Archiv für den Monat: November 2019

So ein schöner Tag – New Smyrna Beach

Wenn man im Frühjahr sein Heim in Florida verlässt, um es über den Sommer ganz allein den Stürmen auszusetzen, dann muss man alles sehr gut einpacken. Und wenn man dann wiederkommt gibt es eine Menge zu tun. Alles wieder auspacken, sauber machen, an seinen Platz stellen. Das braucht einige Tage. Aber noch schlimmer ist der Garten. Zwar wird der Rasen gemäht, aber meine Büsche und das Unkraut wachsen und wachsen. Das bedeutet, die ersten Tage gibt es kein Vergnügen, sondern nur Arbeit. Schon am ersten Morgen habe ich zwei große Tonnen mit Grünzeug gefüllt und war mal gespannt, ob die Tonnen am Freitag geleert werden. Donnerstag war ja Feiertag, da fällt eine Runde aus. Um so froher war ich, als ich schon sehr früh am Morgen das laute Geräusch des Müllwagens hörte. Es scheint so, als haben die besonders früh angefangen, um die ausgefallene Route zusätzlich zu fahren. An dieser Stelle will ich mal der Müllabfuhr ein besonderes Lob aussprechen. Hier wird 2x die Woche Hausmüll eingesammelt, einmal Recycling und einmal Grünschnitt. Es kommen also jede Woche vier Wagen vorbei und mit sehr freundlichen Leuten. Davon kann man in Deutschland nur träumen.

Also konnte ich am Freitag gleich wieder eine Tonne füllen. Zwar habe ich nur das Gröbste weg gemacht und es bleibt noch viel zu tun, aber es sieht schon sehr viel besser aus und meine Sitzecken vorne und hinten sind wieder funktional. Und wer von euch Prince kennt, dem kann ich sagen, er lebt noch. Von den ursprünglich vier Straßenkatzen in meiner kleinen Gasse war ja im letzten Jahr schon eine gestorben, die andere sehr krank. Als ich dieses Jahr kam war sie weg. Später erfuhr ich, dass man sie hat einschläfern müssen, weil ihr nicht mehr zu helfen war. Nun gibt es also nur noch den dicken Prince und die sehr scheue schwarze Katze, die sich von mir nicht anfassen lässt. Und auch Prince fremdelt in diesem Jahr, er kam keineswegs freudemiauend auf mich zu. Aber das wird schon.

Das heißt also, für mich gibt es nur Arbeit und kein Vergnügen. Heute früh fuhr ich zunächst zu Aldi, zum Großeinkauf. Aber auf dem Weg besuchte ich noch einen Fahrradladen. Mein Sohn Brian will an Weihnachten zu Besuch kommen und dabei eine große Biketour machen auf den wunderschönen Biketrails von Central Florida, über die ich ja eigens für ihn ein Buch geschrieben habe.

Bikebook

Aber mein billiges Fahrrad, wo noch nicht mal die Gangschaltung funktioniert, ist ihm dafür nicht gut genug. Ich wollte zwar für ihn ein neues Rad kaufen, dabei nicht mehr als 100 $ anlegen und es später selbst nutzen, aber das habe ich schnell gemerkt, dass ihm das nicht gut genug ist. Und nachdem wir ausführlich darüber gesprochen haben kann ich ihn sogar verstehen. Für eine solche große Tour, wie er sie vorhat, ist ein High End Rad erforderlich. Ich kann mir erstens nicht ein solches Rad zulegen, da der schwül heiße Sommer es sehr schnell zerstören würde und ich nicht extra wegen dem Rad das ganze Jahr die Klimaanlage laufen lassen kann, und außerdem braucht er eines, das auf seine Größe angepasst ist. Da bleibt nur, eines zu mieten. Und deshalb der Fahrradladen. Ich bin erstaunt, wie viele es doch gibt. Da sage noch einmal einer, die Amis seien faul und bewegen sich nicht. Das ist ziemlich falsch. Ich kam vor dem Laden an und dort standen etwa 15 knackige Radler, bereit zur Abfahrt. Es stellte sich heraus, dass der Inhaber auch selbst Touren führt. Wir wurden uns ziemlich schnell einig, dass er genau das Rad hat, das Brian sucht, ich machte ein Foto, schickte es ihm und begab mich zu Aldi.

New Smyrna Pedestrian Trail

Dann ging es nach Hause, brav arbeiten, sauber machen und was so zu tun ist. Aber die Sonne lachte. Und die Radlergruppe geisterte durch meinen Kopf. Ach wäre das schön. Und endlich hielt mich nichts mehr. Ich suchte mir den Trail, der am nächsten liegt und am kürzesten ist, denn schließlich habe ich neuerdings Knieprobleme und ich muss erstmal sehen, ob ich überhaupt fahren kann. Also nichts wie hin zum New Smyrna Pedestrian Trail einem Multi Use Trail von 3,6 Meilen Länge, also gut 5 km, die man allerdings auch wieder zurück fahren muss. Es war ziemlich wenig los, nicht nur auf dem Trail, sondern auch auf den Straßen. Offenbar sind alle Leute beim Shoppen, gestern war Black Friday, also ist heute wohl Black Saturday. Viele Leute würden sagen, es gibt hier nichts zu sehen, so wie mein Taunussteiner Nachbar, dem Florida neuerdings zu langweilig ist. Mir dagegen wird es nie langweilig hier, man muss einfach seine Augen aufmachen. Die erste Begegnung war eine Schildkröte, genau kenne ich die Spezies nicht, für Florida war sie ziemlich klein. Aber sie ließ sich gerne fotografieren. Nicht so die nächste Begegnung, eine ziemlich große Schlange, die mich ins Auge nahm und entschied, sich schneller ins Dickicht zurückzuziehen, als ich zu meiner Kamera greifen konnte. Dann begegnete mir noch eine Gopher Schildkröte, sie sind ziemlich groß, ich konnte sie eine ganze Weile anschauen, bevor sie entschied, sich doch lieber in ihren Bau zurückzuziehen. Die nächste interessante Begegnung war dann ein Radfahrer, der seinen Hund vorne im Körbchen hatte. Und zum Glück fand ich auch jemand, der mich mal fotografierte, denn ein Selfie, auf dem auch mein Billigrad zu sehen ist, gelang mir nicht.

