Archiv für den Monat: November 2018

Ein Blick in die Zukunft?

Eine Kaltfront ist angesagt. Mangels sonstiger Aufregungen wie Irakkriege oder Amokläufe machen die lokalen News immer eine riesige Aktion, wenn eine Kaltfront angesagt ist. Kaltfront. In Florida. Man kann also davon ausgehen, dass es lange nicht so schlimm kommt. Heute war am frühen Morgen Biken angesagt, und es sollte mittags nur bis zu 18 Grad warm werden. Also eiskalt, damit wir uns recht verstehen. Bob wollte eigentlich endlich mal mitkommen, unterließ es dann aber wegen dem kalten Wetter. Und tatsächlich waren wir nur fünf Leutchen, aber ein solch klarer, sonniger Himmel, es war einfach schön. Die Strecke durch die Deep Creek Preserve ist nicht geteert und sehr unebener Untergrund, es war also nicht ganz ohne, hat aber riesig Spaß gemacht und wir haben wieder etwas gelernt, heute vor allem über die kontrollierten Waldbrände, die man hier recht häufig macht, um das Wachstum zu regulieren.

Danach ging ich zum nahe gelegenen Lake Ashby, um nach meinen wilden Orangen zu schauen. Es war enttäuschend. Einerseits sind sie noch nicht reif im Gegensatz zu früheren Jahren, dann gibt es wenig. Habe kaum etwas aufsammeln können. Dafür war aber der Bussard da, den ich schon kenne. Diese Gegend um den See ist so wunderschön ländlich, schmale Straßen, riesige Grundstücke und ich dachte mal wieder, wie schade, dass ich hier niemand kenne.

Auf dem Heimweg kam ich an meinem Fitnessstudio vorbei und ging schnell mal rein. In der Umkleide waren zwei Frauen, und sie sprachen deutsch. Da muss ich mich natürlich gleich einklinken. Stellte sich heraus, dass es eine ganz reizende ältere Dame war, die am Lake Ashby wohnt. Wie bitte? Am Lake Ashby? Wir haben sofort Adressen ausgetauscht, sie lud mich ein, vorbei zu kommen, und das tue ich ganz bestimmt. Sie wohnt seit 34 Jahren dort und war begleitet von ihrer Tochter, die zur Zeit bei ihr wohnt. Ich freue mich schon.

Auch gestern Abend hatte ich ein ähnliches Erlebnis und dabei vielleicht einen Blick in meine Zukunft getan. Ich war einkaufen bei Safe a lot, nicht etwa bei Aldi, wo oft Deutsche sind. Und traf eine ältere Dame mit einem jüngeren Mann, sie sprachen deutsch. Ich erfuhr dass sie 84 Jahre alt ist und genau wie ich nur den Winter hier verbringt. Nun kann sie aber nicht mehr alleine fliegen und deshalb kommt nun immer der Sohn mit. Habe gleich meinem Sohn davon erzählt, damit er jetzt schon weiß, wie er nach der Rente seine Winter verbringen wird. Sie hatten 4 Gallonen frische Milch im Wagen, das sind etwa 15 Liter, ich war ganz baff, aber die Mutter meinte stolz, dass sie ihrem Sohn immer ganz viel Pudding kocht, die Beutel hat sie extra aus Deutschland mitgebracht. Und der Sohn bestätigte, ja ich bin ein richtiger Milchbubi. Und war durchaus nicht dick.

