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Ich glaube, ich werde gleich sehr melodramatisch und persönlich. Sitze im Flieger auf dem Weg nach Hause und reflektiere natürlich über mein Projekt. Und über mein Leben. Zuerst mal, es war auf jeden Fall das Beste, das ich in dem Corona Jahr gemacht habe. Und ich hätte es auf jeden Fall schon sehr viel früher machen sollen.

Auf dem Hinweg habe ich mich ja noch sehr als Pionier gefühlt, als jemand, der Neuland entdeckt. Was ich ja auch gemacht habe. Die Rückkehr ist sehr viel weniger aufregend. Zunächst mal die Fakten. Deutschland hat kürzlich seine Einreisebestimmungen geändert und erlässt nun den voll Geimpften sowohl den negativen Test vor Einreise als auch die Quarantäne. Richtig so. Damit habe ich auch gerechnet. Übrigens, ich habe keinem einzigen Deutschen die Impfdosen weggenommen, ist doch auch etwas!

Zunächst galt es Koffer packen. Ich habe in Daytona ja voll den Einkaufsrausch ausgelebt, nach einem Jahr Enthaltung, allerdings nicht ganz so vollkommen, wie ich es gerne getan hätte. Denn meinem Eindruck nach haben zwar alle Geschäfte geöffnet, aber mit dem Nachschub hapert es. Im Grunde gab es die gleichen Kleidungsstücke wie im letzten Jahr, die Auswahl war gering und die Regale leer. Hängt wohl auch mit Corona zusammen. Trotzdem war es nicht ganz einfach, die Gepäckbestimmungen zu beachten. Als ich meinen Koffer zupresste und hochhob, war er gefühlt 30 kg schwer. Die Waage zeigte 21, kam mir schleierhaft vor. Als meine Abholer kamen und den Koffer ins Auto schleppten äußerten sie die gleichen Bedenken. Xmal gewogen, es blieb bei 21. Und schließlich im Flughafen waren es 48 pound. Stimmt also ungefähr.

Daytona ist ja ein kleiner Regionalflughafen und ich war neugierig, ob man nach dem Impfausweis fragen würde. Ich hatte ein Basic Ticket für den Rückflug gebucht, wo man erst beim Check in seinen Koffer anmelden muss und auch erst am Gate seinen Sitz bekommt. Also war ich neugierig, ob man mich nach einem negativen Test oder Impfausweis fragt, was ja innerhalb USA nicht vorgeschrieben ist. Und ja, man tat es. Dann kam ich nach Atlanta und ging zum Gate wegen dem Platz. Vor dem Gate, wo man ja normalerweise nicht mehr an den Schalter muss wenn man seine Bordkarte hat, eine kleine Schlange. Ich muss ja hin, wegen dem Sitz. Doch sehr langsam ging mir auf, dass diesmal jeder dorthin muss. Um eben wegen den Einreisebedingungen von Deutschland seine entsprechenden Papiere vorzuweisen. Ich hatte ja alles beisammen und die Dame atmete richtig auf, als ich ihr zack meine CDC Karte und die deutsche Einreiseanmeldung auf den Tresen legte. Viele andere hatten das nicht parat und so wurde die Schlange auch immer länger, vor allem weil den meisten erst sehr spät klar wurde, dass alle an den Schalter müssen.

Dann konnten wir boarden und nicht wie sonst in den berühmten Gruppen, sondern jeder, der seine Papiere deklariert hatte, konnte gleich rein. Ein Riesenaufwand. Im Flieger stellte sich raus, dass nur etwa die Hälfte besetzt war, ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie lange das dauern würde, wenn das Ding voll besetzt ist.

Im Flieger selbst ging es locker zu, knapp die Hälfte besetzt, aber immer noch mehr als auf meinem Rückflug im Coronajahr , als die Pandemie eben begann und ich über London zurück musste. Jeder konnte sich frei einen Platz ohne Nachbarn suchen. Interessant, dass tatsächlich die meisten Passagiere Amis waren, keine Deutschen, obwohl sie doch eigentlich immer noch nicht nach Deutschland einreisen dürfen.

