Archiv für den Monat: Oktober 2019

Camping in der Kasbah Sahara Services

Eins muss ich vorweg sagen, die Kasbah Sahara Services ist für mich kein normales Hotel. Sie gehört meinen besten Freunden in Marokko, mit denen ich seit 20 Jahren herzlich verbunden bin. Ich habe den Besitzer Abdou kennengelernt, als er gerade mit seiner Agentur für Wüstenreisen angefangen hat und habe ihm beim Beginn viel geholfen, nicht mit Geld, sondern mit Werbung und ganz einfach mit der Einführung in die weite Welt. Heute hat er mich lange nicht mehr nötig, aber er vergisst die Hilfe am Anfang nicht und es ist klar, wenn ich in Mhamid bin, dann bin ich natürlich in seiner Kasbah eingeladen, so wie er ja auch bei mir in Deutschland schon mehrmals war. Er ist nicht vor Ort, aber das Personal behandelt mich wie eine Familienangehörige.

Da meine Bücher vorwiegend von Wohnmobilfahrern gekauft werden, obwohl ich nicht speziell für Wohnmobilreisende schreibe, haben sie extra für mich schon vor ein paar Jahren am Hotel einen Stellplatz angefügt. Im ersten Jahr haben wir dort sogar ein Treffen abgehalten, meist Mitglieder des Saharaforums. Der Stellplatz war nicht richtig schön und ich konnte die Leute gut verstehen, dass sie lieber auf einen der anderen Plätze in Mhamid gegangen sind und eigentlich nur kamen, wenn ich auch vor Ort war. Doch als ich in diesem Jahr angekommen bin war ich sprachlos vor Überraschung. Wie in Marokko üblich wurde auch in diesem Hotel Jahr für Jahr ein Stückchen angebaut. Das führte zwar auch dazu, dass der Stellplatz verkleinert wurde, um den Platz sind nun hübsche Zimmer neu gebaut und davor ist ein richtiger Küchengarten, in dem man die verschiedenen Pflanzen der Region anschauen und probieren kann, aber es gibt noch immer eine Stellfläche und auch Stromanschluss. Aber drei Punkte machen den Platz besonders. Zum einen der direkte Zugang zum schönen Pool mit Liegen, in dem das ganze Jahr über Wasser ist, und der von Campern unbegrenzt genutzt werden kann, und dann die wunderschön romantische Beleuchtung überall auf dem Platz, der Pool ist am Abend mit unzähligen Lampen und Kerzen beleuchtet und selbst auf dem Stellplatz sind überall diese schönen Lampen aus Tonkrügen.

Aber das Besondere ist doch der herzliche Empfang durch den Manager Redouane. Nun will ich mal schildern, was sich zur Zeit hier abspielt, und das hat überhaupt nichts mit meiner Anwesenheit zu tun. Es hat allerdings auch mit der besonderen Freundlichkeit der Camper zu tun. Zwei Mobile mit vier Personen setzen sich zusammen aus Deutschland-Schweiz-Österreich. Schon am ersten Abend setzten wir uns zusammen, die Camper brachten ihren eigenen Wein mit, Redouane kam und sagte, da gehören doch Erdnüsse und Oliven dazu. Schon standen sie auf dem Tisch. Ich möchte betonen, dass Redouane keinen Alkohol trinkt. Es war ein gemütlicher Abend in unserem Pavillon am Pool, bei dem Alex erzählte, dass er Drehorgelspieler ist und natürlich auch eine dabei hat. Es war klar, sofort verpflichteten wir ihn, am nächsten Abend zu spielen. An diesem Abend waren ziemlich viele Gäste im Hotel, aber trotzdem spielte Alex und bekam viel Applaus. Und ganz klar war Redouane immer bei uns am Tisch, die Camper waren ganz klar seine Lieblingsgäste. Obwohl er sich auch um die anderen kümmerte.

