Archiv für den Monat: Juni 2020

Danke, liebes Konjunkturpaket

Heute Morgen fiel ich wieder in ein ganz tiefes Coronaloch. Auslöser war das seit Wochen diskutierte Konjunkturpaket, das ja vor allem mit seiner Mehrwertsteuersenkung unendliche Impulse zur Ankurbelung der Wirtschaft geben soll.

Welche Wirtschaft? Meine ganz sicher nicht. Mit Beginn der Pandemie Anfang März  sanken meine Buchverkäufe auf Null. Mein Mitarbeiter auf Minijob Basis, der zwar noch andere Einkünfte hat, aber dennoch diesen Posten in seiner Lebensplanung fest eingeplant hat, war ebenso davon betroffen. Null. Nichts mehr. Das traf uns hart. Klar habe ich noch eine Rente, habe ja mein Leben lang hart dafür gearbeitet. Aber dieses Zusatzeinkommen ist auch für mich wertvoll, ermöglicht nur dieses die Möglichkeit zu reisen.

Klar, nun kam Corona und ich kann eh nicht mehr reisen. Aber ich fühle mich eingesperrt, fühle mich wie im Gefängnis. Und heute früh kam es besonders schlimm. Ich versuche, es mit Sport zu kompensieren, war wahrscheinlich noch nie im Leben so fit wie jetzt.

Aber was bringt mir das Konjunkturpaket? Null, nichts, niente, rien, oualou. Mehrwertsteuer auf Bücher künftig 5 % statt 7 %? Klasse. Pro Campingführer 3 Cent. Das gebe ich nicht weiter, kommt in meine Tasche, denn es gibt ja Buchpreisbindung. 3 Cent von jedem Buch, das nun nicht bestellt wird. Und auch nicht bestellt würde, wenn ich die 3 Cent weiter gäbe. Denn im Moment sind Reiseführer so das letzte, was die Menschen brauchen und kaufen. Mein ziemlich großer Verdienstausfall wird also getragen: einzig und allein von mir selbst!

Aber wenn ich diese scheinheiligen Äußerungen unserer Politiker höre wird es mir einfach nur schlecht. Mein Ausfall ist da, ist real, aber von den Hilfen kommt bei mir absolut nichts an. Nein, ich werde mir kein Elektroauto kaufen. Weiß auch nicht, wie ich damit in die Sahara kommen soll. Und auch keinen neuen Fernseher oder Waschmaschine. Die einzige Anschaffung, die ich für sinnvoll hielt, was das eBike. Aber auch hierfür kommt diese Mehrwertsteuerabsenkung viel zu spät, denn Corona begann ja schon vor einer ganzen Weile, nun ist es zu spät. Wer also profitiert von dieser Maßnahme? Amazon, die in der Summe ihrer riesigen Umsätze nun noch weniger zahlen müssen. Oder wer?

Ich bin so sauer.

Marokko aktuell

Heute hatte ich ein längeres Telefongespräch mit Abdou, alter Freund und Reiseveranstalter in Marokko. Er ist glücklich, nach 3 Monaten des Lockdowns nun endlich wieder einmal in einem Cafe zu sitzen und zu frühstücken. Ich möchte vorausschicken, dass alles, was ich hier berichte, auf Hörensagen beruht, ich habe keine gesicherten Fakten oder Quellen dafür.

Auch in Marokko gab es staatliche Hilfen für die Menschen. So hat ein Großteil seiner fest angestellten Mitarbeiter ein Überbrückungsgeld vom Staat bekommen und Abdou hat noch etwas drauf gelegt. Die Familien im Süden, die wegen ausbleibender Touristen ja keine Einkünfte mehr hatten, haben monatlich 1200 Dirham bekommen, damit sie Nahrungsmittel kaufen können. Abdou sagte, zum Glück verfügt Marokko ja über genügend Nahrungsmittel, so dass niemand hungern muss. Und dieses Hilfsprogramm führt er auf den König zurück, nicht auf die Regierung.

Er selbst hat die Zeit genutzt, um sein Lieblingsprojekt White Camel weiter auszubauen. In den allerersten Wochen war es nicht möglich, dort zu arbeiten, aber danach konnte er doch bauen, immerhin liegt es außerhalb von Marrakech in freier Natur. Er hat ein zusätzliches Haus errichtet für einen Spa mit Hammam und ich kann es kaum abwarten, das zu sehen (und zu nutzen). Ich füge euch ein Video vom weißen Kamel an, das ich letzten November gedreht habe. Ihr könnt davon ausgehen, dass es jetzt noch viel schöner ist.

