Ein dringendes Bedürfnis in Ait Mansour

Von Agadir ging es zum schönen Tafraoute und hier fängt es langsam an, dass ich mich zu Hause fühle. Denn immer gehören dazu die Leute. Im Norden und am Atlantik ist es schwer, Bekanntschaften zu schließen, und eigentlich auch im Anti-Atlas. Denn die Bewohner sind sehr zurückhaltend und brauchen die Touristen nicht für ihren Lebensunterhalt. Sie arbeiten meist im Ausland, verdienen gut und bauen sich in ihrer Heimat richtige Paläste. Dorthin kommen sie im Sommer auf Urlaub und nur dann sind die tollen Häuser bewohnt. Und sie sprechen natürlich niemals Touristen an. Deshalb stammen die, die man kennenlernt, meist aus anderen Regionen, zum Beispiel aus Merzouga, wo man viel offener auf Besucher zugeht. So auch meine besten Freunde hier, Mohammed und Hassan aus dem Maison du Troc, einem von zwei Teppichläden des Ortes. Zu ihrer Familie gehört auch das Restaurant La Kasbah und hier fühle ich mich immer zuhause. Sie sind freundlich und hilfsbereit und nicht nur zu der Autorin, sie stehen auch den vielen Campern, die im Winter da sind, mit Rat und Tat zur Seite.

Von Tafraoute machte ich dann die schöne Ait Mansour Rundfahrt, denn ich war einige Zeit nicht da und muss immer mal nachsehen, ob sich was geändert hat. Also, eigentlich nicht. Zwar sind vor kurzem einige Palmen abgebrannt, was mir schon die Einwohner berichtet hatten, aber viel ist es nicht. Den Flammen fiel auch ein Auto zum Opfer, aber sonst ist nichts passiert. Und es stehen Häuser sehr nah. Der kleine Stellplatz unter schattigen Palmen und der Wächter Mostapha sind immer noch da.

Auf der weiteren Fahrt hatte ich dann ein dringendes Bedürfnis und suchte mir eine kleine Palmengruppe aus. Kein Mensch und kein Haus in der Nähe. Doch noch bevor ich meine Hose wieder hochziehen konnte näherte sich ein alter Mann. Er war zwar sehr höflich und bemerkte nichts dazu, aber peinlich war es schon. Und dann begannen wir ein Gespräch. Ich war erstaunt, wie gut er Französisch konnte, aber offensichtlich hat er studiert und in der Stadt gearbeitet und ist jetzt im Alter in seine Heimat zurückgekommen. Und ich erfuhr wirklich alles. Von den Jungen, die nur zurück kommen, um zu faulenzen und Haschisch zu rauchen und sich nicht um die Palmen kümmern, die völlig überaltert sind und keine Datteln mehr tragen, ging es weiter bis zu General Oufkir, der damals gegen König Hassan II geputscht, hat, ergebnislos. Oufkir war mit einer Frau aus dem Dorf verheiratet und deshalb sorgte er dafür, dass eine schmale Teerstraße zum Ort gebaut wurde. Nur ist die heute völlig zerrüttet und schlechte Piste. Allerdings hat man den Ort nun von der anderen Seite mit Teer ans Leben angeschlossen. Und über diese Straße rennen immer die kleinen Atlashörnchen und bleiben nicht stehen, um sich man schön von mir fotografieren zu lassen. Richtig ärgerlich.