Archiv für den Monat: Juni 2013

5. Juni 2013 1001 Spa

Uschi feiert noch in diesem Jahr ihren 90. Geburtstag. Fiona studiert mit ihren gerade mal 19 Jahren bereits in Oxford. Manu hat in den letzten Monaten 40 kg verloren.
Was haben diese drei mit mir und den anderen acht Leuten zu tun, die zusammen an einem warmen Abend im Hotel Tazarkount sitzen und sich ein leckeres, in Manus Fall aber sehr mageres Essen, schmecken lassen?
Ich bin mal wieder auf meiner „Schönheitsfarm“ eingetroffen. Das Haus kannte ich bereits, als es noch Baustelle war, zusammen mit der Österreich Ilse bin ich hier herumgestiefelt und habe mir damals von Ilse ausmalen lassen, was sie so alles geplant hat. Damals hieß ihr Vorhaben noch Schönheitsfarm, heute jedoch sagt man Spa! Ilse hat Ende der 1980er ein ganz normales 4-Sterne-Hotel gebaut, es beherbergt hauptsächlich durchreisende Gäste, aber ein kleiner Bereich ist reserviert für „ihre Damen“, die durchaus auch Herren sein können. Wer einmal so richtig ausspannen will kommt für eine Woche her und lässt sich mal so richtig verwöhnen. Ein Bad in Eselsmilch, Wohlfühlmassagen mit Arganöl, Wassergymnastik und Kräuterfußbäder sind nur einige der Anwendungen, die man in der Erholwoche über sich ergehen lassen kann. Alles ist freiwillig, wenn Mohammed um 8.30 Uhr zur Gymnastik am Poolrand ruft ist dies kein Muss. Denn im Vordergrund stehen Entspannung und Erholung, nicht Stress. Aber dennoch hat Manu im letzten Herbst hier 6 Wochen verbracht und sich erfolgreich aufs Abnehmen eingestimmt, zu Hause hat sie weiter gemacht und bringt inzwischen 40 kg weniger auf die Waage. Nicht nur sie kommt immer wieder, auch die fast 90jährige Uschi war schon häufig da, allerdings begleitet von guten Bekannten, denn so fit sie ist, ganz allein würde sie nicht mehr auf die weite Reise nach Marokko gehen. Und auch alleinreisende Damen können sich hier absolut sicher fühlen, Ilse passt gut auf ihre Schäfchen auf.
Insgesamt sind 11 Damen und ein Herr da, und die meisten kommen regelmäßig ins schöne Afourer. Obwohl es in der Umgebung die beeindruckenden Wasserfälle von Ouzoud gibt oder den Stausee Bin-el-Ouidane, sind die meisten hier den ganzen Tag über im Hotel, denn es gibt ja eine Menge zu tun. Um 8.30 Uhr Gymnastik am Pool, dann Frühstück, um 10 Uhr warmes Kräuter-Fußbad, dann einzelne Anwendungen. Dazwischen bräunt man sich am Pool, der von einem duftenden Rosengarten umgeben ist und mittags wartet dort ein Barbecue mit frischen Salaten. Fünf Tibeter stehen danach auf dem Programm, gefolgt von Aqua-Gymnastik im geheizten Pool. Der Tag klingt aus mit der Hammam um fünf und einem Kräuter-Handbad. Dann hat man gerade noch Zeit, sich schön zu machen, bevor sich dann um 8 Uhr alle mit Ilse zum Cocktail treffen. Man sieht, volles Programm. Allerdings sieht man von Marokko recht wenig. Doch wo sonst hätte man ein solch angenehmes Klima und einen blühenden Rosengarten das ganze Jahr über.