Inzwischen sind also Geschäfte, Restaurants und sogar die Hammams wieder geöffnet. Das White Camel will ab 11. Juli wieder Gäste empfangen. Es gibt schon Flüge, die hauptsächlich dazu dienen, die vielen Marokkaner, die wegen Corona in Europa gestrandet sind, heim zu holen. Diese Leute sollen nach Ankunft für eine Woche auf Staatskosten in Hotels untergebracht werden. Die Infiziertenzahlen steigen in den letzten Tagen, einfach weil zur Zeit massiv getestet wird. Angestellte im Tourismussektor, auch Abdous Chauffeure werden getestet. Trotzdem oder gerade deshalb hofft Abdou, dass ab 11. Juli das Land wieder für Touristen geöffnet wird. Ich habe mal geschaut und einfach so nach einem Flug Frankfurt – Marrakech für den 22. Juli gesucht. Ryan Air hat nichts, aber auf der Seite von Royal Air Maroc wird mir ein Flug von AirFrance angeboten mit Umsteigen in Paris. 300 Euro sind durchaus korrekt dafür.

Mein Plan ist es, so bald als möglich für 2, 3 Wochen nach Marokko zu fliegen und zu erkunden, wie die Situation ist. Natürlich werde ich dann berichten. Natürlich habe ich auch die Seite des Auswärtigen Amtes aufgerufen, um zu sehen, was die über Marokko schreiben. Zwar weiß ich, dass die Reisewarnung für alle außereuropäischen Staaten noch bis Ende August gilt, egal, ob sie nun kaum Infizierte haben oder nicht, aber entsetzt war ich schon, zu sehen, dass das AA noch nicht einmal die augenblickliche Lage kennt. Für sie ist das Land immer noch unter einer Ausgangssperre. Natürlich habe ich gleich geschrieben, aber ob das Erfolg hat? Die Reisewarnung bedeutet natürlich auch, dass alle aus Marokko zurück kommenden Reisenden 14 Tage in Quarantäne müssen. Was natürlich nicht mit der Urlaubsreise eines Arbeitsnehmers zu vereinbaren ist. Ich würde mir wünschen, dass diese Warnungen nach der realen Situation ausgesprochen werden und nicht nach politischen Rücksichten. Ist aber so viel einfacher für die guten Leute, einfach alle unter einen Kamm zu scheren, warum soll man sich die Mühe machen und Einzelfälle anschauen.

Ich rechne schon damit, dass so einiges, was man kennt und liebt, geschlossen sein wird, die Krise nicht überstanden hat. Eines der ersten Opfer ist unsere liebe Susanne in Tetuan, die ihr schönes Restaurant mit Stellplatz leider schließen musste. Ich drücke einfach allen unseren Freunden die Daumen, dass sie irgendwie durch diese Krise kommen werden und es bald wieder aufwärts geht.

Wassertaufe

Am Mittwoch sollte ich dann zum erstenmal die Kayak-Wander-Gruppe treffen, angeführt von Markus. Ich war schon früh im Hafen, wollte schon mal zu Wasser gehen. Doch dann kam das Gewitter! Es schüttete und schüttete. Ich wartete eine ganze Weile, rief dann aber Markus an, um zu fragen, ob er bei dem Wetter überhaupt kommt. Wollte zumindest einige Fragen stellen. Er sagte, ja, auf jeden Fall, warte.

Zunächst stand ich dumm rum, schaute jeden, der kam, an und überlegte, ob es wohl Markus sei. Schon doof, wenn man nicht weiß, wie der Erwartete aussieht. Kurz vor sechs fragte ich dann die Umstehenden. Seid ihr Kayaker? Ja. Seid ihr Markus? Nein. Die fälschlich Beschuldigten stellten sich als ziemlich harte Sportler heraus, sahen die Frage nach Markus auch eher als abschätzig an, denn es waren die Trainer der Jugendmannschaft. Oh, sorry, nein, dazu gehöre ich nicht.