Wine Walk

Dann wollte ich eigentlich nach Hause fahren. Doch dann fiel mir ein, dass ja heute in New Smyrna der Wine Walk ist. Das findet jeden letzten Samstag im Monat statt und ist ganz nett. Man kauft ein Glas und kann dann die Flagler Avenue entlang schlendern und an verschiedenen Stellen das Glas auffüllen lassen. Ist immer nett, obwohl ich noch nie mir wirklich ein Glas gekauft habe. Denn ich muss ja noch nach Hause fahren. New Smyrna ist wirklich ein wunderhübsches Örtchen, wenn ich frei hätte wählen können, wäre das sicher mein Winter-Wunschort. Aber der Mensch ist nicht frei und die Immobilienpreise in New Smyrna könnte ich nicht bezahlen. Dafür aber den gratis Wein der Immobilienmakler trinken, die zu diesem Anlass immer geöffnet haben und wo man sich immer wieder gut unterhalten kann. Und das Wetter ist einfach ein Traum. Hier ist noch richtig Sommer, zumindest für deutsche Temperaturen und ich denke lieber noch nicht an die für Montag angekündigte Kaltfront.

So langsam muss ich aber doch mal nach Hause, denn ich habe Hunger. Der Kühlschrank ist ja dank Aldi gut gefüllt und ich entscheide mich zu überbackenen Süßkartoffeln mit einem Chardonney. Ja, das ist Leben. Taunusstein kommt da einfach nicht mit. Und der Garten muss halt einfach noch ein bisschen warten.

Endlich wieder zu Hause in Florida

Eine Woche war ich nur in Taunusstein, aber das hat auch gereicht. Das Wetter war einfach eklig, feucht und neblig. Das muss ich nicht haben. Am Mittwoch ging es dann Richtung Florida. Der Flug von Frankfurt nach Charlotte war einwandfrei, hätte nicht besser sein können. Hatte mir wieder Plätze mit mehr Beinfreiheit bestellt, die eigentlich kostenpflichtig sind, aber aus irgendeinem Grund habe ich nichts bezahlt. Wir waren sehr pünktlich und an der Immigration gab es keine Schlange, in Nullkommanichts war ich durch. Dann der Zoll. Ich hatte mich gut vorbereitet. In meinen Koffern waren einerseits die Bikebücher, die viel Gewicht haben, aber dann eine Menge Lebensmittel, was ich so noch nicht gemacht hatte. Aber ich habe die Listen der erlaubten Lebensmittel studiert und gefunden, dass man z.B. Backwaren, Mehl und Käse mitnehmen darf. Hartkäse. Also hatte ich in Frankreich lauter leckeren Käse gekauft, 2 kg, dazu 4 Pakete Backmischung Brot, 2 kg Kaffee und 2 Gläser Marmelade. Natürlich auch noch eine Flasche Champagner und 1 Flasche Sambucca. Alles im erlaubten Rahmen. Und damit ich das nicht im Flugzeug umständlich in den Zollzettel eintragen muss habe ich eine wunderschöne Exceltabelle angelegt mit genauen Gewichten und Preisen. Besser kann man es doch nicht machen. Und was sagt der Zoll? Interessiert ihn nicht die Bohne, winkt mich durch.#In Charlotte musste ich umsteigen nach Daytona Beach, dort sollte ich abgeholt werden. Das Flugzeug war auch pünktlich da und als die Dame am Counter zum Mikro griff, griff ich zu meinem Carry-on. Aber nix da. Sie kündigte an, dass der Flug eine halbe Stunde später starten soll. American Airlines ist ja schon toll, man bekommt eine SMS und eine Email mit dieser Nachricht, ist voll informiert. Und dennoch verliert man irgendwann die Geduld, wenn alle paar Minuten eine solche Message kommt und der Abflug immer weiter nach hinten verlegt wird. Und ich meinem Abholer ständiug neue Ankunftszeiten mitteilen musste. Irgendwann steig dann sogar die Crew wieder aus der Maschine aus. Noch hielt meine Geduld, aber als wir schon 2 Stunden Verspätung hatten suchte ich mal das Internet ab. Es ist ja kein EU Flug. Obwohl ich natürlich in Deutschland gestartet bin. Irgendwann ging ich zum Counter um mich zu beschweren, wir haben ja noch nicht mal Wasser bekommen. Sie drückte mir eine Telefonnummer in die Hand. Ich rief an und tatsächlich, man nahm meine Beschwerde auf und es ist möglich, dass ich eine Entschädigung bekomme.

Inzwischen war eine neue Crew gekommen und auch, was wir erst nach dem Einsteigen erfuhren, eine neue Maschine. Die alte war kaputt. Mit 2 ½ Stunden Verspätung ging es los und mein Abholer hatte tatsächlich so lange ausgehalten. Wenn ich wirklich einen Refund bekomme, dann gehe ich dafür mit ihm schön essen.

Auf dem Heimweg stoppten wir bei Walmart, denn ich habe ja nichts im Haus und morgen ist Feiertag, Thanksgiving. Und zu Hause starteten wir dann noch mein Auto. Ich kann nur dann ruhig schlafen, wenn ich weiß, es läuft und ich bin mobil. Ja, das tat es. Das Unkraut ums Haus war meterhoch, aber zumindest innen sah es ganz ordentlich aus, denn Jan und Gabor waren im September mal da und haben eine mit Video begleitete Putztour durchs Haus gestartet. Das war lieb von ihnen.