Die Salzburgerin Angela bot an, am nächsten Tag Apfelstrudel zu backen. Redouane erlaubte uns, natürlich nicht ohne Haj, den Chefkoch, zu fragen, die Küche zu benutzen. Die Jungs in Blau standen sprachlos um die Arbeitsplatte, als Angela den hauchzarten Teig ausrollte. Und natürlich buk sie so viel, dass der Strudel für alle reichte. Für uns fünf, für Paru, die deutsche Gästehausbesitzerin, die in der Nähe wohnt, für zwei österreichische Camper, die gerade angekommen waren, aber natürlich und vor allem auch für das ganze Personal. Angela hat sich damit die Herzen aller erworben.

Ich kann gar nicht alle schönen Gelegenheiten nennen, wo Redouane immer um die Camper bemüht war, obwohl sie kaum Geld in der Kasbah ließen, denn die Wüstentour hatten sie woanders gebucht. Diese war zwar billig, aber es gibt so einige Zweifel, ob sie jemals den Erg Chegaga erreichten. Die Mannschaft blieb schließlich eine Woche hier, weil es jeden Tag etwas Neues zu tun gab und sie nicht alles schafften. Und Redouane war immer sehr freundlich um sie bemüht. Deshalb gab es am letzten Abend auch ein großes Tajine-Essen. Redouane stellte das Ziegenfleisch, Angela und Johanna schichteten das Tajine auf, das schließlich auf Holzkohle vor sich hin köchelte. Und dann aßen wir alle zusammen.

Heute ist nun die Abreise geplant, aber zunächst ritten Angela und Johanna noch auf dem Kamel dem Sonnenaufgang entgegen.

Tiefenentspannt in der Kasbah Sahara Services

In dem staubigen Wüstenkaff Mhamid würde man kaum einen guten Masseur vermuten, vor allem auch keinen, der gleichermaßen Männer wie Frauen massiert. Doch gibt es hier in der Kasbah Sahara Services Samir, einen wirklich hervorragenden Masseur, der eine ganz persönliche Methode entwickelt hat, die er Guerisam nennt. Über eine Stunde hat er mich behandelt und es war wirklich ein Genuss. Er erkennt intuitiv die Schwachstellen und setzt da besonders an. Ich will nicht lange reden, probiert es einfach aus. Eine Stunde kostet bei ihm 400 DH, also 40 Euro. Nun wünscht man sich nur noch, dass auch die Hammam eröffnet wird.

Dar Azawad – Wohnen wie eine Königin

Kurz vor Mhamid, am Tor zur weiten Wüste, gibt es das Hotel Dar Azawad. Es wurde irgendwann nach der Jahrtausendwende erbaut, ich war zum erstenmal im Jahr 2005 dort. Es ist wunderschön. In einem großen, blühenden Garten liegen einzelne Gebäude, jeweils mit ein bis zwei Suiten, und die sind mit unglaublichem Geschmack eingerichtet. Kleine erlesene Details aus marokkanischem Kunsthandwerk runden die Inneneinrichtung ab. Und der Service unter französischer Leitung war einfach fantastisch. Es war so schön, dass im Jahr 2009 sogar Königin Sofia von Spanien auf einer Marokkoreise dort in der Suite Nr. 15 wohnte und sehr begeistert war.

Doch dann kam es zu einem Besitzerwechsel, die Franzosen gingen weg und zunächst fiel der Standard des Hauses um ein paar Stufen. Jahre vergingen. Dann wurde das Anwesen von den Besitzern des nahe gelegenen Hotels Chez Le Pacha gekauft. Ich wohnte nun zwei Tage dort, um mir ein Bild vom heutigen Zustand zu machen. Nein, in der Suite Nr. 15 habe ich nicht gewohnt, aber in der Nummer 16, und die ist auch schön und für mich eine Person mehr als ausreichend. Was mich gleich zu Beginn angenehm überrascht hat war der freundliche Service. Kein Wunder, denn fast das gesamte Team vom Beginn arbeitet noch immer in diesem Hotel. Ich wurde mit eisgekühlten Tüchern zur Erfrischung empfangen, bekam Tee und Kuchen. Das Hotel hat sehr schöne Empfangsräume, hier kann man sich richtig wohl fühlen. Aber dann ging es zu meiner Suite. Dazu muss man über lauschige Pfade wandeln, in den Bäumen zwitschern Vögel. Meine Suite bestand aus einem Wohn- und einem Schlafbereich, aber witzig war das Badezimmer, dort gab es eine kleine Insel in der Mitte mit Waschbecken und Dusche. Ich habe mir noch einige andere Zimmer angesehen, sie sind weitgehend im gleichen schönen Stil geblieben wie zur Eröffnung und die Abrundung bildet natürlicher der Spa mit Hammam. Hier ist ein Video mit einer Vorstellung des Dar Azawad.

