So langsam muss ich mich Richtung Merzouga aufmachen, um zu vermeiden, dass ich dort in der Osterzeit bin. Dann ist die Hölle los in Merzouga, ganz Spanien ist dort, die Hotels sind voll bis zum Bersten und die Hoteliers haben keine Zeit. Zum Abschluss besuchte ich mit einer Bekannten noch die örtliche Hammam. Wir hatten eine Badefrau empfohlen bekommen, Mbarka. Sie ist nicht in der Hammam angestellt, sondern arbeitet selbstständig. Man ruft sie an und macht einen Termin aus, allerdings spricht sie nur ihren Berberdialekt, kein Französisch. Ich wollte gerade von den Dünen in Tinfou nach Tamegroute fahren als mein Telefon klingelte. Hassan Tahiri aus Skoura war dran und sagte, er habe gerade mein Auto vorbei fahren sehen. Ja, wo bist du denn? Ich sitze mit Freunden an den Dünen von Tinfou.
Babyhaut in der Hammam
Also fuhren wir wieder zurück, tranken Tee mit ihm und Hassan rief Mbarka an, Termin nächster Morgen um 11 Uhr. Wir erschienen mit Handtuch, Shampoo und frischer Unterwäsche pünktlich vor der Hammam, Hassan war extra gekommen, um uns einzuweisen. Mbarka war schon drinnen und hatte alles vorbereitet, eine Matte auf dem Boden, ein niedriges Schemelchen für sie, die schwarze Hammamseife lag bereit, ein harter Handschuh zum Schrubben. Wir zogen uns, genau wie die anderen Frauen, aus bis aufs Höschen und gaben unsere Kleidung bei einer Aufseherin ab. Wie ein Baby seifte sie uns zunächst mit der schwarzen Seife von oben bis unten ein, übergoss uns immer wieder mit heißem Wasser. Danach kam der Handschuh. Hart, aber ohne weh zu tun, rubbelte sie an mir herum, es ist einfach unglaublich, wie viele Hautschuppen sich da lösen, Spaghetti nannte Mbarka diese gräulichen Röllchen, die von der Haut abgingen. Immer wieder kam ein wenig schwarze Seife auf den Handschuh. Da denke ich, nun ist aber alles weg, nein, Mbarka findet immer noch was. Danach nimmt sie einen locker gehäkelten Handschuh, legt ein Stück Kernseife hinein und seift uns erneut von oben bis unten ein, gleichzeitig massiert sie den ganzen Körper, bis in die Zehenspitzen. Mit einem Bimsstein wird dann die Hornhaut am Fuß noch abgeschliffen, meine Haut ist langsam sanft wie ein Baby. Zu guter Letzt werden die Haare gewaschen, diesmal aber mit unserem eigenen Shampoo.
Danach haben wir uns eine Belohnung verdient, gleich neben der Hammam ist die Bäckerei, wir holen uns Stückchen und trinken im Café Oskar einen Kaffee dazu. Plötzlich fährt ein rotes Auto vor, das ich doch kenne. Ich springe auf und mein diesmal ganz in grellem Gelb gekleideter Freund Mostafa steigt aus. Wie schön. Mostafa, Besitzer des Restaurants Dromadaire Gourmand, ist bekannt dafür, dass er täglich vom Chech bis zu dem Schuhen komplett in eine neue Farbe gekleidet ist. Am Gebetstag, dem Freitag, immer ganz in weiß.
