Archiv für den Monat: März 2020

Eine Auszeit vom Virus

Schon den ganzen März über haben wir richtiges Sommerwetter mit fast 30 Grad und keinen Regen. Einfach ein Traum, so als sollten wir hier in Florida für die harten Zeiten entschädigt werden. Heute früh überlegte ich kurz, was auf dem Programm stehen sollte und ich entschied mich für Titusville. Dort war ich schon lange nicht mehr und ich wollte schauen, wie der Trail (natürlich in meinem Bike Book enthalten) weitergeht. Der offizielle Trail endet ja vor der Brücke zu Merritt Island, aber über die Brücke sollte doch eine Spur gehen. Ich parkte also kurz vor der Brücke und fuhr zunächst den Trail ein wenig rückwärts, dann wieder zur Brücke. Tatsächlich geht eine Spur hinauf, aber nur durch eine Linie von der Fahrbahn getrennt. Also fuhr ich lieber unter die Brücke. Ach, was für ein herrliches Wetter. Die Sonne brennt so richtig auf meine Haut, genau was ich brauche und liebe. Und überall sitzen Angler und warten, dass einer anbeisst. Die offiziellen Bootsrampen sind ja seid heute geschlossen, wenn ich auch nicht genau weiß, warum. Nirgendwo kann man so schön social distancing üben wie allein auf einem Fischerboot. Und bei dem herrlichen Wetter zieht es die Menschen einfach raus. Aber es ist relativ ruhig, keine Menschenansammlungen und im Restaurant wird die Auszeit für einen Neuanstrich genutzt.

Zurück am Auto entscheide ich, über die Brücke und weiter zu Merritt Island zu fahren, denn das ist ein schöner, alternativer Rückweg. Ich komme zum Blackbear Wildlife Drive, den ich wegen seinem Wildlife sehr liebe. Es ist viel los, Auto hinter Auto, aber schon am Eingang konnte man es ahnen. Kein Wildlife in Sicht. Deshalb wurde für die Strecke auch keine Eintrittsgebühr erhoben. Aber ich kenne die Tierwelt hier ja gut, habe unzählige Fotos und so ist es auch interessant, diesen Drive einmal im Sommer zu sehen. Die Hitze und Trockheit haben die meisten Wasserstellen ausgetrocknet, die Migrantenvögel sind in ihre Sommergefilde zurück gekehrt und die Alligatoren bleiben lieber im kühlen Wasser, nur ein Kleiner liegt am Ufer.

Weiter geht es und ich komme am Scrub Ridge Trail vorbei, ein kleiner Spazierweg von einer Meile. Auch hier einfach wunderschön, durch die Landschaft zu streifen. Hier und da mal ein Vogel, aber sehr wenig. Und auch noch ein weiterer Trail folgt, den ich diesmal mit dem Fahrrad fahre, denn meine Kilometerleistung für heute ist noch nicht erreicht. Ich genieße jeden Sonnenstrahl, als wäre es mein Letzter.

Zu Hause habe ich auch etwas besonderes vor, eigentlich soll es Ente mit Orangensauce geben, ein Gericht, für das mein Sohn berühmt ist. Er hat mir sein Rezept verraten. Enten gibt es in Florida nicht, also muss Hühnchen her, das ich schon am Morgen in eine Marinade aus Kräutern und Orangen gelegt habe. Dazu gibt es Reis und eben die Orangensauce. Mein Sohn sagte, ohne Sherry und Cointreau geht es nicht, also ab zum Inder. Wird eine richtig teure Sauce. Das junge Mädel im Laden, das mich neulich so fachkundig über Margarita Mix beraten hat, hat von Sherry noch nie was gehört und denkt, es muss irgendwie Schnaps mit Kirschgeschmack sein. Aber als ich sage, es ist eine Art Wein schickt sie mich in die Weinecke und tatsächlich, dort steht der Sherry. Sie ist erstaunt, hat noch nie was davon gehört. Cointreau gibt es dann in der Miniflasche.