 

Die netten Endurofahrer aus Österreich

Bonjour Edith, wenn man so von der Polizeikontrolle angesprochen wird, dann gehört man doch langsam dazu, oder? Es ist einfach richtig schön hier und ich möchte am liebsten ganz hier bleiben. Vorgestern Abend war es ja eher öde, zwei Ehepaare deutscher Herkunft, aber so langweilig. Da kam einfach nichts zustande und ich ging früh ins Bett. Aber dann, gestern Abend! Das war bisher der Höhepunkt. Wir hatten ziemlichen Sandsturm und mittendrin fuhren fünf Enduros in den Hof, schwer beladen mit Gepäck, aber auch mit den kräftigen Fahrern. Ein Blick aufs Nummernschild zeigte, sie kommen aus Österreich. Klar dauerte es da nicht lange, bis ich bei ihnen am Tisch saß. Die Biere kamen in einer Reihe und wir unterhielten uns prächtig. Sie waren aus Merzouga gekommen und ich hielt es natürlich für selbstverständlich, dass sie über die südliche Piste gefahren sind mit den schönen Maschinen. Ich habe sie dafür bewundert, dass sie die lange Strecke in relativ kurzer Zeit geschafft hatten. Doch dann kam ihr Führer, ein Freund, der vor 20 Jahren mal in Marokko war und gerne Piste gefahren wäre. Doch gab es ein paar Angsthasen in der Gruppe und sie entschieden sich, Asphalt zu fahren. Wolfgang, der Führer, war schon ein wenig traurig und wollte daher unbedingt nach Foum Zguid über Piste.

Doch zunächst ging das Gespräch über allerlei und schließlich erzählten sie, dass sie schon in Taouz von einem Führer angesprochen worden waren. Er hatte ihnen zur Legitimation seines Könnens einen Reiseführer gezeigt, in dem er empfohlen wurde, er heißt Mohammed. Okaaay. Dann ist ja alles klar. Auch er hatte ihnen schon angeboten, einen Pickup zu besorgen und sie zu begleiten, aber der eine Angsthase traute sich nicht, doch sie tranken zumindest Tee bei Mohammed und seiner Familie. Und Mohammed Ouattou? Ja klar kenne ich ihn. Und empfehle ihn sehr in meinen Büchern. Und selbstverständlich war es mein Buch, das er ihnen gezeigt hat. Es war ganz klar, die Jungs wollten sofort von mir dieses Buch kaufen und eine Widmung darin haben. Ich komme mir selbst schon blöd vor, wenn ich dauernd auf meine Bücher hinweise, ich sehe mich schon fast als so narzisstisch wie Trump, aber es ist einfach eine Tatsache, es geht hier ziemlich viel um diese Bücher und immer bekomme ich sehr viel Lob. Auch sie werden sich in die Schlange einreihen, wenn das neue im Dezember/Januar herauskommt, denn sie wollen auf jeden Fall noch einmal nach Marokko.

Doch noch gibt es das Problem Piste nach Foum Zguid zu erörtern. Sie arbeiten strikt nach Navi-Karten, und das zeigt ihnen eine Straße von Mhamid über Tagounit und die Zaouia nach Foum Zguid. Einerseits ist dies ein ziemlicher Umweg, andererseits ist diese Piste üble Schotterpiste und schön auch nicht. Schön ist nur die Piste über Chegaga, aber auch sehr sandig. Und davor haben sie Angst. Ich finde schließlich die Lösung für das Problem. Ein Pickup wird am Morgen hier sein und sie begleiten. Zum einen kommt das gesamte Gepäck da rein, vor allem aber dient das vorausfahrende Auto aber auch als Pistenführer und Omar wird ganz klar die Piste suchen, die am wenigsten Sand hat. Und wenn wirklich ein oder zwei unterwegs aufgeben kommen die Bikes hinten auf die Ladefläche.

