Die Feiertage sind vorbei, die Familie weg, da kann ich mich wieder den Biketrails widmen. Die Jahre über, in denen ich den Winter in Florida verbringe, habe ich ja immer andere Vorlieben gehabt. Am Anfang war der Beach, dann habe ich die Naturparks erkundet, danach die Vögel bestimmt, und nun sind halt die Biketrails dran. Mein Bikeführer kommt hier ganz gut an, ist es doch der einzig aktuelle über die Region, den es gibt. Aber natürlich möchte ich auch den erweitern und so fuhr ich also gestern nach Palatka in Nordflorida, um einen weiteren Trail zu erkunden.
Die Region um Palatka war in früheren Zeiten eine wichtige Station in Florida, zu Zeiten, als es noch die Eisenbahn gab. Das Hinterland von St. Augustin diente vor allem als Garten, in dem Gemüse für die Küstenregion gezogen wurde. Es gab den sogenannten “potato belt” mit den Orten Armstrong, Hastings, Elkton and Spuds. Das sind heute eher sterbende Gemeinden, aber Palatka am breiten St. Johns River hat seine Wichtigkeit behalten, wenn auch die Eisenbahn längst eingestellt wurde. Und genau auf diesem alten Eisenbahndamm wurde der schöne Biketrail installiert.
Obwohl der Name impliziert, dass der Beginn in St. Augustin ist, diese schöne, älteste Stadt in Florida, ist doch tatsächlich der Start sehr viel weiter westlich in Vermont Heights. In dieser Gegend sind vor allem mehrere Zementwerke und möglicherweise waren diese Firmen an die Bahn angeschlossen, obwohl ich glaube, dass der Zementtransport doch weitgehend über die Straße geht. Aber tatsächlich hat man die Bahngeleise bis zu den Werken stehen lassen, erst danach wurden sie entfernt und auf dem Damm ein geteerter Weg angelegt, durch die freie Natur. Für Wanderer und Fahrradfahrer. Zu Beginn gibt es Parkmöglichkeiten. Da der ganze Trail 31 km lang ist und ich die nicht hin und zurück fahren möchte/kann, fahre ich jeweils zu den Trailheads mit Parkplatz und erkunde den Pfad von daher vor und zurück. Außerdem verläuft er auch für einige Zeit entlang der Straße, so dass ich das nicht selbst fahren muss. Wie wünschte ich mir hier einen freundlichen Helfer, der mich am Beginn absetzt und am Ende wieder abholt, dann könnte ich alles ohne Probleme fahren.
Dieser spezielle Trail geht also weitgehend durch freie Natur und berührt doch einige interessante Orte, die wie so oft in Florida kaum zu erkennen sind, da ziemlich weitläufig. Zunächst komme ich nach Armstrong. Hier waren in der frühen Siedlerzeit Kartoffel- und Gemüsefelder, aber vor allem wurde hier auch die Eisenbahn gebaut und es entstanden einige Camps, in den denen die Eisenbahnbauarbeiter mit ihren Familien lebten. 1912 dann wurden 40 Grundstücke an afro-amerikanische Familien vergeben und Armstrong ist daher eine der ersten afro-amerikanischen Siedlungen in Florida. Ich kam kurz vorher an eine Stelle, wo der Trail nicht mehr entlang der Straße geht, ich also parken musste, um auf dem Rad weiterzuforschen, aber es gab kein Trailhead mit Parkplatz. So ganz einfach will ich mein Auto aber auch nicht in die freie Natur stellen. An einem Haus saß ein Mann in seiner Hollywoodschaukel, ein Schwarzer. Ich fragte ihn, ob ich den Wagen mal für eine Stunde im Wald abstellen könnte, aber er zeigte mir sehr freundlich den Platz neben seinem Auto und ich konnte beruhigt weiterfahren. Also auch heute ist die Gegend noch immer afro-amerikanisch, was ja nicht so häufig in Nordflorida ist.
Armstrong selbst war zwar winzig, es hat etwa 300 – 400 Einwohner, aber doch recht ordentlich und freundlich mit Post und Kirche. Erst mit dem Biketrail wurde es an die Öffentlichkeit angeschlossen, vorher rauschte alles auf der etwas entfernten Straße 207 vorbei. Ganz anders erging es mir aber in Hastings. Wenn es auch fast schon wie eine kleine Stadt wirkt, hatte es dennoch selten mehr als die heutigen 600 Einwohner, war aber trotzdem ein wichtiger Ort, wovon das stolze Gebäude der Hastings Potato Grower Association zeugt. Aber die übrigen Häuser sind überwiegend in einem traurigen Zustand, teils in Ruinen und schon um die Mittagszeit kam mir ein Betrunkener lallend entgegen. Kein Ort, um sich aufzuhalten. Danach ging der Biketrail erst einmal entlang der Straße 207, zwar getrennt vom Fahrweg, aber ohne Schatten. Und ohne Probleme kam ich zum offiziellen Ende des Trails in East Palatka. Diese Stadt liegt am breiten St. Johns River, in früherer Zeit eine wichtige Schifffahrtsstraße, auf dem Dampfschiffe liefen. Die eigentliche Stadt mit dem historischen Distrikt liegt auf der westlichen Seite und es war schön zu sehen, dass der Trail am offiziellen Ende nicht wirklich endet, sondern tatsächlich über die große Brücke in das eigentliche Palatka führt. Übrigens fand ich in East Palatka nicht sofort den Trailhead und hielt ganz kurz am Straßenrand, ein Streifenwagen kam vorbei und fragte sofort, ob ich Probleme habe, gab mir sehr freundlich Auskunft.
Wer in Palatka ist sollte unbedingt den Ravine Gardens State Park besuchen, vor allem, wenn man wie ich zu Beginn des Jahres dort ist. Auf dem Weg dorthin kann man noch die schönen alten Häuser am Fluss bewundern. Wer das flache Florida gewöhnt ist wird erstaunt sein, dass es hier eine relativ tiefe Schlucht gibt, Ravine in Englisch, an deren Hängen die wilden Azaleen wachsen und in deren Tal frische Quellen sprudeln. Zu Anfang gibt es einen formal angelegten Garten, aber von dort geht ein Fußweg aus roten Backsteinen, typisch für Palatka, durch den Park, auf dem man die Azaleen bewundern kann, die von Januar bis März blühen, die Schlucht auf abenteuerlichen Holzbrücken überqueren und zu den Quellen kommt. Für Radfahrer gibt es einen 3 km langen geteerten Trail um die Schlucht herum mit herrlichen Ausblicken und Picknicktischen.
Das Fazit dieser Tour: Unbedingt empfehlenswert. Der Ausflug führt in ein ganz anderes Florida als das touristisch aufgemotzte, der Abschluss mit dem Ravine Gardens State Park ist toll und der Biketrail ist durchgehend.