Fast wie Marokko

Heute Abend dagegen saß ich gemütlich auf dem Sofa, als facebook mich darauf hinwies, dass ich in einer Stunde eine Veranstaltung habe. Es war ein Charity-Walk, um Geld für eine gute Sache zu sammeln, aber man auch einfach so mitlaufen. Und da es in einem schönen neuen Park hier bei uns in Port Orange ist fuhr ich also gleich mal los. Ich war tatsächlich die erste Person, die sich registriert hat. Und besonders viele kamen auch nicht mehr nach. Gleich daneben in einem Pavillon war eine große Familie dabei, zu grillen. Als ich vorbei lief schnappte ich das Wort „Shukran“ auf. Da klingelte genauso etwas bei mir, wie wenn ich deutsch sprechen hörte und ich fragte sofort, woher die Leute denn kommen. Aus Ägypten! Leider nicht Marokko, aber fast genauso gut. Sie leben auch in Port Orange. Ich betete meine arabischen Worte hinunter und war damit sofort in die Familie aufgenommen. Vor allem die 16jährige Farida freundete sich sofort mit mir an und sie und alle anderen Kinder der großen Familie wollten natürlich auch den Lauf mit mir machen. Es war lustig, aber die 12 Runden beendeten wir bereits nach der Hälfte, denn das Essen war fertig. Es war so schön, wir haben uns so gut verstanden, halt genauso wie in Marokko.

Also hier ist eigentlich immer was los, vor allem, wenn ich nicht nur auf meiner Couch sitzen bleibe. Bin schon mehr als einen Monat hier, aber es immer jemand zum Reden da, es gibt Freunde, also das genaue Gegenteil von Taunusstein. Warum nur sind die Menschen dort so anders? Oft so böse zu mir? Ich war 2015 in der Gruppe der Flüchtlingshelfer, dachte, dass man dort gleichzeitig ein paar nette Leute kennenlernt, aber nichts. Es gab ganz im Gegenteil viel böses Blut und Gerede. Hier sind die Menschen netter und offener. Ich habe immer nette Freunde um mich herum, so dass ich ziemlich selten dazu komme, meinen Blog zu schreiben.

Happy Thanksgiving

Thanksgiving ist ein typisch amerikanischer Feiertag, eigentlich der wichtigste des Jahres, während bei uns das entsprechende Erntedankfest ziemlich unwichtig ist. Und deshalb habe ich hiermit auch gar nichts zu tun, auch wenn ich gerade in USA bin. Und brauche ganz bestimmt keinen armen toten Truthahn zu kaufen und zuzubereiten. Und eingeladen hat mich auch keiner, also, das wird diesmal einfach ignoriert und fertig.

Aber – so manches kommt anders als man denkt. Ich gehe also gestern, dem Mittwoch vor Thanksgiving, zu Aldi, um meine Vorräte zu ergänzen. Und da liegt diese kleine, eisige Truthahnbrust einsam und verlassen im Gefrierregal, ihre Geschwister waren schon alle verkauft. Und hüpfte einfach so in meinen Einkaufswagen. Zu Hause angekommen erhielt ich eine SMS von Bob, er lud mich ein morgen mit ihm im Club das traditionelle Truthahndinner einzunehmen. Das war eine Überraschung, denn eigentlich hat er mir erzählt, er würde den Tag mit seiner Exfreundin und Familie verbringen. Ich ihm also nur das Foto von der Truthahnbrust geschickt und gesagt, er könne ja kommen.

Nun habe ich also ein Vögelchen, wenn auch nur teilweise, und Besuch. Oje, was habe ich mir da eingebrockt.

Bevor es an die Zubereitung geht fahre ich noch schnell zum Inder. Dieser Nachbarschaftsladen hat wirklich immer auf, auch an diesem heiligen Feiertag. Aber ansonsten ist es so ruhig auf der Straße wie bei uns zur Bescherung. Ich kaufe bayerisches Hofbräubier für Bob. Er hat angekündigt, Weißwein für mich mitzubringen, aber ich weiß doch, er mag lieber Bier. Dann reibe ich die Brust mit einem Gemisch aus Kräutern und Olivenöl ein und als ich sie gerade in den Ofen schieben will merke ich, dass ich gar kein Thermometer habe. Hatte ich doch mal, wo ist es nur? Also wieder in den Wagen und zu Big Lots gefahren, hat wie die meisten Supermärkte am Vormittag auf für solche Last-Minute-Kunden wie mich. Genau noch 2 Thermometer waren da. Die Kassiererin hat gegrinst: haben Sie wohl gemerkt, als Sie den Vogel in den Ofen schieben wollten.

Und als das gute Stück dann endlich aus dem Ofen kam war es so lecker, dass ich keine Zeit mehr für Fotos hatte, absolut zart und saftig.