Nun habe ich also alle Zutaten zusammen und es geht los. Aber die Ehre gebührt doch weiterhin meinem Sohn, der Geschmack kommt bei weitem nicht an seine Sauce heran. Nun ja, es kann ja nicht jeder alles können.

Nach dem Essen muss ich unbedingt noch meinen Krimi zu Ende lesen. Das Buch Bad Wolf von Nele Neuhaus spielt im Frankfurter Raum. Aber es ist doch sehr, sehr seltsam, ein deutsches Buch in der englischen Übersetzung zu lesen. Manch ein Wort verstehe ich in der Übersetzung noch nicht mal, obwohl ich amerikanische Bücher fließend lese. Ich schaue nach dem Namen des Übersetzers, aber er scheint wirklich ein Muttersprachler zu sein. Dazu kommt, dass die Geschichte zu Anfang auch sehr kompliziert ist, viele Personen sind darin verwickelt, die man erst einmal auseinander halten muss.

Und dann war es schon Schlafenszeit, ein ganzer Tag vergangen ohne Nachrichten über den Virus. Ich glaube, ich lasse es heute auch dabei. Was für ein schöner Tag und das alles ohne dass ich einem Menschen zu nah kommen musste.

Prof. Drosten for President

Jede Zeit und jedes Land hat seine Helden. In USA ist es Dr. Fauci, Corona Experte des Weißen Hauses, der auch schon mal klar macht, dass er mehr weiß als der allmächtige Präsident. Aber in Deutschland ist es ganz klar Professor Drosten von der Charite. Nicht nur sieht er gut aus, ist jugendlich, er versteht es auch, sein Wissen auf eine verständliche Art an die Öffentlichkeit zu geben. Während Dr. Fauci ein kleines Männlein ist und manchmal vor sich her stottert, klärt Drosten im abendlichen Podcast die Öffentlickeit ruhig und sachlich auf, ohne Panik zu verbreiten. Und fast schon für den Normalo verständlich, nicht nur für den Medizinstudenten im 20. Semester. Ich liebe seine Podcasts und auch seine Auftritte in den zahlreichen Talkshows, obwohl man sich schon wundern muss, wie er das zeitlich schafft. Eigentlich hat er nun keine Zeit mehr um nachts auch nur ein Auge zu zu tun und dennoch berichtet er vom sonntäglichen Jogging in Berlin.

Ach, ich liebe ihn.

Corona versus Grippe

Langsam fange auch ich an zu zweifeln. Ich habe hier eine Seite des RKI über die Grippe gefunden

https://de.statista.com/infografik/13040/woechentliche-influenzafaelle-in-deutschland/

Dabei ist in der Saison 2019/20 das Ende noch nicht erreicht, die Zahl kann noch höher werden. Diese Zahlen über die Grippe zeigen erschütternd hohe Infektionszahlen. Und das, obwohl es eine Grippeimpfung gibt und sie auch von einem großen Teil der Bevölkerung in Anspruch genommen wird. Und obwohl Grippe einigermaßen gut behandelt werden kann.

Die Zahlen über Corona sind erheblich niedriger. Hier zitiere ich die Seite, deren Ziffern auf der John Hopkins Universität beruhen. Sie sind erheblich höher als die vom RKI. Und trotzdem gibt es mit Stand heute, 26.3.2020, mit 40421 Fällen deutlich weniger Infizierte und 229 Todesfälle gegenüber 265. Warum also diese Panik? Warum werden wir Menschen eingeschlossen?

https://www.worldometers.info/coronavirus/country/germany/

Ich weiß, dass etliche Verschwörungstheorien existieren. Ich bin aber kein Verschwörungsfanatiker, ich denke immer noch, ich bin ein Mensch mit gesundem Menschenverstand. Und ich kann einfach nicht mehr glauben, dass diese heftigen, einschneidenden Maßnahmen wirklich gerechtfertigt sind, dass die komplette Weltwirtschaft lahm gelegt werden muss.