Nach einem sehr lustigen Abend gehen alle früh ins Bett, um ausgeruht zu sein und schon früh am Morgen treffen wir uns zum Frühstück. Auch Omar ist lange vor der Zeit da. Das Gepäck wird aufgeladen und dann geht es zur Tankstelle. Eine solche gibt es zwar nicht in Mhamid, aber Treibstoff aus Fässern ist da. Alle tanken voll und ich begleite die Gruppe bis zum ersten Sand. Unterwegs verliert einer schon seine Wasserflaschen. Na, das fängt ja gut an. Aber ich bin so froh, dass sie sich entschlossen haben, einen Führer mitzunehmen. Das wird klar gehen, aber ich hätte so meine Zweifel, wenn sie alleine gefahren wären. Mittags um eins bekomme ich Bescheid, sie sind gerade auf dem Lac Iriki. Und haben damit den Sand hinter sich gelassen. Und wohl auch alle sitzen noch auf den Bikes.

Ach, was war das für eine nette Truppe.

Und hier ein Link zum Video über den Start:

Leben im Hotel

Ich weiß, viele haben sich gefragt, was ist denn mit der Edith los, sie schreibt ja überhaupt nichts mehr. Aber ich musste eine Auszeit nehmen, um mein Buch fertig zu schreiben und an die Druckerei zu senden. In der kurzen Zeit, die ich in Deutschland sein werde, muss es geliefert werden, damit ihr im Dezember/Januar die neue Ausgabe in der Hand halten werdet. Und dazu bin ich in die Kasbah Sahara Services gefahren und lebe nun mein Leben in einem Hotel, wie so manche Prominente das auch schon getan haben.

Und ganz ehrlich, es hat viele Vorteile. Nicht nur brauche ich mich nicht um Kochen oder sauber machen zu kümmern, vor allem habe ich immer tolle Gesellschaft. Jeder Tag ist spannend, wer kommt denn heute? Und ich habe schon so viele interessante Menschen kennengelernt. Wenn man den ganzen Tag arbeitet gibt es nichts Schöneres, als am Abend mit netten Leuten zusammenzusitzen. In meine Wohnung in Taunusstein kommt niemand, aber hier ist immer jemand.

Mal überlegen. Zuerst kam ein Geländewagen mit Dachzelt aus der Schweiz. Eine Familie mit zwei Kindern und zwei großen Hunden und alles passte irgendwie in den Wagen. Sehr nette Leute, Pistenfahrer, die schon oft in Marokko waren. Auch Reiseführer dabei hatten, aber mein Bücher noch nicht kannten. Nun kennen und kaufen sie sie.

Dann waren da die zwei jungen Mädchen aus Österreich. Eigentlich sahen sie aus, als hätten sie gerade die Schule fertig gemacht, aber in Wahrheit hatten sie bereits das Medizinstudium abgeschlossen, ein neunmonatige Assistenzzeit im Krankenhaus hinter sich und wollten nun erst einmal die Welt sehen, bevor sie sich auf eine Fachrichtung festlegen. Sie hatten am Tag zuvor die Kasbah in Agdz besichtigt, aber wenig über die Geschichte erfahren, denn in anderen Reiseführern steht nichts darüber und die Führung war in Französisch. Als sie meinen dicken Reiseführer sahen, wollten sie ihn sofort haben. Und als ich meinen Freund Anouar anrief stellte sich heraus, ja, die Führung war von seinem Vater gemacht.

Dann kamen meine zwei Kundinnen, die eine Rundreise ab Marrakech bei mir gebucht hatten

www.marrakechtours.de

Sie hatten den Abend zuvor in dem eleganten Riad Dar Sofian in Zagora verbracht, aber auch in der Kasbah Sahara Services gefiel es ihnen sehr gut, wenn wir auch nur das Mittagessen zusammen einnahmen. Sie haben bei mir die Filmtour gebucht, wo man einige Stätten besichtigt, an denen berühmte Filme gedreht wurden. Daher hatten sie auch in der Casbah-des-Arts genächtigt, die von dem Filmproduzent Kamal el Kacimi restauriert wurde. Den hätten sie natürlich gerne einmal persönlich getroffen. Aber wozu gibt es facebook? Im Nu hatten wir den Kontakt hergestellt und die Beiden sind nun mit Kamel für Sonntag verabredet.

