Archiv für den Monat: Februar 2016

Was für ein Wochenende

Unterschiedlicher könnten die beiden Tage eines Wochenendes nicht sein. Ein Wettereinbruch war vorhergesagt, auch in Marrakech Kälte und etwas Regen. 11 Grad am Samstag. Das ist für mich eiskalt, etwa so wie in Taunusstein, dem ich entflohen bin. Die totale Depression hat mich erfasst. Ich war nicht mehr fähig das Hotel zu verlassen, blieb sogar die meiste Zeit im Zimmer. Und war miserabler Laune, fühlte mich total einsam. Bei allem war mir vollkommen klar, dass dies von mir selbst verschuldet ist, dass ich raus muss, um die Stimmung aufzuhellen, um mich besser zu fühlen. Aber unmöglich. Ich blieb sogar meist auf dem Bett liegen, um ein immerhin spannendes Buch zu lesen.

Und nahm mir vor, dass der nächste Tag nicht wieder so laufen sollte. Egal wie warm oder kalt.

Zum Glück kam die Sonne am Sonntag etwas mehr hinter den Wolken hervor, obwohl sie immer noch keine große Wärme verströmte. Also nahm ich mir vor, die beiden wichtigsten Campingplätze um Marrakech zu besuchen, Firdaous und Le Relais. Firdaous war relativ schnell erledigt. Es ist ein einfacher Platz in marokkanischem Besitz, ideal ist die Lage direkt an der Straße von Casablanca her für Durchreisende. Alles war in Ordnung, ich sprach mit einigen Gästen und weiter gings.

Le Relais ist in französischem Besitz und schon eine ganz andere Nummer. Wunderschön angelegt, mit Blumenbeeten zwischen den Stellplätzen, einem schönen Pool. Hier bleibt man gerne für ein paar Tage und genießt die Sonne. Ich traf einige Deutsche an, kannte einige bereits von früher und hatte nette Unterhaltungen, ich war ja nicht in Zeitdruck und konnte mich dazu setzen und einen Kaffee trinken. Danach überlegte ich. Ich hatte für den nächsten Tag eine Verabredung mit Familie Schatz, die in der Nähe von Marrakech ein interessantes touristisches Projekt betreibt, zu dem auch ein Stellplatz gehört. Aber wo ich schon mal unterwegs war könnte ich ja mal schauen, wo der Ort genau ist, um es mir für den nächsten Tag einfacher zu machen. Ich fand das Anwesen ohne Schwierigkeiten und als ich vor dem verschlossenen Tor eintraf kam gerade ein Mitarbeiter mit dem Moped und ließ mich ein. Nach einem Telefonat mit Frau Schatz war schnell geregelt, dass ich mir jetzt schon alles anschauen kann. Und das ist wirklich beeindruckend, wenn ich auch noch nicht alles so richtig gesehen habe. Zunächst einmal gelangt man zu dem Stellplatz. Er verfügt über drei schöne, von Büschen eingefasste Stellflächen mit Stromanschluss und einem kleinen Sonnendach. Davor sind sieben weitere Plätze auf Schotter, falls mehr Besucher kommen. Es ist ja kein offizieller Campingplatz und so rechnet man nicht unbedingt mit einem Riesenansturm. Dazu gehört ein Sanitärblock mit 2 WC, 2 Duschen und Waschbecken, wie bei einer deutschen Familie nicht anders zu erwarten, sehr sauber und in guter Qualität. Bei meinem Besuch war nur ein Stellplatz belegt, von einem deutschen Wohnmobil, das aber sehr geländegängig aussah. Türen geschlossen.

Danach spaziert man eine Weile durch den Garten, es gibt einen Orangenhain, zwei Fischteiche, Enten und Hühner und dazwischen Sonnenwiesen mit bequemen Liegen. Dann folgt ein Pool, in den gerade Wasser lief. Familie Schatz ist etwa 6 Monate im Jahr in Deutschland und 6 Monate in Marokko, nur dann wird der Pool gefüllt. Und wenn Camper auf diesem Platz stehen wollen ist eine vorherige Anmeldung anzuraten, da er eben nicht immer auf ist.

