Von Zagora ging es weiter nach Süden und die erste Station vor Mhamid war natürlich das Café Fata Morgana. Die Münchnerin Isolde hatte es vor ein paar Jahren als Privathaus mit kleinem Café erbaut und Isolde war mir zur guten Freundin geworden. Wenn ich bei ihr war konnten wir so richtig schwätzen. Doch leider ist sie vor zwei Jahren verstorben und sie fehlt uns allen sehr. Ihr einstiger Angestellter Ali kümmert sich noch immer um das Haus, wird natürlich von niemand mehr dafür bezahlt und versucht, das Café weiterzuführen, kommt aber mehr schlecht als recht über die Runden. Ali lud mich ein zu einer Hochzeit. Sie sollte am nächsten Tag beginnen. Ich nahm die Einladung gerne an, wusste aber schon vorher, dass es schwierig wird, denn solche Feiern gehen streng getrennt, ich muss mit den Frauen sitzen und kann mich doch nicht mit ihnen unterhalten. Trotzdem war es sehr interessant. Wir waren etwa 15 Frauen in einem Raum in der alten Kasbah, aber es war ein Kommen und Gehen. Mal wurde was auf den Tisch gestellt zum Essen, Erdnüsse oder ein Nudelgericht, dann griffen die Frauen zu einer Trommel, sangen und tanzten. Und natürlich hatten sich alle in ihre schönsten Kleider gehüllt und genau wie in unserer Gesellschaft schaute man genau, was die andere anhatten, welchen Schmuck sie tragen. Der Reichtum der Familie wird in Goldschmuck ausgedrückt. Demnach war ich ziemlich arm, trug aber immerhin ein Kleid mit Hose, das in der buntbestickten Art von Tamegroute genäht war. Mit meinen üblichen Caprihosen und T-Shirt hätte ich hier nicht erscheinen können. Trotzdem hätte ich viel lieber mit den malerisch im Garten verteilten Männern gesessen.
Daher wurde mir die Rumsitzerei zu langweilig. Ich verabschiedete mich, musste aber versprechen, am nächsten Tag wiederzukommen. Da sollte ein großes Frauenfest sein. Auf dem Campingplatz fand ich ein junges amerikanisches Paar und lud die Beiden ein. Das war schon besser, diesmal wenigstens ein wenig reden zu können. Ratha ist interessanter Abstammung, sie ist halb chinesisch, halb kambodschanisch und kam als kleines Kind in die USA. Ihr Aussehen fiel daher nicht zu sehr auf, nur an der Kleidung merkte man, dass sie fremd war. Ratha trug ein langes Kleid und hatte ein Tuch über Haare und Schulter gelegt, so konnten wir uns schon sehen lassen. Diesmal war richtig viel los, bestimmt 100 Frauen kamen und gingen und jeder brachte einige Zuckerhüte mit. Was ich nicht so richtig verstand. Was will man mit so viel Zucker. Erst sehr viel später kam ich zumindest ein wenig weiter. Denn in einem Vorraum, durch den jeder musste, standen unzählige Kisten mit Zuckerhüten. Die Besucher kamen jeweils, kauften einige davon, je nachdem wieviel Geld sie ausgeben wollten, der Betrag wurde in eine Liste eingetragen, und dann wurde der Zuckerhut übergeben. Später würde man diese alle wieder einsammeln und im Geschäft verkaufen. Und wenn jemand von der Liste ebenfalls eine Hochzeit veranstaltet, wird je nach der Höhe des Betrages ein Gegengeschenk gemacht.
Hmh, kompliziert. Für uns.
Die Frauen waren sehr lieb zu uns, fragten nach unseren Namen, gaben uns Tee. Musik gab es an dem Tag wenig. Später verabschiedeten wir uns, aber der Gastgeber ließ uns nicht weg, bevor wir noch etwas aßen. Und versprachen, am Abend wiederzukommen. Nach Sonnenuntergang.
Und da gab es endlich ein wenig mehr Action. Die Frauen hatten sich inzwischen in einem Hof der Kasbah versammelt, lagerten auf Teppichen, die weiß gekleideten Männer saßen wieder so richtig malerisch im Garten zusammen. Und diesmal war es uns auch erlaubt, uns zu ihnen zu setzen. Und sogar Fotos zu machen, die nun auch von den Einheimischen in großer Zahl gemacht wurden. Dann aber ging der nächste Programmpunkt los. Alle Männer gingen nach draußen, versammelten sich im Palmenhain und kamen dann langsamen Schrittes und singend zurück. In ihren Reihen hatten sie zwei dunkel verhüllte Männer, das waren die Bräutigame, denn es war ja eine Doppelhochzeit. Singend wurden sie in den Hof der Kasbah geführt, laut singend und trillernd wurden sie von den Frauen empfangen. Nun also endlich alle in einem Garten, wenn auch auf getrennten Seiten. Aber die Grenzen waren verwaschen. Dann kamen drei alte, schwarz verhüllte Damen und rührten Hennah an, damit wurden den Bräutigamen die Hände eingerieben. Aber keine schönen Muster wie bei den Frauen. Danach wieder Singen und Tanzen. Die Männer, aber auch zwei Mädchen wagten sich vor zum Tanzen, die Augen schamhaft zum Boden gedreht. Inzwischen war es neun Uhr und das sollte so weitergehen bis nach Mitternacht, erst dann würden die Bräute von ihren Familien abgeholt.
Uns Europäern war das denn doch zu spät und wir verabschiedeten uns. Aber es war eine sehr interessante Erfahrung.