Danach habe ich ihnen noch ein wenig die Umgebung gezeigt, bevor sie dann auch zu einer Wüstentour aufbrachen. Ich habe hier ja meine geheimen Orte. Okay, nein, sie stehen natürlich auch in meinem Buch, aber wenn ich die Leute persönlich führe ist es doch etwas ganz anderes. Und das mache ich sehr gerne. Also kommt alle her.

Am nächsten Tag lagen zwei Männer am Pool, gerade angekommen, aus Hamburg. Auch mit ihnen kam ich ziemlich schnell auf Reiseführer zu sprechen. Sie hatten zwei, einer schön detailliert, der andere nicht so. Von wem ist der bessere? Wussten sie nicht, rannten aufs Zimmer, und, ja klar, es war natürlich mein Südmarokkoführer. Sie waren sprachlos, dass die Autorin nun ihnen gegenüber saß. Okay, nicht ganz so sprachlos, denn auch mit ihnen habe ich einen wunderbaren kommunikativen Abend verbracht. Und dafür, dass sie meinen Reiseführer „nur“ aus der Bibliothek ausgeliehen hatten, entschädigten sie mich mit einer Einladung zu einem Glas Wein. Am nächsten Tag wollten sie zu einer zweitägigen Wüstentour aufbrechen.

Doch zuvor saß noch ein Mann mit Wuschelkopf am Pool. Er telefonierte in Spanisch, verstehe ich nicht, aber ein Wort fiel, das ich als Mauretanien deutete. Nach dem Gespräch bin ich also sofort hin, fragte ob er auch Englisch spricht. Er antwortete, ja, aber ich spreche auch Deutsch. Er ist Argentinier, lebt aber sein einiger Zeit in Leipzig und ist mit einer Deutschen verheiratet. Hat drei Töchter, eine vierte ist auf dem Weg und von seiner Frau bekam er eine kurze Auszeit geschenkt, eine Woche Marokko. Die wollte er allein mit seinem Zelt in der Wüste bei Mhamid verbringen, hielt es aber nur zwei Tage aus in der Hitze, dann stolperte er zurück und wurde von Redouane halb verhungert aufgelesen, dem Manager der Kasbah. Er gab ihm einen super Preis und er bleibt nun zwei Tage. Wir setzten uns mit den zwei Männern aus Hamburg zum Abendessen zusammen und es war wieder ein einmalig schöner Abend, von dem man hier fast jeden Tag einen hat.

Am nächsten Tag fuhr ich dann mit einem Fahrer zum Erg Chegaga, um alle Biwaks zu sehen. Die kenne ich zwar schon zur Genüge, aber es hat sich viel verändert. Darüber werde ich in einem nächsten Blog berichten. Zunächst haben wir die drei Biwaks besichtigt, dann fuhren wir ins nahe gelegene Oued. Das ist ein sehr schöner Platz mit kleinen Sanddünen und schattigen Bäumen. Wenn man zwei Nächte in Chegaga bleibt kann man mit dem Kamel her reiten und hier ein Picknick machen, und hier fand ich auch meine zwei Freunde aus Hamburg. Zwar waren sie überrascht, mich plötzlich zu sehen, aber auch nicht zu viel, denn das „Telefon Arabe“, das schon vor der Telefonie hervorragend funktionierte, hatte längst die Nachricht übermittelt, dass eine Frau zu ihnen auf dem Weg sei. Und dann haben wir drei ein herrliches Picknick unter einer weitausladenden Tamariske gehalten.

So schön, ein neuer Marokkofan

Am Anfang meiner Reise hatte ich in Essaouira auf dem Campingplatz Le Calme einen älteren Herrn getroffen, ich habe es hier kurz geschildert:

https://marokkoblog.edith-kohlbach.de/imsouane/

Er war mit so gut wie keinen Informationen nach Marokko gekommen und wollte eigentlich nur die großen Städte besuchen, der Süden interessierte ihn überhaupt nicht. Rabat, Marrakech, Agadir, Fes, Meknes, das waren so seine Punkte. Ich konnte ihm, der ein wenig verloren wirkte, insofern helfen, dass ich ihm eine Marokkokarte auf sein GPS aufspielte und einen Campingführer verkaufte. Das Reisehandbuch wollte er nicht, da er ja nur in die Städte wollte. Ich traf ihn noch kurz in Imourane, wo er über meinen Campingplatztipp recht froh war, dann hörte ich nichts mehr.

