Marrakech Nightlife

Oh mein Gott, was für eine wilde Zeit. Ich kann hier gar nicht alles schreiben was passiert ist und mich meines Nachtschlafs beraubt hat, aber schön und aufregend war es. Also ich versuche es dann mal in der Kurzfassung.

Wir zogen um ins Riad und ließen es zunächst ruhig angehen. Erster Bummel durch die Souks, erste Versuche im Handeln. Lyndsey musste das wie jeder erst lernen. Wir hatten einen Code ausgemacht, wenn ich sage, this is fantastic, soll sie es absolut nicht kaufen. Natürlich hat sie alles in ihr englisches Pfund und englische Preise umgerechnet und lag wie alle Touristen zu hoch. Aber bis zum nächsten Mittag hat sie es so gut gelernt, dass sie als hartgesottene Berberin eingeschätzt wurde, was ein Kompliment ist. Die 6 Paar Babuschen bekam sie dann statt für 1200 Dirham für 300. Es war ausgemacht, dass mein Freund Abdou schon an diesem Tag aus der Wüste zurückkehrt und uns zum Abendessen ausführt. Er war schon seit Wochen dort, in der Hochsaison muss er sich immer selbst ums Geschäft am Tor zur weiten Sahara kümmern und diese Osterzeit war so richtig gut, das beste Geschäft seit drei Jahren, die Touristen kommen endlich zurück.

Ich hatte Lyndsey gesagt, dass ich das mit Abdou extra arrangiert habe, weil wir uns nicht alleine ins Nachtleben stürzen können. Das war ein bisschen erstaunlich für sie, erlebte sie mich bisher doch als selbstständige, abenteuerlustige Frau, die allein die Wüste durchquert. Nun – sie hatte aber keinerlei Ahnung vom wilden Nachtleben in Marrakech. Um 20 Uhr hatte ich von Abdou noch nichts gehört und rief an. Er war noch immer bei Ouarzazate, da der Tichka-Pass einige Stunden gesperrt war, wegen der Bauarbeiten hatte man dort eine Explosion ausgeführt. Er kündigte an, nicht vor 22:30 in Marrakech zu sein. So lange wollten wir natürlich nicht im Riad sitzen, wir spazierten schon mal los nach Hivernage, um diese frühe Uhrzeit noch kein Problem. Im Stadtteil Hivernage sind einige sehr schöne Hotels und dort ist auch das Zentrum des Nachtlebens, ein Club, eine Lounge, eine Bar neben der anderen.

Wir wollten ganz brav ins Extrablatt (ein deutsches Franchise), aber Abdou sagte uns telefonisch, nein, geht zur Bar des Sofitel, sein inoffizielles Büro in Marrakech. Dort fragte ich nach dem Tisch, an dem er gewöhnlich sitzt, aber der Kellner verstand den Namen nicht richtig und fragte zurück: Ali el Kacimi? Ich sagte nein, Abdelkhalek. Okay, dann wurden wir an den Pool zu seinem Lieblingstisch geführt. Aber el Kacimi erinnerte mich natürlich an meinen Freund Kamal el Kacimi und ich rief einfach mal spontan bei ihm an. Kamal, wo bist du? Ich bin gerade auf dem Weg nach Marrakech! Er ließ alles stehen und liegen, schmiss seine Mitfahrer aus dem Auto und ließ sich von seinem Chauffeur ins Sofitel bringen. Es war eine echte Freude, den Filmemacher nach zwei Jahren mal wieder zu sehen.

Und irgendwann nach 23 Uhr war dann auch Abdou da. Wir boten ihm von unserem Wein an, er sagte nein, er trinkt nichts mehr. Und als Mitternacht nahte, sagte er nur Let’s go. Wir zogen in eine Discothek. So laute Musik, dass es wirklich kaum möglich war, dem anderen nur ein Wort ins Ohr zu brüllen, gedrängt voll und alle Tische besetzt. Erstaunlicherweise kann man nämlich auch in Discotheken essen, aber sie sind so beliebt, dass man vorher reservieren muss und wir hätten einige Zeit warten müssen So bis zwei Uhr morgens? Aber ich hatte mir sowieso gewünscht, mit unseren Freunden zu reden und ich schlug vor, doch zu einer Location zu gehen, wo das möglich ist. Die fanden wir in diesem Amüsierviertel gleich nebenan, ein wirklich romantisches Lokal, wo die Lautstärke der Musik noch erträglich war. So gegen 3 Uhr zogen wir weiter, nicht ins Riad, sondern in die SoLounge, dem Nachtclub des Sofitel, was überhaupt ein unglaubliches Hotel ist. Direkt vor dem Eingang parkte ein schneeweißer Ferrari mit Kennzeichen aus Dubai.