http://marrakechtours.de/313.0.html?&L=0

31.5. Marrakech

Schon seit einer Woche wohne ich in Marrakech im Hotel Tichka und finde es einfach nur schön. Wenn ich am Morgen aufwache höre ich durch meine offene Balkontür die Vögel zwitschern, eine Klimaanlage ist zur Zeit völlig überflüssig. Und am Pool sind die Kellner dabei, die Tische fürs Frühstück zurechtzurücken, man holt sich am Büffet sein Frühstück und sucht dann am Pool einen schönen Tisch. Ein Mädel bereitet jeden Morgen frische Crepes zu. Dieses Hotel wurde 1986 von dem berühmtesten Architekten Marokkos, Charles Boccara, gebaut, der auch das Königliche Theater entworfen hat. Es hebt sich mit seinem Stil angenehm aus der Vielzahl der anonymen 4-Sterne-Hotels der Stadt heraus. In den 30 Jahren seines Bestehens hat es mehrmals den Besitzer gewechselt und dabei einige der Möbel und Details eingebüsst, zum Beispiel sind die Betten, deren Holzrückwände genau im Stil der Fensterrahmen waren, verschwunden, und einige Teile des Gebäudes werden nicht mehr benutzt. Doch ist noch immer die besondere Architektur erkennbar, vor allem das intime marokkanische Restaurant ist sehr gemütlich. Besonders schön ist der kleine, vom großen Piscine unter hohen, alten Bäumen dominierte Garten, auf der Terrasse werden an schönen Tagen die Mahlzeiten serviert, am Abend begleitet von einem Pianospieler mit sanfter Musik. Mein Zimmer hat einen kleinen Balkon zu diesem Garten, doch höre ich den Liedern aus den 70ern und 80ern gerne zu und der bulgarische, deutsch sprechende Musiker hört so rechtzeitig auf, dass der Schlaf der Gäste nicht gestört wird.
Jeder Tourist kommt nach Marrakech, um den Djemaa el-Fna zu sehen und durch die Souks zu wandern. Doch jeder, der Marrakech schon lange kennt oder sogar hier zeitweise wohnt, hält sich sehr viel lieber in der Neustadt auf. Und so war auch ich in dieser Woche noch nicht einmal in der Medina, werde aber heute Nachmittag hingehen, um einige Souvenirs einzukaufen. Dort findet man einfach die größte Auswahl. Gestern bin ich Richtung Stausee Lalla Takerkoust gefahren, weil ich einige große Keramiktöpfe kaufen wollte, Geschenke für Freunde zu Hause mit Garten, jeder meint, ich habe ja ein großes Auto und kann das gut transportieren, aber ich habe auch viele Freunde 😉 Gekauft habe ich am Ende jedoch keine Blumenkübel, sondern wunderschöne Tonkugel, in die Sterne und andere Muster geschnitzt sind. Man stellt dann eine Kerze darunter und es leuchtet wunderschön am Abend. Ich glaube, sie werden sich freuen. Wenn ich das Auto voll denn heil nach Hause bringe.
Ansonsten ging die Zeit hier vorbei mit Auto- und Schönheitspflege. Die Reifen wurden alle abmontiert, geprüft, neu ausgewuchtet und versetzt wieder montiert, so dass sie sich gleichmäßig abnutzen. Dann habe ich meine gerissene Seilwinde und auch deren defekten Motor reparieren lassen. Und schließlich bekam mein Auto noch eine komplette Inspektion in der Vertragswerkstatt. Zuhause ist nur nach 20.000 km ein Ölwechsel fällig, aber man sagte mir, dass bei Diesel mit geringerem Schwefelgehalt alle 10.000 km gewechselt werden soll. Und tatsächlich, in den Servicevorschriften von Land Rover Marokko steht, dass alle 10.000 km gewechselt werden soll. Beeindruckt hat mich, das Land Rover vollkommen vernetzt ist, man hat mein Auto im System gefunden und wusste genau, welche Arbeiten zuletzt gemacht wurden und was nun ansteht. Wollte nach der Rückkehr, wenn die Garantie abgelaufen ist, eigentlich zu einer freien Werkstatt wechseln, aber nun überlege ich mir das noch mal.
Hätte ich nun alle diese Arbeiten bezahlt wie ein normaler Mensch, so wäre ich doch ein kleines Vermögen losgeworden. Aber da zahlt es sich aus, wenn man Abdou kennt. Er wiederum kennt jeden hier, jeder schuldet ihm einen Gefallen und ich darf gar nicht laut sagen, was mich das denn alles zusammen gekostet hat.
Ohne Abdous Beziehungen oder Empfehlungen bin ich dann zu einem Friseur gegangen, den ich in der Nähe des Tichka gefunden habe. Und war auch hier sehr angetan. Mir lag vor allem eine Pediküre am Herzen, denn nach zwei Monaten mit Sandalen in trockener Wüste hatte sich sehr viel rissige Hornhaut gebildet. Ich habe dafür und einen kompletten Haarschnitt mit Waschen und Föhnen 141 DH bezahlt. Gab den Mädels natürlich noch ein gutes Trinkgeld.