In der im orientalischen Stil erbauten Villa ist im Erdgeschoss ein großer, sehr gemütlicher Salon. Hier finden gemeinsame Abendessen mit den Gästen statt, hier wird gefeiert und musiziert. Im Haus sind mehrere schöne Gästezimmer, aber es ist kein Hotel im eigentlichen Sinne. Herr Schatz bietet seinen Gästen einen ganz besonderen Urlaub an, sehr persönlich ausgestaltet und nach einem Aufenthalt in diesem schönen Haus geht es mit seinem ebenfalls orientalisch ausgestatteten Bus auf eine Rundreise durch Marokko. Dies kann man nur direkt bei ihm buchen.

Als ich nun wieder zum Ausgang gehen wollte, begleitet von der Tochter Schatz, kam ich wieder an dem deutschen Wohnmobil vorbei. Und grüßte. Und das wars dann für ein, zwei Stunden. Es ergab sich so ein nettes Gespräch, wir hatten uns auch schon im Vorjahr mal getroffen und bei Wein und Knabberzeug verging die Zeit wie im Fluge. Und wieder ärgerte ich mich über mich selbst, warum nur hatte ich es am Samstag nicht aus dem Zimmer geschafft. Man muss nur raus und hat die schönsten Erlebnisse. Drei Campingplätze und der Tag war wunderbar ausgefüllt.

Doch nein. Da fehlte ja noch der Abend. Im Hotel erhielt ich einen Anruf von Abdou, ein Chauffeur würde mich um 19:30 Uhr abholen und es ginge zu einem Essen im Palmenhain. Da ich nicht wusste was mich erwartete ergriff ich zum mindesten noch meine warme Jacke, was durchaus gut war. Und dann begann ein orientalischer Traum. Auf einem verschlungenen Wege ging es in den Palmenhain von Marrakech, dunkel war es um uns herum, doch plötzlich leuchteten Kerzen auf und eine unglaubliche Kulisse lag vor mir. Der Horizont eingerahmt von Palmenwedeln, der Boden ausgelegt mit Teppichen und Kissen, Feuer loderten, eine Musikergruppe spielte Gnaua zum Empfang und Sekt und Cocktails wurden gereicht. In einem großen Zelt war festlich für das Diner gedeckt, ein weiteres Zelt bot Sitzpolster für den Kaffee und die Chicha danach, beide von Strahlern mollig warm geheizt. Der Hammer war auch der Toilettenbereich. Keine einfachen Dixieklos, sondern auch hier die Chemietoiletten orientalisch eingerahmt. Klar, dass ein solches Event nicht mir zu Ehren inszeniert worden war. Eine Gruppe von 60 Reisebüroangestellten war für 4 Tage in Marokko, eingeladen vom marokkanischen Tourismusministerium und Sahara Experience und dies war die Abschlussveranstaltung des informativen Kurzbesuches.

Viele Gedanken gingen mir dabei durch den Kopf. Ich hatte Abdou vor 16 Jahren kennengelernt, als er nichts weiter hatte als seine große Idee. Im Tourismusbereich etwas auf die Füße zu stellen, sein eigenes Auskommen zu haben, aber auch seinem Land Marokko zu helfen. Gleich im Jahr darauf war ich eingeladen worden zu einem Tourismuskongress in Marrakech und ich schleuste ihn sogar noch dort ein. Heute ist Abdou derjenige, der solche Events organisiert. Das zeigt mir doch wieder, dass es auch in Marokko möglich ist, etwas zu erreichen. Wer einen Bildungsgang durchläuft und dann wirklich arbeiten will kann auch in Marokko sein Glück machen, vielleicht nicht jeder in solch enormem Ausmaß wie Abdou, aber die vielen Menschen, die er beschäftigt, Fahrer, Führer, Köche, Kellner, sie alle können sich und ihre Familien damit gut ernähren. Keiner in seinem Umfeld hat es nötig, über das Mittelmeer zu flüchten und in Europa sein Glück zu versuchen.

