Archiv für den Monat: März 2022

Ukraine

21.5.1940

Heute gebe ich für eine unbestimmte Zeit das Zivilleben auf. Um 8.30 fährt mein Zug von Kirn ab, der mich in eine ungewisse Zukunft trägt. Wird es mir vergönnt sein, genau so froh und glücklich nach Beendigung des Krieges nach Hause zurückzukehren? Berta und Sigrid brachten mich an die Bahn. Der Abschied fiel mir verhältnismäßig leicht, da ich immer noch eine gewisse Zeit vor mir habe ehe ich an die Front komme. Aus allen Gegenden kommen junge Leute mit Koffern. Man sieht es ihnen von weitem an, dass sie zu den Soldaten müssen. Alle sind guten Mutes.

4.6.1940

Heute ist der wichtigste Tag im Leben der Soldaten. Es ist Vereidigung. In feierlicher Form wurden sämtliche Kompanien im Hofe des Kornmarktes vereidigt. Bei dem Nachsprechen der Eidesformel befiel mich ein eigenartiges Gefühl. Jetzt bin ich Soldat mit Leib und Seele. Es gilt der Satz; wer auf die preußische Fahne schwört, hat nichts mehr, was ihm selber gehört. Wenn die Frage an mich herantritt, soll ich mein Leben einsetzen oder nicht, werde ich mit allen Konsequenzen meine Pflicht tun.

20.1.1943

Um 6 Uhr sollte es losgehen, doch mussten wir noch auf die Kolonne des Ic warten. Um 7 Uhr kam sie endlich. An sie hängten wir uns an, da die Strecke schon von den Russen bedroht war. In flotter Fahrt ging es los. Unendlich viele Kolonnen überholten wir, die alle auf dem Rückzug waren. Trotzdem ging es schnell bis Bataisk. Dort begannen die ersten Stauungen. Um 10 Uhr waren wir in Bataisk. Zu der gleichen Zeit waren 10 russische Panzerspähwagen bis zum Flugplatz durchgebrochen. Stuckas warfen 5 davon in Brand. Die Stuckas sahen wir wohl, wussten aber nicht, was los war. Erst in Mariupol erfuhren wir es. Von Bataisk bis Rostow ging es in einer langen Kolonne. Der erste Halt war vor der Don-Brücke. Aber dann ging das Theater los. Nur schrittweise kamen wir vorwärts.

Die Stadt überfüllt von Kolonnen und Rumänen auf der Flucht. Mühsam musste jeder Meter erkämpft werden. Eine geschlagene Armee auf der Flucht. Die wenigsten hatten noch Waffen. Nur mit dem, was sie auf den Leibern hatten, waren sie geflohen. Die Rumänen waren in der Kalmückensteppe eingesetzt. Sie sollten bei der Entlastungsoffensive für Stalingrad den zu erwartenden russischen Stoß auffangen. Die Russen kamen aber mit 40 Divisionen und unzähligen Panzern. Die Rumänen hatten wenig Panzerabwehr. Da war es mit Widerstand vorbei. In panikartiger Flucht gingen die Truppen zurück. Noch 200 km hinter der Front warfen sie ihre Gewehre fort. Große Teile der Kampftruppen mit Waffen und Gerät gerieten in Gefangenschaft. Zu essen haben sie nichts. Seit 4 Wochen keine richtige Verpflegung, kaum Brot. In allen Dörfern betteln sie. Sie sind zu bedauern. An Wehrsold bekommen sie im ganzen Monat 1 RM. Ein Volksdeutscher, den wir bis Mariupol mitnahmen, erzählte uns, dass die ganze rumänische Armee nach Hause geschickt wurde. Rechts und links der Straße lagen zahllose tote Pferde. Eine Armee auf dem Rückmarsch.

Dieser Text stammt aus dem Kriegstagebuch meines Vaters. Fast 80 Jahre ist es her, dass er dies schrieb. Und irgendwie wieder schrecklich aktuell. Bitte, bitte beendet den Krieg und lasst es nicht so weit kommen, dass auch unsere Männer wieder in den Krieg ziehen.