MultiActivity EcoAdventure

Heute war eine ganz tolle Veranstaltung angesagt, ein richtiger Eco-Triathlon. Wir haben schon gezittert, dass das Wetter uns keinen Strich durch die Rechnung macht, wird doch in den News schon wieder ganz hektisch eine Kaltfront angekündigt. Aber nein, wir hatten Glück und es war ein ganz herrliches Wetter, ich glaube, die 30 ° wurden wieder erreicht. Also trafen wir uns schon vor 9 Uhr am Lake Beresford Parkplatz und radelten los. Diesmal lockte sogar eine Trophäe. Aber ganz ehrlich, ich hatte absolut keine Lust auf Competition, wollte einfach nur gemütlich radeln und schauen und genießen. Wir radelten den wunderbaren Bike-Trail zum Blue Springs Park, in dem die Manatees überwintern, aber dafür ist es ja noch zu früh. Der Park kostet Eintritt, aber unser Bike Pfad führte überhaupt nicht am Rangerhaus vorbei. Auch gut. Am Pavillon angekommen wartete dann die nächste Challenge auf uns, wir stiegen um ins Kayak, Trey hatte genügend mitgebracht und wir mussten eine bestimmte Strecke paddeln, teils rückwärts, teils in Schlangenlinien um Flaschenmarkierungen. Doch damit nicht genug, danach ging es ans Hiken, aber recht gemütlich. Wir mussten den Boardwalk um Blue Springs ablaufen und dabei die Informationstafeln in den Stationen genau studieren, da wir nachher einige Fragen beantworten sollten. Vor allem heute habe ich mich wieder gewundert, wie es kommt, dass so wunderbare Aktivitäten kostenfrei angeboten werden. Aber ich wurde aufgeklärt. Bei den Steuereinnahmen des County ist ganz klar definiert, dass ein Teil davon für „Education“ ausgegeben werden, für Aufklärung über die schützenswerte Natur. Das finde ich eine sehr nachahmenswerte Sache, obwohl natürlich meist die gleichen Leute dabei sind. Auch gibt es natürlich ein Limit für die Teilnehmerzahl. Heute waren es nur 15 Personen, und es gab eine Warteliste, denn dies war sehr begehrt.

Ich hatte ja absichtlich wenig Ehrgeiz beim Beantworten der Fragen gezeigt und als ich die Trophäe sah, die wirklich sehr liebevoll gemacht worden war mit aufgeklebten Alligatoren, Schlangen, Schildkröten und einem Kanu, da war ich doch froh, dass ich dieses Monstrum nun nicht in mein Wohnzimmer stellen muss.

DeLeon Springs State Recration Area

Ulandis hat sich angesagt. Ich kenne sie schon über 20 Jahre, aber erst seit ich oft in Florida bin sehen wir uns jedes Jahr einmal. Sie arbeitet in Washington und man kennt das ja, Amerikaner nehmen sich nur selten Zeit für Urlaub. Aber seit drei Jahren hat sie entdeckt, wie schön es hier ist und kommt jeweils für eine Woche. Beim letztenmal waren wir schon im DeLeon Springs Park, weil man da so schön Pfannkuchen essen kann und sie wollte unbedingt wieder hin. Angeschlossen haben sich uns noch zwei Freundinnen.

Da geht man in ein Restaurant, um sich die Arbeit des selbst Kochens zu sparen. Aber die Sugar Mill in diesem Park ist gerade deswegen immer überlaufen, weil man sich sein Frühstück hier selbst zubereiten muss. In die Tische ist eine Heizplatte eingelassen, man bekommt zwei Krüge mit Pfannkuchenteig (eins mit hellem Teig, eins mit dunklem) und legt los. Dazu kann man sich natürlich noch etliche Zutaten bestellen. Blaubeeren etwa, oder Eier, ausgelassenen Speck, Apfelschnitze und was sonst noch alles gut zu Pfannkuchen schmeckt. Auf dem Tisch stehen dann Ahornsirup, Honig und Melasse. Es ist ein großer Spaß, vor allem, wenn man mit Familie oder Freundeskreis kommt.