Aber zurück zu diesem wunderschönen Abend, der jedem den Traum vom Orient erfüllte. Während des Essens ertönte laute Musik und zwei Bauchtänzerinnen kamen herein, umtanzten die wenigen Männer, denn Travel Agents scheinen zum großen Teil weiblichen Geschlechts zu sein. Wir Frauen bekamen leider keinen männlichen Augengenuss, dafür aber zwei Feuerschlucker, die vor dieser märchenhaften Kulisse ihre Feuerskünste zeigten. Im Chichazelt wurden die Pfeifen angezündet und am Ende rockten sich die Damen zu Musik der 1980er ab. Was für eine Nacht!

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Wellness pur

Vom Thermalbad Moulay Yacoub ging es direkt weiter ins Wellnesshotel Tazarkount nach Afourer. Hierher komme ich schon seit 25 Jahren, kenne das Hotel bereits, seit es Baustelle war. Noch immer kümmert sich die Salzburgerin Ilse liebevoll um ihre Damen, die für eine Woche voller Entspannung und Wellness zu ihr kommen. Wer ins Hotel Tazarkount kommt, will nicht Marokko kennenlernen, sondern einfach mal abschalten, möglichst nichts sehen. Und das gelingt perfekt. Auch ich habe außer zum morgendlichen Joggen das Hotel kaum verlassen. Das Tagesprogramm ist ja auch anspruchsvoll, es beginnt mit Gymnastik am Pool um 8:30, geht weiter mit Fußbad um zehn, danach persönliche Anwendungen, ich genoss eine wundervolle Ganzkörpermassage, danach Gesichtsbehandlung, um zwei die fünf Tibeter, danach Wassergymnastik und um fünf wartete schon die Hammam. Abgerundet wird der Tag von einem leckeren Abendessen à la carte.

Während sonst immer ein Grüppchen von etwa 12 Frauen da ist waren es diesmal nur wenige Französinnen und außer mir war gerade Marnie (ja, nach Hitchcock benannt) frisch angereist und wir zwei haben uns zusammen durchgekämpft, was viel Spaß machte. Dadurch kam ich nicht zum Schreiben. Marnie ist Mitte dreißig und als Beruf Mutter. Angestellt vom Jugendamt kümmert sie sich um 4 Pflegekinder und macht das wohl sehr gut. Als Angestellte hat sie natürlich auch Anspruch auf Urlaub und so hat sie sich dieses Hotel perfekt ausgesucht, wollte sie doch mal ein paar Tage Ruhe haben, bedient werden und nicht telefonisch erreichbar sein. An meinem letzten Tag skippten wir ein paar unserer Anwendungen und fuhren zum See Bin el-Ouidane, um dort im Hotel am See unser Mittagessen einzunehmen. Es war ein perfekter Tag, sonnig und warm, während in Deutschland Schnee liegt.

Doch alles hat einmal ein Ende und ich fuhr weiter nach Ouzoud. Die Wasserfälle rauschen wie eh und je, doch was sich darum so tut gefällt mir nicht mehr. Es ist ein einziger Rummel, Ruhe sucht man hier vergebens. Und dabei haben wir Winter, wie muss das erst im Sommer sein, wenn ein Ausflug nach Ouzoud auf dem Programm eines jeden Marokkaners steht. Die Königsfamilie lässt gerade hoch über dem Wasserfall ein gigantisches Hotel bauen, das monströse Bauwerk erschlägt den winzigen Ort.