Aber genau wie damals bei der Flüchtlingskrise (ich war ein freiwilliger Helfer) ist es auch hier nicht erlaubt, eine Meinung zu sagen, die gegen den Mainstream geht. Traue mich nicht, diesen Blog wie üblich in Facebook zu teilen. Langsam mache ich mir Sorgen, was aus der Demokratie, aus der Menschheit wird.

Coronazeiten

Schon vor Ausbruch der Krise war ich in USA und beobachte wie alle anderen Menschen auch die Lage. In meinem Fall interessieren mich aber Deutschland, USA und Marokko. Es ist schlimm, sehr schlimm und bringt einschneidende Veränderungen für jeden Menschen. Was ich aber absolut hasse ist die Aufpasser-Mentalität in Deutschland. Dort wird genau beobachtet, was der andere macht, und dann in den sozialen Medien angeschwärzt. Einfach furchtbar. Das gibt es in USA in diesem Maße nicht. Ein verstärktes Miteinander kann ich im Umgang mit Deutschland nicht finden. In USA auch nicht, aber hier wird wenigstens nicht so viel angeschwärzt. Hier lebt jeder sein Leben weiter, so gut es eben geht mit den Einschränkungen. Ich merke einfach, dass die Menschen in Deutschland in einen Panikmodus geschaltet haben, der sie die Sache nicht mehr realistisch sehen lässt.

Eine Situation wie diese hatten wir noch nie. Jeden Tag gab es neue Entwicklungen und jeden Tag mussten und müssen neue persönliche Entscheidungen getroffen werden. Und Personen sind nun einmal unterschiedlich und leben auch unter unterschiedlichen Bedingungen. Was die Marokkofahrer anbetrifft, so konnte man natürlich nicht zu Beginn absehen, was sich später entwickeln würde. Aber auch da werden Menschen fertig gemacht, nur weil sie andere Entscheidungen getroffen haben. Zu Anfang war die Idee gar nicht so dumm, die Lage einfach in der Sahara auszusitzen. Dort unten im dünn besiedelten Gebiet ist die Ansteckungsgefahr sehr gering, auf jeden Fall weniger als auf einer Rückfahrt durch Spanien, Frankreich, Italien mit vielen Infizierten. Ängstliche fuhren sofort nach Hause, das ist ihnen unbenommen, aber andere dachten mit gutem Grund, dass sie in Marokko gut aufgehoben sind. Nun sind die Grenzen dicht und etliche sitzen fest. Ich kann Marokko durchaus verstehen, sie meinen, sie können die Gefahr so eindämmen. Doch ich verstehe auch die Reisenden, die bis dahin dachten, sie wären sicher. Es gibt einfach keine vergleichbaren Ereignisse, aus denen man Lehren ziehen konnte.

Auch meine Situation ist noch ungeklärt, aber ich beobachte die Lage genau und hoffe, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Noch fühle ich mich in Florida sicherer als in Deutschland und vor allem auch auf einem Rückflug. Aber die Lage kann sich täglich ändern, denn der Höhepunkt der Krise ist hier noch nicht erreicht, es fängt erst an. So wie ich es sehe, kommt Corona in Wellen. Zunächst war Asien dran, dann schwappte es nach Europa über, das in meinen Augen gerade den Höhepunkt erlebt, und nun kommt es nach USA. Ein Land mit einem Präsidenten, der ganz sicher keine klugen Entscheidungen trifft, aber Gouverneuren in den einzelnen Staaten, die eine bessere Arbeit machen.

Ich beobachte und hoffe …

Heim oder nicht heim fliegen

Gestern habe ich Anne Will gesehen, Talkshow über die Auswirkungen des Coronavirus. Nach einiger Zeit musste ich aus machen, es ist einfach zu schlimm, sich das anzuhören. 18 Monate mit dieser Krise, das hält kein Mensch und keine Wirtschaft aus. Ich sehe tatsächlich schon die Gefahr, dass nach diesen 14 Tagen die Jüngeren wieder mehr raus dürfen, aber die Alten streng zu Hause bleiben müssen. Ich gehe kaputt so.