Danach wollten die Mädels unbedingt eine Bootsfahrt auf dem St. Johns River machen, aber bei mir ist ja eher Action angesagt. Also habe ich die drei losgeschickt und mir selber ein Kayak gemietet. In der Diashow folgen die Tierchen, die mir dabei zugeschaut haben.

Florida Driver’s license

Eins vorweg: ein Tourist in Florida, selbst wenn er 6 Monate bleibt, braucht KEINE Florida Driver‘s License. Aber er kann eine haben wenn er möchte. Sie dient bei einigen Gelegenheiten als Ausweis und kann evtl. Preisvergünstigungen erlauben. Ansonsten fährt man mit seinem Führerschein von zuhause und braucht auch keineswegs einen Internationalen Führerschein.

So habe ich schon im Jahr 2015 den Florida Führerschein gemacht. Er ist jeweils so lange gültig, wie das Visum erlaubt, im Land zu bleiben, und muss bei jedem neuen Besuch neu verlängert werden. Im Jahr 2016 habe ich das gemacht und mich ziemlich geärgert. Denn ich musste nicht nur die Gebühr von 48 $ zahlen, sondern auch noch eine late fee, obwohl ich ja durch meinen Aufenthalt in Deutschland verhindert, den Führerschein rechtzeitig verlängern zu lassen. Und trotzdem bekam ich die Karte nicht, sondern nur ein provisorisches Papier, der endgültige Führerschein sollte mir direkt von Tallahasse zugeschickt werden. Und kam nie an.

Im Jahr 2017 war ich dann so sauer, dass ich es nicht neu versucht habe. In diesem Jahr aber will ich länger bleiben und dachte, es sei ganz praktisch, den Führerschein zu haben. Bin nun schon zwei Wochen im Land, überlegte hin und her, aber den Anstoß gab dann das Schild Driver’s license in der Sunshine Mall. Das Büro war bisher in Daytona Beach und ich hatte mich schon gewundert, dass es so verfallen aussieht. Aber nun ist die komplette Dienststelle nach South Daytona umgezogen, also in meine Nähe und ich versuchte es heute erneut, Pass und I94 im Gepäck. Das Internetformulat I94 zeigt an, wie lange ich im Land bleiben darf und ist unbedingt erforderlich. Das Amt war voll wie immer, Nümmerchen wurden gezogen und nach knapp einer Stunde war ich dran. Eine ganz liebe Dame, aber auch sie musste sich erst backstage erkundigen. Kam dann zurück und alles ging wunderbar. Sehtest, Passfoto, keine late fee, an der Kasse zahlen und nur Minuten später hatte ich meinen Führerschein, temporär gültig so lange wie mein Visum gilt, also 6 Monate.

Kayak-Schule auf dem Lake Monroe

Stacey war Geschichtslehrerin, leitet aber nun das Heimatmuseum in DeBary. Und allzu gerne tauscht sie ihren Bürostuhl ein gegen ein Fahrrad oder wie heute ein Kayak. Unser Explore Volusia Team nimmt ihre Dienste gerne in Anspruch, wenn DeBary und Umgebung auf unserem Programm stehen. Siehe auch https://marokkoblog.edith-kohlbach.de/debary/

Heute trafen wir uns am Lake Monroe bei Enterprise. Den Namen fand ich schon immer kurios für einen Ort, denn Enterprise heißt ja eigentlich Unternehmen. Kurios ist aber auch der heutige Ort, weil es ziemlich schwer ist, ihn überhaupt zu sehen. Wie so viele Ortschaften in der Nähe besteht er nur aus wenigen Gebäuden, die in großen Parks liegen, so dass ein Ortszentrum nicht vorhanden ist. Und dennoch war in der Vergangenheit Enterprise ein sehr wichtiger Ort, er hieß zeitweise auch Benson Springs.