Ruhe findet man dagegen auf den zwei etwas entfernt liegenden Campingplätzen, die sehr unterschiedlicher Natur sind. Der Camping Zebra wird von einem holländischen Paar betrieben und ist bei den Campern überaus beliebt. Die Anlage ist wunderschön, nicht zu groß und die Camper finden sich sofort in Grüppchen zusammen. Und bleiben …

Ganz anders dagegen Tazrout. Hierher kommen vor allem junge Familien und Menschen, die ein alternatives, naturverbundenes Leben suchen. Eine junge deutsche Familie lebt auf der Hügelspitze und auf dem Hügel gibt es immer wieder Terrassen, die für Wohnmobile eingeebnet wurden. Dazu kann man auch in einem Tipi oder in einer mongolischen Jurte übernachten. Auch hier gilt: man kommt nicht für eine Nacht, sondern bleibt manchmal wochenlang. Mit den Eseln Bommeliese oder Jamaika kann man schöne Wanderungen machen, auch Mountainbikes können ausgeliehen werden. Manch ein Besucher war noch niemals bei den nahen Kaskaden, weil es hier einfach ruhiger und schöner ist.

Edith allein unter Männern

Gleich am Morgen hatte ich eine Verabredung mit dem Direktor der Therme Moulay Yacoub. Gestern waren noch viele Fragen für mich offen, aber bis heute hatte ich recherchiert und es gab nicht mehr so viel Gesprächsbedarf. Aber im Stillen hoffte ich doch, dass er mich einlädt, das Bad zu besuchen, deshalb hatte ich auch Handtuch und Badeanzug eingepackt. Und tatsächlich, am Ende des Besuches bot er mir genau das an. Ich war ja ziemlich neugierig. Zunächst bekam ich einen Kleiderbügel, Badelatschen und einen Bademantel. Ich zog mich um und gab dann das Kleiderbündel an der Rezeption ab. Handy und Fotoapparat waren natürlich streng verboten und mussten gut versteckt werden. Dann hatte ich zur Auswahl das gemischte Bad oder das Frauenbad. Ich entschied mich für gemischt. Aber es waren tatsächlich nur Männer anwesend. Ein mittelgroßes rundes Becken, um das Liegen stehen, das Thermalwasser läuft aus verschiedenen Kanälen ins Becken. Ich habe mich als Frau durchaus wohl gefühlt, keiner hat nach mir geschaut, aber es gibt in meinem Alter ja auch nicht so viel zu schauen. Das Wasser ist fast 50 °C heiß, für mich Winterflüchtling ideal, manch einem dürfte es etwas zu warm werden. Vor allem im Sommer. Hab mal verdeckt ein Foto gemacht, aber natürlich ist es nicht gut geworden, durfte ja keiner sehen. Und die Linse war auch sofort beschlagen.

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So richtig Ausdauer hatte ich nicht, bin ja auch nicht krank, und so ging ich bald wieder. Zog meinen Bademantel an, spürte am Mund ein Haar, wollte es wegwischen … und hatte ein schwarz gekräuseltes Haar in der Hand. Lecker! Einzige Hoffnung war, dass es nicht gerade ein Schamhaar war. Es sieht so aus, als werden die Bademantel nicht nach jedem Kunden gewaschen.

Ich schaute noch mal ins Damenbad, aber das wäre nichts für mich. Ein winziges rechteckiges Becken und ziemlich viele Frauen dort. Einige hatten sogar einen Ganzkörper-Badeanzug an. Nein, dann doch lieber mit den Männern.

Auf den vielen tausend steilen Treppen hinauf kam mir eine richtige Prozession entgegen. Man reist hier mit Wolldecke und Kopfkissen. Jeder hat so was unterm Arm. Es wohnt ja kaum einer wie ich im 4-Sterne-Hotel auf der Hügelspitze, sondern fast jedes Haus bietet billige Privatzimmer an. Es gibt auch einige Hotels im Zentrum, parken muss man außerhalb und so gibt es eine endlose Karawanen von hoch bepackten Eseln, die den Transport des Gepäcks zwischen Parkplatz und Unterkunft erledigen. Ich komme mir vor wie auf dem Djebel Toubkal. Naja, es ist ja auch fast so steil. Man muss schon recht fit sein, wenn man die vielen Stufen zum Hotel mehrmals täglich zurücklegen will.