Die große Frage für mich ist also, in Florida bleiben oder gehen. Mein Rückflug ist gecancelt, das Reisebüro meldet sich nicht, weder Email noch Telefon, und das deutsche Konsulat in Miami lässt auch nichts von sich hören. Das Leben hier ist sehr viel angenehmer und leichter, wenn auch hier täglich mehr eingeschränkt wird. Denn so richtig haben die Amis noch nicht den Ernst der Lage erfasst. Sollte ich aber krank werden ist die Sterberate sehr hoch, während sie in Deutschland die niedrigste in der ganzen Welt ist. Zudem bin ich auch nicht begeistert, mich gerade jetzt in ein Flugzeug zu setzen. Ich befürchte aber, dass irgendwann Flughäfen geschlossen werden. In Orlando sind schon mehrere TSA Mitarbeiter infiziert.

Sehr schwere Entscheidung. Also habe ich mich heute entschlossen zum Flughafen zu fahren, um mich nach meinem Flug zu erkundigen. Ich liebe ja meinen kleinen Airport in Daytona Beach, hier sind die Wege kurz und das Auto parke ich draußen bei den Mietwagen, am Schalter keine Schlange. Ich fuhr trotzdem mit einem sehr unguten Gefühl hin. Und bin so froh, dass ich es gemacht habe. Mein Rückflug sollte ja am 19.4. sein mit American Airlines. Die haben aber vorsorglich alle Flüge gecancelt. Die Dame sagte mir, sie könne mich ohne weitere Kosten für den gleichen Tag umbuchen, allerdings mit United und Zwischenstopp. Das wäre ja generell okay.

Aber will ich wirklich am 19.4. nach Hause? Richtig schön ist die Lage nicht in Deutschland, noch möchte ich lieber bleiben. Die nette Dame war wirklich sehr hilfsbereit und sagte, sie könne mich auch auf ein späteres Datum buchen. Einmal habe ich eine Umbuchung kostenfrei. Dennoch riet sie mir, das lieber durch mein Reisebüro machen zu lassen, denn auch die machen das kostenlos, und wenn ich später meine Meinung ändere, könnte sie mich noch einmal umbuchen. Sie meinte, es gäbe immer Optionen, ich brauche mir keine Gedanken zu machen. Sie erwartet für die Zukunft eher mehr Flüge als bisher, wenngleich ich diese Ansicht nicht teile. Das Reisebüro will sich ja erst melden, wenn mein Abreisetermin näher rückt.

Nach diesen positiven Antworten werde ich also abwarten, wie sich die Lage in beiden Ländern entwickelt. Es scheint so, dass ich doch relativ schnell einen Flug nach Hause bekomme.

Entschuldigung an die Leser meiner Marokkobücher und die Mitglieder der Gruppe

Die Coronakrise hat sich ja erst langsam, dann aber rasend schnell in Marokko ausgebreitet. Ich meine damit nicht die Infizierten, sondern die Auswirkungen. Und noch im Anfang schrieb ich mal als Antwort auf einen Post von Eva-Maria Grimbergen:

Aber bei allen Sorgen, seid euch auch bewusst, dass es euch immer noch recht gut geht. Ihr seid in Rente und müsst an keinen Arbeitsplatz zurück. Habt keine kleinen Kinder zu betreuen und seid in einem Land mit relativ wenig Krankheitsfällen.

Das stieß auf ziemliche Kritik von Familien, die auch mit meinen Büchern in Marokko sind, nicht in Rente und nach Hause müssen.