Und dann kam er. In Begleitung einer Dame. Zwar war noch ein anderer Mann da, der aber auch neu war und nur Infos über den Verein wollte und dann sagte Markus, so, nun ab an die Boote! Boote? Es regnet. Das Gewitter ist noch nicht richtig abgezogen. Das beeindruckte Markus und seine Begleitung nicht. Also suchte ich mir wieder mein blaues Einer aus, Markus ein Zweisitzer mit Dame. Meine sportlich kurze Bekleidung ergänzte ich mit einem Kapuzenshirt, die anderen waren ausgerüstet mit Surferanzug und Spritzschutz. Spritzschutz? Davon habe ich in Florida noch nie gehört. Markus half mir ins Wasser und ins Boot, was schon viel besser ging und los paddelten wir. Natürlich gleich hinaus auf den Rhein. Als ein dumpfes Gewittergrollen aufzog blieb Markus kurz stehen, lauschte, meinte, bei Gewitter müssen wir zurück, aber als nichts weiter kam, paddelte er los. Ich hinterher. Was mir auch keine Probleme bereitete, paddeln ist ja nicht schwierig. Es war kein Wind, keine großen Böcke auf dem Fluss und es ging mit der Strömung. Also alles super. Wenn man vom leichten Regen absah. Nach kurzer Zeit war mein Sweatshirt durchnässt. Wir kamen nach Walluf und Markus meinte, wir fahren durch den Seitenarm zurück. Das klingt gut, schön ruhig. Ich hatte ja keine Ahnung, was mich erwartete.

Am Ende des Arms hielt Markus im Zweisitzer an dem aus Felsbrocken aufgeschütteten Damm. Ich war erstaunt. Steigen wir hier aus? Mache ich ja nicht so richtig gern mit meinem kaputten Rücken. Aber Markus beruhigte mich, nein, bleib nur sitzen, ich ziehe dich rüber. Das hielt ich für einen richtig guten Witz. Aber so langsam dämmerte mir, dass dieser Seitenarm keinen Ausfluss zum Rhein hat und dann ganz klar die Rückkehr oder das Drüberschieben die einzigen Optionen sind. Also, mein Kayak in USA hätte das nicht ausgehalten. Aber Markus schob und zerrte und schließlich war ich drüben, und auch seine Dame im Zweisitzer kam hinterher. An der Club-Anlegestelle ist ein großes Schild, dass Kayaks nicht zum Deck geschleift werden dürfen, sondern getragen werden müssen. Aber hier schaut ja keiner hin und die Prijon Kayaks sind von wirklich guter Qualität.

Markus erwähnte, dass jeden Monat zwei Ausfahrten mit dem Bus gemacht werden, jeweils so drei Tage und dass es im Juli nach Frankreich geht. Ich schrie sofort, da komme ich mit. Er fragte, ob ich ein Zelt besitze. Neiiin – oder doch, ja. Aber ich bin ja eher ein Hotelmensch. So Zelt, Isomatte und Schlafsack, das ist nicht unbedingt mein Ding mit kaputtem Rücken. Und das alles noch im kleinen Kayak transportiert, also das muss ich mir doch noch einmal überlegen.

Jedenfalls kamen wir nach eineinhalb Stunden gut, aber tropfnass wieder im Hafen an und ich hatte meine Wassertaufe im Club erlebt. Und freue mich schon aus Sonntag.

Dank Corona Kayak in Schierstein

So ganz langsam hole ich mir Florida nach Hause. Es fiel mir ziemlich schwer, plötzlich nichts mehr zu tun zu haben, den Lebensinhalt zu verlieren. Also muss man sich Ersatzbefriedigung suchen. Das war das Fahrrad fahren und die Anschaffung des eBikes. Wunderschön. Doch irgendwann waren zumindest die Wege in meiner Nähe, die ich ohne Fahrradträger am Auto erreichen kann, abgefahren. Mehr muss her. Oder was Neues. In Florida gab es ja Kayak. Aber doch nicht in Deutschland! Da gibt es die Lahn. 60 km entfernt. Staustufen mit Schleusen ohne Ende. Nur fahren in einer Richtung möglich. Dann wird das Kayak abgeholt und der Mensch muss sehen, wie er zurück kommt. Ein paar Kröten kostet das auch. Nein, irgendwie nicht so richtig schön.

In meiner Verzweiflung und auf die Forderung meines Fitness Trackers, jeden Tag genügend Leistung zu zeigen, ging ich in Biebrich spazieren. Also in einem Ortsteil einer Stadt, in der ich mehr als 4 Jahrzehnte gelebt habe, und direkt am Rhein. Und kam an einem Kanuclub vorbei. Ach, das könnte doch was sein. Alles war zu, aber einen Flyer fand ich. Hoffnungsvoll nahm ich ihn mit nach Hause. Las die Bedingungen durch. Freischwimmer erforderlich!

