Natürlich wäre es schön, seinen Geburtstag mit der Familie zu feiern, besonders wenn es ein Runder ist. Welcher? Wer mich kennt, der weiß das. Aber noch wichtiger ist mir, dass ich den Winter in einer angenehmen, sonnigen Umgebung verbringe und nicht im tristen Deutschland in Depression verfalle. Eigentlich müsste mir ja meine Krankenversicherung den Aufenthalt hier bezahlen.
Bob ist da mein einziger Freund vor Ort, die Deutschen, die ich hier kenne, sind ja nur sporadisch im Land. Und so habe ich auch schon vor einiger Zeit mit Bob ausgemacht, dass wir uns an diesem Abend in unserer Stammkneipe First Turn treffen und ich einen Bucket bestelle. Ich weiß, das erfordert eine Erklärung. Ich komme ins First Turn, um die Musik zu hören, und trinke immer nur 1 Bier. Bob bleibt etwas länger und trinkt regelmäßig 3 vom billigsten, er ist genauso sparsam wie ich. Muss man ja auch sein, wenn man nicht allzu viel hat. Und zur Feier des Tages wollte ich eben einen Bucket bestellen, das ist ein mit Eis gefüllter Blecheimer mit 6 Flaschen Bier. Vielleicht noch ein paar Wings dazu. Für Unwissende: Hähnchenflügel in scharfer Sauce gegrillt. Was für ein Fest! Und es hätte mir vollkommen genügt.
Doch als ich am Freitag im First Turn war schlug Bob vor, am Tag meines Geburtstags zusammen nach Crystal River zu fahren. Der Wetterbericht zeigt zudem für diesen Dienstag einen perfekten Tag an, sonnig, trocken, 25 Grad. Ja, das ist Geburtstagswetter. Crystal River liegt an der nördlichen Westküste von Florida, dort wo es eigentlich keine Strände gibt, sondern ein breiter Küstenstreifen mit Marschland und Mangroven. Und der Ort ist bekannt für die besten Krabben des Staates. Bob liebt Krabben und obwohl er sonst so sparsam ist fährt er regelmäßig dorthin, um einen Vorrat einzukaufen.
Es lag eine etwa dreistündige Fahrt vor uns auf Landstraße. Etwa in der Mitte liegt Ocala, dort war das erste Ziel, der Silver Springs State Park. In den frühen Jahren war das ein sehr beliebtes Ausflugsziel, der See in der Mitte wird von einer der 1000 Quellen Floridas gespeist, aber dann verfiel er langsam und ist erst seit einiger Zeit in Staatsbesitz. Es gibt herrliche alte Gebäude, aber alles ist viel zu groß für die wenigen Besucher und auch die Boote mit Glasboden, um die Fische und Manatees in dem glasklaren Wasser zu sehen, sind viel zu zahlreich. Aber der Park ist sehr hübsch, es gibt Spazierwege, wir trafen einen Bussard, von dem nicht klar war, ob wir ihn oder er uns beobachtete.
In Crystal River fuhr Bob dann zunächst zu seinem Krabbenladen, und das war gut so. Zur Crab Plant, also Krabbenfabrik, gehört eine Flotte an Booten, die nachts ausschwärmen und am Morgen mit ihrer Beute zurück kommen. Der Laden öffnet um 10, und um 10:15 ist oft schon vieles ausverkauft. Bob konnte von seinen Krabben gerade noch die letzten 7,5 Pound ergattern, das Pound zu 7,95 $, während andere Krabbensorten bis zu 28 $ das Pound kosten. Verpackt mit Eis kamen sie in eine Kühlbox.
Es war dann gerade Mittagszeit, als wir auf einer engen, gewundenen Straße, auf der man gerade mal 30 Meilen fahren darf, Ozello erreichten. Das besteht aus nur wenigen Häusern und dem schönen Peck’s Seafood Restaurant, wo man sich die Krabben lebend aussuchen kann. Bob lud mich dort zur Feier des Tages zum Essen ein. Wir saßen wunderschön am Flussufer, aber hier wie auch meistens an der nördlichen Küste war der Golf von Mexiko nicht in Sicht. Ich habe ihn den ganzen Tag nicht zu sehen bekommen. Das Restaurant war auch von einer großen Gruppe Motorradfahrer besucht, was kein Wunder ist bei der schönen Anfahrt.
Danach fuhren wir zu einem weiteren von Bobs Lieblingsplätzen, er hat hier mal gelebt und kennt sich gut aus. Homosassa liegt ähnlich wie Ozello am Fluss und hat ebenfalls ein schönes Restaurant, wo wir etwas tranken. Aber die ganze Zeit waren mir Affen versprochen worden, die hier leben sollten. Auch im Silver Springs State Park gibt es Rhesus Affen, aber wir konnte sie nicht entdecken. Also nun müssen sie sein, die Affen, und Bob versprach, ja, wir werden sie sehen. Was auch die Nachbarn im Restaurant bestätigten. Also fuhren wir um die Ecke zu Monkey Island. Gut, ich habe die Affen gesehen, es gibt fünf, aber enttäuscht war ich schon. Die Insel hat vielleicht 5 Meter im Durchmesser, man hat ein Baumhaus gebaut und dort leben die fünf Tierchen, das ist zwar besser als ein kleiner Käfig im Zoo, aber natürlich leben ist das nicht. Sie müssen ja auch vom Restaurant gegenüber gefüttert werden.
Eigentlich wollten wir noch zu einer anderen Lieblingsbar von Bob, aber die Vernunft siegte. Wir waren beide müde von dem langen Tag und Bob hätte nur Wasser trinken dürfen. So kamen wir dann gegen 19 Uhr wieder nach Port Orange zurück und es war einfach ein unvergesslicher Tag. Danke Bob.