Archiv für den Monat: März 2023

Florida – Marokko

Der Frühling ist diesmal ausgefallen in Florida, wir sind gleich in den Sommer eingestiegen mit gut 30 Grad jeden Tag. Das ist genau mein Wetter, da lebe ich auf. Wenn …. Ja, wenn ich nicht am Wochenende heim müsste. Heim ins kalte Taunusstein. Für Sonntag sind da 5 Grad gemeldet. Ja, was soll denn das? Ich dachte der Klimawandel kommt. Es könnte mich richtig depressiv machen, wenn ich nicht wüsste, dass ich nicht lange bleiben werde, es wird gleich weiter nach Marokko gehen.

Aber zunächst muss ich hier alles für den langen Sommer und die Hurrikan Saison vorbereiten. Es tut mir in der Seele weh, mein Heim zu verlassen. In Taunusstein ist das nicht so, da mache ich die Tür zu und fertig. Aber in diesem kleinen Häuschen hier steckt mein Herz, ich verlasse es nicht gerne.

So langsam muss ich meinen Kopf umstellen auf Marokko. Drei Jahre war ich coronabedingt nicht dort, hatte innerlich eine Mauer gegen Marokko aufgebaut, kann nicht erklären wieso. Aber so langsam vermisse ich es doch. Habe natürlich jetzt schon Angst vor der langen Fahrt und dem teuren Benzin, die Vorfreude hat sich noch nicht eingestellt.

Beach Wetter

Heute ist wirklich herrliches Beach Wetter gemeldet, das letzte Mal für die nächsten Wochen. Deshalb sollte ich ja wohl zum Strand gehen. Mit dem Rad nach Ponce Innlet fahren wie letzten Sonntag, das war so schön. Ich gehe in den Garten und spüre die heiße Sonne auf meinen Schultern. Herrlich. Doch ich bin heute früh schon 20 km Rad gefahren und es wären weitere 40. Und wir haben Spring Break, der Strand ist knallvoll. Und mein Pond ist verdreckt und zugewachsen, darum wollte ich mich doch auch kümmern.

Also Bikini angezogen und das Kayak rausgeholt. Wirklich das ideale Wetter dafür, wer braucht schon einen Strand. Der Pond, Deutsche würden wohl sagen ein Teich, ist völlig mit den Dollar-Weeds zugewachsen (https://en.wikipedia.org/wiki/Hydrocotyle_umbellata). Wie schön wäre es, wieder ein wenig Wasser zu sehen. Also steige ich ins Kayak. Halt, das geht zu schnell. Denn es ist nicht so leicht in meinem Pond ins Kayak zu steigen. Zwar gelingt mir das in Floridas Kanälen und selbst auf dem deutschen Rhein, aber dieses Kayak kippt und dreht sich und ich liege bis über den Kopf im verdreckten schlammigen Wasser, in dem Schlangen und Schildkröten leben. Auch die berühmte Schnappschildkröte, die durchaus mal beißen kann.

Egal, neuer Versuch. Ich paddele zu den Weeds und versuche, sie mit dem Rechen etwas loszureßen. Dann muss ich aber wieder ans Ufer, aussteigen, vom Ufer her den Rechen auf die losgerissenen Inselchen werfen und sie an Land ziehen. Eine Mordsarbeit, für die man sich einen Helfer wünscht, der an Land steht und ziehen kann. Oder auch meine Versuche filmt. Stattdessen muss ich immer wieder aussteigen, einsteigen, ins Wasser fallen. Nach etwa 4 Stunden habe ich aber den Durchbruch zum offenen Wasser geschafft und kann rüber paddeln. Schluss für heute. Eine Dusche ist nun angesagt. Aber zunächst muss ich den Bikini ausziehen. Versuche es erst im Badezimmer, merke aber ganz schnell, dass dies keine gute Idee ist. Gehe also raus in den Flur, ziehe die Sachen runter und raus fällt der ganze Schlamm. Auch als ich unter der Dusche stehe bin ich völlig erschüttert, wo überall sich der Schlamm festgesetzt hat. Ich schrubbe und schrubbe und komme endlich einigermaßen gesäubert wieder raus. Völlig erschöpft, aber auch zufrieden setze ich mich in mein Patio, ein Cocktail in der Hand und schaue befriedigt auf meine geleistete Arbeit.