Kriegstagebuch

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Was ist eigentlich das Gegenteil von Heimweh? Keine Ahnung, kann es nicht benennen, nur fühlen. Bald muss ich heim und ich will absolut nicht. Jetzt gibt es wieder die Superschlauen, die sagen, ja bleib doch. Wandere aus. Aber leider ist dies nicht so einfach, es gibt eine Menge Gründe dagegen, die ich euch jetzt nicht aufzählen werde. Zu persönlich. Ergebnis ist, ich muss heim.

Wenn es irgendetwas Schönes an dieser Tatsache gibt, so ist dies nur der Flug. Auf den freue ich mich wirklich. Mein Hinflug ging ja über die DomRep, so dass ich nun einen extra Rückflug brauchte. Also nur Einweg. Habt ihr so etwas schon mal gebucht? Schweineteuer! Hätte in der billigsten Economy etwa 1000 Euro gezahlt, nur einfach ohne Gepäck. Schließlich habe ich für nur wenig mehr einen Roundtrip gefunden in der besten Economy Klasse. Delta hat umgebaut und bietet nun in Economy drei Klassen an. Ich habe die Premium Select, nur ein wenig schlechter als Business und es scheint sogar Zugang zu der Lounge zu bieten. Kann gerne nach dem Flug über die Erfahrung berichten. Das heißt natürlich auch, dass ich für den Herbst schon meinen Rückflug nach Florida habe und dann wieder vor der gleichen Situation stehe, zurück nach Deutschland zu müssen.

Aber so weit sind wir ja noch nicht. Erst einmal geht es um das Negativ-Heimweh. Ich bin hier inzwischen so sehr verwurzelt und werde gebraucht, dass ich mich nur sehr schwer lösen kann. In Taunusstein wartet kein Schwein auf mich, braucht mich niemand. Das ist schon schwer.

Snowbird

Eine Bekannte sagte einmal zu mir, du bist doch immer nur kurz dort, da kannst du doch keine Beziehungen aufbauen. Wie falsch das war. Florida ist einfach einzigartig, dies ist ein State, in den viele Amerikaner und Kanadier, sogar ein paar Deutsche, tatsächlich nur für den Winter kommen. Das ist hier das normale Leben, darauf ist alles aufgebaut. Und es hat tatsächlich eine lange Tradition. Schon vor über 100 Jahren haben hier die Reichen aus New York überwintert, haben den Staat erst aufgebaut. Und wie schön, dass dies heute auch für Nicht-Reiche so wie mich möglich ist. Fast alle Leute, mit denen ich zu tun habe sind nur im Winterhalbjahr hier und alle Serviceprodukte sind darauf aufgebaut. Nehmen wir einmal Internet und TV. Letzteres brauche ich nicht, da ich streame, aber Internet ist sehr wichtig. Mein Provider, Spectrum, bietet da einfache Lösungen. Entweder ich kündige jeweils bei meiner Abreise und melde mich danach wieder neu an. Das kostet eine Gebühr. Oder ich melde eben seasonal an, also eine Auszeit für den Sommer. Das kostet pro Monat ebenfalls eine Gebühr, aber gering, so dass die beiden Alternativen in etwa aufs Gleiche rauskommen. Diesmal habe ich seasonal gewählt, da ich ja auch durch den Rückflug den genauen Tag kenne, wo ich wiederkomme, und automatisch habe ich von diesem Tag an wieder Internet.

Strom und Wasser lasse ich immer weiter laufen, aber wichtig ist mir da noch mein Sportstudio. Schon allein der normale Preis ist der Hammer. Ich zahle monatlich knapp 30 $ für ein komfortables Studio mit Pool, Sauna und Jacuzzi. Auch hier könnte ich mich einfach ganz abmelden, oder gegen geringe Gebühr den Vertrag einfach einfrieren. Diesmal war ich nicht so ganz sicher, ob ich vielleicht doch kündige, zögerte, und schon bot man mir an, den Vertrag ohne Gebühr einzufrieren. Das ist Service.