Nach diesem Kaffeetrinken ist aber mehr oder weniger Abschied nehmen angesagt, denn so schön es war, ich muss nun weiter. Am nächsten Morgen geht es vom Riad Dar Sofian gleich auf die Straße nach Tazzarine, die ja inzwischen vollständig asphaltiert ist. Ich jedoch biege unterwegs ab auf die Piste nach Tissimoumine. Viel offroad bleibt hier nicht, es sind nur 20 km bis zum Ort, wo schon wieder für eine kurze Strecke Asphalt ist. In Oum Jrane besuche ich die örtliche Herberge, werde vom Chef zum Essen eingeladen, aber lehne ab. Weiter geht es nach Fezzou. Dort hatte ich im letzten Jahr Brahim kennengelernt, der sein elterliches Haus sehr hübsch zur Auberge umgebaut hat und auch einen Campingplatz eröffnet hat. Ich will ihm den neuen Campingführer zeigen, erst seit 1. März auf dem Markt, wo natürlich über ihn viel geschrieben ist, denn ich war ganz begeistert, was er in dem abgelegenen Fezzou nun geschaffen hat. Brahim lädt mich natürlich auch zum Essen ein, aber ich lehne wieder ab. Ich könnte hier bis zum Platzen gefüttert werden, aber ich will endlich mal ein Wüstenpicknick ganz allein am Wegesrand genießen, ist mir lieber als das ausführlichste Menü. Und so finde ich auch bald einen schattigen Baum und lasse mich dort nieder, um ein gekochtes Ei, die fünf Datteln und zwei Mandarinen zu verspeisen, die ich vom Frühstück eingepackt habe. Reicht völlig aus und befriedigt mich mehr als ein Tajine.
Im letzten Jahr war die Straße Mecissi – Fezzou – Tafraout noch im Bau, aber in diesem Jahr ist alles fertig. Was für das entlegene Tafraout einen enormen Aufschwung bedeutet. Es war bisher nur auf langen, schwierigen, versandeten Pisten zu erreichen und nun geht eine Teerstraße direkt bis zum Lac Maider. Langsam müsste auch mal der Ort Tafraout in einer Karte erscheinen, denn bisher gibt es ihn noch in keiner. Dabei ist Tafraout wunderschön und durchaus nicht mehr klein. Umgeben von schwarzen Bergen und rotgoldenen Sanddünen, die hier in einer dunklen Farbe leuchten wie an keinem anderen Ort in Marokko. Die Herbergen werden auch immer komfortabler, Les Jardins de Tafraout sieht wunderschön aus, aber ich sehe es mir nicht an, denn ich will weiter.
Oase Mharech
Vor Jahren schon war ich mal auf dieser Piste unterwegs mit einem guten Freund. Er heißt Mohammed Ouattou und ist ein sehr guter Führer. Zwar war ich die Strecke schon häufig alleine gefahren, aber er wollte gerne mitkommen. Unterwegs meinte er, ob ich nicht die Oase Mharech sehen wollte, sie sei sehr schön. Ja, ich war tatsächlich noch nie dort. Er bog ab offroad, damals mit meinem Ford Ranger Pickup, nicht sehr sandtauglich mit zu viel Luft in den Reifen und fest saßen wir. Kamen auch allein nicht wieder raus. Fanden schließlich einen Herbergsvater aus Tafraout mit seinem uralten Land Rover, der uns raus zog. Und so wurde nichts aus Mharech, es ging mit ihm nach Tafraout. Auch im letzten Jahr, als ich bei Tafraout eine ziemlich schlimme Reifenpanne hatte, konnte ich mir damit Mharech nicht ansehen, sondern musste versuchen, so schnell wie möglich nach Erfoud zu kommen.