Ganz ehrlich, diese Kritik geht mir nach, so sehr, dass ich mich jetzt bei allen Betroffenen entschuldigen möchte. Es stimmt ja, ich kenne meine Leser ganz gut, etwa 80 % davon sind in Rente und haben ihr eigenes Reich dabei. Aber es waren gerade Osterferien. Ich habe zu dem Zeitpunkt, es war wohl der 13. März, das ganze Ausmaß dieser Tragödie nicht erkannt. Weil ich auch gerade nicht im Land bin. Immer war ich in den letzten Jahren im März in Marokko, aber gerade diesmal nicht wegen einer Familienfeier. Und ich habe auch nicht bedacht, dass auch viele andere meine Gruppe Marokko-Mauretanien mobilunterwegs abonniert haben, um Informationen zu bekommen.

Also noch einmal: bitte entschuldigt. Das war falsch von mir.

Aber im Übrigen finde ich es wunderbar, was ihr ganz ohne meine Hilfe aus der Gruppe gemacht habt. Wie ihr die ganz aktuellen eigenen Erlebnisse gepostet habt, die für andere so sehr wichtige und hilfreiche Informationen waren. Ganz herzlichen Dank dafür. In den letzten Tagen sind reihenweise Beitrittsanfragen gekommen, weil jeder informiert werden wollte. Ich möchte nur hoffen, dass wir eines Tages wieder unbeschwert in dieses schöne Land reisen können und dass ihr dann zurück in die Gruppe kommt und nur positive Berichte lesen könnt.

Und so rosig es zu Anfang für die Wohnmobilfahrer ausgesehen hat, auch das hat sich ja geändert. Ich bin heilfroh, dass ich nicht auch im Land war. Obwohl ich zunächst recht komfortabel in USA gestrandet bin, aber auch noch nicht weiß, wie es weiter geht. Auch hier werden die Beschränkungen jeden Tag mehr. Und mein Rückflug wurde gestrichen.

Kayaking mit David

Wie kann man in Corona-Zeiten am besten das social distancing durchhalten und dennoch Spaß haben? Man fährt Kayak! Jeder in seinem eigenen Fahrzeug mit dem Kayak auf dem Dach und auf dem Wasser ist man ja auch voneinander entfernt. Ich muss einfach raus, ich würde total verrückt, wenn ich zu Hause eingesperrt wäre. Aber auch der bayerische Ministerpräsident Söder sagte das in seiner heutigen Pressekonferenz, in der er Ausgangsbeschränkungen anordnete, joggen im Wald, spazieren gehen, solche Aktivitäten sind erlaubt, wenn es nicht in Gruppen geschieht und Abstand gehalten wird.

Genau das klappt aber nicht in Florida. Man muss es sich einfach mal vorstellen. Wir haben Spring Break, Osterferien, Hauptreisezeit mit dem Wunsch, diese am Strand zu verbringen. Der Gouverneur ermahnte eindringlich, keine Gruppen von mehr als 10 Personen zu bilden. Das half natürlich nicht. Deshalb hat er ab heute angeordnet, dass die Zufahrt für PKW gesperrt ist, was naturgemäß weniger Leute zum Strand bringt, denn es gibt ja viel zu wenige Parkplätze in Strandnähe. Bars und Nachtclubs sind geschlossen, auch Malls und mein Lieblings-Kleiderladen Ross, also Geschäfte, wo man relativ viel Körperkontakt hat. Die Bike Shops sind weiter auf, gut so. War eben in Walmart, Einkauf im Wesentlichen normal, alle Papierprodukte ausverkauft und bestimmte Reinigungsmittel, aber sonst alles da. Am Eingang Tücher, mit denen man die Einkaufswagen abwischen kann.