Und dann sind wir beim Autofahren. Darüber habe ich schon oft berichtet, aber man kann einfach nie genug darüber sagen. Für mich ist Autofahren einfach ein humanitäres Recht, ich brauche es und möchte nicht darauf verzichten. Und hier kann man dies einfach entspannt. Zwar schossen auch hier durch den Krieg in der Ukraine die Benzinpreise in die Höhe, aber sie sind immer noch nur halb so hoch wie in Deutschland. Aber das ist es nicht alleine. Gerade kürzlich lese ich in Facebook in der Gruppe Polizeikontrolle von den täglichen Blitzern, die irgendwo stehen. Das gibt es hier einfach nicht. Hier kann man recht entspannt fahren. Ich rede hier nicht zugunsten von Rasern, das ist natürlich nicht richtig, aber jedem normalen Autofahrer kann es passieren, dass er mal zu schnell ist und schon ist es kriminell. Hier nicht. Hier läuft es entspannt und ich habe noch nie ein Ticket bekommen. Auch Rotlichtkameras gibt es so gut wie nicht.

Dass es überall Parkplätze gibt habe ich ja früher schon erwähnt, aber auch die reinen Fahrzeugkosten sind viel niedriger, so dass sich wirklich jeder ein Auto leisten kann. Einen TÜV und die damit verbundene Gebühr gibt es nicht, auch eine Autosteuer nicht, nur das Tag, also die Zulassung, muss jährlich bezahlt werden, Kosten unter 50 $. Und auch die Autoversicherung, die auf deutschem Niveau ist, lässt sich bequem absenken für die Zeit, die das Fahrzeug unberührt in der Garage steht.

Ein paar Gründe fürs Hierbleiben, aber es gibt noch so viel mehr. Das Wetter, die niedrigeren Hauspreise, das entspannte Leben. Ach, ich mache lieber nicht so viel Reklame, sonst kommen alle.

Goodwill

Wenn ich einen Laden vermisse werde, wenn ich zurück in Deutschland bin, dann ist es Goodwill. Das ist für mich wie eine Wundertüte, jeden Tag finde ich eine neue Überraschung.

Es gibt hier in Florida etwas, was ich mir sehnlichst für Deutschland wünsche. Das sind die Thrift Stores. Es sind Läden geführt von gemeinnützigen Organisationen, als Arbeitskräfte meist freiwillige Helfer, die gebrauchte Sachen anbieten. Oft gehören sie zu Kirchen, oder Hospizen oder Tierhilfevereinen und zahlen daher auch keine Steuern. Menschen bringen ihre überflüssigen Sachen dorthin, von Kleidung über Hausrat bis hin zu Möbeln, geben dies kostenlos ab und dann wird es zugunsten der Einrichtung sehr billig verkauft. Ich weiß, dass es auch in Deutschland die Sozialkaufhäuser gibt. Aber erstens sind es sehr wenige und zweitens werden sie von der Bevölkerung nicht so angenommen wie hier. Hier gehen also nicht nur arme Menschen einkaufen, die sich nichts Neues leisten können, hier geht jeder hin und findet immer was Interessantes. So hat eine kleine Kirche auf dem Weg zum Sportstudio, wo ich häufig vorbei fahre, einen solchen Laden, und ich habe dort hauptsächlich Geschirr für meinen Haushalt gekauft. Sehr schön und sehr billig. Und wenn ich selbst überflüssige Sachen habe bringe ich sie vorwiegend dorthin. Zwar haben wir in Deutschland Altkleider-Container, aber wir wissen ja alle, dass diese Sachen oft nicht wiederverwendet werden. Oder nach Afrika verschifft werden und dort die lokalen Preise kaputt machen. Hier wird alles örtlich wiederverwertet, was in den Laden kommt.