Vor dem Schlafengehen griff ich zum Phone und wollte mich zu Hause melden. Doch da war nichts, kein Internet. Ich hatte es ja für heute bestellt, aber es geht nicht. Und einen Techniker bekomme ich an Thanksgiving auch nicht. Zwar hat Jan in seinem Haus Internet, das ich nutzen könnte, aber alle meine Geräte sind neu und haben das Passwort nicht gespeichert, inklusive der Daten, wie ich bei der Internetfirma reklamieren kann inkl. Telefonnummer, sind alle in meinen Emails gespeichert, an die ich nicht dran komme. Also erstmal ab ins Bett.

Am Morgen ist Internet dann das Problem, um das ich mich zuerst kümmern muss. Um 9 Uhr sehe ich meine Nachbarin und frage sie nach ihrem Code. So kann ich wenigstens Spectrum erreichen und bekomme für Freitag Abend einen Techniker. Auch mit Jan telefoniere ich und bekomme sein Passwort. Und dann lädt mich die Nachbarin noch zum Truthahnessen ein. Also das hätte mir nicht gelegener kommen können als heute. Vielen Dank. Doch während sie in der Küche steht und kocht schneide ich in meinem Garten die wichtigsten Büsche zurück, damit es nicht gar so schlimm aussieht. Danach bin ich natürlich triefend nass, es ist schön warm in Florida und eine Dusche ist fällig.

Nach dem reichlichen Essen sitze ich nun in Jans Haus und schreibe den Blog, damit man zu Hause weiß, warum ich mich nicht gemeldet habe.

Freunde in Facebook und in Marokko

Das Reisehandbuch ist die Grundlage für Reisen durch Marokko und enthält aktuelle Orts- und vor allem Routenbeschreibungen. Es ist gerade neu erschienen und kann nur direkt in meinem Onlineshop bestellt werden:

Shop.edith-kohlbach.de

Das Titelfoto habe ich ausgewählt wegen seiner Farbenfrohe und auch weil es Marokko von einer sehr typischen Seite zeigt. Dazu entstand in Facebook folgende Kommunikation:

Fussel Philipp naja, kenne sie nicht aber verkörpern für mich genau was ich an Marokko nicht mag. Rausgeputzt zum Ramsch verkaufen, sorry… direkt wie immer.

Esther Siefert Fussel Philipp – na ja – das gibt’s bei uns ja auch überall wo man auf Tourismus angewiesen ist. Bloss wird bei uns der „(China)-Ramsch“ von herausgeputzten TrachtentträgerInnen an den Touristen gebracht. So gesehen ist da doch kein wirklich grosser Unterschied ?

Fussel Philipp wie man es nimmt, ich seh in Deutschland kaum Lederhosen die alle „mein Freund“ sind. Und ich hoffe du glaubst nicht wirklich dass die Klamotten in Marokko heimisch sind… wenigstens die Teppiche hoffe ich.

Dazu möchte ich hier im Blog Stellung nehmen, einerseits weil ich viel zu viel dazu zu sagen habe, andererseits weil ich es wichtig finde und nicht möchte, dass es in Facebook untergeht wie so vieles.

Zunächst einmal: Marokko ist so vielfältig wie die Geschmäcker der Touristen vielseitig sind. Ich kenne Fussel Philipp und seine Berichte und weiß daher, dass er vor allem einsam in der Landschaft reist und lebt mit wenig Kontakt zu Einheimischen und so sparsam wie möglich. Aber nicht jeder denkt so und sucht die Einsamkeit.

Meine erste selbstständige Reise nach Marokko war 1986. Ich kam zusammen mit einer Freundin, beide blond, und ihr könnt euch sicher vorstellen, wie viele solcher „herausgeputzten“ Typen uns angesprochen haben. Was ihr aber nicht wisst, ist, wie viele dieser „Faut Guide“ der ersten Jahre, die ich über diese Anmache kennengelernt habe, immer noch meine Freunde sind. Von einigen bin ich sogar heute mit den Kindern befreundet. Marokko ist anders. Es ist nicht Deutschland, wo jeder erst mal für sich bleibt. Die Marokkaner sind offene Menschen und lieben den Kontakt zu Fremden. Aber auch Marokkaner müssen leben, müssen ihren Lebensunterhalt verdienen, wenn sie nicht als Wirtschaftsflüchtlinge nach Deutschland kommen wollen, sondern etwas in ihrem eigenen Land erreichen wollen. Die Kontaktaufnahme zum Geschäft geht in Marokko eben so. Man spricht die Touristen an, lernt sie bei einem Tee kennen und versucht dann, ihnen irgendetwas zu verkaufen. Das ist ihr Beruf. Niemand ist gezwungen etwas zu kaufen, aber auch unter den Campern, die ich persönlich kenne, habe ich schon viele gesprochen, die auf diesem Wege nette Freunde gefunden haben. Was gibt es wichtigeres in einem fremden Land, als der Kontakt zu den Einheimischen? Nur sie können ihre Lebensweise zeigen und erklären, können Hinweise geben zu interessanten Sehenswürdigkeiten, die vielleicht eben nicht in meinem Reisehandbuch zu lesen sind, laden zu einem Mahl in ihrem Heim ein. Das ist zumindest für mich genau das, was Marokko von Ländern wie Spanien oder Frankreich unterscheidet, das ist der Grund warum ich seit Jahrzehnten immer wieder komme. Wer sich abseits aller Touristenplätze hält, einsam durch die Wüste reist und sogar Campingplatzgebühren spart, trägt absolut nichts dazu bei, den Menschen dieses Landes eine Lebensgrundlage zu bieten. Niemand verlässt gerne seine Familie und Freunde und macht sich auf in eine ungewisse, unsichere Zukunft, aber es muss auch eine Verdienstmöglichkeit gegeben sein. Dies können einige dadurch, dass sie ein Hotel haben oder einen Campingplatz, was oft mit sehr geringen Mitteln begonnen wird, andere verkaufen Teppiche. Die Jungs auf dem Bild haben eine Geschichte, die auch wieder sehr typisch ist. Sie leben in Jorf, einer relativ unbedeutenden Kleinstadt. Es gibt kaum Arbeitsmöglichkeiten. Aber zu ihrem Stammesgebiet gehören die Foggaras, die einstigen Wasserkanäle, die längst still gelegt wurden. Nachdem immer wieder Touristen dort anhielten und auf den Erdhügeln herum kletterten, kamen sie vor einigen Jahren zusammen mit anderen Ortsbewohnern auf die Idee, diese Foggaras wieder in Ordnung zu bringen und sie damit zur Besichtigung anzubieten. Am Anfang war alles ganz klein, man konnte hinunter steigen und sich das ansehen, danach wurde in einem Zelt ein Tee gereicht. Dann baute man auch ein WC, bot Wohnmobilen eine Stellmöglichkeit, wandelte das Zelt in einen Souvenirshop um und bot sogar Essen an, im Zelt oder auch ganz romantisch unten in den von Kerzen beleuchteten Stollen.