Den Rest der Zeit habe ich mit Freunden verbracht. Auch der Filproduzent Kamal ist gerade in Marrakech und wir hatten eine gute Zeit, dann traf ich meinen netten Kunden, mit dem ich in Agdz ein Picknick veranstaltet hatte, ich traf Akkal aus dem Forum und ging mit ihm auf Einladung von Abdou zu einem Abendessen.
Dieses Essen ist einfach nicht mit Worten zu beschreiben. Weder kennt man in Deutschland ein auch nur annäherndes Ambiente, noch wird je einer meiner Leser in die Nähe eines solchen Platzes kommen, es ist einfach eine andere Liga. Ich kann es euch nicht nahe bringen, weil es zu gigantisch ist, aber ich versuche es mal. Hier ist die Internetseite:
http://www.palaisnamaskar.com
Das Palais Namaskar ist sogar eigentlich in deutscher Hand, denn es gehört zu Oetker. Es liegt einige Kilometer außerhalb der Stadt in der Palmeraie auf einer Fläche von 12 Hektar. Darin untergebracht sind nur 41 Einheiten für Gäste, teils Suiten, vor allem aber „Palaces“ mit privatem Pool und jeglichem Komfort. Dazu ein wirklich gigantisches Restaurant und ebensolche Preise. Völlig umgehauen hat mich die großartige Wasserlandschaft, das Essen und der Service allerdings nicht so. Bei Lafer isst man besser für weniger Geld. Dennoch war es ein tolles Erlebnis. Auch als ich gestern in der Neustadt meine Freunde sozusagen zum Abschiedsessen eingeladen habe in einem schicken Bistro mit preiswertem Mittagstisch fand ich das eigentlich schmackhafter. Ein paar der Servicemängel waren: Abdou hatte mit der Directrice ausgemacht, dass wir die Zimmer besichtigen, sie hatte auf uns gewartet und der Empfang sollte ihr Bescheid sagen. Tat er nicht. Weinflaschen, Champagner und Bierflaschen, die von Gästen zum Aperitif auf der Terrasse bestellt wurden, kamen geöffnet an den Tisch. Die Teller für unser Hauptgericht waren nicht vorgewärmt, das Essen fast kalt.
So, nun geht’s ab zu Abdou’s Büro, zum Ausgleich muss ich ihm für einige Stunden dort helfen.

24.5. Picknick

Es war noch einmal ein schöner Abschluss meiner Zeit in Marokkos Süden. Denn leider gehen auch drei Monate mal zu Ende und ich muss nun Richtung Norden aufbrechen. An diesem letzten Tag habe ich auf einen Kunden gewartet, der eine Reise bei mir gebucht hatte (danke Bärbel) und ganz allein mit einem Geländewagen und Chauffeur durch Marokko gereist ist. Wir hatten schon vorher, als ich die Reise für ihn zusammenstellte, einen netten Emailkontakt, wo der Wunsch aufkam, dass man sich doch mal persönlich kennen lernt, und so wartete ich nun in Agdz auf seine Ankunft. Am Tag zuvor stand in seinem Programm ein ganztägiges Trekking im Gebiet des Djebel Sarho und so war die Strecke für den heutigen Tag nur kurz, unterwegs war ein Picknick geplant. Ich rief den Chauffeur an und dirigierte ihn kurzerhand um, er soll doch gleich nach Agdz kommen und wir machen das Picknick zusammen.