Oh wie werde ich das vermissen. Ich will nicht zurück nach Deutschland, will nicht, will nicht …

Withlacoochee State Trail

So lange schon wurde mir von diesem Trail berichtet und dass er noch für mein Buch fehlt. Doch ist er 74 km lang, die man natürlich auch zurück fahren muss. Und ziemlich weit weg. Ich habe dafür 3 Tage veranschlagt und benötige eine Übernachtungsmöglichkeit, eine, die mich nicht arm macht. Deshalb war ich zunächst ziemlich geschockt als ich entlang des Trails nach Möglichkeiten suchte über die horrenden Preise und entschied mich schließlich für ein AirBnB in Ocala. Zwar ziemlich weit von den jeweiligen Einstiegspunkten entfernt aber machbar.

AirBnB

Also mal wieder ein AirBnB in Florida, bei denen ich ja sehr gemischte Erfahrungen gesammelt habe und noch nie eins hatte, mit dem ich vollends zufrieden war. Als Gastgeber wurde mir Marquise genannt, Superhost. Habe mir warum auch immer eine weiße Frau vorgestellt. Es öffnete mir ein schwarzer Mann. Nun bin ich durch meine Reisen an Menschen vieler Hautfarben gewöhnt, mir kommt es auf die Persönlichkeit an, gerade in Marokko habe ich herzliche Freundschaften mit Menschen, die deutlich dunkler sind als ich. Aber in USA ist das anders, wie ich von meiner afroamerikanischen Freundin weiß. Dort ist die Trennung zwischen schwarz und weiß viel tiefer, was man ja auch durch die schmerzliche Geschichte verstehen kann. Ich trat Marquise also sehr freundlich entgegen, aber ihm ein Lächeln zu entlocken war nicht so einfach. Dazu kam dass im zweiten Gästezimmer ein weiteres schwarzes Paar war, die mich keines Blickes gewürdigt haben. So schade, ich hätte mich gerne mit ihnen unterhalten.

Rail-to-Trail

Aber ich bin ja hier zum Radfahren. Auf der Anreise hatte ich bereits den Santos Trail gefahren, auch der sehr berühmt und dann ging es zum Withlacoochee. Also, ich hatte ja echte Schwierigkeiten, dieses Wort auszusprechen, ein richtiger Zungenbrecher. Vor allem, da ich das Wort zunächst nur mündlich gehört hatte und mir nichts darunter vorstellen konnte. So langsam bekomme ich es nun hin. Es ist ein Rail-to-Trail. Mitte des 20. Jahrhundert wurden in Florida Bahnstrecken gebaut, die den bis dahin einzigen Transport per Dampfboot ersetzen sollten. Das ging aber nur wenige Jahrzehnte, dann wurden die Strecken still gelegt und das Land mit Autostraßen zugepflastert. Noch heute ist das Auto das einzig vollwertige Transportmittel im Land für Menschen und Waren. Aber das Land entlang der Strecke war im Staatsbesitz, einiges wurde privat verkauft, aber zum Glück auch einiges erhalten. Und dann zu herrlichen Radwegen ausgebaut. Diese sind natürlich meist sehr geradlinig und flach.