Gestern war ich mit David Kayak fahren. Es war wirklich ein Traum. Wir haben ja herrliches Sommerwetter, fast 30 Grad, sonnig und trocken. Kayak ist ideal, dort hat man Abstand zueinander und kann dennoch die frische Luft genießen. Und die Ruhe. Am Fluss war ziemlich viel los, zahlreiche Motorboote fuhren auf dem St. Johns River, aber wir bogen bald ab in den Snake Creek. Das ist ein ganz enger Wasserlauf, sehr flach und stark bewachsen, so dass man gerade so durchkommt. Beobachtet von den am Ufer lauernden Alligatoren. Wir paddelten bis zu der Stelle, wo es wirklich schwierig wird, dann umgedreht. So waren es vier Meilen. Die komplette Runde wären 11 Meilen gewesen, ich habe das mal mit Jan gemacht, und wir haben dazu 5 Stunden gebraucht. Das muss nicht sein. Mit Jan hatte ich damals ein Kanu, so dass sich jeder auch mal ausruhen konnte, aber wir waren ziemlich fertig. Diesmal sind wir nur zwei Stunden gepaddelt, das war wunderschön. David hätte wohl gerne noch mehr gemacht, aber er wohnt nur ein paar Kilometer entfernt und wird sicher noch oft zurück kommen mit seinem neuen Kayak. Ich hätte ihm nicht gleich zu Anfang den allerschönsten Creek zeigen sollen, denn nun erwartet er immer so was tolles, denn dies ist wirklich das Beste in der Gegend. Hier kann man sich im Geiste wie die alten indianischen Ureinwohner fühlen.

Ja, wie ist es also am heutigen Tag? Auch hier etliche Restriktionen, aber immer noch sehr viel angenehmer zu leben, als in Deutschland. Ich verfolge natürlich alle Berichte von dort. Aber mein Rückflug ist immer noch nicht geklärt.

Mein persönliches Corona-Update

Der gestrige Tag war ziemlich schlimm, ich war total am Boden. Alle meine Gruppen sind nun eingestellt, auch Roger Fulton macht nichts mehr. Und auch mein geliebtes Fitness Center ist geschlossen. Zunächst hatte ich ja von meinem Reisebüro nichts gehört, aber dann kam eine Mitteilung, dass sie keine Buchung haben. Nachgeschaut, und tatsächlich, ich habe bei einem ganz anderen Reisebüro gebucht, bin halt ziemlich durch den Wind. Das habe ich zwar dann gleich angeschrieben, aber noch keine Antwort. Von Jeff kamen zwar einige Emails, aber sie zeigen nur immer deutlicher, dass er ein ziemlich Verrückter ist. Roger hatte ja schon vor ihm gewarnt. Es ging mir ziemlich schlecht und ich nahm mir vor, heute einfach raus in den Wald zu fahren und mich so richtig auszuradeln.

Doch dann kam es doch ein wenig anders. David, mit dem ich neulich den Blackbear Wilderness Trail gemacht habe, meldete sich und sagte, er hätte sich nun ein Kayak gekauft, ob wir was zusammen machen wollen. Welch eine Freude. Wir haben uns gleich für morgen verabredet und meine Stimmung ist um einiges gestiegen. Ohne Menschen als Ansprechpartner gehe ich kaputt, Virus hin oder her. Das hat mir dann so viel Kraft gegeben, dass ich zum Baumarkt gefahren bin und einige Kleinigkeiten gekauft habe. So kann ich nun im Garten rumwerkeln, das macht Spaß. Gestern hatte ich noch einen Erdbeerkuchen gebacken, und obwohl es wirklich keine Meisterleistung war, der Boden war viel zu dick, habe ich meiner Nachbarin ein Stück gebracht. Einfach um mal ein Wort zu sagen. Sie hat erwähnt, dass auch sie meistens zu Hause sitzt wegen dem Virus und sich langweilt. Deshalb habe ich sie heute eingeladen, um einen Wein gegen den Virus zu trinken. Gestern war ich noch bei Aldi, man rationiert dort tatsächlich das Klopapier und andere relevante Dinge, finde ich gut, aber zum Glück nicht den Wein. Davon gab es genug und meine vier Flaschen wurden nicht beanstandet. Wenigstens eine Medizin gegen all den Stress.