Zunächst einmal aber gab es zum Empfang einen Tee in der Kasbah und Dieter war bereits total begeistert von dem Charme des Gebäudes. Dann fuhren wir zu dem „Piscine naturelle“, den ich zusammen mit Kamal entdeckt hatte. Der Chauffeur Khalid bereitete unser Picknick zu. Mir ist aufgefallen auf dieser Reise, dass viele Agenturen für eine solche Tour einen Fahrer und einen Guide einsetzen und sogar manche, wenn es unterwegs ein Picknick gibt, auch noch einen Koch. So traf ich tatsächlich unterwegs einen Minibus einer deutschen Agentur mit diesen drei Mitarbeitern, die nur ein einziges Ehepaar kutschierten. Also ich muss sagen, dass meine Methode des Mädchens für alles die bessere ist (und auch kostengünstiger). Wenn zwei, drei Einheimische zwei Touristen fahren ist es ganz natürlich, dass die Einheimischen sich viel in ihrer Sprache unterhalten. Wenn es aber nur den Fahrer gibt muss er sich automatisch immer mit dem Gast unterhalten und die meisten meiner Kunden kommen zurück und sind vom Fahrer begeistert, sagen, er ist mein Freund. Auch wenn unsere Fahrer kein Deutsch sprechen, sondern höchstens ein wenig englisch. Und auch Dieter kommt und begrüßt zunächst alle in Arabisch, mit der ganzen Abfolge der Fragen, die zu einer solchen Begrüßung gehören, das hat ihm Khalid schon alles beigebracht.
Wir verbringen den ganzen Nachmittag an dieser herrlichen Stelle, keiner hat Lust aufzubrechen und wir erzählen endlos. Doch einmal müssen wir doch zurück, vor allem, weil ich ja Dieter noch die weite Anlage der Casbah des Arts bei gutem Licht zeigen und die Geschichte erklären möchte. So machen wir es und kurz vor Sonnenuntergang gehen wir dann auch noch in die gegenüberliegende Kasbah Caid Ali, um den geschichtlichen Exkurs abzuschließen. Halt, abgeschlossen haben wir das ganze natürlich erst mit dem guten Abendessen, das uns Mohammed mal wieder gekocht hat. Denn in der Casbah des Arts ist auch das Essen sehr gut und reichhaltig. So ging ein schöner Tag zu Ende und gleichzeitig leider auch meine Zeit in Marokkos Süden, morgen geht es erstmal nach Ouarzazate.

21.5. Agdz

In Agdz ist es einfach immer unglaublich. Kaum eingetroffen fangen wir an zu reden und das geht so weiter bis ich kurz vor Mitternacht endlich todmüde in mein Bett falle. Mit Kamal ist es immer interessant. Zunächst haben wir eine Tour durch alle Zimmer gemacht. Er hat ja ein großartiges Werk vollbracht, indem er eine 400 Jahre alte Kasbah, die zudem eine sehr reizvolle Lage hat, wunderschön restauriert hat. Für mich ist es die schönste Kasbah in ganz Marokko, die für Gäste zum Wohnen geöffnet ist. Das hätte ich nie besser machen können, wenn ich nun zufällig reich wäre. Aber in den Zimmern hapert es noch ein bisschen. Ich wohne in so vielen Hotels und Riads in Marokko, kenne die wichtigsten Bedürfnisse der Reisenden, so kann ich ihnen noch Tipps geben, wie sie es mit kleinen Mitteln verschönern.
Und dann sind wir wieder auf Entdeckungsreise an den Dra gegangen. Kamal hatte am Tag zuvor ohne mich (!) den Djebel Kissane bestiegen und von oben ein zerfallenes Dorf entdeckt, das zwar ganz nah an Agdz liegt, das er aber noch nicht kannte. Und direkt daneben ein Hotel. Vor allem letzteres hat mich verblüfft, da ich glaubte, alle Hotels der Region zu kennen. Also machten wir uns auf. Das Dorf unter hohen Palmen nicht weit vom Dra fanden wir schnell, wenn wir auch zunächst keinerlei Hinweise auf dessen Geschichte hatten. Es war vollkommen verlassen, bis auf ein neu restauriertes mächtiges Gebäude daneben, ein verschlossenes Privathaus. Das Dorf war völlig verlassen, keinerlei Lebenszeichen war zu entdecken. Wir spazieren unter schattigen Palmen bis zum Dra, der an dieser Stelle erstaunlich viel Wasser führt, man kann sogar schwimmen. Und plötzlich standen wir vor einer hohen, mit spitzen Glasscherben geschützten Mauer. Das muss das Hotel sein. Wir fanden einen Fußweg entlang der Mauer und standen plötzlich mittendrin. Und lernten Juan und seine junge, hochschwangere, marokkanische Frau kennen.