Und wenn man die Leute kennenlernt, sie als „Freunde“ gewinnt, vielleicht wie ich nach Hause eingeladen wird, dann erkennt man auch sehr schnell, wieviele Personen von diesen Einnahmen leben müssen. Ich habe ganz großen Respekt vor diesen heraus geputzten Männern. Und die Kleidung ist unbedingt landestypisch, auch Gandoras und Chechs unterliegen in Marokko der Mode.

GNV, MS Atlas, irgendwo auf dem Mittelmeer

Wenn ich etwas hasse dann ist es die lange Überfahrt zwischen Marokko und Europa. So oft ich kann nutze ich die Fähre ab Tarifa, auch wenn das zur Folge hat, dass ich den ganzen langen Weg durch Spanien fahren muss. Aber es geht im Endeffekt wesentlich schneller, es gibt so gut wie keine Wartezeit. Ich komme im Hafen an, kaufe das Ticket für die nächste abgehende Fähre und schon geht es los. Einchecken und Auschecken sind superschnell, es sind ja auch verhältnismäßig wenige Fahrzeuge.

Rein vom Preis her ist aber die lange Überfahrt günstiger. Diesmal habe ich für die Rückfahrt für mich und meinen Land Rover 288 Euro bezahlt. Dafür kann ich nicht Treibstoff für die zusätzlichen 1700 km, Autobahngebühren und Hotelübernachtungen zahlen. Ich muss für den Geburtstag meiner Enkelin zu Hause sein und habe dies als die sicherste Variante angesehen, rechtzeitig anzukommen, ich konnte ja vorher nicht wissen, ob es eventuell schlechtes Wetter geben wird.

Und nun bin ich also auf der MS Atlas. Es ist wie eine Strafe für mich. Absolut keine deutsch sprechenden Leute sind auf dem Schiff. Nicht, dass ich daran gebunden wäre, ich kann ja auch andere Sprachen, aber mit deutschen Campern hätte sich sofort eine Verbindung ergeben. Hier absolut nichts. Ich bin völlig allein und das ja immerhin etwa 40 Stunden lang. Schrecklich. Ich muss immer etwas tun, aber hier bin ich nicht Herrin der Lage. Bin kurz vor der Depression.

Wie anders war das doch früher, als die marokkanische Comanav noch fuhr. 1987 bin ich zum erstenmal auf dem Schiff Marrakech gefahren. Das war noch ein Erlebnis. Nicht nur war das Schiff sehr schön eingerichtet, es gab eine große Bar, wo man sich traf und wo oft auch musikalische Unterhaltung geboten wurde, bis hin zum Tanz. Wenn ich nach ein, zwei Jahren mal wieder auf dieses Schiff kam, kamen mir Tränen vor Freude. Und es gab immer jemand zum Reden. Die Fahrt war mit Vollpension, und es gab ein vorzügliches Essen an einem schön gedeckten Tisch mit netter Bedienung, nicht so eine grässliche Cafeteria mit Massenabfertigung wie auf der italienischen Atlas. Zunächst musste man sich seinen Platz geben lassen und saß dann während der ganzen Überfahrt mit den gleichen Menschen am Tisch. Dadurch ergaben sich immer nette Bekanntschaften. Einmal lernte ich sogar den amerikanischen Konsul in Casablanca kennen und wohnte später ein paar Tage in seinem Haus. Und auch an der Bar traf man immer wieder Leute zum Gespräch. Da machte die Überfahrt Spaß, da verging die Zeit schnell.

Nun also MS Atlas. Die Nacht vorher schlief ich in Tetuan. Unzählige Stunden sollte ich nur mit Warten verbringen, da wäre ich fast durch Spanien durch gewesen in der Zeit. Die Fähre sollte um 22 Uhr am Abend abgehen, man muss 4 Stunden vor Abfahrt da sein. Am Nachmittag besuchte ich noch Susanne Koch, die mit ihrem Mann ein Restaurant bei Tetuan betreibt und für Wohnmobile eine Stellfläche anbietet. Das war ein netter Besuch. Dann ging es zum Hafen Tanger – Med und ich war etwa um 17 Uhr dort, also sogar 5 Stunden früher. Wenn man nun denkt, dass man zunächst im Hafen herumsteht, darauf wartet, dass das Einchecken beginnt und schon mal die ersten Leute kennenlernt, so wie es früher war, dann hat man sich getäuscht. Es gab nun ein endloses Schlange fahren und stehen. Zunächst an den Ticketschalter. Dort wurde ich wieder fortgeschickt, weil es einen Parkwächter gibt, der zunächst einen Stempel auf das Ticket drücken muss. Immer mal wieder was Neues. Dann erneut zum Schalter, die Schlange hier war nicht lang.