Eigentlich wären die heilsamen Quellen ideal für europäische Winterurlauber mit dem Wohnmobil, doch ist in den steilen Ort am Hang kein richtiger Platz zum Parken und erst recht nicht für eine Übernachtung. Die Parkplätze sind alle auf PKW ausgelegt. Zwar werden ab und an einzelne Mobile gesichtet, doch sind dies dann immer Einzelreisende, deren Drang zum Bad größer ist als der Wunsch nach einem guten Parkplatz und die dann am Straßenrand ein Plätzchen finden. Ideal ist es nicht.

Marokko

Tarifa war stürmisch und regnerisch, aber die Fähre kam trotzdem pünktlich und wir konnten auch super pünktlich losfahren. Wie immer ist meine geliebte Schnellfähre wirklich schnell und bei einer Abfahrt um 10 Uhr war ich um 10:15 schon fix und fertig durch die Zollkontrolle in Tanger. Wie das? Nun, in Marokko ist es eine Stunde früher. Mein erstes Ziel war ein Campingplatz bei Ouezzane, die 230 km ein gutes Tagespensum. Es geht ja nicht über die Autobahn, sondern über kurvige Landstraßen. Ich hatte diesen Platz noch nie besucht, Gäste hatten mir die Daten übermittelt und ich hatte Kontakt mit dem Inhaber Mohammed aufgenommen, der gut deutsch spricht, weil er als Jugendlicher mal zwei Jahre in Deutschland gelebt hat. Nach dieser Beschreibung verfügt er über Stellplätze für Wohnmobile mit Wasser und Strom für jeden Platz sowie über 10 Gästezimmer. Klingt gut. Und so trug ich es in den Campingführer ein. Als ich mich ankündigte sagte er aber, nein, die Zimmer seien noch nicht fertig, aber er könnte mich im Haus seiner Mutter unterbringen. Mir schwante nichts Gutes, also entschied ich mich, die Nacht lieber auf einem mir bekannten Campingplatz ebenfalls bei Ouezzane zu verbringen. Eine gute Entscheidung, nicht nur gab es einen leckeren Couscous Royal, sondern ich traf auch ein deutsches Ehepaar und wir verbrachten einen gemütlichen Abend in ihrem mollig warmen Wohnmobil. Warm ist es nämlich bisher in Nordmarokko nicht.

Am nächsten Morgen ging es dann weiter auf den 15 km entfernt Camping Panorama. Gut ausgeschildert, soweit alles top. Dann kam die Abzweigung von der Straße zum 50 m entfernten Anwesen. Und das wars dann. Super eng, ein rechtes Abbiegen nicht möglich und als ich dann endlich gedreht hatte war ich unsicher, ob ich dort durch komme. Sehr enge Zufahrt, geschätzt 2,10. Genau in diesem Moment rief Mohammed an, wo ich denn bleibe. Ich erklärte die Situation und er sagte, komm nur. Es ging, aber absolut haarscharf. Es stellte sich heraus, dass ein Nachbar eine neue Mauer um sein Grundstück gezogen hat und nun kein Platz mehr für Fahrzeuge breiter als ein VW-Bus ist. Das geht natürlich gar nicht. Das Tor zum Grundstück ist zwar breit genug, aber auch die Kurve zu eng. Ist aber egal, denn die Stellplätze mit Wasser und Strom gibt es tatsächlich, nur ist der Untergrund lockere Gartenerde und wenn es mal regnet ist das ganze eine Schlammwüste, aus der niemand mehr herauskommt. Die sanitären Anlagen, extra für Männlein und Weiblein getrennt gebaut, verfügen über schmutzige Stehklos und kalte Duschen und Zimmer gibt’s nicht. Dafür aber eine ausführliche Preisliste, wobei ein Wohnmobil mit 2 Personen inkl. Wasser, Dusche und Strom auf 130 Dirham kommen würde. Einfach ein Witz. So was kann vielleicht der Luxusplatz bei Agadir verlangen, aber nicht dieser Obstgarten. Macht aber nichts, es kommt ja eh keiner rein.