Der spanische Fotograf Juan Munoz hat versteckt im Palmenhain von Agdz direkt am Ufer des Dra eine wunderschöne Anlage erbaut, die weder mit Schild und Wegweiser bezeichnet wurde, noch mit dem Wagen zu erreichen ist. Von ihm erfuhren wir auch, dass der verlassene Ksar Hara heißt und von Juden bewohnt war, die zurück nach Israel gingen, und dass das restaurierte Haus seine Wohnung ist. Dort muss man parken und wird dann von Angestellten abgeholt und zu Fuß zum Hotel geleitet, der schmale Weg reicht noch nicht mal für einen Eselskarren. Doch dann kommt man in einen lauschigen Garten, in dem 14 gemütliche Lehmbungalows auf Gäste warten. Sie sind sehr nett und liebevoll eingerichtet, mit vielen Details, die der Fotograf Juan auf seinen vielen Reisen durch die Welt gesammelt hat. Alle Zimmer sind mit Bad, aber der Strom kommt nur von Sonnenenergie und am Abend wird alles romantisch mit Kerzen erleuchtet. Hoch über dem Oued Dra ist eine Aussichtplattform mit direktem Blick zum Dra und zu der schönen Kasbah Taliouine auf der anderen Seite. Dort tranken wir dann zusammen Tee und schnell stellte sich heraus, dass Juan genau so gerne nach Mauretanien reist wie ich. Und die Krokodile von Matraucha noch nicht kannte, die sich ja aufgrund der schönen Lage viel mehr für Fotografen eignen als die von Matmata. Ich versprach ihm die GPS-Koordinaten. Der Nachmittag verging mit Gesprächen über das Reisen und Mauretanien.
Und der Abend in der Kasbah mit Gesprächen über Gott und die Welt. So liebe ich meine Reisen.

13.5.

Das waren ganz sicher die zwei schönsten Tage auf der ganzen Reise. Ich fuhr nach Agdz, um dort Abdelilah zu besuchen, den ich im Jahr 1988 kennenlernte, als er 20 war. Und diesen Besuch wollte ich kombinieren mit einem erneuten Aufenthalt in der Casbah des Arts. Ich hatte diese Kasbah und damit Kamal, ein marokkanischer Filmproduzent, vor 1 ½ Jahren entdeckt. Diese Kasbah ist ganz eng mit meinen ganz frühen Marokkoerlebnissen verknüpft. Es war eine Ruine, als ich sie 1988 zum erstenmal sah, aber direkt daneben war eine noch bewohnte Kasbah, und mit dieser Familie war ich eng verbunden. Ich hätte diese Ruine damals am liebsten gekauft, aber sie war nicht verkäuflich und sie hat mir immer am Herzen gelegen. Und dieser Kamal hat sie Jahre später für sich entdeckt. Zusammen mit dem Besitzer, Abderzak, hat er sie wunderschön restauriert und als Gästehaus eingerichtet. Ich habe damals 2 Tage dort verbracht und das besondere waren außer dem herrlichen Gebäude die langen Gespräche mit Kamal. Er ist ein sehr interessanter Mensch voller Ideen. Seine Filme wurden schon auf der Berlinale ausgezeichnet.
Am ersten Tag schlug ich vor, eine bestimmte Piste zu suchen und daraus wurde eine unglaublich schöne Fahrt. Beide kamen mit, Kamal war ein rasanter Fahrer und fuhr die härtesten Pisten. Ich habe nur immer gedacht, wie gut, dass wir nicht mit meinem Land Rover gefahren sind, ich hätte Todesangst um den armen Wagen gehabt. Wir entdeckten ein Marokko, von dem wir schon dachten, es gäbe es nicht mehr. Wunderschöne Landschaften, vollkommen unberührte Dörfer, ein tiefgrüner, glasklarer See im Dra, in dem wir schwimmen konnten. Und das alles in einer Entfernung von vielleicht 20 km von Agdz. Selbst Abdelilah, der hier geboren wurde, hatte diese Dörfer noch nie gesehen. Es sind die Dörfer am Oberlauf des Dra. Er hat hier, zumindest in dieser Jahreszeit, Wasser, und die Landschaft ist unglaublich schön. Vor allem, wenn die Asphaltstraße endet und es nur noch über Pisten weitergeht. Wir sind schmale Pisten gefahren, die auf der einen Seite hoch aufragende sonnenverbrannte Felsen hatten, auf der anderen die tiefgrünen Palmen und Obstbäume darunter und dann das schlängelte sich der von blühendem Oleander gesäumte Dra dort entlang. In den Dörfern saßen die Leute vor den Häusern und ich schwöre dir, sie hatten noch nicht viele Touristen zu Gesicht bekommen. Wir waren ja auch keine. Kamal ist aus Chichaoua (zwischen Marrakech und Essaouira), er konnte sich mit den Leuten kaum verständigen. Aber dazu hatten wir ja Abdelilah, er spricht die örtliche Berbersprache, und wenn er sagte, er ist aus Asslim von der Familie Ait el Kaid, so kannte natürlich jeder den damaligen Kaid, dies ist eine geschichtlich sehr bedeutsame Familie für diese Region.