Nein. So nicht. Natürlich habe ich keinen Freischwimmer, das gab es in meiner Jugend noch nicht, zudem hatte Adenau, wo ich die wichtigen Jahre verbrachte, noch nicht mal ein Schwimmbad. Klar kann ich schwimmen, aber nur Brust und geradeaus, kein Tauchen, um irgendwelche Ringe vom Boden zu holen, und so richtig habe ich auch keinen Drang, mich von einem Brett in die Fluten zu stürzen. Also, aus mit dem Traum.

Dann traf ich meinen Sohn. Und erfuhr zu meinem übergroßen Erstaunen, dass er vor ein paar Jahren mal im Wassersportclub Schierstein war, um zu paddeln. So richtig weit hat er es in diesem Sport nicht gebracht, mir nie davon erzählt und natürlich hat auch er keinen Freischwimmer, hält er sich doch gerade mal eben so über der Wasseroberfläche. Also, das wäre doch was. Samstag bin ich gleich hin, traf einen Kanuten und er meinte, sie würden mich einfach ins Hafenbecken werfen, dann würden sie schon sehen, ob ich schwimmen kann.

Am Dienstag dann sollte die Geschäftsstelle geöffnet sein. Ich mit meinem ausgefüllten Mitgliedsantrag hin. Was ist mit Freischwimmer? Die Sekretärin war platt, noch nie hätte sie jemand danach gefragt. Steht aber doch auf der Internetseite. Der Clubpräsident kam hinzu und schnell war man sich einig, das trifft vor allem auf die jungen Mitglieder zu. Solche ehrwürdigen Semester wie ich tragen für ihr Leben selbst die Verantwortung. Als ich dann noch erfuhr, dass der Jahresbeitrag nur 96 Euro kostet, man dafür so viel und so lange sich ein Kayak nehmen kann wie man möchte, war ich innerhalb von Minuten Mitglied. Warum musste ich mehr als 40 Jahre in dieser Region leben, um das zu erfahren.

Und fahren tat ich dann auch am Freitag. Der Wetterbericht versprach glänzendes Wetter und schon vor 11 Uhr war ich am Hafen. Also, Bootshallen und Kayaks gibt es viele. Hatte auch schnell ein schönes gefunden. Nur, wie bringt man das Ding zum Wasser? Und wie kommt man rein? Sprach ich schon von meinem kaputten Rücken?

Zum Glück kam gerade ein anderer Kanute und half mir bei der Auswahl des Bootes und des Paddels und auch beim Tragen bis zum Wasser. Dann war ich aber erstmal allein mit diesem Gefährt und noch lange nicht drin. Freundin Margitta kam, um mir moralischen Beistand zu leisten oder auch, um mich ins Wasser platschen zu sehen, wer weiß. In Florida steigt man am Rande eines seichten Gewässers langsam ins Kayak, hier ist ein Dock, man setzt zunächst das Boot ins Wasser. Hilfe, wie bloß, das Ding ist schwer. Okay, und dann muss man rein. Irgendwie hatte ich Angst. Dann kam aber der nette Helfer, hielt das Boot fest und ich stieg rein. Dann war alles ganz einfach. Hafen rauf, Hafen runter, zunächst werde ich ja nicht auf den Rhein hinaus fahren mit der Strömung und den vielen Motorbooten, aber dann musste ich ja auch irgendwie wieder raus. Das war schon schwieriger. Eine nette Frau saß am Dock und erbot sich, mein Kayak festzuhalten. Aber so richtig ging es immer noch nicht. Doch dann kamen meine zwei Retter vom Anfang, hielten das Boot fest und zeigten mir, wie ich raus komme. Der eine half mir schließlich, das schwere Boot zurück zum Bootshaus zu tragen. Und schon lag ich mitsamt Boot auf der Nase. Das schwankende Dock ist halt nicht so einfach mit einem unhandlichen Boot. Also irgendwie habe ich mich furchtbar blamiert und kann nur hoffen, dass ich erstens diese zwei Männer nicht mehr treffe und zweitens ich es mit der Zeit auch besser lerne. Aber eins ist klar, allein kann ich kein Boot hin und zurück bewegen.

Und dann habe ich es noch nicht mal geschafft, die Tür zum Klo aufzuschließen und der gleiche Retter musste kommen. Ach, wie peinlich.