Wir trafen zahlreich ein und luden unsere Kayaks ab, weiterhin bin ich sehr zufrieden mit meiner neuen Halterung. Der See ist ziemlich groß und ich hatte schon Angst, dass wir ihn ganz überqueren müssen, aber wir dümpelten am Ufer dahin und kamen an eine Reihe von alten Pfählen, die aus dem Wasser ragten. Hier konnten wir uns gut festhalten und Stacy erzählte. Schon im 19. Jahrhundert war Florida sehr beliebt bei Touristen, damals vor allem Millionäre aus New York, die gerne den Winter in Florida verbrachten. Vor dem Bau der Eisenbahn konnte man nur per Dampfboot durch das sumpfige Land reisen und diese Pfähle gehörten zu dem Dock, wo die Steamboats anhielten, um Touristen auszuladen. Am Ufer stand damals ein Hotel mit über 140 Betten, heute ist nichts mehr davon zu sehen. Es war wirklich ein bisschen wie in der Schule, wo 30 Kinder um ihre Lehrerin sitzen und eifrig zuhören, nur dass es hier auf dem Wasser war und wir statt auf Schulbänken in Kayaks saßen.

Direkt dahinter war 1926 ein Elektrizitätswerk errichtet worden. Zunächst wurde Kohle verarbeitet, die auch mit dem Schiff heran transportiert wurde, später Öl. Im Jahr 1994 wurde das Werk geschlossen und 2006 auch das achtstöckige Hauptgebäude abgerissen. Heute stehen nur noch Reste und das Gelände wird auch gerne mal als Kulisse für gruselige Filme benutzt.

Bing’s Landing

Marcia aus der Explore Volusia Gruppe hatte mich eingeladen, an einer Kayakfahrt mit ihren Freunden teilzunehmen. Sie wollten in Bing’s Landing starten, das ist schon recht weit. 50 Meilen bzw. 80 Kilometer. Zu Hause käme ich nie auf die Idee, für eine Ausfahrt so weit zu fahren, hier tue ich es mehrmals die Woche. Ich kann es selbst nicht richtig erklären, aber es hat viel damit zu tun, dass Fahren hier so viel gelassener ist als in Deutschland. Man hat einfach Platz auf der Straße und braucht sich nicht zu sorgen, ob man am Ziel einen Parkplatz findet. Der Sprit ist zwar auch billiger, aber der große Unterschied ist das auch nicht mehr, früher spottbillig ist es nun gerade mal noch ein Drittel niedriger als bei uns. Das gleicht sich wieder aus, berücksichtigt man die großen Distanzen.

Ich fuhr also schon um 7:45 Uhr los, um pünktlich zum Start um 9 Uhr dort zu sein. War ich auch. Aber von Kayaks keine Spur. Bing’s Landing ist eine schön angelegte Bootsrampe, wo sehr große Boote zu Wasser gehen können, aber es gibt auch zwei Einlässe für Kayaks. So ganz wusste ich nicht, wo der Treffpunkt ist, aber egal, an beiden Seiten war niemand da. Ich rief Marcia an, keine Antwort. Rief Trey an, unser Explore Volusia Leiter. Denn ich dachte, ich hätte was verwechselt. So erfuhr ich, dass, obwohl ich Marcias Email habe, alles in den Google Kalender richtig eingetragen habe, mein Kopf leider auf den falschen Tag programmiert war. Schon lange merke ich, dass diese Festplatte da oben ausgetauscht gehört. Aber ich kenne noch keinen Reparaturladen dafür.

An der Bootsrampe stand ein ziemlich verbeulter Bus mit einem Mann davor. Also fragte ich ihn, wo ich am besten lang fahre. Das allein war schon die Fahrt wert. Ein richtiges Original. Er steht hier am Morgen von 5 bis 12 Uhr und verkauft Bait, lebende Köder für die vielen Bootsfahrer, die zum Angeln raus fahren. In breitem Südstaatenakzent erklärte er mir genau, wo ich alleine fahren kann. Quer über den Fluss auf die andere Seite, wenn die großen Boote Wellen werfen, werde ich nicht so wie auf dieser Seite an die Uferfelsen geschleudert. Und dann dort drüben gibt es enge Kanäle, wo ich aber auf die Austernbetten aufpassen muss, die mein Boot aufschlitzen können, doch nun sei High Tide (Flut) und es sei nicht so gefährlich.

