Von Tafraout nach Zagora

Am Morgen dann hieß es Abschied von Moha, meinem wunderbaren Fahrer, zu nehmen. Er wollte zurück nach Taouz und ich versicherte ihm, ich schaffe das. Der Plan war ja ursprünglich, die sehr einsame Piste von Tafraout nach Tagounit zu fahren. Das erste Stück kann im Sandsturm sehr unübersichtlich sein und am Ende warten zwei ziemlich schwierige Bergpässe. Vor sechs Jahren hatte ich das zuletzt gefahren, zusammen mit Moha, und wir hatten prompt einen Platten. So oft ich früher meine Reifen selbst gewechselt habe, so ungern mache ich das heutzutage, denn die Reifen werden immer größer und damit schwerer. Zwar hat auch mein Disco etliche Male schon einen zerfetzten Reifen gehabt, aber bisher sorgte mein Schutzengel dafür, dass es immer in Werkstattnähe war, so dass ich nicht selbst ran musste. Ich überlegte hin und her und entschied mich schließlich, über Tissemoumine nach Zagora zu fahren, auch Piste, aber nicht so schwierig.

Ich kam genau 3 km weit zum Lac Maider und stand mitten im Sandsturm. Man sah absolut nichts. Höchstens nach unten, aber nicht nach vorne. Der Lac Maider ist berüchtigt für seinen Sandsturm. Ich fuhr aber erstmal weiter, denn einerseits ist es eine sehr breite, völlig flache Piste, man kann kaum was falsch machen, andererseits bin ich ja bis zum Marabout erst am Abend zuvor gefahren und konnte mich quasi blind zurecht finden. Wie ein Frühnebel gab es immer wieder Sandhosen, wo man absolut nichts sah, dann wieder riss es ein wenig auf. Ich schaffte die 13 km bis zur Auberge Dinosaur. Dort waren zwei Probleme zu lösen, ich musste die richtige Abzweigung nach Tissemoumine finden und ich musste ein weites Sandfeld ohne Spuren auf gut Glück – natürlich mit GPS – in die richtige Richtung queren und die weitere Piste finden.

Vor der Auberge schon ein Auflauf. Ein VW-Bus steckte im Sand, etliche Männer versuchten, ihn zu befreien. Innen saß ein französisches Paar und wartete den Sturm ab. Ich überlegte hin und her, beriet mich mit dem Herbergsvater, der riet mir zu. Es wäre nur noch auf wenige Kilometer Sand, dann würde es besser. Ich fuhr. Genau wie ich es am Vortag bei Moha gesehen hatte fuhr ich mitten auf das Sandfeld drauf. Spuren waren schnell keine mehr zu sehen, es ging Dünen rauf, Dünen runter. Ich folgte meinem GPS, aber total querfeldein, ganz ohne Piste. Die Richtung stimmte, allerdings die Richtung nach Tagounit, die ich in meinem Buch beschrieben habe und von der ich die Koordinaten hatte. Von der Strecke nach Tissemoumine, die ja im weiteren Verlauf viel einfacher und ohne schwierige Gebirgspässe war, eben nicht. Und so war es auch kein Wunder, dass ich schließlich auf der Tagounit-Piste landete. War überrascht, wie genau meine Beschreibung war, sobald erstmal das weite Sandfeld vorüber und wieder eine Piste zu sehen war. Ich hatte in der Jahre alten Beschreibung auch einen einzelnen Baum als Waypoint aufgeführt, und siehe da, der Baum war da, genau wo er sein sollte. Selbst das versteinerte Holz lag noch genau wie beschrieben neben der Piste.

Ich gebe zu, zusammen mit Moha hatte ich ein besseres Gefühl, als hier vollkommen allein auf der Piste. Hier ist kein Baum und Strauch und erst recht kein Dorf, nur zweimal kam mir eine Schafherde entgegen, einmal wilde Esel, und selbst von den Hirten keine Spur. Es dauert ziemlich lange bis man an einen Militärposten kommt. Aber beim Versuch, mich mit dem Soldaten zu unterhalten habe ich gemerkt, dass er die Gegend noch weniger kennt als ich. Irgendwann kam ich dann zu den zwei Bergpässen, die wirklich sehr schlecht sind. Fast schon wie Treppenstufen. Und mein Disco schaffte es ohne Reifenpanne. Immer wieder hörte ich auf Geräusche, schaute auch ab und zu mal nach, aber alles in Ordnung. Dann dachte ich, ich hätte mir nun eine Mittagspause verdient, packte Stuhl und die Crepes vom Frühstück aus, aber die wurden nur vom Sand paniert, der Wind pfiff ums Auto und es war kein windgeschütztes Eckchen zu finden. Also ging es weiter, und wohin? Natürlich in mein geliebtes Riad Dar Sofian in Zagora. Auf der Piste ist recht häufig Mobilfunkempfang und so hatte ich eine SMS an den Besitzer geschickt und angefragt, ob es Platz für mich gibt. Hurra, es ist noch ein Zimmer frei. Und die Dusche dort, es war fast wie eine Hammam. Heiß und in starkem Strahl, wunderbar erfrischend.

Und nun muss ich die vielen Recherche-Ergebnisse der letzten Tage aufschreiben, das wird noch ein Weilchen dauern.