Archiv für den Monat: Juli 2024

Just Love Festival

Nach 7 Wochen „Hausarrest“ drängt es mich natürlich, wieder unter Menschen zu kommen. Und so hatte ich mich für das Just Love Festival angemeldet. Dazu muss ich natürlich erst den Hintergrund erklären. Ich bin ein ziemlich realistischer Mensch und ganz sicher kein Esoteriker. Aber ich hatte mal eine Auszeit bei Yoga Vidya in Bad Meinberg gebucht und mich dort recht wohl gefühlt. Peter, ein Freund von mir, ist aber voll auf der esoterischen Schiene und hat mir von diesem Festival erzählt. Da es ganz in unserer Nähe liegt und er mich auch mitnehmen will habe ich mich sehr darauf gefreut, die erste Unternehmung nach so langer Zeit. Auf der Website steht:

Shree Peetha Nilaya ist ein heiliger spiritueller Zufluchtsort, der sowohl als Ashram als auch als Zentrum für Veranstaltungen und Retreats dient. Hier können sich Menschen tief mit Gott verbinden und seine Gegenwart erfahren unter der Führung des gottverwirklichten Meisters Paramahamsa Sri Swami Vishwananda.

Das weitläufige Gelände liegt bei dem kleinen Taunusort Springen und schon bei der Anfahrt konnte man an den vielen Autos sehen, dass es gut besucht sein würde. Viele, viele Besucher, ich würde sogar sagen, die Mehrheit, kam aus dem Ausland. Ich sah Autos aus Frankreich, Italien, Holland, Polen, Litauen, Ungarn, um nur ein paar zu nennen. Zu Beginn steht eine riesige Zeltstadt, wo man übernachten kann, ein weiterer Bereich war mit Wohnmobilen zugeparkt. Das ganz Gelände sehr schön geschmückt und man hat auch viele Angebote mit Musik und Yoga gemacht.

Schon vorher sprach mich Peter darauf an, wie ich mich kleiden soll. Ich habe das, ganz so wie es meine Art ist, zwar erst mal weggewischt. Aber dann überlegte ich es mir doch und zog mein marokkanisches Wüstenoutfit zum Kamelreiten an. Ich glaube, es hat ganz gut gepasst und es waren wirklich auch fast alle Besucher irgendwie orientalisch angezogen. Seine direkten Gefolgsleute natürlich alle im gelben Sari, aber andere halt einfallsreich und hübsch, die Frauen meist mit langen bunten Röcken.

Das Festival geht über 3 Tage, wobei der erste Tag für Besucher kostenlos ist, was wir ausgenutzt hatten. Ich bekam als erstmalige Besucherin sogar ein schönes Geschenk. Die ganze Organisation und das künstlerische Angebot waren toll, da gab es nichts auszusetzen. Was mir nicht gefiel war das Essen. Es hieß, es gäbe an allen Tagen kostenloses veganes indisches Essen. Das war für mich eine Riesenenttäuschung. Ich glaube, jeder tote Inder hätte sich im Grabe umgedreht. Es war einfach etwas Gemüse und Kartoffeln in Wasser gekocht und kaum gewürzt.

Aber egal, ich hatte nichts nötig und für die, die etwas mehr essen wollen, gab es schöne Essenstände gegen Geld. Nichts einzuwenden.

Aber dann kam der gottverwirklichte Meister. Oje. Das ist nicht mein Ding. Mit großem Gefolge zog er ein, seine Anhänger warfen sich zu Boden und küssten die Erde. Dann wurde ihm auf der Bühne gehuldigt, er wurde mit Blumen überhäuft, hielt eine Ansprache und schon war er wieder fort. Ich auch nach dieser Ansprache, aber der Abend ist noch lang und es folgen ja noch zwei Festivaltage ohne mich. Ich glaube, seine Anhänger sind mit der Veranstaltung sehr zufrieden.

Wikipedia sagt u.a. über ihn:

Swami Vishwananda wurde am 13.6.1978 in Beau Bassin-Rose Hill, Mauritius, geboren und ist Gründer des Bhakti Marga, einer neohinduistischen Organisation, die in vielen Ländern Ashrams und Tempel unterhält. Vishwananda ist umstritten. Ende 2022 hatte Bhakti Marga etwa 10.000 Anhänger und zwischen 30 und 50 Ashrams weltweit. Bis Ende 2023 hatte Vishwananda rund 50.000 Anhänger, darunter 450 initiierte männliche und weibliche Brahmacharis sowie 50 männliche und weibliche Swamis und Rishis. Sie alle haben das Gelübde abgelegt, allen materiellen Dingen zu entsagen, dem Prinzip der Gewaltlosigkeit zu folgen und sich ganz auf das Göttliche zu konzentrieren.

7. Woche

Letzten Donnerstag hatte ich den Termin 6 Wochen nach der OP. Ein Röntgenbild wurde angefertigt. Zwar war alles gut verheilt, aber der Ballen begann sich wieder etwas zurückzubilden. Deshalb sollte ich in der Nacht nun eine Schiene tragen. Außerdem konnte ich wieder normale Schuhe tragen und schlüpfte in Teva Sandalen, weil die sich gut anpassen lassen. An diesem Tag stand viel auf dem Programm, einerseits dieser Besuch, der in einer Klinik Frankfurt stattfand und so schon mehr Schritte erforderte, andererseits hatte meine Fahrerin, Schwiegertochter Geli, Geburtstag, und den feierten wir zunächst auf dem Markt an der Konstabler Wache. Später dann bei ihr zu Hause und alles in allem kamen an diesem Tag 5.275 Schritte zusammen, die höchste Zahl bisher.