Goodwill dagegen ist ein klein wenig anders. Es ist eine ziemlich große, überregionale Organisation, die es sich hauptsächlich zum Ziel setzt, Menschen Arbeit zu geben. Also nicht nur mit kostenlosen Freiwilligen zu arbeiten, und sie zahlen auch Steuern. Daher sind die Preise dort ein wenig höher. Das hält aber niemand vom Kaufen ab. Der Laden wird gestürmt. Er hat 7 Tage die Woche auf und gerade der Sonntag ist ein sehr beliebter Tag. Dort sieht man Menschen aller Schichten einkaufen, und an der hinteren Tür, wo man seine Sachen abliefern kann, fährt eine beständige Autoschlange vor. Im Laden selbst sind die Mitarbeiter ununterbrochen dabei, die Regale mit den gespendeten Sachen aufzufüllen.

Fast jeden Tag gehe ich mal in den Laden und es ist unglaublich, was ich da schon gefunden habe. Nagelneue Kleidungsstücke, die das Preisschild noch haben, für unter 10 $. Riesenauswahl an Sportklamotten, womit ich mich reichlich eingedeckt habe. So reichlich, dass ich einen neuen Koffer kaufen musste und trotzdem noch nicht recht weiß, wie ich das alles heimschleppen kann.

Aber am Interessantesten ist das Technik – Regal. Was man da nicht immer findet, Dinge, von denen man nie geglaubt hat, dass sie existieren. Wie zum Beispiel der Bierdosenhalter für die Dusche. Ist das nicht absolut lebenswichtig? Der schöne nagelneue Duschkopf, den ich mir geleistet habe, ist da schon weit weniger spannend. Oder die Light-Show für den Pool. Und so richtig motivierend fand ich die neue Tasse mit dem Plan B, ein Ratschlag, der immer wichtig ist.

Biker

Selbst in Florida habe ich manchmal ziemlich depressive Stimmungen. Als Single fehlt mir einfach oft jemand zum Quatschen. Aber ich weiß, wenn ich nur auf meiner Couch sitzen bleibe hilft mir das absolut nicht. Raus muss man. Das ist nicht nur schön, um etwas zu sehen und sich zu bewegen, oft trifft man auch nette Leute.

Diese Woche bin ich mit dem Zug nach Orlando gefahren, um einen Biketrail auszuprobieren. Auf dem Rückweg habe ich dann in Winter Park Station gemacht. Wer das nicht kennt, dieser Ort ist absolut einen Stopp wert. Völlig unamerikanisch. Ein nettes Zentrum zum Bummeln, schöne Boutiquen und tolle Restaurants. Viele Leute sind zu Fuß unterwegs, lassen ihr Auto stehen. Und absolut Upper Class.

So schob ich also mein Bike durch die netten Gassen, kam an einem Straßencafe vorbei. Dort saß ein Biker, ganz klar zu erkennen an seinem eindeutigen T-Shirt. Wir lächelten uns an. Ich stoppte. Er forderte mich auf, doch auf einen Kaffee zu bleiben. Ich tats. Es folgte eine wahnsinnig tolle Unterhaltung von gut einer Stunde, in deren Verlauf er sogar mein Buch kaufte, das ich natürlich dabei hatte. Die Unterhaltung war wirklich interessant, es gab so viele Gemeinsamkeiten, aber als ich erwähnte, dass wir am kommenden Sonntag ein großes Bike-Event haben, wo man noch mitmachen kann, fragte er nach der Uhrzeit. Er hatte durchaus Interesse, aber als ich sagte, Sonntag Morgen, meinte er sofort, nein, das geht nicht, er muss in die Kirche, sei Republikaner und sehr konservativ. Mhm, so kann man sich in Menschen täuschen, bis dahin wirkte er tolerant und offen. Aber egal, es war schön, mit ihm zu reden.