Wir fanden einen Platz im Garten, immer noch herrlich angenehme Temperatur, ich vertiefte mich mit Kamal in lange Gespräche, über die Leute, die wir so kennen, über alte Zeiten, und was es so alles so reden gibt. Abdou fand ganz offensichtlich Gefallen an der lustigen Lyndsey und dann kam noch ein Pärchen dazu, Driss mit sehr junger, sehr hübscher amerikanischer Freundin. Abdou machte ein Foto von mir und sagte, was ist nur mit Edith los, ich habe dich noch nie nachts um 3 Uhr gesehen. Aber das war halt der energetische Einfluss von Lyndsey, ich hatte eine Menge Spaß und dann ist man nicht müde. Aber auch der anregende Abend mit Kamal. Die Mädels in diesem Club – meistens Marokkanerinnen genauso wie die Männer – waren unglaublich jung, schön, schlank und wahnsinnig schick angezogen, aber die Schuhe! Nie im Leben habe ich so etwas gesehen. Dass sie die Security am Eingang passieren konnten mit diesen als Waffe zu gebrauchenden High Heels. Absätze 20 hoch, oft durchsichtig, unglaubliches Design, und all das kann man in dem mondänen Marrakech durchaus kaufen. Bevor sie aus der Disco gehen kommt dann eine Djellabah darüber und man ahnt nicht, was darunter steckt. Und was mich am meisten beeindruckt hat: Auf der kleinen Toilette, wo ich mit den Mädels dichtgedrängt warten musste, wurden mir freundliche Blicke zugeworfen, ein Lächeln kam rüber, zu mir, die ich gut die Großmutter hätte sein können. Ganz klar war ich die mit Abstand Älteste in dem ganzen Schuppen.

Wir saßen im Garten, innen ist eine Disco und irgendwann war Lyndsey einfach nicht mehr da. Den Abend über hatten natürlich etliche Flaschen Wein den Weg zu uns und auch zu dem angeblich nicht mehr trinkenden Abdou gefunden, Lyndsey war nicht mehr so ganz klar bei Sinnen und ich machte mir große Sorgen. Ich suchte auf der Toilette, blickte in die Disco, ich fand sie nicht. Die Amerikanerin sagte, Lyndsey hätte ihr mitgeteilt, sie wolle zum Riad zurück. Zum Riad? Allein? Sie weiß ja noch nicht einmal, wie der heißt, geschweige denn wo er ist. Und er ist auch mit keinem Taxi zu erreichen, da ist noch ein längerer Fußweg nötig. Nun bekam ich Panik. Inzwischen vier Uhr morgens und eine betrunkene Frau allein auf den Straßen von Marrakech. Doch Kamal beruhigte mich. Er sagte, Lyndsey wäre nicht Richtung Ausgang gegangen, das hätte er merken müssen und ein erneuter Suchtrupp fand sie dann schließlich doch in der Disco, mit einem Mojito in der Hand, den ein junger Mann ihr bereits ausgegeben hatte. Als ich Lyndsey mit mir zog protestierte er, hatte aber natürlich keine Chance. Er dachte, er hätte sein Opfer für die Nacht gefunden.

So gegen fünf Uhr ging es dann schließlich heim. Abdou fuhr mit Lyndsey im Taxi, Kamal wollte mich zum Riad bringen und rief – um 5:15 am Morgen, seinen armen Chauffeur an. Der brachte uns dann mit dem Riesen-Toyota zu dem kleinen Platz, wo normal die Gäste abgesetzt werden und dann zu Fuß gehen, sind doch die Wege in der Medina zu schmal. Doch der Fahrer bog ein in den Weg. Bis zum nächsten Tor. Das war zu eng und er versuchte zurückzusetzen und den Wagen zu drehen. Es ging, nachdem wir ein Moped weggeschoben hatten. Doch da griff Kamal ein. Er wollte mich unbedingt bis zum Riad bringen. Drehte erneut, fuhr durch, mit etwa 3 mm Raum an jeder Seite. Dann eine Baustelle, noch enger. Ich schloss die Augen und schrie. Aber Kamal schaffte es, trotz all dem Wein, es wirklich bis zum Riad zu schaffen, ganz ohne Kratzer. Um 6 Uhr war ich im Bett, um 6:30 riss er mich telefonisch wieder aus dem Schlaf, nur um zu fragen, ob ich gut im Zimmer angekommen sei. Goldig. Und um 8 Uhr war die Nacht wieder zu Ende, weil ich einfach nicht bis in den Morgen hinein schlafen kann.

Von den weiteren Abenteuern dieser aufregenden Zeit berichte ich dann im nächsten Blog.