Nun muss man in den Hafen einfahren und steht schon in der Schlange, ohne dass man so richtig weiß, wofür, man sieht ja nichts vor lauter Autos. Irgendwann kamen wir dann zur Polizeikontrolle. Am Schalter wurde der Pass gestempelt. Weiter in endloser Schlange. Dann holte ein Beamter den kleinen Schein für das Fahrzeug, den ich bei der Einreise bekommen hatte, und brachte ihn gestempelt zurück. Irgendwann dann kam die Zollkontrolle, Hunde gehen durchs Auto, ich habe ein gutes Gewissen. Dann verengen sich die fünf Schlangen auf nur zwei, das dauert. Endlos geht gar nichts weiter, dann höchstens mal eine Wagenlänge. Es wird langsam dunkel. Nach langer Zeit geht es um die Ecke und wir stehen vor dem Scanner. Da passen so etwa füpnf Fahrzeuge rein, das hält auf. Doch dann ist auch das geschafft. Dann geht es zum Schiff. Der Hafen ist riesig, zwischen den einzelnen Stationen liegen Kilometer. Habe Zweifel, ob ich auch in der richtigen Schlange lande und nicht vielleicht versehentlich in Algeciras lande. Aber wie ein Wunder bin ich doch bei den richtigen Leuten nach Sète. Natürlich auch hier noch Warten. Zwar ist das Schiff hell beleuchtet und offen, aber wir müssen noch warten. Inzwischen ist es 20 Uhr, die letzten drei Stunden habe ich nur mit Stop and Go verbracht. Es wird schließlich 21 Uhr, als endlich Bewegung in unsere Schlange kommt, noch einmal muss ich aussteigen, das Auto wird von Polizei durchsucht, ob sich Menschen versteckt halten, und direkt an der Einfahrt noch ein weiteres Mal vom Schiffspersonal. Man hat wohl böse Erfahrungen gemacht, der Hafen ist ja auch sehr groß und unübersichtlich, es kann sich schon mal jemand einschleichen. Es ist fast 22 Uhr, als ich erschöpft in meiner Kabine ankomme. Das Schiff setzt sich aber noch lange nicht in Bewegung.

Auf den ersten Blick sieht die Atlas aus wie ein modernes Schiff. Aber es gibt kaum Einrichtungen. Man will ja nicht den ganzen Tag in seinem winzigen Kabinchen liegen, aber es gibt kaum Räume, wo man sitzen kann. Auch hier eine Bar, aber kein Vergleich mit der Marrakech. Die wenigen Tische davor sind dauernd besetzt, wer hier einen Sessel ergattert, behält ihn. Die Cafeteria ist nur während der Essenszeiten geöffnet, und das ist wirklich ein Fraß, das tue ich mir diesmal nicht an. Kein Wunder, dass Marokkaner mit vollen Kühltaschen aufs Schiff kommen. Zwar gibt es auch ein schöneres Restaurant, auch das nur kurz geöffnet, aber das Essen dort ist ziemlich teuer. Dann gibt es einen großen Kinderbereich, eigentlich ja eine schöne Idee. Nur Spielsachen sind da so gut wie keine. Und das war es auch schon. Auf den Gängen so gut wie keine Sitzgelegenheiten, es gibt ein, zwei Sofas in den Gängen, aber die wurden sofort von Leuten okkupiert, die keine Kabinen gebucht haben, und die sich sodann während der Überfahrt dort häuslich einrichten. Im Grunde bleibt außer Schlafen nichts zu tun.

Ich habe mir einen sogenannten Food Pass gekauft. Der kostet 22,90 Euro und berechtigt zum Einkauf von 30 Euro. Das ist die beste Alternative. An der Snackbar kann man ganz nette Kleinigkeiten kaufen, z.B. gut belegte Croissants, und ich werde mich damit ernähren, habe ja zusätzlich auch ein paar Kleinigkeiten eingepackt. Dachte irgendwie dass ich hier verhungern muss, nun aber muss ich mich beeilen, den Pass auch abzufuttern. Oder zu trinken, denn man kann ja auch einen Aperitif dafür bekommen.

Nun ist es Montagvormittag, wir werden irgendwann in Sète ankommen und dann noch einmal 1.000 km und ich kann wieder in meinem Bett schlafen. Vermutlich werde ich aber noch einmal in Frankreich übernachten und hoffentlich so richtig gut essen, denn das fehlt mir nach so langer Zeit in Marokko.

Tetuan – Restaurant Argovia

Wer mit der Mittelmeerfähre ankommt, egal, ob in Tanger-Med oder Ceuta, braucht einen sicheren Platz für die erste Übernachtung. Es gibt dafür den altbekannten Campingplatz in Martil, der weiterhin zu empfehlen ist. Aber es gibt auch eine super Alternative. Und das ist der Parkplatz des Restaurants Argovia. Zwar hatte ich das auf Empfehlung von Jürgen Reinert schon in den neuen Campingführer aufgenommen, aber noch nicht selbst besichtigt. Und für meinen Abreisetag stand also dieser Besuch an. Ich hatte mich vorher bei Susanne Koch angekündigt, das geht entweder über Facebook oder mit einer Email, und sie sagte, dass sie ab mittags selbst dort ist. Sie hat zusammen mit ihrem marokkanischen Mann das Restaurant selbst gebaut, es liegt am Hang und deshalb ist unten eine richtige Tiefgarage entstanden. Davor ist ein Parkplatz, einigermaßen eben, dort finden etwa drei Wohnmobile Platz. Das Restaurant ist eine Etage höher und hat außen eine Toilette mit Waschbecken, die ist die ganze Nacht offen, kann also von den Campern genutzt werden. Dass es sauber ist braucht man ja nicht extra zu erwähnen, das ist klar. Und Wi-Fi ist auch vorhanden. Eine Gebühr fürs Stehen gibt es nicht, aber man sollte zumindest eine Kleinigkeit im Restaurant essen. Montags ist geschlossen, man könnte sich aber trotzdem hinstellen, wenn man sich vorher anmeldet und der Wächter so Bescheid weiß.

