Archiv für den Monat: Juli 2020

Rettbergsau

Der Entschluss stand fest, vor allem nach dem Zwischenspiel mit der Zimtzicke. Ich fahre nicht mehr mit der Gruppe. Zu anstrengend, zu wenig Pausen.

Und dann kam Markus‘ nächste Einladung. Mittwoch 18 Uhr zur Rettbergsau mit Picknick. Ich war platt. Das hat er ganz klar nur wegen mir gemacht, denn nur Aleks und ich wollten ja Pausen und nicht so schnell durchpaddeln. Also ging es ja nicht anders, ich lobte ihn für die gute Idee und sagte unsere Teilnahme zu. Wir erschienen mit minimalem Picknickzubehör, jeder sollte was mitbringen und dann teilen. Ich war sehr gespannt auf den Ablauf. Es kamen recht viele Leute, ich glaube es waren zehn. Und die Zimtzicke war nicht dabei. Raus aus der Hafeneinfahrt, rüber zur Auen-Einfahrt und an den Strand. Super kurze Strecke also, was mich noch mehr verwundert hat. Wir legten an, stülpten ein Boot um und breiteten darauf unsere Schätze aus. Wie gesagt, wir hatten minimal eingekauft. Aber außer Markusses Nudelsalat kamen nur ein paar Kräcker. Diese Picknickidee hat sich in diesem Club also noch nicht richtig durchgesetzt. Aber unsere kalten Bockwürstchen kamen gut an.

Es war recht nett, wir blieben fast eine Stunde, dann wurde eingepackt. Zur Ausfahrt, ab in den Hafen gedreht? Aber nein doch. Nun soll es doch um die Rettbergsau gehen. Oh mein Gott. Die Organisation dieser Ausfahrten ist doch etwas ungewöhnlich. Ich würde ja lieber erst eine größere Strecke machen und dann picknicken. Wollte schon abbrechen, aber Markus sagte, du kommst mit. Also noch mal die Tour von 10 km, die ich ja schon gemacht hatte. Diesmal klappte es bei mir zwar etwas besser, aber Aleks war ziemlich hinten und einen offiziellen Schlussmann, der auf die letzten aufpasst, gab es nicht. Ich sprach kurz mit Markus darüber und er gab die Info dann wohl auch weiter, aber trotzdem sagte mir Aleks später, dass er oft auf dem weiten Rhein, wo ja dann auch die großen Kähne vorbei zogen, ganz allein war und sich ziemlich unwohl gefühlt hat. Ich fürchte für ihn ist es die letzte Tour mit der Gruppe gewesen. Zudem sich am nächsten Tag auch sein Freund Iwan aus dem Urlaub zurück gemeldet hat, nun braucht er mich nicht mehr als Lückenbüßer.

Eine Lahnfahrt, die ist lustig

In meiner Gegend ist die Lahn für Kayaker einfach das Highlight. Ein ruhiger Fluss, der sich in unendlichen Windungen dahinzieht, keine großen Schiffe, die uns ärgern könnten. Da wäre ich schon gerne dabei. Habe in Google Earth die Strecke von Diez nach Laurenburg verfolgt und kam auf 16 Kilometer. Das ist schon viel. Aber Aleksander wollte es probieren, diesmal im Zweier. So kann sich jeder mal ausruhen. Dachte ich.

Markus lud in Schierstein die Kayaks auf den Hänger, die Mitglieder in den Bus, aber wir fuhren von Taunusstein direkt nach Diez. Waren deshalb auch schon viel früher da. So weit ich sehen konnte war nirgends eine Stelle, wo man die Kayaks zu Wasser lassen konnte. Ziemlich steiles Ufer, viele scharfkantige Steine. Aber Markus kam und sagte, geht schon. Oh ja, fragt sich nur wie. Einfach war es nicht, aber irgendwann waren wir doch alle auf dem Wasser.

Wunderschöne Landschaft, ruhiges Wasser. So macht Paddeln Spaß. Aber wie lang ist die Strecke denn nun? Keiner wusste es genau. Wir kamen nach knapp 5 km an die erste Schleuse, mein erstes Mal überhaupt. Sehr interessant. Fuhren ein, klammerten uns am Rand fest, aber auch nicht zu fest, denn irgendwann hätten wir da übel an der Mauer gehangen. In ziemlicher Geschwindigkeit wurde das Wasser auf etwa 5 Meter tiefer abgepumpt. In der Schleuse natürlich nette Gespräche, aber dennoch kamen wir der Frage, wie weit es noch nicht, nicht näher.

