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So ein schöner Tag – New Smyrna Beach

Wenn man im Frühjahr sein Heim in Florida verlässt, um es über den Sommer ganz allein den Stürmen auszusetzen, dann muss man alles sehr gut einpacken. Und wenn man dann wiederkommt gibt es eine Menge zu tun. Alles wieder auspacken, sauber machen, an seinen Platz stellen. Das braucht einige Tage. Aber noch schlimmer ist der Garten. Zwar wird der Rasen gemäht, aber meine Büsche und das Unkraut wachsen und wachsen. Das bedeutet, die ersten Tage gibt es kein Vergnügen, sondern nur Arbeit. Schon am ersten Morgen habe ich zwei große Tonnen mit Grünzeug gefüllt und war mal gespannt, ob die Tonnen am Freitag geleert werden. Donnerstag war ja Feiertag, da fällt eine Runde aus. Um so froher war ich, als ich schon sehr früh am Morgen das laute Geräusch des Müllwagens hörte. Es scheint so, als haben die besonders früh angefangen, um die ausgefallene Route zusätzlich zu fahren. An dieser Stelle will ich mal der Müllabfuhr ein besonderes Lob aussprechen. Hier wird 2x die Woche Hausmüll eingesammelt, einmal Recycling und einmal Grünschnitt. Es kommen also jede Woche vier Wagen vorbei und mit sehr freundlichen Leuten. Davon kann man in Deutschland nur träumen.

Also konnte ich am Freitag gleich wieder eine Tonne füllen. Zwar habe ich nur das Gröbste weg gemacht und es bleibt noch viel zu tun, aber es sieht schon sehr viel besser aus und meine Sitzecken vorne und hinten sind wieder funktional. Und wer von euch Prince kennt, dem kann ich sagen, er lebt noch. Von den ursprünglich vier Straßenkatzen in meiner kleinen Gasse war ja im letzten Jahr schon eine gestorben, die andere sehr krank. Als ich dieses Jahr kam war sie weg. Später erfuhr ich, dass man sie hat einschläfern müssen, weil ihr nicht mehr zu helfen war. Nun gibt es also nur noch den dicken Prince und die sehr scheue schwarze Katze, die sich von mir nicht anfassen lässt. Und auch Prince fremdelt in diesem Jahr, er kam keineswegs freudemiauend auf mich zu. Aber das wird schon.

Das heißt also, für mich gibt es nur Arbeit und kein Vergnügen. Heute früh fuhr ich zunächst zu Aldi, zum Großeinkauf. Aber auf dem Weg besuchte ich noch einen Fahrradladen. Mein Sohn Brian will an Weihnachten zu Besuch kommen und dabei eine große Biketour machen auf den wunderschönen Biketrails von Central Florida, über die ich ja eigens für ihn ein Buch geschrieben habe.

Bikebook

Aber mein billiges Fahrrad, wo noch nicht mal die Gangschaltung funktioniert, ist ihm dafür nicht gut genug. Ich wollte zwar für ihn ein neues Rad kaufen, dabei nicht mehr als 100 $ anlegen und es später selbst nutzen, aber das habe ich schnell gemerkt, dass ihm das nicht gut genug ist. Und nachdem wir ausführlich darüber gesprochen haben kann ich ihn sogar verstehen. Für eine solche große Tour, wie er sie vorhat, ist ein High End Rad erforderlich. Ich kann mir erstens nicht ein solches Rad zulegen, da der schwül heiße Sommer es sehr schnell zerstören würde und ich nicht extra wegen dem Rad das ganze Jahr die Klimaanlage laufen lassen kann, und außerdem braucht er eines, das auf seine Größe angepasst ist. Da bleibt nur, eines zu mieten. Und deshalb der Fahrradladen. Ich bin erstaunt, wie viele es doch gibt. Da sage noch einmal einer, die Amis seien faul und bewegen sich nicht. Das ist ziemlich falsch. Ich kam vor dem Laden an und dort standen etwa 15 knackige Radler, bereit zur Abfahrt. Es stellte sich heraus, dass der Inhaber auch selbst Touren führt. Wir wurden uns ziemlich schnell einig, dass er genau das Rad hat, das Brian sucht, ich machte ein Foto, schickte es ihm und begab mich zu Aldi.