Ich kann diese Stellmöglichkeit vor allem für Erstbesucher von Marokko heiß empfehlen. Susanne ist sehr nett und hilfsbereit, freut sich selbst über ein Schwätzchen und kann viele Fragen beantworten. Standardfrage ist natürlich, wo bekomme ich die SIM-Karte. Vertraut euch einfach Susanne an, bei ihr seid ihr in besten Händen. Und bringt der Tochter (4. Schuljahr) ein Buch zum Lesen mit, haha. Denn mein Ali-Buch hat sie verschlungen.

Mohammedia

Hotel L‘Amphitrite Palace & Spa – das klingt doch toll! In meinen ersten Jahren in Marokko, besonders als ich dann anfing, Reiseführer zu schreiben, spukte immer wieder dieser Name in meinem Kopf herum. Es war ein großes Hotel am Strand von Mohammedia und ich hätte zu gerne einmal dort gewohnt. Es war das beste weit und breit. Aber irgendwie klappte es nie und dann war es plötzlich geschlossen. So kam es dass ich nie wirklich in Mohammedia war. Zwar gibt es einige Campingplätze dort, die ich regelmäßig besuche und auch manchmal dort wohne, aber sie sind weit außerhalb, in die Stadt kommt man dabei nicht.

Doch vor einigen Jahren wurde das Hotel komplett renoviert und hat nun unter dem Namen Avanti neu eröffnet. Schon lange wollte ich endlich dorthin. Ich bat die Agentur, mit der ich arbeite, mir dort ein Zimmer zu reservieren, aber auch das klappte zunächst nicht. Es war immer ausgebucht. Nun endlich habe ich meine Reservierung bekommen. Freute mich total und fuhr voller Erwartung hin.

Die Ankunft war bereits eine Enttäuschung. Das Wochenende zuvor war Mouloud, 2 Tage alles geschlossen, auch die Banken, und so war die Bezahlung für das Zimmer noch nicht eingegangen. Man wollte meine Kreditkarte oder einen Deposit, was ich beides nicht leisten wollte. Denn das Zimmer wird von der Agentur bezahlt und ich wollte keine Doppelzahlung riskieren. Ich stand ziemlich blöde in der Eingangshalle herum, bis das endlich geklärt war. Kein Getränk wurde angeboten, keine Entschuldigung. Und als ich endlich meinen Zimmerschlüssel bekam half man mir freiwillig noch nicht einmal mit dem Gepäck, das musste ich erst einfordern. Ankunft also schon ziemlich mies.

Es gibt mehrere Zimmertypen, ich hatte das Zimmer „Club“, das laut Aushang 250 Euro kosten sollte. In der Hotelreklame wird geschrieben, dass die Zimmer alle groß sind, manchmal heißt es mindestens 22 qm, manchmal sogar 40 qm. Nichts davon war zutreffend. Ich kam gerade so um mein Bett herum, und wenn ich einen Sessel vor den Schreibtisch stellen wollte so musste ich über das Bett steigen, um durchs Zimmer zu kommen. Das Badezimmer jedoch ist sehr schön und groß, vermutlich stecken die qm dort drin. Es gab einen Bademantel, einen Föhn und gute Pflegeprodukte. Auch ein Balkon war da, aber keine Möbel darauf.

Frühstück gibt es ab 6 Uhr, da es hauptsächlich ein Businesshotel ist und viele Geschäftsreisende früh aufstehen. Als ich um 7 Uhr erschien waren die Platten leer gefegt. Kaffeetassen und Gläser waren auch keine mehr da. Das Personal lungerte herum. Ich musste für alles erst fragen. Dann wurden die Croissants geholt, dann wurden Messer und Gabel bereit gelegt. Fazit meines Aufenthaltes, nein, nicht gerne wieder.

Doch hatte ich nun endlich Gelegenheit, mir Mohammedia etwas anzuschauen. Die Stadt hat zwei Gesichter. Da ist zum einen das Seebad mit einem schönen Strand, auf dem Pferde zum Reiten angeboten werden, doch ist es auch ein wichtiger Industriestandort, wo auch deutsche Firmen tätig sind. Und das merkt man schon am Strand, wo Industrieanlagen den Ausblick begrenzen. Übrigens soll in der Gegend Salz abgebaut werden, das vorwiegend nach Deutschland als Streusalz für den Winter exportiert wird. Deutsche Schiffe kommen und laden sie auf. In der Innenstadt gibt es eine kleine Kasbah, wo am Nachmittag in den Straßen Markt herrscht. Ein netter Ort, aber einer, den man im kulturreichen Marokko durchaus links liegen lassen kann.

Tetuan, die weiße Taube

Nach zwei vollen Tagen hier in der Stadt fühle ich mich schon richtig heimisch. Langsam kenne ich mich aus. Am ersten Abend hatte ich was zu essen gesucht, so kleine Garküchen, aber ich hatte nichts gefunden. Nun weiß ich es, es war gerade um die Ecke. In der Innenstadt kenne ich mich nun ganz gut aus. Vor allem habe ich unzählige Fotos gemacht. Ich hatte ja tatsächlich null! Zwar war ich schon in Tetuan, aber zu Zeiten, als man noch Dias machte, doch heute muss alles digital sein und mit den alten Bildern kann ich nichts mehr anfangen. Dann gibt es aber noch ein historisches Foto von 1958, es ist mir erst heute Abend wieder in den Sinn gekommen. Zunächst konnte ich die Stelle nicht erkennen, wo es aufgenommen wurde, aber der Mann an der Rezeption sagte mir, es ist das Bab Tut. Das ist heute etwas verändert.Also spazierte ich sofort dorthin. Nun brauche ich aber jemanden, der mich aufnimmt. Nach einer Weile kam ein Mann vorbei, der mich freundlich grüßte. Ich erzählte ihm mein Anliegen, zeigte das alte Foto, und er war total begeisert. Versuchte genau den Ausschnitt aufs Foto zu bekommen.