Mohammed war sehr freundlich, er hatte extra Fleisch und Gemüse gekauft, plante, mich wie Allah empfiehlt drei Tage bei seiner Mutter einzuquartieren, ein Bauernhaus mit noch weniger Komfort, und mir die Gegend zu zeigen. Also die Gegend ist wirklich schön, der Ausblick über die Berge des Rif wunderbar, aber nein danke, das ist nichts für mich. Deshalb fuhr ich weiter nach Moulay Yacoub, wo ich mich mal wieder in einem 4-Sterne-Hotel angesagt hatte.

Der Weg dorthin führte nicht über die Hauptstraße, sondern über eine Nebenstraße, die ich in den Anfangsjahren mal befahren und auch in meinem ersten Buch aufgenommen hatte. Dann wurde dort jedoch ein neuer Stausee gebaut, die Straße damit unterbrochen und ich hatte mir schon viele Jahre vorgenommen, sie auszuprobieren. Nun also endlich! Und es hat sich gelohnt. Eine der Straßen, die ich so liebe. Kaum Verkehr, kein einziges Touristenfahrzeug, kein Polizist mit Radarpistole, aber eine herrliche hügelige Landschaft. Es ist Haschischanbaugebiet, aber von der Straße her sieht man keine Pflanzen, oder wachsen sie jetzt nicht? Und es gibt auch keinerlei Belästigung, ich kann diese Straße nur lebhaft empfehlen. Und vor allem war es wichtig, dass ich sie erkundet habe, denn sie verläuft völlig anders, als in der Karte eingezeichnet. Ein Fremder würde so schnell nicht den richtigen Verlauf finden, es gibt viele Abzweigungen und Fes ist zu Anfang nicht ausgeschildert. Auch mein GPS kannte den Verlauf nicht.

Immer wieder sah man Bauersfrauen am Wegesrand auf Futtersuche, mit hoch bepackten Eseln. Männer ritten zum Markt, Schafherden zogen vorbei. Und dann endlich der erste Ausblick auf den größten Stausee Marokkos. Zunächst glaubt man es nicht, denn er zieht sich so lange kurvenreich dahin, dass man ihn nie voll im Blick hat. Und das schönste war, ich konnte auf dieser Straße direkt das interessante Moulay Yacoub erreichen, doch darüber später mehr.

4-Sterne-Test

Nachdem ich von Billigabsteigen zu 4-Sterne-Hotels gewechselt habe kann ich nach dem Besuch von zweien sagen, es hat sich gelohnt! Vom Preis her nur knapp doppelt so hoch, vom Komfort aber viele Stufen darüber. Der Haken ist der Preis. Wenn man ein solches Hotel so spontan anfährt wie ich das gerne möchte, findet man einerseits nicht das richtige entlang der Straße und bekommt andererseits keinen guten Preis. Ein Zimmer wäre oft doppelt so teuer als wenn ich es vorher bei booking.com gebucht habe. Dort bekomme ich, wenn ich das günstigste Zimmer nehme, zwar einen guten Preis, aber nicht unbedingt das schönste Zimmer, was man ja verstehen kann. Man könnte noch reklamieren und tauschen.

