Hier will ich mal zeigen, wie man als Frau allein durch Marokko kommt. Oft werde ich ja dafür kritisiert oder bewundert, je nachdem, weil ich am liebsten alleine fahre. Auch auf Pisten. Aber tatsächlich bin ich ja nicht allein. Im Hintergrund habe ich doch eine ganze Armada von Helfern, die bereit stehen, wenn ich sie brauche. Aber auch in einem neuen Land, wie damals 2007 in Mauretanien, bekomme ich ein solches Netzwerk ziemlich schnell aufgebaut. Die Bewohner der nordafrikanischen Länder sind eben kontaktfreudig und hilfsbereit. Und meine eigenen Reiseführer sind im Notfall das beste Telefonbuch für mich.
Im Prinzip war ich auf dem Weg von Zagora nach Merzouga, allerdings wollte ich unterwegs noch so einiges abklären. Von der N 12 führen einige Stichstraßen nach Süden, früher Pisten, nun wollte ich schauen, wie weit der Teerbelag fortgeschritten ist. Von der N 12 bis zur Bergbaustadt Oum Jrane gab es kein Problem, alles geteert. Die Verbindung hinüber nach Fezzou ist immer noch Piste. Fezzou war einst ein sterbendes Dorf, aber da auch hier Straßenarbeiten im Gange sind kommen doch mehr Besucher hindurch und deshalb gibt es nun ein von außen sehr schön dekoriertes Café, das meine Aufmerksamkeit erregte. Und der Stopp hat sich unbedingt gelohnt. Brahim hat Jura studiert, fand aber keine Arbeitsstelle, und auch der Wunsch, nach Europa zu emigrieren, ging nicht in Erfüllung. So versucht er nun in seinem Dorf etwas auf die Beine zu stellen und ich hatte einen sehr interessanten Aufenthalt. Natürlich nahm ich alle seine Daten auf, denn er soll ja in den Führer. Er empfahl mir dann in Tafraout, wo ich hin wollte, in die neue Auberge von Said zu gehen, ich speicherte lediglich dessen GPS-Punkte ab.
Die Teerstraße ging über in Schotterpiste mit üblem Wellblech. Mit meinem wirklich komfortablen Discovery flog ich nur so über die Piste. Doch immer mehr drängte sich mir ein Geräusch auf. Mein Display in dem hochelektronischen Fahrzeug zeigte jedoch keinerlei Probleme an, ich vertraute der Anzeige völlig und schob das Geräusch und das heftige Stoßen auf das schlimme Wellblech. Ich erreichte Tafraout und dort schauten mich die Anwohner doch etwas seltsam an. Also stoppte ich. Und traute meinen Augen nicht. Mein Magen drehte sich schon beinah um bei dem Anblick, mir wurde ziemlich schlecht. In all den Jahren auf Marokkos Pisten habe ich noch nie so einen zerfetzten Reifen gesehen und es war klar, dass ich schon ein ziemliches Stück auf der Felge gefahren bin.
Gleich vor mir deuteten zahlreiche Reifen auf eine entsprechende Werkstatt hin, doch kein Mensch war zu sehen. Frauen und Kinder scharten sich um mich, konnten natürlich auch nicht helfen. Ich ging ein wenig ins Dorf und traf einen Mann, der ganz gut Französisch konnte, er schaute sich das Desaster an und rief sofort den Mechaniker zu Hilfe. Der kam in wenigen Minuten mit Sohn auf dem Moped. Ich rief Brahim an und bat ihn, Said Bescheid zu sagen, dessen Nummer hatte ich ja noch nicht. Irgendwie brauchte ich jemand, der mir zur Seite steht. Ich hatte schon viele Reifenpannen im Laufe der Jahre und schon oft genug alleine in der Wüste die Räder gewechselt, doch dieser zerstörte Reifen und die Gefahr, dass die Felge beschädigt ist, machten mich ziemlich fertig. Said kam nicht bei, doch der nette Mann, ein Kommunalbeamter, hatte sämtliche Telefonnummern, er rief Said an. Es stellte sich heraus, dass ich die falsche Ortsangabe durchgegeben hatte und als Said dann kam, war auch gerade das Ersatzrad fertig aufgezogen. Und nach wenigen Worten stellte sich heraus, dass Said schon zum zweitenmal mein Retter war. Im Jahr 2012 war ich in Begleitung eines Einheimischen auf der Piste ab Taouz unterwegs, Moha fuhr, wollte mir abseits der Piste etwas zeigen und fuhr sich fest. Keine Chance ohne Hilfe wieder raus zu kommen. Also ging ich an die etwa 1 km entfernte Piste und wartete einfach, ob ein Fahrzeug vorbei kommt. Ein alter Defender tauchte auf und es war eben dieser Said, er zog uns raus. Said und sein Bruder betrieben damals in der nahen Oase Mharech eine Herberge, nun hat Said eine weitere in Tafraout eröffnet.
In dieser neuen Auberge fand ich also ein Zimmer mit Bad, aber ein wichtiges Problem gab es ja noch zu lösen, mir fehlte ein Reserverad. Also nahm ich mein „Telefonbuch“ zur Hand und rief Mohammed an, der in Erfoud das Restaurant Dakar betreibt. Ich bat ihn, sich nach einem passenden Reifen umzuschauen. 10 Minuten später kam der positive Rückruf, die Garage Royal genau gegenüber seinem Restaurant hat einen fast neuen, passenden Reifen. Nun musste ich also nur noch die gut 150 km heil ohne Reserve zurücklegen, was ich auch am nächsten Tag erfolgreich tat. Mohammed half nicht nur bei der Preisverhandlung, ich bekam den Reifen mit Montur für 1500 Dirham, in Tafraout hatte ich für die Reparatur freiwillig 50 Dirham gezahlt (in Euro eine Stelle weniger). Sondern lud mich obendrein noch zur Pizza in seinem Restaurant ein. Da auch die Felge offensichtlich die Rüttelfahrt gut überstanden hat sind meine Probleme fürs Erste gelöst.