Heute bin ich nun in Tinerhir und traf mich mit Hussein, der den Tinerhir Besuchern gut bekannt ist, weil er immer auf dem Camping Ourti zu finden war und gut deutsch spricht. Und da erzählte er mir, dass er vor genau einer Woche einen Deutschen traf, der am Stock ging. Er war mit dem Taxi vom Camping Soleil in die Stadt gekommen und an Hussein geraten. Als er dann hörte, dass es der gleiche Hussein ist, den ich in meinem Buch empfehle, war er begeistert. Und ich bin noch mehr begeistert. Es ist genau dieser Deutsche, den ich in Essaouira getroffen habe, und der hat den Mut aufgebracht, in den Süden zu fahren. Ganz offensichtlich hat ihm mein Campinggführer Appetit gemacht. Das freut mich so sehr. Für mich ist Marokko das der kleinen Dörfer, der ländlichen Regionen, nicht der Städte, und ich würde mich freuen, ihn noch einmal zu treffen. Denn er wollte tatsächlich weiter in die Wüste, was er zu Anfang noch kategorisch abgelehnt hat. Aber ich glaube, das ist sehr typisch für einen Marokko-Neuling.

Höllenfahrt mit Ali vom Ksar Bicha

Heute früh war ich mit Ali vom Ksar Bicha verabredet, der mir zeigen wollte, wo nun seit der großen Änderung seine Wüstenbiwaks sind. Bisher gab es inmitten der Sanddünen viele feste Camps, aber die wurden nun verboten. Und damit wir alles gut erreichen können stand Ali mit seinem Buggie bereit. Bisher bin ich schon Quad gefahren, diese geländetauglichen Motorräder mit vier Rädern, aber immer nur hinten drauf, eine kurze Probefahrt zeigte mir, dass ich nicht dafür gemacht bin. Diesmal also Buggie. Hier wird Sicherheit groß geschrieben, es gibt einen Helm und einen Sicherheitsgurt. Man kann bei Ali auch eine Tour mit einem solchen Gefährt buchen und selbst fahren, aber es gibt Regeln zu beachten und es ist immer ein Führer dabei. Ich nahm also auf dem Beifahrersitz Platz. Nun bin ich über die Jahrzehnte natürlich genug Wüstenpisten gefahren, auch sandige, blieb auch mal stecken, aber immer habe ich mir die einfachste Passage gesucht. Ali macht etwas ganz anderes, er sucht immer die höchsten Dünen aus, die danach scharf abfallen, was man vor allem nicht einsehen kann. Mit vollem Karacho also den Dünenberg hinauf, über uns nur der Himmel und dann geht’s abwärts. Es macht Spaß, daneben zu sitzen, aber ein ganz klein wenig Angst habe ich schon. Ali zeigt mir die schönsten Stellen, zeigt mir, wo seine Gästen hinreiten, um den Sonnenuntergang zu bewundern, ich sehe den leeren Platz des alten Camps und die Reihe der neuen Biwaks hinter den Dünen. Sie müssen nun etwas Abstand vom Sand halten, nicht nur, um die Natur zu schützen, ich vermute, man denkt auch an einen Notfall. Ein Gast, der vom Kamel stürzt und ein Krankenwagen muss anfahren, aber auch – Gott möge es verhüten – ein Anschlag. So etwas ist noch nie vorgekommen, aber die Marokkaner sind vorsichtig. So mittendrin könnte man nichts machen. Die wilde Fahrt ist einfach toll. Muss natürlich sagen, dass ich im Grunde gegen die Dinger bin, wegen dem lauten Knattern und der Natur. Aber ich glaube, es gibt kaum jemand, der wenn er darauf sitzt, nicht doch total begeistert ist. Von Angsthasen mal abgesehen.

