4.2. Nachtrag

Nun gibt es doch ein paar Tage nachzutragen. Ich fuhr mit Rachida von Agdz nach Tisselday, wo wir im Maison d’hôtes Irocha übernachteten. Wir haben also insgesamt für die Strecke Mhamid – Marrakech vier Tage gebraucht, Wohnmobiltempo, Flugreisende, die von Marrakech mal eben eine Wüstentour buchen wollen, glauben, das könnten sie in einem Tag zurücklegen. Dabei ist jeder Meter sehenswert. In Agdz kamen wir so schnell auch nicht wieder weg, da wir von der Casbah des Arts mal eben über die Gasse sprangen und einen Besuch in der Kasbah Palmeraie machen, dem Campingplatz. Dort schlossen wir uns einer Tour von Gaelle durch die Familienkasbah an. Ich war beeindruckt, obwohl ich sie schon mehrmals gehört hatte. Wahrscheinlich war ich mehr sensibilisiert, weil wir am Tag zuvor mehrere Kasbahs besichtigt hatten und dies bei weitem die professionellste Tour war. Hier bekamen wir wirklich etwas mit über das Leben in einer solchen Umgebung, über die Beziehungen zwischen den Stämmen, die Aufgabenverteilung innerhalb einer solchen Großfamilie. Da wurde nichts Angelerntes heruntergespult, da merkt man einfach, dass Gaelle seit 20 Jahren in einer solchen Familie lebt und vor allem sich dafür interessiert. Die 30 DH Gebühr sind hier wirklich jeden einzelnen Dirham wert und ich werde versuchen, diese Führung in Zukunft in meine Touren einzubauen.
In Irocha war es dann einfach wieder schön. Auch im kalten Winter kann man sich zumindest stundenweise auf der Terrasse in die Sonne setzen und den herrlichen Ausblick genießen. Am Abend dann wurde der Kamin eingeheizt, wir waren die einzigen Gäste und saßen direkt vor der lodernden Glut. Das Abendessen war wieder gut, dann setzen wir uns noch mit Ahmed, dem Inhaber zusammen. Aber ich musste doch irgendwann mal in mich hineinlächeln, als ich uns drei so ansah. „A l’epoche“, wie die Franzosen sagen, wären wir wohl in eine eifrige Konversation ausgebrochen. Aber heutzutage hat auch in einem Bergdorf jeder sein Handy in der Hand, schaut zwischen einzelnen Gesprächsfetzen immer mal wieder darauf, was denn die Facebookfreunde so meinen.
Am Morgen gings dann hinein in den tiefsten Winter. Der Tichka war ja drei Tage gesperrt, es hatte richtig heftig geschneit. Tags zuvor wurde dann wieder aufgemacht, aber da sehr viele Lastwagen in der Warteschlange waren hat man jeweils nur eine Seite durchgelassen. Zum Glück war an unserem Tag dann alles wieder frei und wir kamen gut durch. Der hohe Schnee war eigentlich nur direkt am Tichka, aber da waren es gut 1,5 m auf den Seiten, die Straße war komplett frei. Bei immerhin 10 Grad war ja auch manches schon weggeschmolzen.

http://youtu.be/oh8de0RTvTM
Kurz vor Marrakech bekam ich dann einen Anruf, mein Partner Abdou dirigierte uns zu einem Restaurant, wo wir uns alle zum Lunch trafen. Dabei war auch Kamal, der Filmproduzent, der die Casbah des Arts ins Leben gerufen hatte. Er arbeitet gerade zusammen mit Abdou an einem Riesenevent. Eine Gruppe saudischer Prinzen und Prinzessinnen inklusive einer Gruppe von hochrangigen Freunden ist zu Gast in Marrakech und bekommt ein drei Tage dauerndes Event serviert, alles vom höchsten und feinsten. Und wer könnte das besser dirigieren als Kamal. Und obwohl die beiden also alle Hände voll zu tun haben nehmen sie sich die Zeit für ein Essen mit uns und zeigen und dann noch den Palast Ksar Char Bagh, wo die Abschlussveranstaltung stattfinden soll.
Rachida und ich gehen dann wieder in mein geliebtes Tichka. Rachida will noch eine Nacht bleiben, dann fährt sie wieder zurück nach Rabat.