Mein Navi sprach zu mir: „Edith, fahr doch nicht immer die gleiche langweilige Strecke durch Spanien und Frankreich direkt nach Hause.“ Und schickte mich in die falsche Richtung. Und ich entgegnete: „Liebes Navi, du hast ganz recht!“ Daraus wurde ein wunderschöner Trip durch Spanien, der mich im Augenblick nach Irun geführt hat, Grenzort zu Frankreich ganz oben im Baskenland. Ich hatte noch nie von Irun gehört, es zeigt sich jedoch, dass es eine sehr alte Stadt am Jakobsweg ist und die berühmten Söhne der Stadt waren fast alle Fußballspieler, berühmte Töchter hat sie nicht aufzuweisen oder sie wirkten im Verborgenen. Ich wohne im besten Hotel der Stadt, dem Alcazar, einem alten herrschaftlichen Gebäude mitten im Zentrum, aber dennoch umgeben von einem Park und mit genügend Parkplätzen.
Auf meinem Stadtrundgang komme ich an einer Teeny-Boutique vorbei und kleide mich erstmal neu ein. Wer bin ich eigentlich? Bin ich die Frau, die in diesem Jahr noch 70 wird, die sich zu Ruhe setzen muss, so wie meine Freundin, die mit dem Rentenalter sofort auf Lebensende geschaltet hat, nur noch Alt-Frauen-Kleidung trägt, irgendwie abgeschaltet hat, oder bin ich die, die ich bin, die jetzt erst aufblüht, die jetzt erst zum Leben erwacht, die erst jetzt das tun kann, das sie vorher nicht tun konnte. So richtig fehlt mir ein Vorbild. Aber die Sachen in der Boutique sind wunderschön, ich kaufe löchrige Leggins, eine Bluse und ein Jeansjäckchen für richtig wenig Geld. Warum nur gibt es solch preiswerte Läden nicht bei uns? Da direkt gegenüber von meinem Hotel noch eine nette Vinoteka ist werfe ich mich zunächst in meine neuen Sachen und gehe dann dorthin essen. Man offeriert ein Menü für 15 Euro, inklusive Wein. Und davon bekomme ich eine ganze Flasche, ein richtig guter, eiskalter Rosado. Der junge Kellner mit Pferdeschwanz (ohne Sprachkenntnisse) berät mich (ohne Spanischkenntnisse) ganz lieb bei der Auswahl der Gänge und ich bin sehr zufrieden, Vorspeise warme Baby-Artischokenherzen mit Serrano-Schinken, Hauptgang ein raffiniertes Gebilde, gehacktes Fleisch mit Kräutern und Gewürzen, gekrönt von Kartoffelbrei und als Nachtisch Crèpe Café. Und ja, die Flasche wird leer. Das ist Urlaub für mich, deshalb hänge ich noch ein paar Tage in Spanien und Frankreich dran. So schön Marokko ist, es ist irgendwie auch Arbeit. Und hier kann ich einfach sein. Und genießen.
Und ich muss mal ein Lob auf booking.com singen. Früher habe ich abends oft ziemlich lange nach einem Hotel gesucht und doch nichts Gescheites gefunden. Jetzt suche ich am Nachmittag eine Raststätte, die Wi-Fi anbietet, schaue in booking.com, was sich so an meiner Strecke findet, und buche. Bisher war ich mit den Hotels sehr zufrieden. Mein erster Stopp war in La Linea, ebenfalls eine Grenzstadt, zu Gibraltar, wo ich die Nacht in einem sehr guten 4-Sterne-Hotel verbracht habe und mir Gibraltar angeschaut habe, bevor es aus der EU austritt. Die zweite Nacht war ich in einem Riad! Nein, nicht in Marrakech, sondern in dem maurischen Palast Casa Palacio im kleinen Örtchen Santa Cruz de Mudela, nahe bei Valdepenas. Es war dort am Abend noch 34 Grad heiß, deshalb hatten alle Bars und Restaurants (wenn es in dem Kaff überhaupt welche gab) noch zu, ich machte auch hier einen schönen Stadtrundgang und deckte mich dann in einem Supermarkt ein, hatte meine eigenen Tapas im Garten des Casa Palacio und der Wirt war freundlich und erlaubte mir das.
Dieser Aufenthalt war nur ein wenig getrübt von Problemen mit dem Land Rover Discovery. 50 km vor dem Hotel leuchtete plötzlich eine rote Warnleuchte auf: Fehler Motorsysteme. Das ist kein schönes Gefühl. Ich stoppte, schaltete die Zündung für eine Weile aus, startete neu, das gleiche Problem. Aber der Motor lief gut wie immer. Mit sehr schlechtem Gefühl fuhr ich die 50 km weiter, ging in Santa Cruz zu einer Werkstatt, aber die konnten nichts tun, gaben mir jedoch die Anschrift eines Land Rover Händlers im 20 km entfernten Valdepenas. Und das war dann meine erste Aufgabe am Morgen. Die Mitarbeiter der Werkstatt waren sehr freundlich, einer konnte ein wenig Englisch, der Motor wurde getestet, für gut befunden, Warnleuchte zurückgeschaltet und als Begründung hieß es, dass die Benzinzufuhr evtl. aufgrund schlechten Diesels in Marokko kurzfristig gestört war. Ich müsste damit aber ohne Probleme bis nach Deutschland kommen. Jedenfalls hat es bis Irun gut geklappt. Und dieser Service war auch noch kostenlos, ein Hoch auf Land Rover!