Also diesmal sollte es sein. Es gibt zwei Pisten in die schöne Schlucht, die möchte ich zu einer Rundfahrt für mein nächstes Buch zusammenstellen. Von Tafraout geht es zunächst östlich auf die Piste nach Ramlia und Taouz. In der Ferne sehe ich auf einer Parallelpiste einen Pickup, er kommt näher und winkt. Aus steigt Mohammed Ouattou, nur wenige Kilometer entfernt von der Stelle, wo wir damals eingesandet waren. Ja, das ist Marokko, man läuft sich immer wieder über den Weg. An einem Brunnen biegt dann die Piste ab in die Mharech-Schlucht, es geht direkt über den Trockensee auf einer wirklich üblen Piste. Wenn es mal regnet, was selten vorkommt, besteht dieser See aus einem einzigen Schlamm und dann werden Fahrspuren sehr tief eingegraben, die dann aushärten. Später höre ich in der Herberge, dass auf diesem Wege schon Wohnmobile in der Schlucht eingetroffen sind, aber ich kann es kaum glauben und ganz bestimmt nicht empfehlen. Dazu gehört schon viel fahrerliches Können, aber auch ein doch zumindest etwas geländetaugliches Mobil. In schlechter Erinnerung an die üble Reifenpanne vom letzten Jahr schaue ich alle paar Kilometer meine Reifen an, ob sie noch alle Luft haben.
Am Beginn der Schlucht steht auf einem Hügel eine neue Auberge, Riad Nomad. Ich fahre hinauf, und die Aussicht ist einfach unglaublich. Über das ganze Tal, den staubigen See bis hinein in die Schlucht. Auch wer nicht in dieser Herberge übernachten will sollte einfach mal hoch fahren, um die grandiose Aussicht zu genießen. Sie bietet schöne geräumige Zimmer mit Bad, das Licht kommt vom großen Solarpanel und es soll sogar WiFi geben, auf meinen Test allerdings bekomme ich keine Verbindung mit dem Internet. Der Chef erzählt mir, dass er an diesem Abend englische Gäste haben wird, die mit 10 Pferden kommen. Das ist doch mal eine interessante Tour, auf Pferden durch die Wüste. Ganz wie Kara Ben Nemsi.
Aber ich will nicht warten und fahre nun hinein in die Schlucht. Es gibt noch eine ältere Auberge, die von Brahim, Bruder von Said, den ich aus Tafraout kenne und der mir im letzten Jahr mit meiner Reifenpanne geholfen hat. Ich war auch kurz bei ihm vorbei gefahren, alle Türen standen auf, aber niemand war zu sehen. Die Schlucht ist nicht lang, die Auberge Oasis El Mharech folgt schon nach 2 Kilometern. Wer nun denkt, dass es hier doch wohl einsam ist so tief in der Wüste direkt an der algerischen Grenze, der irrt sich. Denn da hier noch richtige Wüste ist und schöne Pisten, findet hier ein lebhafter Offroad-Betrieb statt. Individuelle Geländewagenfahrer so wie ich und wie es sie früher viel gab, findet man heute kaum noch. Es sind meist geführte Gruppen, so wie kurz zuvor die Pferde, und nun die Enduros. Solche Touren gibt es inzwischen sehr häufig, aber auch geführte Geländewagentouren mit eigenen oder gemieteten Fahrzeugen. Da ja auch die geführten Wohnmobiltouren sehr stark zugenommen haben frage ich mich, wo bleibt die Individualität, die Freiheit, die Selbstständigkeit. Naja, ich zumindest habe sie ja noch.
Wenn ich dachte, dass Brahim in der kleinen Schlucht auch eine kleine Auberge haben muss, so habe ich mich da doch ganz schön geirrt. Eine riesige weitläufige Anlage, und in der Mitte wird gerade ein Pool gebaut. Das ist schon abartig in dieser abgelegenen Gegend, wo es ansonsten nichts gibt, kein Telefon, kein Internet, kein Strom. Auch hier kommt dieser vom Solarpanel, aber 24 Stunden lang und reicht auch zum Laden der Geräte. Die Zimmer sind im Garten im Karree um den neuen Pool angeordnet, man kann direkt davor parken, da aber nun die Poolfläche weg fällt, werde ich schließlich von den Neuankömmlingen ganz schön zugeparkt und muss dann am nächsten Morgen warten, bis alle weg sind.
Aber erstmal steht Abendessen auf dem Programm und danach falle ich völlig erschöpft ins Bett.