Wir kommen in Alis Lager an, das wirklich einen schönen Platz hat. Nicht in den Dünen, wie vorgeschrieben, dennoch mit herrlichem Blick darauf und vor allem, keine direkten Nachbarn. Es gibt andere Stellen, da sind auf 100 Meter fünf Camps und die Generatoren dröhnen. Ali hat ein Standard und ein Luxuscamp direkt nebeneinander. Sehr schön.

Wir wollen zurück. Er sagt, du fährst! Ich? Kann ich nicht. Doch kannst du, du folgst einfach immer nur den Spuren.

Okay. Also wieder Helm auf und los. Ein bisschen Angst habe ich schon, vor allem wenn ich seitlich schräg am Abhang hänge. Und dann die hohen Dünen. Ich muss auch da hinauf. Natürlich mit Karacho, weil ich sonst nicht rüber komme. Bin ich zu langsam muss ich zurück und einen neuen Anlauf nehmen. Ein eigenartiges Gefühl, mit voller Wucht hochzubrausen und nicht zu wissen, was dahinter kommt. Aber die anderen Spuren vor mir haben es ja wohl geschafft und Ali will seinen Buggie auch nicht verlieren. Ich bin mir nicht sicher, ob es jetzt einfacher oder schwieriger als Fliegen ist, irgendwie habe ich mich als Pilotin im kleinen Flieger doch sicherer gefühlt. Hier wie dort kann man hart landen.

Ein Traum. Es war superschön und ich danke Ali, dass er es mir zugetraut hat.

Wüstenausflug am Erg Chebbi

Wer hat nicht den Traum, einmal eine Nacht in der Wüste zu verbringen, mit dem Kamel über die Dünen zu reiten, den blau verschleierten Jungs beim Trommeln zuzuhören und unter dem Sternenhimmel zu schlafen. Es ist ein Erlebnis und wird es immer sein. Und dennoch bringt dies Probleme mit sich. Für die Anwohner, weniger für die Touristen.

Ich kannte Merzouga noch als ein verschlafenes Dorf mit einigen Lehmhütten. Es gab lediglich das sehr einfache Hotel Merzouga, die Zimmer hatten nur Betten, auf dem Gang Klo und Dusche. Klimaanlage? Es gab noch nicht mal Strom. Vor den Dünen waren drei Cafés, auch ohne Strom und Wasser, dort herrschte aber eine super Atmosphäre. Wenn man dort schlafen wollte musste man es entweder auf den Sitzpolstern tun oder in einem kleinen Zelt hinter dem Haus, wozu man natürlich seinen eigenen Schlafsack brauchte. Aber es war toll.

Das war 1986. Heute sind wir 33 Jahre älter und gut 100 Hotels reicher. Alle haben Strom, alle haben Wasser, die Klimaanlagen surren und es gibt einen erfrischenden Pool. Eine Zeitlang waren die gut gefüllt. Die Touristen kamen und blieben ein paar Tage, aßen in den Restaurants, kauften mal einen Teppich und buchten einen Ausflug in die Wüste. Daran konnten viele verdienen und es war gut so, wenn auch der Luxus einiger Hotels für diese Abgeschiedenheit etwas zu groß war. Trotzdem, die einfachen Auberges gab es noch und die Stimmung dort war besser, denn dort wurde abends auf die Trommeln gehauen, was das Zeug her gab.

Doch dann kamen immer mehr Touristen nur für eine Nacht. Und die soll natürlich in der Wüste verbracht werden. Das führte dazu, dass viele Hotels nur gering gefüllt sind, aber in den Dünen immer mehr Biwaks entstanden. Feste Biwaks, die Zelte mit Betonuntergrund und die Ausstattung immer luxuriöser. Seit neuestem sogar mit Klimaanlage, der Strom kommt aus Solarpanelen. Und natürlich hat jedes Luxuszelt ein vollwertiges Badezimmer, oft noch besser eingerichtet als die Hotels. Zählen kann man diese Camps nicht mehr, es sind sicher 200 – 300, da fast jedes Hotels Biwaks anbietet und dann getrennt nach Standard und Luxus. Diese Gäste kamen nie in den Ort, kauften nichts, aßen nicht in den Restaurants. So verdienen nur wenige.