Also paddelte ich alleine los und hatte viel Spaß. Das Wetter war gut und ich erkundete die kleinen, von Mangroven überwachsenen Kanäle. Klar, mit der Gruppe wäre es schöner gewesen, aber es ging auch so. Und kaum war ich zu Hause rief Marcia an. Nein, ich werde morgen nicht wieder die lange Strecke raus fahren, aber am Donnerstag treffen wir uns wieder alle mit Trey.

Eins noch: das Kayak auf und ab heben geht ganz gut alleine. Auch das Angurten. Ich brauche zwar fast 20 Minuten dazu, aber das Kayak sitzt so fest, dass es heute auch die Autobahnfahrt ausgehalten hat.

Ich habe ja sooo gerne Besuch!

Karina und Dirk lieben Florida und kommen regelmäßig auch für ein, zwei Tage nach Daytona Beach. Wir hatten uns schon einmal getroffen und deshalb habe ich mich auch auf den diesjährigen Besuch gefreut. Zunächst gab es bei mir die leckeren T-Bone-Steaks, die ich ja schon in der ersten Woche mir gesichert hatte. Dann gingen wir ins First Turn, um noch ein wenig Musik zu hören und schmiedeten Pläne für den nächsten Tag. Der Wetterbericht zeigte trocken und sonnig. Also war der Plan, erst zum Flohmarkt, dann bei mir vorbei und das Kayak auf den praktischen Miet-Pickup laden, um dann bei den Delphinen ein wenig zu paddeln und zum Black Point Wildlife Drive zu fahren, um Allis zu jagen. Natürlich nur mit der Kamera.

Pünktlich bei Eintreffen bei mir gab es jedoch einen heftigen Regenguss, der Himmel war tiefschwarz und so schnell sah das nicht nach Besserung aus. So weit also der wunderbare Wetterbericht. Da blieb als einzige Alternative shoppen. Wie immer bei Besuch von Freunden und Regen, irgendwie kommt das unheimlich oft zusammen, ging es zunächst zum Bass Pro Store. Dieser Outdoor Laden ist einfach sehenswert, auch wenn man nichts braucht. Danach ging es aber noch zur Tanger Outlet, weil Karina neue Laufschuhe sucht. Die Tanger Outlet in Daytona Beach ist ja erst zwei Jahre alt, sie wurde vor der Stadt auf einem freien Gelände gebaut und ich war ziemlich erstaunt, wie schnell sich darum eine weitere Einkaufsmeile aufgetan hat. Ross, TJMaxx, Sports Academy, hier findet man wirklich alles, was man nicht braucht, und Karina auch ihre Laufschuhe. Dann knurrte der Magen, wir gingen schnell etwas essen und sahen mit Freude, dass sich der Himmel aufklärte. Die Beiden sind ja genauso Naturliebhaber wie ich, ich finde, das wirklich Sehenswerte in Florida sind nicht die Themenparks, sondern die herrliche Natur.

Obwohl es inzwischen nicht mehr ganz früh war, zudem auch in der Nacht gerade die Zeit umgestellt worden war und es damit ziemlich früh dunkel wird, fuhren wir noch los, zuerst zum Black Point Drive. Ich war schon oft da und war deshalb enttäuscht. Einerseits ließ das trübe Wetter keine Meisterfotos zu, andererseits sind, wenn es noch kälter ist, viel mehr Vögel da. Aber schon auf dem Weg in den Park lag vor uns auf der Straße ein großer Alligator. Der hatte sich offenbar verirrt, nicht ganz ungefährlich für den armen Jungen, denn obwohl Naturpark kann man doch 55 Meilen schnell fahren. Schnell hielten ein paar Autofahrer zum Fotografieren an, einer wagte sich auch ziemlich dicht ran, aber das behagte ihm nicht und er verzog sich schnell in die Büsche. Von da an nahmen Dirk und ich auf der Ladefläche des Pickups Platz und konnten so schöne Fotos machen. Der Wildlife Drive ist eine 10 km lange Piste, wo man schön langsam fährt und viele Tiere sehen kann. Vor allem natürlich Vögel, aber auch Alligatoren. An kalten Tagen liegen sie gern in der Sonne, heute war es jedoch trotz Regen relativ warm und sie trieben alle gemütlich im Wasser, schauten uns durch ihre großen Kulleraugen an. Dirk war in seinem Element und konnte nicht genug Fotos schießen, die dank seiner guten Kamera trotz schlechtem Wetter ganz gut wurden. Die Fotos hier in meinem Blog sind jedoch mit meiner kleinen Sony Cyber shot gemacht.

