, das der Schweizerin Beatrice und ihrem Mann gehört. Sie bieten sehr schöne Trekkingtouren an in diesem Gebiet, das sich perfekt dazu eignet. Vor zwei Jahren, als ich zuletzt dort war, hatte man gerade umgebaut und nun wollte ich die schönen Zimmer sehen. Früher gab es nur Wandergruppen, die auf ihren Trekkingtouren sehr einfach übernachten wollten, aber auch da zieht heute ein wenig der Luxus ein und Beatrice hat sich darauf eingestellt. Nun gibt es acht schöne Zimmer mit Bad, alle mit europäischen Qualitätsprodukten, aber das schönste ist mein Zimmer auf der Terrasse. Dort habe ich schon vor zwei Jahren gewohnt, aber damals musste ich noch über die Hühnerleiter hinunter zum Klo steigen. Und nun gibt es ein Bad mit Eckdusche, die mich direkt an meines Zuhause erinnert, ist auch eher wie bei sich daheim nett eingerichtet mit Einbauschrank und so. Sehr hübsch geworden.

Beatrice war zwar nicht da, sie musste in Marrakech den schweizer Konsul beehren, aber auch ihr Personal war sehr freundlich. Und übrigens, Flilou hat auch einen kleinen Campingplatz, kein Grund also für Camper, das glückliche Tal auszulassen. Und so erfuhr ich auch, dass Beatrice erst in der letzten Woche diese neue Straße, Piste oder was auch immer gefahren ist. Ich sofort ans Telefon und mich informiert. Beatrice berichtete, dass zwar gearbeitet würde, sie aber ohne Probleme durchgekommen ist, inklusive Picknick in sechs Stunden.

Daher ging es gleich heute Morgen um 9 Uhr los. Die Dinosaurierspuren in Ibakklione kannte ich ja schon (siehe Reisehandbuch), aber ich hatte gerade ein interessantes Buch bekommen und von der Quelle bei dem Ort Rbat kurz dahinter erfahren. Es klang so, als liege die Quelle genau auf meinem Weg, so gab ich die GPS-Punkte als erstes Ziel ins Navi. Ich erreichte Rbat, zur Quelle sollte es immer weiter durch den wunderschönen alten Ort mit Lehmhäusern gehen. Oh mei, mehrmals stieg ich aus und lief vor, um zu schauen, ob der Weg für mein Auto passierbar sei: Ich fragte die Anwohner, sie nickten. Aber Fahrzeugspuren waren keine zu sehen. Komisch. An der Piste soll doch gearbeitet werden. Es wurde enger und enger. Ich hätte am liebsten Beatrice angerufen, aber kein Netz. Mir wurde nicht besser, die Piste war grenzwertig, super schmal.

Dann erreichte ich die Quelle, schön in Stein gefasst. Und auf der Mauer saß ein örtlicher Führer mit seiner Kundin. Ein Gottes Geschenk.

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Und so war auch ziemlich schnell klar, dass ich die richtige Piste verpasst hatte. Diese war schon bei den Dino-Spuren abgebogen, aber ich hatte die Nase halt immer auf das Navi gerichtet. Also wieder zurück, so langsam bekomme ich Übung auf der schmalen Spur und immerhin weiß ich ja jetzt auch, dass man durchkommt. In Ibakklione war es dann klar, dies war die richtige Piste, wie die vielen Spuren zeigten. Und der erste Teil war auch recht gut, eine neue breite Piste war angelegt, die so langsam in engen Serpentinen zum Pass hinaufstieg.

Gut, eine vollständige Streckbeschreibung werdet ihr dann im Reisehandbuch lesen, daher hier nur ein paar Hinweise. Nach der Passhöhe wurde ziemlich viel gearbeitet und einmal musste ich warten, weil der Bagger gerade schwer in Aktion war. Ich schaute an den Straßenrand und traute meinen Augen nicht. Wurde doch da gerade eine Ziege gehäutet, mit ein bisschen Zeit hätte ich zum Mechoui bleiben können. Übrigens gingen nun endlich die Zigaretten weg wie warme Semmeln, die mir Anna für solche Fälle geschenkt hatte. Die Männer freuten sich total, denn sie sind tagelang in den Bergen auf Arbeit und bekommen keinen Nachschub. Von dem Vorarbeiter erfuhr ich dann auch, dass in diesem Jahr nur eine Piste angelegt wird, ob im nächsten Jahr Asphalt folgt ist noch fraglich.

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Nach dem Abstieg vom Pass erreichte ich dann ein Flusstal und von Pistenarbeiten war hier keine Spur mehr zu sehen. Stattdessen ging es durch niedriges Wasser, bei höherem Stand dürfte das ein Problem werden. Allerdings auch für die Pistenbauer. Hier durch können sie keine befestigte Trasse anlegen, die würde bei jedem Regen weggerissen, also muss man irgendwie über den Berghang, aber das heißt noch ziemlich viel Arbeit. Meine Voraussage ist, dass die komplette Fertigstellung, die auch normale Fahrzeuge durchlässt, noch einige Jahre auf sich warten lässt.

Nach dem Fluss ging es wieder hinauf auf den Berg, auch hier noch keine Bauarbeiten und wieder sehr schmale Piste. Und gerade da ist natürlich der einzige Gegenverkehr, drei spanische Geländewagen. Aber wir schaffen das. Und dann wieder Bauarbeiten und ich muss warten, ein Bagger muss mir erst eine Durchfahrt frei schaufeln.

Bei Amejag treffe ich dann die Asphaltstraße, die nun neu aus dem Rosental hinaus führt und auch mein altbekannter Tunnel ist noch da, nur eben führt jetzt Teer hindurch. Nach genau 83 km und vier Stunden ab Tabant treffe ich im Rosental auf Tamaloutte.

Fazit: Für geländegängige Fahrzeuge gut zu schaffen, keine PKW und erst recht keine Wohnmobile.

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