Aber ich sprach von melodramatisch. Und das kam durch den ersten Film, den ich mir ansah. Eigentlich mag ich keine Filme, tat mir auch schwer mit der Auswahl, und entschied mich schließlich für den Film „In Translation“ mit Bob Murray. Der war echt schön. Aber eben melodramatisch. Man denkt dann automatisch an sich selbst, man möchte auch einfach mal so etwas Schönes erleben. Wie zwei Menschen sich näher kommen und eine wunderbare Zeit haben. Die wirklich in die Tiefe geht. Ja, das fehlt mir. Diese oberflächlichen alten Herren, die im Grunde sich nach eine jungen Pflanze umsehen, die sich mit mir ganz sicher nicht mehr beschäftigen wollen, aber diese junge Pflanze eben auch nicht finden. Okay, Bill bekam auch nicht die schöne Junge, aber er wollte ja auch nicht. Es war ein sehr gefühlvoller Film, der mir gut gefiel.

Ach ja. Aber es ist nunmal so, dass ich zwar nicht jung bin, aber ganz viel Aufregendes tue. Wie eben nach USA zu fahren wenn man es gar nicht darf. Und da jemand ebenbürtigen zu finden, der es mir gleich tut ist schwer. Freunde habe ich ja, und meine deutschen Freunde haben es mir gleich getan, auch sie sind über den Umweg DomRep nach Florida gefahren, und haben mich heute zum Flughafen gebracht. Und werden nächste Woche sogar ein paar Tage in meinem Haus wohnen.

Warum? Das ist ganz einfach. Sie haben den Urlaub so geplant, dass der eine, der noch arbeitet und deshalb Urlaubstage nehmen muss, zu Hause eine Quarantäne eingeplant hatte, bevor es zurück zur Arbeit ging. Zunächst konnte ich ihn überzeugen, sich in USA impfen zu lassen, so rechtzeitig, dass er genau dann in Deutschland ankommt, wenn die 14 Tage Frist nach der Impfung vorbei sind. Sein Begleiter dagegen weigerte sich, hatte Bedenken vor der Impfung. Drei Tage hat es gedauert, bis wir auch ihn überzeugen konnten. Was bedeutete, dass er zu Hause doch noch ein paar Tage in Quarantäne muss, bis die Schutzfrist um ist. Also wurden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, der Rückflüge wurden um die ursprüngliche Quarantänezeit verlängert und so kommt auch der andere in den Genuss der weggefallenen Quarantäne.

Ach ja, sie wurden natürlich mit dem einmaligen J&J geimpft, nur das ist ja in der kurzen Zeit vollkommen abgeschlossen. In USA bekommt man seinen Termin sofort und kann das Produkt auch noch auswählen.

Ja, bloß, ihr Haus war ab dem Zeitpunkt bereits vermietet und sie hätten auf der Straße gestanden. Nun wohnen sie bei mir. Und sie sind nicht die Einzigen. Kurz vor Abflug war ich noch in meiner Lieblingsbar, um mich von Freund Bob zu verabschieden. Er fragte mich, ob ich nicht mein Haus vermieten wolle. Nein, will ich nicht. Erzählte, dass es jemanden gäbe, dessen Wohnung von schlimmem Schimmel befallen sei und der deshalb ganz dringend etwas Neues suche, und das in einer Zeit, wo der Wohnungsmarkt in Florida absolut verrückt ist. Ich war keine 24 Stunden im Land, da erhielt ich zwei SMS auf mein amerikanisches Telefon mit Anfragen von Maklern, die mein Haus wollten und sofort ein Angebot abgeben wollten. Die Preise sind völlig überhöht. Und dieser Bekannte suchte etwas für einige Monate, um in Ruhe dann nach etwas langfristigem Ausschau zu halten. Bob gab mir seine Businesskarte und was mich überzeugte war der Beruf. Baumeister und Renovierer von Häusern. Solche Leute sind Gold wert, die muss man sich zum Freund machen. Nun werden wir mal sehen, wie dieses Projekt läuft.

Und nun lehne ich mich entspannt im Flieger zurück und genieße meinen Baileys auf Eis.