Inzwischen war es fast 17 Uhr und über uns waren ziemlich dunkle Wolken, weshalb unser Vorhaben, zwischen Delphinen und Manatees zu paddeln wohl nicht durchgeführt werden kann, vor allem weil ich auch nicht genau weiß, wann die Delphine schlafen gehen. Trotzdem fuhren wir zur Bootsramp im Riverbreeze Park. Und pünktlich zu unserer Ankunft fing dann auch der Regen an. Und trotzdem war es ein Riesenerfolg. Gerade als Karina auf dem Dock anlangte, schwamm Zentimeter davor eine mächtige Seekuh vorüber und in der Ferne tummelten sich die Delphine. Es scheint, dass gerade die Zeit vor Sonnenuntergang ideal ist. Wir sahen eine Gruppe von etwa 5 Manatees, eins auch mit Baby, um uns herum, aber plötzlich zogen alle zusammen ab, auch die Delphine. Es war ganz offensichtlich ihre Schlafenzeit gekommen. Aber Karina freute sich wie ein kleines Kind, dass sie alles noch gesehen hatte. Es war ein schöner Tag trotz schlechtem Wetter und sie versprachen, im nächsten Jahr länger zu bleiben.

Low Carb

Hingebröselt – heißt der Blog einer guten Bekannten. Und ein bisschen bröseln möchte ich heute auch. Die zweite Woche in Florida ist ins Land gegangen und ich hatte keine Zeit, täglich etwas zu berichten, deshalb hier so einige Eindrücke, hingebröselt.

Das neueste zuerst. Ich versuche ja, durch das gute Beispiel meines Sohnes, zumindest ein wenig Low Carb zu essen. Und bekam da neulich einen guten Tipp von ihm. Süße Kartoffeln sind nicht verboten in Low Carb, sie haben irgendwie bessere Kohlehydrate, genau wie Hülsenfrüchte, und sind erlaubt. Und sind in Florida überall günstig zu haben. Der Tipp war eigentlich, die Kartoffeln in Scheiben zu schneiden und zu toasten. Also, dem habe ich doch nicht ganz getraut, vor allem weil sie sehr schwer zu schneiden sind, und eine Versuchsreihe gestartet. Zunächst einmal dann doch Scheiben geschnitten und auf den Gasgrill gelegt. Positiv: sie waren genauso schnell gar wie das Steak. Negativ, sie waren außen ganz schwarz. Nächster Versuch: Kartoffeln in Schale in Hälften geschnitten und auf Alufolie gelegt. Das Ergebnis war wesentlich besser, könnte aber noch optimiert werden.

Heute dann kam ich am Nachmittag heim von meiner Volunteer-Tätigkeit bei der Aviation Showcase in Deland. Total müde und hungrig. Erst mal erschöpft eine Siesta gehalten, arbeiten ist auch nicht mehr das. Dann Lust auf ein Steak, aber nichts passendes im Kühlschrank. Draußen prasselt gerade ein Gewitter hernieder, also fällt grillen sowieso aus. Habe die Kartoffeln geschält, in Hälften geschnitten, mit Pepperoniwurst und geriebenem Mozzarella belegt und in den Backofen geschoben. Das ist es! Das schmeckt total lecker und muss wiederholt werden.

Okay, danach gab es einen Espresso mit Sambucca und ein Cookie, nicht unbedingt low carb.