Nun also das Testergebnis. Das erste Hotel in Lorca, Jardine Almatea, war ein neueres Hotel mit 35 Zimmern. Mein Zimmer war top, ich gehe davon aus, dass alle gleich sind und es keine Unterschiede gibt. Die Klimaanlage hat super funktioniert, ein Schreibtisch mit genügend Steckdosen gab mir Platz zum Arbeiten. Der Spa war geschlossen, naja. Aber das Frühstück war mehr als bescheiden, etliche 3-Sterne-Häuser bieten besseres.

Heute nun in Algeciras im Reine Cristine. Von der Örtlichkeit her ein Traum. Ein maurisches, weitläufiges Anwesen, verschachtelt, verwinkelt, in einem großen Park. Doch das Zimmer ist enttäuschend. Ich habe keinen Balkon, während die meisten über einen verfügen und die Aussicht auf Wirtschaftsgebäude ist auch nicht berauschend. Da tröstet mich auch nicht das Tablett mit Wasserkocher und Teebeuteln, das zudem den Schreibtisch besetzt. Doch das Frühstück lässt keine Wünsche offen, da fehlt mir nichts und es gibt sogar einige lokale Spezialitäten. Sogar Sekt steht auf Eis, und ich kann auch morgens um 8 Uhr schon ein Gläschen genießen. Kann ein Tag besser anfangen?

Heute nun geht es auf die Fähre nach Marokko. Das Wetter ist miserabel, mal sehen, ob alles klappt.

Carlos

Meine Wohnmobilleser kennen selbstverständlich Carlos. In seinem Büro in Algeciras kauft MAN einfach seine Fährentickets. Und dennoch habe ich es noch nie getan. Einfach deshalb, weil meine Erfahrung ist, dass man einerseits am günstigsten direkt im Hafen kauft und andererseits dort auch genau sieht, welches Schiff als nächstes abfährt. Und trotzdem bin ich meistens, wenn ich in Algeciras bin, im Büro vorbei gefahren. Habe Carlos aber noch nie angetroffen. Und die Dame, die dort arbeitete, war nie sehr hilfreich. Heute nun kam ich wieder hin, aber ein junger Mann saß hinter dem Schalter. Und war wesentlich netter, sprach halt auch Englisch und Französisch. Als ich erklärte, wer ich sei, rief er sofort Carlos an und der kam nach wenigen Minuten. Und ich hab mal aus erster Hand erlebt, wie es bei ihm zugeht.

Fazit: Ich kann Carlos nur empfehlen. Was ich bisher ja auch getan habe. Er macht einen Rundum-Service und vor allem die Leute, die zum ersten mal nach Marokko fahren, werde seine Dienste zu schätzen wissen. Es ist nicht die Tüte mit Wein und Kuchen, die jeder zum Ticket bekommt, auch ich, sondern die komplette Leistung, in der das Formular für das Fahrzeug komplett ausgefüllt und gedruckt wird. Und Geld tauschen kann man auch sofort. Das Schnellfähren-Ticket war ehrlich gesagt teurer als im Hafen, aber egal, ich wollte es mal ausprobieren. Und bei den Wohnmobilen, die mit der normalen Fähre übersetzen, sind andere Preise. Carlos hat mir einen Karton Campingführer abgekauft und wer nun bei ihm erscheint ohne diesen, kann das Buch bei ihm kaufen, der Vorrat reicht eine Weile. Also keine lange Lieferzeit auf einen spanischen Campingplatz und ganz klar soll ich im nächsten Jahr wieder mit einem Karton erscheinen. Ich fand ihn echt total nett.

Und vor seinen Toren hat Carrefour nun einen wunderschönen Stellplatz eingerichtet, er ist sehr gut besucht, hat aber auch viel Platz. Und Abstellflächen für die Carrefour-Einkaufswagen. Das ist doch mal ein Service. Komfortabel, dass dieser Platz auch direkt vor Carlos ist.