Jeff

Sonst schreibe ich hier nicht über persönliche Dinge, aber heute muss ich doch über den Besuch von Jeff berichten. Ich hatte ihn zweimal zuvor auf einem Bikeereignis getroffen und heute wollten wir ein wenig am Strand spazieren gehen. Er machte auf mich einen sehr netten und großzügigen Eindruck. Außerdem wollte er meine kaputte Steckdose reparieren. Er ist Elektroingenieur und kam auch mit einem kleinen Kasten voll Werkzeug. Aber vor allem mit einem Fieberthermometer. Er tat so als wolle er mir ja eigentlich nur das tolle Teil zeigen, man macht den Mund auf, hebt die Zunge hoch und dann misst das Gerät ohne Berührung auf Distanz. Mit 98,7 Fahrenheit bestand ich den Test. Und hatte ziemlich stark das Gefühl, dass dies doch ernst gemeint war.

Er bastelte an der Steckdose herum, versteht ganz sicher was davon, fand den Fehler aber dennoch nicht. Aber das ist nicht sein Fehler. In diesen alten Häusern ist so manches sehr seltsam verlegt und ich wollte nicht, dass er nun alle Steckdosen und die Sicherungsbox zerlegt. Also zum Strand. Es war ganz nett, aber ich war dennoch ziemlich enttäuscht. Ich hatte es ja schon in meinem letzten Blog geschrieben, die Amerikaner hier verstehen meine Probleme nicht, sie haben halt andere. So richtig aussprechen konnte ich mich nicht.

Dann kamen wir aber beim Essen im schönen Hidden Treasure auf Ponce Inlet auf Politik zu sprechen. Wir kennen ja eigentlich alle die Regel, in USA nie über Politik oder Religion zu sprechen. Doch dann waren wir mittendrin. Und das wurde so heftig. Mit Beschuldigungen du hast doch gesagt, nein du hast angefangen und solchen Infos wie: die Demokraten in New York unter Bloomberg töten neu geborene Kinder und nennen das Schwangerschaftsabbruch. Es wurde so heftig, dass wir uns fast an die Kehle gingen und die anderen Leute schon hersahen. Und ich muss doch mit ihm noch ein ganz langes Stück zurücklaufen und ihn dann in meinem Wagen mitnehmen.

In solchen Momenten kann ich aber ganz gut das Steuer umdrehen, ist mir in Marokko auch schon geglückt. Ich bat ihn eindringlich, nicht mehr über Politik zu sprechen und beantwortete einfach keinen seiner Sätze über dieses Thema mehr. Auf dem Weg zum Auto kehrte dann langsam wieder Ruhe ein und auf der Heimfahrt erzählte ich ihm von der Klimaanlage in meinem Auto. Sie kühlt nicht mehr genug und ich habe mich morgen in der Werkstatt angemeldet. Das brachte sofort wieder die Hilfsbereitschaft von Jeff zutage und wir schlossen Frieden. Zuhause kauften wir zunächst eine Flasche Kühlmittel, die er der AC dann fachmännisch einflössen wollte. 50 $ im Vergleich zu einer sicher viel höheren Werkstattrechnung. Doch zuvor schlug er vor, die Temperatur der Kühlung zu messen. Und dabei kam Erstaunliches zutage, die AC kühlt einwandfrei. Es war einfach nur mein Gefühl, das mir etwas anderes sagte. Alles in Ordnung also, Jeff fuhr heim und ich muss erstmal sehen, ob wir uns nochmal treffen. Mir geht es ganz klar darum, einen Menschen zum Austausch zu haben und vermutlich wird sich kein besserer finden. Meine geliebte Gruppe Explore Volusia hat nun auch alle Aktivitäten wegen dem Virus eingestellt. In Miami wurden die Strände geschlossen, hier sind sie noch auf. Wie lange noch?