Für die Airshow hatte ich mich eigentlich als Golfcart Fahrer gemeldet und sollte Wasser zu den Teilnehmern fahren. Das hat aber nicht geklappt, warum auch immer. Ich war traurig, denn ich wollte unbedingt Golfcart fahren. Und so wurde ich als Shuttlefahrerin eingesetzt. Auf dem Besucher Parkplatz musste ich, sobald ein Wagen ankam, ihm folgen bis zu seinem Parkplatz, ihn einladen und zum Eingang fahren. Das macht Spaß, ich war super guter Laune und strahlte jeden an. Natürlich geht das nicht, ohne die traditionelle amerikanische Begrüßungsfloskel runter zu leiern. Die geht so:

How’r you doing? I’m doing great, and you?

Ich hasse das. Ich bin so eine typische deutsche Realistin. Denke, erstens geht es dich nichts an, wie es mir geht, oder willst du wirklich meine ganze Krankengeschichte hören. Und mich interessiert es auch einen Scheiß, wie es dir geht.

Also wollte ich denen ein Schnippchen schlagen. Habe jedem mein allerschönstes Lächeln geschenkt und gerufen. Good morning! Und was war die Antwort?

How’r you doing? I’m doing great, and you?

Immer und immer wieder. Da komme ich einfach nicht raus. Bei der Ablieferung dann vom Passagier, thank you very much, ich dann you’r welcome, oder auch was a pleasure and have a great day. Das war also eine sehr gute Lehrstunde in amerikanischer Höflichkeit.

Aber eigentlich sollte ich mich nicht beschweren. Denn ich bin ja auch oft in Marokko. Und dort fragt man nicht nur, wie es dem Gegenüber geht, sondern ausführlich auch, wie es der Familie, den Eltern, den Kindern geht. Und es geht ihnen immer gut, oder sogar besser, Gott sei gedankt. Sollten sie inzwischen verstorben sein, muss man erst die vollständige Begrüßung abarbeiten und erst dann kann man von Todesfällen und Krankheiten berichten.

Nachdem Jan mir ja so wunderschön das Kayak auf dem Autodach befestigt hatte wollte ich es eigentlich nie wieder runter nehmen. Aber da kam mir doch das herrliche Wetter in die Quere. Fast 30 °, glasklarer blauer Himmel, windstill, da muss man einfach Kayak fahren. Also bin ich zunächst zur Ramp ganz nah an meinem Wohnort gefahren und ein wenig rumgepaddelt. Ein Traum. Ein Osprey – Fischadler – saß auf einem hohen Baum und hielt nach einem Snack Ausschau. Irgendwie störte er sich doch an mir und flog schließlich weg. Ich hatte absolut keine Lust auf große Anstrengung, sondern genoss einfach den Tag und schaute in die Luft. Der Adler sah von ferne zu. Das war aber sein Lieblingsbaum, von dort kann er die Fische sehen und pfeilschnell hinabstoßen und einen schnappen. Er schaute sich das also eine Weile an und beschloss dann, mich zu ignorieren und auf seinen Baum zurück zu fliegen. Das war so unglaublich schön. Und ich hatte keine Kamera, um das aufzunehmen. So ein eleganter Flug. Als ich selbst noch Flugzeuge flog gehört es ja zum Landungspattern, eine bestimmte Flugplatzrunde vor der Landung zu fliegen. Und genau das tat dieser Adler auch. Ich muss echt einmal wieder kommen mit gezückter Kamera.

Und genau deshalb fuhr ich auch zu Bass Pro Shop und suchte nach einer neuen Schwimmweste. Die ist beim Kayakfahren vorgeschrieben, ich habe eine, aber sie hat keine Taschen. Das geht so einfach nicht. Ich brauche auf dem Boot ein Telefon, eine Kamera und auch ein GPS. Und deshalb Taschen. Bass Pro hatte eine schöne Weste für 40 $, genug Taschen sind dran und demnächst hoffe ich also bessere Fotos zu bekommen. Meanwhile gibt es nur ein paar schlechte Fotos vom Tag danach, als ich noch mit alter Weste zwischen Delfinen und Manatees paddelte.