New Smyrna Pedestrian Trail

Dann ging es nach Hause, brav arbeiten, sauber machen und was so zu tun ist. Aber die Sonne lachte. Und die Radlergruppe geisterte durch meinen Kopf. Ach wäre das schön. Und endlich hielt mich nichts mehr. Ich suchte mir den Trail, der am nächsten liegt und am kürzesten ist, denn schließlich habe ich neuerdings Knieprobleme und ich muss erstmal sehen, ob ich überhaupt fahren kann. Also nichts wie hin zum New Smyrna Pedestrian Trail einem Multi Use Trail von 3,6 Meilen Länge, also gut 5 km, die man allerdings auch wieder zurück fahren muss. Es war ziemlich wenig los, nicht nur auf dem Trail, sondern auch auf den Straßen. Offenbar sind alle Leute beim Shoppen, gestern war Black Friday, also ist heute wohl Black Saturday. Viele Leute würden sagen, es gibt hier nichts zu sehen, so wie mein Taunussteiner Nachbar, dem Florida neuerdings zu langweilig ist. Mir dagegen wird es nie langweilig hier, man muss einfach seine Augen aufmachen. Die erste Begegnung war eine Schildkröte, genau kenne ich die Spezies nicht, für Florida war sie ziemlich klein. Aber sie ließ sich gerne fotografieren. Nicht so die nächste Begegnung, eine ziemlich große Schlange, die mich ins Auge nahm und entschied, sich schneller ins Dickicht zurückzuziehen, als ich zu meiner Kamera greifen konnte. Dann begegnete mir noch eine Gopher Schildkröte, sie sind ziemlich groß, ich konnte sie eine ganze Weile anschauen, bevor sie entschied, sich doch lieber in ihren Bau zurückzuziehen. Die nächste interessante Begegnung war dann ein Radfahrer, der seinen Hund vorne im Körbchen hatte. Und zum Glück fand ich auch jemand, der mich mal fotografierte, denn ein Selfie, auf dem auch mein Billigrad zu sehen ist, gelang mir nicht.

Wine Walk

Dann wollte ich eigentlich nach Hause fahren. Doch dann fiel mir ein, dass ja heute in New Smyrna der Wine Walk ist. Das findet jeden letzten Samstag im Monat statt und ist ganz nett. Man kauft ein Glas und kann dann die Flagler Avenue entlang schlendern und an verschiedenen Stellen das Glas auffüllen lassen. Ist immer nett, obwohl ich noch nie mir wirklich ein Glas gekauft habe. Denn ich muss ja noch nach Hause fahren. New Smyrna ist wirklich ein wunderhübsches Örtchen, wenn ich frei hätte wählen können, wäre das sicher mein Winter-Wunschort. Aber der Mensch ist nicht frei und die Immobilienpreise in New Smyrna könnte ich nicht bezahlen. Dafür aber den gratis Wein der Immobilienmakler trinken, die zu diesem Anlass immer geöffnet haben und wo man sich immer wieder gut unterhalten kann. Und das Wetter ist einfach ein Traum. Hier ist noch richtig Sommer, zumindest für deutsche Temperaturen und ich denke lieber noch nicht an die für Montag angekündigte Kaltfront.

So langsam muss ich aber doch mal nach Hause, denn ich habe Hunger. Der Kühlschrank ist ja dank Aldi gut gefüllt und ich entscheide mich zu überbackenen Süßkartoffeln mit einem Chardonney. Ja, das ist Leben. Taunusstein kommt da einfach nicht mit. Und der Garten muss halt einfach noch ein bisschen warten.