Die neue komfortable Langsamkeit

Meine Lieblingsfähre ist zur Zeit die Schnellfähre ab Tarifa, das bedeutet eine ziemlich lange Anfahrt, ca. 2600 km. Mit 2 Übernachtungen an der Strecke kann man das schaffen. Ich schlafe meist in einfachen Hotels, die so an der Route liegen und leicht zu finden sind. Doch diesmal lief irgendwie alles anders. Schon morgens um 2:30 ging es los, trotz Februar ein trocken kalter Tag, ideal zum Fahren. Und so legte ich auch bequem 1300 km zurück und war schon kurz vor 16 Uhr über die spanische Grenze. Doch dann ging es los. Es gab so wenige Hotels. Entweder sie waren auf der falschen Straßenseite und nicht einfach zu erreichen, oder sie waren geschlossen. Ich brauchte fast 2 Stunden, bis ich in Malgrat del Mar an der Costa Brava etwas Passendes fand. Es war ein ordentliches Zimmer für 20 Euro, da konnte ich nicht klagen, aber es gab weit und breit nichts zu essen. Also tat sich in mir ein großes Gefühl dafür auf, für den nächsten Tag bequem zu wohnen. Und ich suchte mir in booking.com ein Hotel in Lorca. Im Grunde wäre ich gerne bis nach Granada gefahren und hätte mir sogar noch am nächsten Tag die Stadt angesehen, aber ich weiß, wie grausam dort der Verkehr ist und ich fand einfach kein Hotel mit gutem Parkplatz für mein voll gepacktes Auto. Also Lorca. Hier wohne ich in einem 4-Sterne-Hotel. Es hat zwar Service-Mängel, aber das Zimmer ist warm und komfortabel und ich kann in Ruhe arbeiten. Deshalb fiel ich auch schon vor 22 Uhr total fertig ins Bett. Leider kein deutscher Sender zum Einschlafen, aber ein paar Seiten lesen tun es auch. Licht aus.

Und dann ging es los. Zunächst nur ein einfaches Trommeln, dann immer mehr im Rhythmus. An Schlafen war nicht zu denken. Irgendwann stand ich erbost auf, zog mich an und wollte mich an der Rezeption beschweren. Die hatten keine Ahnung, nein, das Hotel hat keine Disco. Also ging ich selbst auf Suche. Und fand es. In einer dunklen Straße hatten sich fast 100 Menschen versammelt, eine Gruppe von Musikern und eine große Gruppe junger Leute, die irgendwelche Stangen zusammen gebunden hatten, die am Boden lagen. Keine Ahnung, was das soll.

Dann ging es los. Die Musiker trommelten und gingen langsamen Schrittes voran. Die jungen Leute hoben die Stangen auf und folgten.

https://youtu.be/3iMZ7H0ZgTk

Im Hotel dann erfuhr ich, dass sie für die Prozession in der Semana Santa probieren. Und das nachts im Dunkeln im Gewerbegebiet!

Am Morgen dann Frühstück in der Cafeteria, Emails checken, Blog schreiben und was man so alles tut. Und es ist absolut keine Lust vorhanden, mich auf die Straße zu begeben, die 450 km bis Tarifa zu fahren und auf die Fähre zu gehen. Die große Langsamkeit hat mich ergriffen. Und auch die Lust, in gemütlichen Hotels zu wohnen. Also suche ich mir ein weiteres Hotel in Spanien aus und fahre erst morgen rüber nach Marokko. Ich entscheide mich für Algeciras. Und je nach Laune mache ich zuvor noch einen Abstecher nach Gibraltar.

Ach, wie liebe ich die Rente und die damit verbundene Freiheit. Und Langsamkeit.

Übrigens, hatte einen spontanen Entschluss, mir die Anreise in der Zukunft einfacher zu machen. Auch euch. Ich habe nun eine neue App entwickelt mit den Hotels, die ich auf der Fahrt durch Frankreich und Spanien nutze. Und wenn ihr noch Campingplätze beisteuert haben wir eine sehr praktische App, die auf Dauer kostenlos bleibt.

https://guidewriters.com