Markus fragte, ob wir eine Pause wollten. Wer schrie am lautesten ja, natürlich ich. Nur ist die Lahn, ist Deutschland nicht Florida, wo viel für die Wassersportfreunde getan wird und es überall Bootsanlegestellen und Kayak Launch gibt. Hier nichts. Dann fand Markus eine private Wiese, Treppe zu Lahn, und viele Menschen darauf den Sonntag feiern. Er fragte und wir bekamen die Erlaubnis dort anzuhalten. Das war wirklich eine schöne Pause, natürlich auch in dieser wichtigen Sache eben nicht Florida, wo es wirklich überall öffentliche Parks und Toilettenanlagen gibt. Hier blieb nur der Busch oder einhalten. Die anderen hatten einen Lunch mitgebracht, wir nicht, denn wir wussten ja über den Ablauf des Tages wenig.

Danach ging es mit kräftigen Schlägen weiter Richtung Laurenburg. Markus im Zweier weit voraus und bald ganz verschwunden, ohne uns etwas zu sagen. Das ist meine Kritik an der Gruppe, es wird einfach zu wenig über den Ablauf gesagt und zu schnell gerudert. Denn wir alle versuchten natürlich, so schnell es ging, dem verschwundenen Markus zu folgen, und auch wenn Aleks oft sagte, ich solle mich doch etwas ausruhen und ihn paddeln lassen, war klar, dass wir dann nicht mit den anderen mithalten. Als wir dann in Laurenburg ankamen, es waren 17 km, war von Markus keine Spur zu finden. Ein Anruf ergab, dass er so schnell war, um den Zug zurück nach Diez zu bekommen und unseren Bus zu holen. Hätten wir das gewusst, hätten wir doch in aller Gemütsruhe paddeln können.

In Laurenburg angekommen dachte ich natürlich, hier gibt es eine Kneipe. Und ein kühles Bier. Wir kamen um 17.59 Uhr an, und um 18 Uhr schloss das einzige Kiosk. Ansonsten gibt es dort so gut wie nichts, vor allem keine Kneipe oder Verkaufsstätte, nur den Bahnhof. Markus hatte den Zug um 18.05 Uhr bekommen, um 19.05 sollte der nächste gehen. So wie ich den Plan verstand sollten wir damit zurück nach Diez und unseren Autos fahren, die anderen bei den Booten bleiben.

Das ging aber nicht. Wegen einer einzigen Gewitterziege. Sie war bisher bei jeder Fahrt dabei und hatte mich jedesmal für irgendetwas kritisiert. Und diesmal unter anderem dafür, dass es ja gar nicht ginge, dass wir nicht beim Aufladen der Boote helfen, wo wir schon bei der Abfahrt nicht dabei waren. Es folgte ein richtiger Zickenkrieg, aber wir blieben. Um viertel nach sieben kam Markus und wir hätten dann auf den Zug um 20:05 Uhr warten müssen. Aber Markus ist dann doch ein ganz anderes Kaliber, für ihn war es selbstverständlich, dass er uns vier, die den Wagen in Diez stehen hatten, auch dorthin fuhr. Obwohl es einen viel kürzeren Weg zurück nach Wiesbaden gegeben hätte.

Gesagt, getan. Nur, in Diez ist die Innenstadt wegen Bauarbeiten ziemlich gesperrt. Und irgendwann stand Markus mit Bus und Anhänger an einer Stelle, wo es nicht mehr vor oder zurück ging. Kurzentschlossen fuhr er in die kurze Einbahnstraße, natürlich entgegen der Richtung. Und dann einen bestimmt 5 km langen Umweg bis zum 500 m entfernten Bahnhof. All das mit einer Ruhe, von der sich die Zimtzicke ein Stück von abschneiden könnte.

Aleksander hatte Hunger, wollte auf dem Rückweg etwas essen. Die Hühnerkirche kurz vor zu Hause bot sich an, wir nahmen Platz im netten Innenhof, das Mädel kam und sagte, die Küche ist zu. Mist. Erst kurz nach 20 Uhr. Weiter nach Taunusstein zum Chinesen. Die Küche ist zu. Zum nächsten Chinesen, Aleks wollte unbedingt Ente. Aber den konnten wir erst gar nicht erreichen, Abfahrt verpasst, Drängler hinter mir. Zurück nach Wehen. Da soll es doch einen Vietnamesen geben. Inzwischen war es nach 21 Uhr und auf dem Land wird ja früh der Bürgersteig hochgeklappt. Doch der Viet Thai entpuppte sich als Takeaway und hatte noch auf. Und Ente. Und Saigon Bier. Aleks war glücklich. Und der Abend gerettet.