Doch auch am nächsten Tag gab es etliches zu erledigen, zum Beispiel musste ich meine Schiene besorgen und auch ins Therapiezentrum, um Termine für Physio festzulegen. Nur die Großzehe muss behandelt werden. 5.245 Schritte waren es diesmal. Aber schon am Abend stellte ich fest, dass der Fuß stark geschwollen war, mehr als jemals zuvor. Trotzdem legte ich die Schiene an, die mir aber Schmerzen bereitete.

Am dritten Tag tut der Fuß weh, ist stark geschwollen. Am Vormittag trage ich noch meine Teva-Sandalen, am Nachmittag wechsle ich zum ungeliebten Vacopedes. Und beginne Tagebuch zu führen, denn die Geschichte scheint mir nicht gut zu verlaufen und ich überlege, mit meiner Ärztin zu sprechen. Die Schiene reiße ich mir in der Nacht vom Fuß, weil sie mir starke Schmerzen verursacht.

Auch am 4. Tag ist der Fuß im Ganzen stark geschwollen, passt nicht mehr in normale Schuhe, trage Vacopedes, lege hoch und kühle oft. An diesem Tag nur 2211 Schritte. Da die Schwellung nicht zurück geht sende ich am 6. Tag schließlich eine Email an die Ärztin. Sie antwortet schnell und meint, das sei ganz normal, nachdem der Fuß nun mehr belastet würde. Außerdem verschreibt sie mir Kompressionsstrümpfe und weitere Lymphdrainage.

Das muntert mich auf. Wenn es normal ist, dann muss ich da wohl durch. Also ziehe ich am 7. Tag unter großen Schwierigkeiten den Kompressionsstrumpf an, dazu Turnschuhe und begebe mich auf ein Festival. Allerdings mit dem Vorsatz, mich dort hauptsächlich auf die Wiese zu legen. Und mit am Ende 5.938 Schritten überstehe ich das auch recht gut, ohne Strumpf hätte ich es bestimmt nicht so gut gemacht.

6. Woche

Nachdem ich die Krücken weggelegt hatte, habe ich ja auch gleich hoffnungsfroh meine Fitnessuhr wieder angezogen und gemeint, dass es nun auch mit den Schritten wieder aufwärts geht. Das war ein Trugschluss. Ich habe schnell gemerkt, dass mir so bis zu 2.500 Schritte guttun, mehr nicht. Trotzdem ist es natürlich eine Riesenerleichterung, keine Krücken mehr zu brauchen und auch zwei volle Gläser tragen zu können. Aus dem Bett konnte ich auch meine Teppichrolle rausnehmen, muss den Fuß nachts nicht mehr höher lagern.

Am Tag 34 nach OP waren es 3.732 Schritte und das war einfach zu viel. Ich hatte einerseits Besuch, bin dabei wohl zu viel durch die Wohnung gelaufen, und außerdem hatte ich den ganzen Nachmittag, abgelenkt durch das intensive Gespräch, das Bein nicht hochgelegt. Das hat sich gerächt. Fuß geschwollen, Schmerzen, ich habe sogar wieder eine Ibu genommen. Und am Sonntag dann nur geruht mit nur 1.400 Schritten.

Das tat so gut, dass ich am Montag, Tag 36 nach OP, das Autofahren ausprobieren und meine Familie besuchen wollte. Es war ein voller Erfolg. Autofahren geht prima, ist ja der linke Fuß und der Wagen Automatik. Habe das Laufen eingeschränkt, 3.000 Schritte waren okay. Und das Essen bei der Familie einfach hervorragend.

So langsam bekomme ich aber Probleme mit meinem Vacopedes. Die Plastik-Abdeckhaube löst sich trotz der Riemen mit Klettverschluss, rutscht immer mehr vor, so dass ich einen gaaanz langen Fuß bekomme. Der Unterteil des Schuhs ist inzwischen so uneben, dass es mir an der Fußsohle weh tut. Habe deshalb versucht, normale Schuhe anzuziehen, was in meinem Fall Teva-Sandalen bedeutet. Mit dem Klettverschluss kann man ja die Weite variabel gestalten. Denn es ist ganz klar, der operierte Fuß ist zwar nicht rot entzündet, aber dennoch geschwollen und breiter als der andere. Alles in allem hat sich die Sandale nicht bewährt und ich ziehe weiter den Vacopedes an, nur ohne die Abdeckung. Und in der Nacht lasse ich die Plastikteile ganz weg, entgegen der Anordnung meiner Ärztin. Und nur zur Information, ich hatte über diese Wochen hinweg zweimal die Woche Lymphdrainage. Das tut nicht nur gut, der Therapeut kam zu mir nach Hause und war damit auch die einzige Bezugsperson, mit der ich über meinen Fuß sprechen konnte. Natürlich ist er kein Arzt, aber hat doch Erfahrung mit Hallux-Patienten und ist auf jeden Fall gesprächiger als meine Ärztin.

Heute nun kam das Highlight. Am Tag 39 nach OP bin ich erstmals wieder zu einer Veranstaltung gegangen! Wie schön, endlich wieder raus und ein Gefühl von Freiheit erleben. Bin mit dem Auto zu einem italienischen Feinkostgroßhändler gefahren, der Tag der offenen Tür hatte. Konnte auch direkt vor der Halle parken. Und drinnen habe ich meinen Fuß überhaupt nicht mehr gespürt, als ich die vielen Köstlichkeiten probieren konnte, da war alles vergessen. Italienische, französische Weine und Champagner, sogar ein paar deutsche, Pasta, Kuchen und was weiß ich nicht was alles, ließen mein ganzes Leid vergessen. Klar, zurück zu Hause ist dann nur noch Ruhe angesagt, aber das war es einfach wert!