Tetuan ist eine sehr schöne Stadt. Die weißen Häuser ziehen sich die Hügel hinan und im Stadtbild sind viele schöne alte Gebäude aus der Zeit der spanischen Kolonie. Und sie sind großenteils in gutem Zustand. Auch in der Altstadt habe ich viele Renovierungsarbeiten gesehen. Von früher her weiß ich noch, dass es hier unzählige Taschendiebe gab, deren Finger hatte ich schon in meinen Taschen gefunden. Also bin ich diesmal ganz besonders vorsichtig, aber ich kann nichts entdecken. Die Stadt kommt mir sehr sicher und friedlich vor. Allerdings ist hier auch sehr viel Polizei auf der Straße. In der Innenstadt sind wohl viele wichtige Gebäude, die besonderen Schutz erfordern. Später erfahre ich dass dies ein bekanntes Problem war und tatsächlich viel unternommen wurde, um die taschendiebe arbeitslos zu machen.

 

Tetuan im Regen

Ja, meine Lieben, ich bin sicher, viele haben meine Berichte vermisst. Aber irgendwie hatte ich keine Zeit zu schreiben und muss das nun erst langsam nachtragen. Ich fange mit dem Ende an. Ich bin nun in Tetuan. Meine Fähre geht am Samstag ab Tanger-Med und ich hatte mir überlegt, wo ich kurz vorher übernachten will. Oft residiere ich ja in der Nacht vorher im El Minzah in Tanger, aber da gehe ich dann auch am nächsten Morgen früh auf die Fahre nach Tarifa, vom Stadthafen aus. Diesmal wird es Tanger-Med sein, und das spät am Abend. Das heißt, ich muss mich irgendwo noch so lange herum drücken. Als mein Blick auf der Karte aber auf Tetuan fiel, da erinnerte ich mich, dass ich wirklich ewig nicht dort war. Und entschuldige mich auch gleichzeitig, dass es selbst im neuen Reisehandbuch keinen aktuellen Text über Tetuan geben wird, denn das Buch ist ja schon im Druck. Muss also auf die nächste Ausgabe warten.

Aber allzu viel hat sich auch nicht geändert. Die Medina steht noch, der Königspalast auch. Den kleinen Platz Aljala kann ich nicht finden, der ist irgendwie verschwunden. Und der Busbahnhof ist auch etwas außerhalb verlegt. Aber den brauchen meine Kunden sowieso nicht. Dafür wohne ich in einem Hotel, das es so vorher nicht gab und es ist wunderschön. Ganz neu renoviert, modern, hell und freundlich eingerichtet, nah zur Innenstadt und ich habe 2 Wochen zuvor einen sehr guten Preis über booking.com gefunden. Im Internet stand, dass es einen Parkplatz gibt, das hatten Kenner angezweifelt. Ich rief an, man bestätigte den Parkplatz, und ich war daher mal ziemlich gespannt.

Es ist eine verkehrsreiche, enge Straße und als ich ankam wollte gerade Panik in mir aufsteigen. Aber ein Hotelmitarbeiter sah meinen ängstlichen Blick sofort und half. Am Rand sind also nun 3 Parkplätze für das Hotel reserviert, kosten auch nichts, aber man muss sie ergattern. Und das habe ich mit Hilfe des netten Herrn. Dafür bleibt der Wagen aber auch die ganzen drei Tage unberührt stehen, den bewege ich hier nicht weg. Brauche ich ja auch nicht. Auf dem Weg hierher habe ich mir schon den Camping Al Boustane angeschaut, und den Stellplatz beim Restaurant Argovia werde ich bei der Abreise besuchen. Und in die Stadt kann ich ohne Probleme zu Fuß, das ist nicht weit. Ich würde ganz sicher wieder dieses Hotel wählen, ist sicher das beste in der Innenstadt. Nur das Wetter! Nach gut zwei Monaten im Süden und bis auf die allerletzten Tage immer über 30 ° warm, ist es hier unangenehm kalt. Musste also erstmal Jacken auspacken. Und dann kam gestern noch ein Regen hinzu und ein kalter Wind. Hatte zum Glück genau die richtige Jacke.

Ich habe trotzdem einen Spaziergang gemacht, in der Medina selbst kann der Wind ja nicht so hinein und als ich auf dem Rückweg von einem Regenschauer überrascht wurde rief mich ein Kellner ins Straßencafé und ich musste noch nicht mal etwas bestellen. Sehr nett. Heute scheint zum Glück wieder die Sonne, wenn es auch immer noch kalt ist, aber ich werde nachher mal wieder in die Stadt gehen und hoffentlich bessere Fotos bekommen. Die werden dann später hier eingestellt, also immer mal reinklicken.

Hammam mit Gommage im Riad Tama

Um 17 Uhr holt mich die Dame von der Rezeption ab und bringt mich zur Hammam auf der Dachterrasse. Ich trage meinen Kaftan mit nur einem Slip darunter, aber sie sagt mir, ich solle den Bademantel aus dem Zimmer mitnehmen. Dazu Shampoo und meinen Kamm.

Jede Hammam-Anwendung in Marokko ist ein wenig anders, es hängt immer von der Badefrau ab, die die Gommage durchführt. Das Wort ist Französisch und ich glaube, es gibt keine deutsche Entsprechung dafür, also bleiben wir dabei. Ich werde empfangen von der jungen Nadia, sie ist gekleidet in einem Sportdress mit Leggins und bleibt auch dabei. Manchmal tragen die Badefrauen Slip und Hemdchen, auch das sehr unterschiedlich. Ich frage, ob ich den Slip anlassen soll, sie sagt, ganz nach Belieben, denn das hier ist ja eine private Hammam. In einer öffentlichen lässt man den Slip meist an.

