Flagler Trail

Für die, die selten Fahrrad fahren in USA will ich erst einmal erklären, was ein Trail ist. Es ist ein eigens angelegter, meistens asphaltierter Pfad durch die Natur, für Spaziergänger, Radfahrer, Skater oder was auch immer man ohne Motor machen kann, manchmal auch für Reiter. Am Anfang und Ende sind meist schön angelegte Park- und Rastplätze mit sauberen Toiletten und Trinkwasser, oft auch Reparaturwerkzeuge für die Radler. Und über diese Trails in meiner Region Central Florida habe ich einen Führer geschrieben.

Neulich war ich unterwegs und sah plötzlich neben der Straße das für Trails typische Schild „No motorized verhicles“ und einen Meilenmarker beginnend mit 0,0 und der Bezeichnung Flagler Trail. Nun waren wir weder in Flagler Beach nördlich von Daytona noch sah ich irgendwo einen Trail. Und hatte den Namen auch noch nie gehört. Aber ich bin sehr neugierig, wenn es um Trails geht und so notierte ich alles, um zu Hause zu recherchieren.

Andere fahren ja Fahrrad, um zu fahren. Bewegung zu haben, möglichst viele Kilometer zurückzulegen. Sicher auch, um etwas Schönes zu sehen. Ich fahre nicht einfach Rad, um zu fahren, sondern mir macht es sehr viel Spaß zu recherchieren, genau das, was ich ja auch in Marokko seit Jahren getan habe. Und da ist es einfach die natürliche Folge, dass man das in ein Buch fasst.

Das Internet war nicht sehr ergiebig. Ja, ich fand etwas, aber es war noch sehr vieles unklar. Wo genau der Trail verläuft und ob er durchgehend ist. Der Beschreibung nach sollte er es sein, aber vieles sprach dagegen. Also genau die richtige Aufgabe für mich.

Zunächst einmal die Geschichte. Das war einfach und fand sich überall. Henry Flagler (1830 – 1913) war eine wichtige Person für die Entwicklung von Florida. Er war vor allem auch der Erbauer der Bahnstrecke an Floridas Ostküste (Florida East Coast Railway). Für diesen Zweck wurde ein Streifen Land gekauft, das aber nach der Einstellung der Eisenbahnlinie nicht mehr benötigt wurde und 1984 vom Seminole County aufgekauft wurde, um eben als öffentlicher Weg zu dienen. Doch anders als viele solcher Trails, die auf der alten Eisenbahnlinie angelegt wurden, wurde dieser nach Henry Flagler benannte Trail nicht asphaltiert.

Ich fand heraus, wo das nördliche Ende des Trails liegt und fuhr hin zum St. Johns River Trailhead. Auch hier wieder ein Parkplatz. Der Trail war leicht zu finden, beginnt direkt am Ufer des Flusses und läuft ganz gerade in Nord-Süd-Richtung. Er ist uneben und wild, also nur für Mountainbikes. Zum Glück ist mein Rad ja genau das. Auf der ganzen Strecke habe ich keinen einzigen Menschen gesehen, es gab nur einige Farmen auf großen Grundstücken, aber keine Menschen und auch keine Tiere. Und am Ende war auch ganz klar, der Trail geht nicht weiter, sondern endet an einem privaten Grundstück mit Drohungen gegen die Menschen, die das nicht beachten. Naja, erschossen werden will ich ja nicht, in Florida muss man mit allem rechnen. Also zurück.

Hin und zurück mit Umwegen 27 km auf unebener Strecke, das reicht mir schon für einen Tag. Doch ich wollte zumindest sehen, wo genau der Pfad weiter geht. Und genau über diese Zwischenstrecke war auch nicht so recht etwas im Netz zu finden. Es gab aber den Hinweis, dass es ab der Geneva Wilderness Area wieder weiter geht. Dorthin fuhr ich also. Und auch an dieser Seite konnte ich sehen, dass es tatsächlich keine Verbindung mehr zwischen diesen beiden Trailenden gibt. An dem Kiosk der Wilderness Area beginnt der Pfad dann neu und ich dachte, ach, komm, ein bisschen kann ich ja noch fahren. Genau eine Meile habe ich geschafft, dann bin ich erschöpft umgedreht. Vollkommen sandig und keinerlei Radspuren. Nur Hiker sind hier unterwegs. Es war ja ohnehin schon spät, also bin ich heim. Nach so einer Fahrt findet der nächste Tag immer am PC statt, denn ich muss ja alles aufschreiben, zu jedem Trail mache ich auch eine Skizze, das kostet schon Zeit.

Aber an Neujahr bin ich dann zu dem Trailhead gefahren, der am Ende dieses Stückes liegt und habe den Pfad also von der anderen Seite aufgerollt. Das ging auch recht gut, auch hier wieder nur für Mountainbiker oder Hiker, ich sah die schöne Holzbrücke am Econ River, der komplett Econlockhatchee River heißt, aber das sagt ja niemand. Und kam an den sandigen Teil. Er ist nicht so lang, etwa 2 km, also möchte ich Radfahrer nicht entmutigen, das Stückchen kann man ja auch schieben. Denn die Landschaft ist schön und man sollte sich den Trail nicht entgehen lassen. Auf diesem südlichen Teil waren am Feiertag auch viele Menschen unterwegs.

Ja, aber fehlt da nicht etwas? Ich bin immer noch nicht bei dem 0,0 Marker angekommen, der mich ja erst auf den Trail aufmerksam gemacht hat und der gar kein Trail war. Im Internet gibt es nur Informationen über die beiden Teilstücke, die ich bisher zurück gelegt habe, nichts aber über dieses Ende, immerhin noch 6 km. Das reizt mich und ich machte mich auf die Suche. Und fand auch alles. Wir sind hier in Chuluota, einer Wohnstadt nicht allzu weit von Orlando, und ein großer Teil des Trails ging an Wohnsiedlungen verloren. Aber dennoch sind Reste da. Manchmal ein Grasstreifen neben der Straße, ohne aber ein Trail zu sein, manchmal auch das obligate „No motorized verhicles“ Schild. Und ich fand den historischen Pfad und werde vor allem in meinem Buch darüber schreiben, so dass zumindest die Leute, die es haben, genau Bescheid wissen.

Ach, wo kann ich denn noch was recherchieren, es macht solchen Spaß?!