Corona hat uns fest im Griff

Nur 4 Tage sind seit meinem letzten Blogbeitrag vergangen, aber in dieser kurzen Zeit wurde die Welt auf den Kopf gestellt. Nichts ist mehr so wie zuvor, auch in meinem Leben ist der Virus angekommen. Nein, keine Sorge, ich bin nicht krank. Aber mein Rückflug wurde gestrichen. Er sollte erst am 19. April sein, deshalb kann man jetzt noch nicht sagen, wie es weiter geht. In die Zukunft planen ist unmöglich geworden, was ich mir heute für morgen vornehme, kann morgen schon verboten werden. Die Grenzen sind gesperrt, Flüge werden gestrichen, in Marokko sind die Mittelmeerhäfen geschlossen, Reisebüros können vor Überlastung keine Anfragen mehr beantworten und Botschaften helfen nicht. Ich habe den zweiten Weltkrieg nicht miterlebt, aber es muss wohl ein wenig so gewesen sein. Es macht mir Angst. Und was die Sache noch verschärft ist, dass ich hier mit meinen Sorgen allein bin. Die Menschen, die ich hier kenne, sind Amerikaner, sie haben andere Sorgen als ich Ausländerin. Außerdem sind es oberflächliche Bekannte, mit denen ich zusammen kayake, Rad fahre oder wandere, und in den Gruppen sind immer andere Menschen. Jemand, mit dem man persönliche Aspekte austauschen kann, ist nicht vorhanden. Die Familie zu Hause ist nur klein, und auch sie haben Sorgen, wie es weitergeht. Die Schulen sind geschlossen, die Arbeitgeber versuchen, ob Homeoffice möglich ist.

Wenn ich allein im Haus bin wird es jetzt oft kritisch. Meine Gedanken kreisen nur noch darum. Mir ist ein geordnetes Leben wichtig, ich habe gern alles gut organisiert und weiß, wie die nächsten Tage aussehen werden. Und genau das geht jetzt nicht mehr und macht mir sehr zu schaffen. Hätte man einen Menschen an seiner Seite wäre es etwas einfacher, man könnte seine Sorgen teilen.

Daher ist es für mich lebenswichtig, dass meine sportlichen Aktivitäten weiter laufen. Und auch da fürchte ich, dass dies nicht mehr lange weiter geht. Dass die Bikeweek nach 8 Tagen vorzeitig abgebrochen wurde hat mich nicht sonderlich berührt, ich empfand diese Entscheidung als überfällig. Aber auch meine Gruppe Explore Volusia, die ja von der Kreisverwaltung veranstaltet wird und meist nur bis höchstens 25 Teilnehmer hat, überlegt schon, die Aktivitäten zu beenden. Roger Fulton ist da noch ein Hoffnungsschimmer, seine geführten Touren sind ja eher privater Natur und in kleinerem Kreis, er wird sicher weiter machen. Aber er ist nur noch bis zum 15. April da, ist ja auch ein Snowbird. Doch ist es möglich, dass auch er verlängert. Das Haus, in dem er hier zur Miete wohnt, gehört einer Dame mit doppelter Residenz. Sie ist zur Zeit in England und kann wahrscheinlich von dort nicht weg. Sie hat Roger angeboten, so lange zu bleiben, wie er will. Zudem in seinem Heimatstaat New York noch mehr Krankheitsfälle sind. Aber ich kenne Roger nun ein wenig, er ändert nicht gern Pläne.

Auf einer kürzlichen Tour habe ich Jeff kennengelernt. Er hat mich zum Essen eingeladen und wir haben uns sehr gut unterhalten. Eigentlich das erstemal, dass ich wirklich jemand für ein persönliches Gespräch getroffen habe. Das ist mir so wichtig zur Zeit. Er wohnt in dem magischen Ort Cassadaga und kommt heute auf einen Besuch. Ich freue mich sehr darauf, da ich diese menschlichen Kontakte im Moment so sehr brauche.