Ich blieb noch den nächsten Tag und war richtig traurig, dass wir kein Ziel mehr hatten. Das Ziel des ersten Tages war ja, Informationen über die angeblich im Bau befindliche Straße nach Skoura zu entdecken sowie noch einmal zu den Cascades Tizgui zu fahren, die ich seit 1995 nicht mehr gesehen hatte. Beides war erreicht worden. Allerdings hatten uns die Dorfbewohner von weiteren Kaskaden erzählt, die ganz unbekannt sind. Also schlug ich vor, diese zu suchen.
Meine beiden Männer brauchten nicht lange überredet zu werden, sie kamen begeistert mit. Zunächst kauften wir aber noch Brot und Ölsardinen ein, ich wollte ein Picknick. Dann gingen wir zum Fotogeschäft, wo angeblich Fotos von den Wasserfällen aushingen, und wollten den Fotografen befragen. Aber der Laden war zu. Deshalb beschlossen wir, einfach wieder eine schöne Piste zu fahren. Und die hatte es wieder in sich. Hier sind ganz viele Pisten, jeweils zu versteckten Dörfern, Strecken, die man als Fremder nie finden könnte. Aber Abdelilah konnte ja immer fragen. Und dann fanden wir ihn, unseren Piscine naturelle. So eine unglaublich schöne Stelle, das kann man auf Fotos niemals festhalten. Da muss man hin. Übrigens hatte mein GPS die ganze Zeit leere Batterien, ich habe also nichts aufgenommen und will es auch nicht in meinen Büchern bringen. Das bleibt unser kleines Paradies. Wir machten ein Picknick am Wasser, die Männer schwammen, es war einfach wieder ein schöner Nachmittag.
Doch das hat Kamel natürlich noch nicht gereicht, er musste weiter. Hat mal wieder von der Bergeshöhe eine neue Piste entdeckt und wir nichts wie los. Als wir mal wieder anhielten, um einfach nur zu schauen und zu fotografieren kam ein Mann vorbei mit einem schweren Sack auf dem Rücken. Die beiden fragten sofort, was drin ist, es waren Datteln, und kauften dem Mann den Sack für 20 Dirham ab. Und nicht nur das, sie ließen ihn noch zurück zu seinem Oasengarten laufen und er brachte uns einen Korb voll der ersten Aprikosen. Kamal gab ihm 10 Dirham dafür, und der glückliche Blick des Mannes zeigte, es war genug für ihn.
Da sah ich unseren platten Reifen. Aber auch das kein Problem, Abdelilah hatte mich in jungen Jahren ja schon oft auf Pisten begleitet und ist ein geübter Reifenwechsler.
Inzwischen leuchtete auch langsam die Tankanzeige gelb auf, die Sonne stand schon sehr dicht über den Bergen, aber Kamal hatte immer noch mehr Ideen. Wir kamen in ein kleines Dorf, wo sich die Männer nach getaner Arbeit vor den Häusern versammeln. Unser Auftauchen war natürlich das Ereignis. Hätten wir gewollt und Zeit gehabt, wir wären zum Tee, zum Abendessen, zum Übernachten eingeladen worden. Aber Kamal wollte weiter. Und auch ich habe ja für den nächsten Tag schon wieder ein neues Programm. Als unsere Piste schließlich völlig aussichtslos im Flussbett endete gab auch Kamal auf und wir mussten auf dem gleichen Weg zurück. Nahmen noch Chef von zwei Dörfern zu seinem zweiten Dorf mit und kamen lange nach Anbruch der Nacht in Agdz an.
Und morgen muss ich weiter, wie schade.