Kayakabenteuer

Markus, der Kanuführer, hatte wieder zum Paddeln geladen und diesmal sollte es um die Rettbergsau gehen. Das ist eine schmale Insel mitten im Rhein und gut 3 Kilometer lang, die ganze Tour somit 10 km. In Florida paddele ich zwar schon länger, aber kürzere Strecken durch flaches, ruhiges Wasser. Ich will euch nicht alles genau berichten, aber es war doch recht lang und da ich nicht an Handschuhe gedacht hatte bildeten sich auch ein paar Blasen. So richtig toll war es nicht, denn es die Leute paddelten einfach los und achteten nicht darauf, ob es auch langsamere Leute gibt. Und ich als Neuling so allein auf dem Rhein, das ist nicht ideal.

Nachbar Aleksander war zwar gleichzeitig mit mir in den Club eingetreten, aber er paddelte nur mit Freund Iwan, Jungs halt zusammen. Doch dann ging Iwan in Urlaub und Aleksander erinnerte sich an mich und schlug vor, zusammen paddeln zu gehen. Wir blieben nur im Hafen und ließen uns so richtig Zeit bei herrlichem Wetter. War schön. Doch eigentlich hätten wir gerne irgendwo angelegt und wären mal ausgestiegen, doch das ist im Hafen nicht möglich.

Also sollte es beim nächstenmal doch auf den Rhein gehen. Genau gegenüber der Hafenausfahrt ist der Beginn der Rettbergsau, sie bildet dort eine Öffnung und es ist möglich, ins Innere der Au zu kommen. Dort sind Sandstrände und es ist deshalb ein beliebter Liegeplatz am Wochenende für kleine Boote. Doch zunächst muss man über die Fahrrinne der großen Schiffe kommen. Wir waren in zwei Einern, ich fuhr voraus, Aleksander weit hinter mir. Es war etwas windig und der Rhein hatte hohe Wellen. Aber wir kamen gut an. Fanden eine schöne Stelle, stiegen aus und Aleksander schwamm sogar. Das Wasser im Innern der Au ist zwar ruhig, aber nicht sehr sauber, also nichts für mich.

Dann ging es wieder zurück. Aleksander sagte, bitte bleib in meiner Nähe. Also paddelten wir hintereinander aus der Lagune auf den großen Fluss, Blick rechts, Blick links. Ich sah einen großen Schlepper in der Ferne, aber nahm an, dass er in die Gegenrichtung fährt. Also los in die nun wirklich hohen Wellen.

Bitte erspart mir die Einzelheiten, nur so viel, es war knapp. Der Kahn kam eben doch in unsere Richtung. Nach diesem zu wackligen Knien führenden Abenteuer wollten wir uns eigentlich in Zukunft auf den langweiligen Hafen beschränken, doch dann lud Markus zu einer Fahrt auf die Lahn ein.

Zeigt her eure Füße, zeigt her eure Schuh …

An das Kinderlied erinnere ich mich, aber an mein Schuhputzzeug nicht. Normalerweise trage ich Teva Sandalen und Turnschuhe, die braucht man nicht putzen. Aber gestern trug ich mal Lederschuhe. Und stellte plötzlich fest, dass die total schlammverschmiert waren. Also putzen!

Ja, aber wo ist mein Schuhputzzeug? Ich weiß, dass ich mal, als ich in grauer Vorzeit noch arbeitete und im Büro etwas weniger leger gekleidet sein wollte, eine Menge davon besaß. Und fleißig putzte. So was bewahrt man ja meist in einer Schublade auf. Aber ich kenne alle meine Schubladen, da ist nichts. Wo könnte es sein?

Doch zum Glück hat die Demenz noch nicht hundertprozentig zugeschlagen, plötzlich fiel mir ein, dass ich doch eine wunderbare Schuhputztruhe besitze, handbemalt, so wie sie die professionellen in Marokko benutzen. Also ab in meine marokkanische Ecke und da stand sie. Weinrot sind die Schuhe, aber ich fand zunächst nur Unmengen von neuen Tuben mit blauer Schuhcreme. Ja, besaß ich denn jemals blaue Schuhe? Ich kann mich nicht erinnern. Schwarz war schon ziemlich eingetrocknet, hätte mir aber eh nichts genutzt. Aber da war sie, eine Tube mit Mahagoni. Zwar etwas vertrocknet, aber es klappte.

Es ist schon erschreckend, was man so alles vergisst. Aber irgendwann, wenn ich nicht mehr daran denke, fällt es mir wieder ein. Also noch nicht alles zu spät.