Ähnlich ging es mir vor zwei Tagen. Ich saß im Jacuzzi des Sport Studios und kam mit zwei Männern ins Gespräch. Beide Biker. Also, um es klar zu sagen, Fahrradfahrer, nicht Motorrad. Was ja im englischen nicht immer klar zu erkennen ist. Auch hier wieder nette Unterhaltung. Einer gab sich als Nachbar des örtlichen Bike Shop Inhabers zu erkennen. Ich meinte nur, dann sollte er in den Laden gehen, dort würde er mein Buch auf der Theke finden. Und auch hier sprach ich die Einladung zum Bike Event für diesen Sonntag aus und bekam die gleiche Antwort. Nein, muss zur Kirche.

Das ist schon ein Unterschied zwischen der Gesellschaft hier und der in Deutschland. Es waren ja die extrem gläubigen Christen, die ihr Heimatland vor gut 200 Jahren verlassen haben, nach Amerika auswanderten, um ihren Glauben freier ausüben zu können. Das hat sich bis heute erhalten. Während in Deutschland kaum noch einer zur Kirche geht.

Heute nun ein unglaublich schöner Tag, 29 Grad waren vorausgesagt und ich entschied, Beach is the place to be. Natürlich mit Fahrrad von Zuhause, was immer den endlos langen Anstieg zur Brücke beinhaltet. Immerhin ernannte mich Strava daraufhin zur Local Legend, weil ich den Anstieg so oft geschafft habe. Am Strand war High Tide, was bedeutet, dass das Wasser sehr hoch kommt und es keinen wirklich harten Sand zum Radfahren gibt. Also schob ich und schob auch dann noch, als es längst wieder möglich war. Es machte mir einfach Spaß, meine Beine zu bewegen. Da kam mir wieder ein Radler entgegen. Er hielt extra an und fragte, warum ich schiebe.

Hier ein kleiner Einschub. In Deutschland gibt es so oft die Rassismus Debatte, bei der man nicht fragen darf, woher jemand kommt. Das ärgert mich zutiefst. Ich finde es gerade sehr wichtig, zu wissen, woher jemand kommt, wo seine Wurzeln sind. Nehmen wir mal das Beispiel: Comedian Abdelkarim hat seine Wurzeln in Marokko. Beschwert sich in jeder seiner Shows darüber, dass ihn jemand fragt, woher er kommt und betont, dass er Deutscher ist. Das will ich ihm nicht nehmen, aber ich finde, dass gerade die marokkanischen Wurzeln ihn interessant machen. Zumindest für mich. Ich frage immer Menschen, die offensichtlich nicht deutsche Wurzeln haben, woher sie bzw. ihre Eltern kommen und leite daraus sehr interessante Gespräche ab. Im persönlichen Gespräch hat sich darüber auch noch nie jemand beschwert.

Und man darf ja nicht vergessen, dass wir alle Ausländer sind. Irgendwo. Ich spreche ganz gut Englisch, aber ich habe natürlich einen Akzent. Einen Deutschen. Und ich werde ständig darauf angesprochen. Und bin stolz darauf. Und möchte deshalb allen Menschen zurufen, seid stolz auf eure Wurzeln und verleugnet sie nicht. Sie machen eure Persönlichkeit aus.

Zurück also an den Strand. Wir kamen ins Gespräch. Und ich wurde gefragt, woher ich komme. Ich fragte, generell oder gerade jetzt. Generell. Also gut, aus Deutschland. Er überschwänglich: ich auch. Ich sagte auf Deutsch, aber sie sind doch kein Deutscher. Nein, war er nicht, sondern Pole. Seit 50 Jahren in USA lebend. War für ihn aber alles gleich, wir sind schließlich Nachbarn. Auch hier wieder eine richtig nette Unterhaltung, bis wir auf den Krieg in der Ukraine zu sprechen kamen. Ich äußerte meine Ängste für Deutschland. Seiner Meinung nach besteht dazu überhaupt kein Grund. Ursache des Übels ist allein die Ukraine, sie müssen aufgeben, sich den Russen ergeben, und dann ist das Problem aus der Welt.