Lange haben die Behörden dem tatenlos zugesehen. Für ein Hotel brauchte man eine Erlaubnis, für ein Biwak nicht. Also wurden immer mehr aufgeschlagen. Doch seit 2019 ist damit Schluss. Alle Camps mitten in den Dünen, das waren vor allem die Standardcamps, mussten abgebaut werden. Regeln wurden aufgestellt. Jedes Biwak muss mindestens 200 Meter von den Dünen entfernt sein, um die schöne Natur nicht immer mehr zu zerstören. Der Erg ist ja ziemlich klein und Biwak an Biwak tut der Natur nicht gut. Aber die Camps müssen auch für Notfälle anfahrbar sein. Das hat für sehr viel Verunsicherung gesorgt, kein Veranstalter wusste mehr so recht, wo er hin soll. Und es muss nun eine Erlaubnis beantragt werden. Leider sind die Vorschriften noch ziemlich vage, in der Zukunft soll noch einiges geändert werden, so dass die Biwakbetreiber nicht recht wissen, was genau sie machen sollen/können.

Im Moment ist die Sachlage so, dass sowohl vor als hinter dem Erg Biwaks sind. Viele sehr dicht nebeneinander, so dass man den Generator und die Musik vom Nachbarn hört. Eine Tour sieht in der Regel nun so aus:

Ist das Biwak nahe der Auberge vor den Dünen, so reitet man zunächst mit dem Kamel 40 – 60 Minuten in die Dünen, um den Sonnenuntergang zu erleben; dann geht es zum Camp. Dort hat man dann die Wahl zwischen Standard und Luxus. Standard bedeutet Zelt nur mit Betten, Klos sind draußen. Das Luxuszelt hat bequeme Betten wie ein Hotel, oft noch schöne Möbel und Sitzecken und ein vollwertiges Bad mit WC und Dusche. Standard kostet etwa 40 – 50 Euro für die Nacht mit Halbpension und Kamelritt, Luxus etwa 100 Euro, pro Person. Wenn das Biwak in der Nähe der Auberge ist hat man auch städtischen Strom und Wi-Fi, was ja leider für viele auch im Urlaub unverzichtbar ist. Und Auberge du Sud bietet sogar Klimaanlagen.

Ist das Biwak jedoch auf der anderen Seite der Dünen, wo ja keine Hotels sind, dauert der Kamelritt zwei Stunden. Die Gäste haben meistens die Wahl, ob sie alles reiten wollen, oder eine Stunde Kamel und den Rest mit dem Auto. Vor allem am Morgen sieht man die Kamelkarawanen ohne Reiter zurücklaufen, weil die Gäste ja schnell weiter müssen und mit dem Wagen abgeholt werden. Es gibt ein Dünental von einer Seite zur anderen, das niedriger ist und wo sich nun viele Karawanen und Fahrzeuge begegnen, die Einsamkeit der Wüste findet sich hier nicht.

Und genau deshalb bietet Ali vom Ksar Bicha nun eine dritte Möglichkeit an. Zurück zu den Ursprüngen. Ein Paar bucht zum Beispiel eine solche Tour, um die Einsamkeit der Wüste zu erleben. Sie besteigen zwei Kamele, ein Packtier trägt ein echtes Nomadenzelt und den Hausrat und ab geht es wie die richtigen Nomaden und hinein in die herrlichen Sanddünen. Feste Biwaks sind hier nun verboten, aber nicht, nur für eine Nacht sein Zelt aufzubauen und am Morgen ohne Spuren zu hinterlassen wieder wegzureiten. Eine solche Tour ist etwas teurer als Standard, weil der Aufwand höher ist, aber hier erlebt man die richtige Wüste und die Einsamkeit, hier sucht man sich einfach ein schönes Plätzchen und bleibt für die Nacht.

So schön das ist, und ganz ohne Luxus und Hilfsmittel, es bleibt abzuwarten, wie es weiter geht. Denn wenn es jeder machen würde wäre die Wüste auch wieder voll und die Toilette ist ja in freier Natur und kann nicht entsorgt werden.