Als ich früher nur kurz in meinem Haus zu Gast war sah ich in der Straße vier wilde Katzen, aber sie kamen nicht näher, ließen sich nicht anfassen. Eine Nachbarin stellt ihnen regelmäßig Futter hin und hatte es auch geschafft, alle vier zu sterilisieren. Erst als ich in Rente kam und längere Zeit vor Ort war, wurde der starke rote Kater, Prince, immer zutraulicher. Im ersten Jahr kam er in meine Nähe, sprach vor allem sehr viel mit mir, und es ging so weit, dass er sich draußen am Zaun streicheln ließ. Die anderen drei hielten Abstand. Im Jahr darauf kam er sogar in die Wohnung, schmuste mit mir auf der Couch und ließ sich Fressen geben. Die anderen drei schauten nur von weitem zu.
Als ich dieses Jahr eintraf waren es nur noch drei. Die schöne, anthrazitfarbene Katze war nicht mehr dabei. Und die Nachbarin, die immer Futter hinstellt, hat offensichtlich einen Boyfriend, bei dem sie viele Nächte verbringt. Und ich bin durch Jetlag und Schlafstörungen früh wach. Also war Prince gut dran. Egal, ob ich um 5 oder um 6 aufwachte, Prince stand vor dem Haus und wartete auf sein Fressen. Die anderen immer noch in weitem Abstand. Lieber hungern. Es dauerte eine Weile, bis ich die Nachbarin zu fassen bekam und endlich herausfand, was mit der vierten Katze geschehen war. Sie war plötzlich ziemlich krank geworden, ließ sich aber nicht einfangen für den Tierarzt, und eines Morgens tauchte sie nicht mehr auf. Sie war immerhin 16 Jahre alt und hat sich vermutlich an ihren Lieblingsplatz zum Sterben gelegt. 16 Jahre sind für eine frei lebende Katze ein stolzes Alter und ich finde das viel schöner als beim Tierarzt eine Spritze zu bekommen. Er hätte eh nichts mehr machen können. Ich fand auch noch heraus, dass trotz ihrer häufigen Abwesenheit eine andere Nachbarin die Katzen mit Futter versorgt, aber eben nicht so früh wie ich.
Prince fühlt sich inzwischen bei mir vollkommen zu Hause. Allerdings kommt er kaum noch ins Haus, draußen fühlt er sich freier und meine Terrassenmöbel sind ja auch bequem. Am Nachmittag sitze ich gerne hinter dem Haus und beobachte die Vögel, die Kamera immer bereit. Das hat Prince Spitz gekriegt und kommt nun am Nachmittag immer vorbei. Legt sich auf meinen Schoß und schnurrt. Die Vögel stört es überhaupt nicht, man sieht auch hier, dass Katzen und Vögel durchaus nebeneinander leben können. Und auch der Hund der Nachbarin wird immer freudig mit miau begrüßt, wenn er mit Frauchen spazieren geht. Prince ist einfach durch und durch der freundliche Kater. Obwohl das vermutlich nicht in der Nacht gilt. Mein Mobilheim hat ein Blechdach und nicht selten wurde ich geweckt, weil da oben die Post los war, wilde Kämpfe schienen sich da abzuspielen und als ich hinausschaute kletterte Prince gerade am Pfosten hinab. Wer sein Kampfpartner war, keine Ahnung. Vielleicht ein Squirrel (Eichhörnchen).
Nachdem die zwei übrigen Katzen immer hungrig zusahen, wie Prince sich so vollfraß, dass er anschließend kotzen musste, haben sie sich eines Tages den Mut gefasst und kamen näher. Nun ist die Situation so, dass ich morgens meine Haustür aufmache, drei hungrige Katzen davor stehen, zwei wegsausen, unter mein Auto, wenn ich auftauche, und erst zurückkommen, wenn ich die Tür schließe. Da hat Prince natürlich den Vorsprung am Futternapf und die anderen müssen sich etwas gedulden, er ist ja auch der Chef. Ich muss ja eigentlich zur Straße, um meine Zeitung hereinzuholen, aber das geht nicht, ich würde die Katzenbande wieder aufstören, also gehe ich zur zweiten Haustür, wo ich ohne Aufsehen an die Zeitung gelangen kann. Und dann darf auch ich frühstücken.