… oder Zufälle gibt es nicht.
Man muss das Haus verlassen, um etwas zu erleben, selbst wenn das Haus in Port Orange steht. Das war heute ein so grandioser Abend, war so toll. Das hätte ich nicht in Port Orange erlebt und erst recht nicht in Taunusstein.
Doch von vorn. Heute früh fuhr ich für drei Tage nach Winter Garden und Apopka, um den West Orange Trail zu erkunden. Das ist zwar nur knapp 100 km von Port Orange entfernt, aber ich brauche mehrere Tage dazu und wollte nicht täglich den weiten Weg zurück fahren. Darüber werde ich euch später berichten. Kurz zuvor schrieb ich eine Email an einen John, den ich zwar nicht kenne, der mich aber mal angeschrieben hatte, weil er über Bike-Ereignisse informiert werden will. Nun habe ich zwar ein Buch über Bike Trails geschrieben, aber über Bike Ereignisse weiß ich nichts. Mit einer Ausnahme, unser schönes Ereignis am 1. März. Also schrieb ich eine Email, um darauf hinzuweisen, und erwähnte auch, dass ich das Wochenende in Winter Garden sein werde. Umgehend kam eine Antwort zurück, dass er doch gleich am Orange Trail in Winter Garden wohne und er und seine Frau mich gerne treffen würden. Klar, wenn das problemlos geht, warum nicht. Ich parkte mein Auto in Winter Garden Station, fuhr den Trail zuerst in die eine Richtung, dann wieder zurück zum Auto, bevor ich die andere Richtung erkunden wollte. Und so ergab es sich super, dass ich John und Gisela für eine erholsame Kaffeepause treffen konnte. Und war überrascht, dass Gisela eine Deutsche ist. Und beide waren sehr, sehr sympathisch. Vor lauter Erzählen vergaß ich fast meine Aufgabe.
Doch die Zufälle waren für diesen Tag noch nicht erschöpft. Am Nachmittag kam ich in meine AirBnB-Unterkunft, duschte und fragte nach einem guten Tipp für ein Restaurant. Man empfahl mir La Porta, einen Mexikaner.
Nun muss ich aber erwähnen, dass ich sehr viel lese, und vor allem amerikanische Krimis. Im Augenblick ist Harry Bosch dran, geschrieben von Michael Connelly, und der Detektiv bei der Polizei von Los Angeles muss gerade den Mord an einem mexikanischen Mariachi-Musiker aufklären. Der Schuss ging direkt durch seine Vihuela, ein fünfsaitiges gitarrenähnliches Instrument. Das Opfer gehörte zu einer Mariachi-Band, die traditionelle mexikanische Musik spielen und sich am Wochenende in Los Angeles auf dem Mariachi-Platz treffen, um darauf zu warten, dass sie von jemanden engagiert werden. Erwähnt war auch, dass sie dafür traditionell gekleidet sind.
Ich war noch nie in Mexiko und kenne die Musik nicht. Der Krimi war trotzdem spannend. Und da schickte mich mein Gastgeber in dieses Restaurant. Er erwähnte schon, dass dort auch immer Polizisten essen und am Wochenende Musik spiele. Ohne diese Empfehlung wäre ich nie in das Restaurant gegangen, denn es sah ziemlich einfach aus. So ganz anders als die Lokale im blank geputzten Daytona Beach. Und drinnen saß tatsächlich der Sheriff. Schwer bewaffnet mit Frau und Tochter. Nie würde man so etwas in Deutschland sehen, aber hier ist es üblich. Die Gastwirte mögen es sogar, gibt es doch den Gästen ein Gefühl von Sicherheit. Ich fühlte mich direkt in meinen Krimi versetzt.
Zunächst musste ich aber einmal überlegen, was ich trinke. Im Angebot waren zwei Margueritas zum Preis von einem, was mich sehr anmachte. Aber dann nimmt mich draußen auf dem Parkplatz der Sheriff fest? Ach was solls. Wie sagte erst gestern mein Ex-Polizei-Offizier Roger? Die Polizei schaut nicht nach weißen gesetzestreuen Personen. Also zwei Margueritas und das Buffet. Der Polizist stellte sich nach dem Essen übrigens brav in die Schlange an der Kasse und zahlte, nicht dass man denkt ….
Und dann kam der Mann mit der Vihuela (der ja eigentlich tot sein sollte). Gitarrenähnlich ja, aber in der Größe eher wie ein Bass. Und in der traditionellen Kleidung. Ich konnte es gar nicht abwarten, dass es endlich losging, füllte die Zeit, indem ich versuchte, heimlich ein Foto vom Sheriff zu machen. Langsam trudelten auch die anderen Musiker ein, überraschenderweise waren auch zwei Frauen dabei. Und sie spielten ein Lied. Es war so schön. Und meine zwei wirklich köstlichen Margueritas hatten mich auch in die richtige Stimmung gebracht. Holte schon mal einen Geldschein aus der Tasche und richtig, die Gruppe ging von Tisch zu Tisch. Wer ihnen einen Schein zusteckte, dem spielten sie etwas. Fragten mich zuvor happy oder love. Ich sagte happy. Aber der Lovesong am Nebentisch war viel schöner, so dass ich beide aufgenommen habe. Es war richtig was los in der Bude und ich war begeistert. So ein schöner Abend. Und endlich weiß ich, wie Mariachi Musik klingt und kann meinen Krimi zu Ende lesen.