Ich verabschiedete mich recht schnell und radelte weiter. Wollte zur Ponce Preserve, da dort heute ein Naturkundetag ist, wo sich bestimmte Institutionen vorstellen. Und auch dort war es wieder nett, Bekannte zu treffen. Lisa von DeBary Hall, wo ich schon zwei Vorträge gehalten habe. Wir machten gleich aus, dass es im Herbst wieder etwas mit mir geben wird.

Ich fuhr zurück zum Strand und traf dort im Pavillon zwei Biker. Einer mit einem normalen eBike, pedal assistet, aber der andere mit einem „Motorrad“. Also fette Räder und E-Motor, für den man nicht in die Pedale treten muss. Natürlich machte ich auch hier meinen Mund auf, aber immer freundlich. Und auch hier blieb ich wieder fast eine Stunde stehen. Super nette Unterhaltung. Erfuhr von den Beiden auch, dass bald in Port Orange ein neuer Aldi aufmacht, wichtige Information für mich. Nach ausgiebiger Hetze über Throttle-eBikes, aber diesmal nicht über Politik fuhr ich glücklich und zufrieden weiter. Solche Tage brauche ich. Hatte diesmal kein Buch bei mir, aber auch dieser nette Fahrradfahrer wohnte genau neben dem Inhaber des Bike Shops von Port Orange und ich empfahl ihm, mal dort auf der Theke nachzuschauen.

Beach Life

Ganz unvermutet tauchte heute ein freier Tag in meinem Terminkalender auf. Was tue ich da nur? Am liebsten würde ich nach Mims zu dem freundlichen Bike Stop fahren und von dort aus bis nach Titusville radeln. Aber die Autofahrt würde insgesamt etwa 180 km sein und auch hier in USA ist der Sprit sehr teuer geworden und ich gezwungermaßen schon sehr viel auf der Straße. Doch da fiel es mir ein. Ein herrlicher Tag heute, wir erwarten 29 Grad. Das ist doch DER Tag für den Beach. Wir haben Spring Break, die Strände sind zum Platzen voll. Aber ich nehme mein Fahrrad, muss mich halt wieder über die hohe Brücke kämpfen und werde den Tag am Strand verbringen.

Ach, warum nur muss ich bald wieder zurück ins traurige, kalte Taunusstein.

P.S. Fotos folgen

Aunt Catfish

Seinen Geburtstag feiert man immer dreimal. So hatte ich noch eine Giftcard von Aunt Catfish and heute war der Tag. Wir haben herrliches Sommerwetter mit 30 Grad. Das warme Wetter hatte bis weit in den Januar gereicht, dann zu Ende kam der Florida Winter. Im Wochenabstand rollen hier Kaltwellen durch. Zu Beginn ging das tatsächlich nachts an die Gefriergrenze, aber dann schwächt es sich wieder ab, der eigentliche Winter hier hat etwa 2 Wochen gedauert. Das kann ich gerade noch so aushalten.

Aunt Catfish bietet Sonntags Brunch, das wollte ich einmal ausprobieren. Das Lokal liegt direkt am Fluss und ist sehr beliebt. Eine riesig lange Schlange stand vor dem Haus, in Doppelreihen und auch drin sah es nicht besser aus. Hochbetrieb hoch 3. Ich meldete mich an der Rezeption, man gab mir einen Transponder, über den ich verständigt würde, wenn was frei wird. Ich fragte nochmal nach, wird es draußen oder drinnen sein. Was zuerst frei ist, aber lieber draußen. Ach, sagte die nette Dame, ich glaube da ist was frei. Ein Zweiertisch mit Blick aufs Wasser in voller Sonne, ideal für mich. Also spazierte ich mit der Dame strahlender Laune an der ganzen langen Schlange vorbei und nahm Platz. Die Amis wollen halt lieber drin und wenn, dann schon gar nicht in der Sonne.

Diese dritte Geburtstagsfeier war also wieder mal der volle Erfolg und wurde mit einer Margarita besiegelt.