Der Withlacoochee beginnt eigentlich mitten in der Landschaft, obwohl Dunnellon nur wenige Kilometer entfernt ist. Aber ich denke, hier wurde eben genau das Land an privat verkauft. Zum Glück hat die Stadt aber ganz neu eine Verbindung zu diesem Radweg angelegt und macht ihn dann noch 4 Meilen länger. Nach 11 Meilen erreiche ich den ersten Ort, Hernando. Dort erspähte ich ein schönes Restaurant, von dem ich ja schon berichtet habe. Inverness liegt nur wenige Meilen danach, aber hier gibt es noch den Bahnhof sowie ein recht großes Depot, in dem damals die angelieferten Waren gelagert werden konnten. Zum Glück hat man hier nicht alles abgerissen, sondern schön restauriert und mit einigen netten Lokalen besetzt. Das Highlight für mich war aber Floral City, dort hat man einen Rest Stop eingerichtet mit WC, Trinkwasser und Picknicktisch. Ich könnte mir vorstellen, dass dies an der Stelle des alten Bahnhofs ist. Und gleich dahinter liegt das Shamrock Inn, eine sehr beliebte Kneipe in deutschem Besitz mit Erdinger Bier. Voll gepackt um die Mittagszeit, aber an der Bar war noch ein Plätzchen für mich.

Diesen Bereich zwischen Hernando und Floral City habe ich den „Europäischen Radweg“ getauft. Denn hier gibt es genau wie bei uns zu Hause ein tolles Angebot von Essen und Trinken direkt am Trail. Auf der weiteren Strecke war es dann wesentlich ruhiger, viel Natur, sogar zwei öffentliche Parks, aber auch weitläufige Farmen mit allerlei Getier, dazwischen die typischen Florida Sümpfe. Am heutigen Umkehrpunkt wieder eine schöne Bank, dort komme ich mit Radfahrern aus Minnesota ins Gespräch. Als ich von meinem Buch erzähle haben sie es sofort gekauft. Müsste an einem solchen Trail einen Stand aufmachen.

Für morgen bleibt mir nun nur noch das kurze letzte Stück und von dort aus werde ich direkt nach Hause fahren. Schön wars.

 

Hernando und Inverness

Das ist Urlaub! So macht es Spaß. Bin schon den zweiten Tag auf Radtour und es ist einfach unglaublich. Gestern bin ich den Santos Trail gefahren, war sehr schön, da er für Florida sehr ungewöhnlich ist mit Kurven und Hügeln. Schön, aber nicht aufregend. Interessant waren aber die luftigen Gebilde der Östlichen Zeltraupe.

Heute nun der Withlacoochee State Trail. Von vielen wurde mir gesagt, dass er eben noch für mein Buch fehlt, ist er doch mit 46 Meilen der längste in Central Florida. Ich war zunächst ein wenig, nein, nicht enttäuscht, eher gelangweilt. Als Rail-to-Trail auf einem ehemaligen Bahndamm gebaut wie so viele andere gibt es nur wenig Abwechslung. Doch dann komme ich nach Hernando und denke, langsam, das ist ja ein europäischer Trail, mit Essen und Trinken entlang der Strecke. Habe es mir aber für den Rückweg aufgehoben. Weiter nach Inverness. Nein, bis nach Schottland habe ich es nicht gebracht, auch in Florida gibt es ein Inverness. Sehr schön gelegen an mehreren Seen und es gibt tatsächlich noch den alten Bahnhof und das Depot, heute schön restauriert mit Bar und Café. Der Beginn der Strecke war ja bereits in Dunnellon, und auch dieses Städtchen zwischen dem Rainbow River und dem Withlacoochee River war wunderschön. Kein Wunder, dass ich in diesen Orten kein bezahlbares Zimmer gefunden habe, hier ist um diese Jahreszeit alles ausgebucht.

Ich fahre noch ein wenig weiter, dann zurück. Der Nachteil der meisten Florida-Trails, es sind keine Rundwege, man muss immer den gleichen Weg zurück zu seinem geparkten Wagen. Aber zunächst Einkehr. Rippchen vom Smoker mit Pommes, Coleslaw und Bohnen. Ich könnte mich reinlegen so gut ist es. Und ja, ich gestehe, zu einem schönen Urlaub gehört auch ein guter Restaurantbesuch. Auch wenn ich das möglichst vermeide. Und zum Blue Moon Bier sind mir dann diese Worte eingefallen.