Sie führt mich in den heiß dampfenden Raum und ich werde mit Wasser aus einem Messingbecher übergossen. Dann muss ich mich auf die Bank legen. Nun wird jeder einzelne Körperteil mit der schwarzen Seife eingerieben. Vorne und hinten. Danach muss die Seife für einige Minuten einziehen und ich werde wieder mit Wasser übergossen. Dann kommt der wichtige Teil. Mit einem rauen Massagehandschuch wird wieder jedes einzelne Körperteil abgeschrubbt, und dabei bilden sich kleine Röllchen abgestorbener Haut. Das muss so sein und tut sehr gut. Ich habe ja mehr als einen Monat im heißen staubigen und vor allem trockenen Süden gelebt, da wird die Haut sehr beansprucht und auch die tägliche Dusche macht nicht wirklich sauber. Eine solche Behandlung nach der Reise ist wirklich richtig toll. Vor allem meine Füße werden erstaunlich heller.

Natürlich wird nun wieder mit Wasser übergossen – nein, wassersparend ist diese Prozedur nicht. Aber so wohltuend. Darauf wird mein ganzer Körper mir Rassoul eingerieben, eine schlammige Masse. Ich bitte darum, dass dies auch auf die Haare kommt, denn auch die sind ausgetrocknet und Rassoul hilft da sehr. Danach wieder Wasser und meine Haare werden schamponiert. Dazu bringt man immer sein eigenes Produkt mit. Doch fertig bin ich immer noch nicht. Nun werde ich wieder am ganzen Körper eingeseift mit einem hellen Duschgel, auch das muss etwas einziehen. Und als ich dann wieder übergossen worden bin ist die Behandlung, die fast eine Stunde gedauert hat abgeschlossen, Nadia holt meinen Bademantel, hüllt mich darin ein und bringt mir noch ein Handtuch für die Haare. Wer will kann nun noch eine Massage anschließen, doch mir reicht es für heute. Diese Behandlung kostet 350 Dirham, also 35 Euro.

Ich bin ganz zufrieden in meinem Riad Tama. Es sind schöne Zimmer, ein nettes Personal und gutes Essen. Was will man mehr.

Von Sesam öffne dich zum Zauberland von Oz

Das Riad Tama, in dem ich nun für zwei Nächte untergebracht bin, ist ein Neubau im Riadstil in Tamassinte, der Filmstadt vor Ouarzazate. Die Atlas Studios sind nicht weit, aber ein Besuch dort reizt mich nicht. Es gibt hier elf Suiten und ich habe an meiner sogar einen kleinen Balkon. Es ist schon hübsch und vor allem das Personal ist sehr freundlich. Aber mir wurde von einer Freundin erzählt, dass die gleiche Familie auch einen Kunsthandwerksladen namens Aladin in Tabounte besitzt, der größte der ganzen Stadt. Das interessiert mich, ich fahre in den Vorort von Ouarzazate und denke, es muss doch einfach sein, ihn zu finden. Ist es aber nicht, es gibt Hotels, auch Artisanats, aber nichts mit Namen Aladin. Ich stoppe kurz um zu überlegen, da hält ein Auto, der Fahrer fragt: Edith Kohlbach? Und schon treffe ich den Besitzer des Ganzen, so klein ist halt Ouarzazate und auch Marokko.

Lahcen ist eher der Hotelmann, sein Schwager betreut den Laden und dem übergibt er mich. Kein Wunder dass ich Aladin nicht gefunden habe, denn diese Schatzhöhle heißt Labyrinthe du Sud und ist seinen Namen wert. Oh mein Gott, was sind hier für Schätze vorhanden. Viele Stücke einfach museumsreif, wunderschöne alte Kunstwerke wie ein kostbares, mit Korallen besetztes Diadem für eine Berberfrau. So etwas kann man heute nicht mehr sehen. Immer weiter geht es in neue Räume, richtig kostbare Dinge warten hier auf einen neuen Besitzer und alles was man sich außer dem nötigen Kleingeld wünscht ist ein hübsches Riad in Marrakech zum Einrichten.

Wir trinken Tee und Lahcen erwähnt, dass ein weiteres Hotel der Familie fast fertig ist. Als ich höre, um welches Gebäude es geht bin ich gleich begeistert, denn das kenne ich gut. Seit vielen Jahren steht kurz vor dem Camping Palmeraie ein großes Gebäude, aber es ist immer noch geschlossen und ich habe mich schon lange gewundert, was es damit auf sich hat. Und nun fährt Lahcen mit mir dorthin. Es ist fast fertig und soll in Kürze eröffnet werden. Oz Palace wird der Name sein und Palace ist auf jeden Fall zutreffend. Hier haben erstklassige Handwerker gearbeitet und die Bauzeit von sechs Jahren lässt sich nachvollziehen. Das wird mit Sicherheit das schönste Hotel von Ouarzazate. Mich begeistern vor allem die Zimmertüren, die schon ein Kunstwerk für sich sind. Jede der 14 Suiten ist ein wenig anders geschnitten mit viel Tadelakt und schönen Fliesen und die Holzdecken sind einfach grandios. Nicht etwa alle gleich, sondern hier sieht man die ganze Palette traditionellen Deckendekors. Man erspart sich schon fast einen Museumsbesuch, wenn man hier nächtigt. Auch die Möbel sind Handarbeit, sie sind fein aus Zedernholz geschnitzt. Und die Betten natürlich King Size und extra lang. Hier würde ich mich auch wohlfühlen, aber ich muss noch ein wenig warten, doch mein Riad Tama ist ja auch schön. Toll ist auch, dass man nicht nur für mobilitätseingeschränkte Personen eine schöne Suite hat, auch das ganze Gelände ist barrierefrei berollbar.

Das Hotel liegt bei Tabounte im Palmenhain und so ist auch der Garten von hohen Palmen bestanden, aber es gibt auch blühende Büsche und sogar Obstbäume. Zumindest Orangen habe ich gesehen. Vor dem Restaurant wird ein Springbrunnen sein, und der Piscine ist schon mit Wasser gefüllt. Hier fühlt man sich wirklich wie in einem orientalischen Wunderland.

Aber im Riad Tama wartet nun die Hammam mit Gommage auf mich.