Welches Gebiet ist schöner, werde ich oft gefragt. Wohin soll ich gehen, wenn ich nur für eines Zeit habe?
Ich mag diese Frage nicht, denn ich kann sie nicht beantworten. Die beiden Ergs sind so wie man sich die Wüste vorstellt: gewaltige Gebirge aus rotgoldenem Sand. Dazu Einsamkeit, Kamele, Nomaden. Das ist es, was der westliche Tourist sucht. Schaut man sich nur den Sand an, dann sind beide Gebiete fast gleich. Gleich hoch, gleich ausgedehnt. Aber ansonsten? Ein Unterschied zwischen Tag und Nacht.
Chegaga ist einsam, es ist nur über eine schwierige Piste von 55 km zu erreichen, Mhamid der nächste Ort. An den Dünen nur einige Biwaks, Beherbergungsunternehmen mit mehr oder weniger komfortablen Zelten.
Um den Erg Chebbi gibt es fünf Dörfer, gut 100 Hotels und bestimmt 150 Biwaks versteckt im Sand. Dazu Tausende von Kamelen, die täglich die Gäste zu den Camps transportieren. Auf den ersten Blick stößt das eher ab, aber es muss ja etwas dran sein, wenn jedes Jahr tausende von Touristen zum Erg Chebbi kommen und ungleich weniger zum Erg Chegaga.
Und trotzdem, ich kann die Frage nicht beantworten. Darauf gibt es keine allgemeingültige Antwort. Für mich haben diese beiden Orte, wie eigentlich alles in Marokko, sehr viel mit persönlichen Beziehungen zu tun, und diese Dinge ändern sich manchmal. In Mhamid, das ich auch schon lange kenne, finde ich immer wieder mal etwas Neues, ob es jetzt Jamal mit seinem wunderschönen, versteckten Ksar ist, der Frauenmarkt am Nachmittag oder die schönes Festivals, immer gehe ich gerne hin. Merzouga, das früher ein bevorzugtes Lieblingsziel von mir war, bietet mir nichts Neues mehr. Ich kenne Alles und Jedes, das einzige, das ich tun kann, ist schauen, ob sich die Preise auf den Campingplätzen geändert haben oder ein neuer aufgemacht hat. Langweilig. Ich bin nun die zweite Nacht hier, aber ich fühle mich total unwohl, unglücklich. Merzouga bringt es einfach nicht mehr für mich. Ich bleibe aber noch, denn heute will ich in der Auberge du Sud wohnen. Sie gehörte zu den ersten Cafés, die es in den 1980ern bei meinem ersten Marokkobesuch um die Dünen gab, wurde dann immer mehr verschönert und vergrößert, erhielt wegen seiner Lage weitab vom nächsten Dorf erst kürzlich elektrischen Strom und ist im Augenblick vielleicht die schönste Herberge am Erg. Ich habe noch nie hier gewohnt und möchte es einmal ausprobieren.
Morgen dann gehe ich zu Ali Mouni in den Nomadenpalast. Ali kenne ich seit vielen Jahren, aber es ist manchmal auch schwer, mit ihm umzugehen. Ali ist auch so ein Rätsel für mich, aus dem ich nicht schlau werde. Früher chauffierte er mit einem alten Land Rover die Gäste von Erfoud aus zum Sonnenuntergang am Erg, dann baute er sich eine kleine Auberge weit abgelegen von den anderen und gab ihr den hochtrabenden Namen Nomad Palace. Und dieser kleine, eher unscheinbare Mann, der so gerne Haschisch raucht und ganz langsam spricht, dem man absolut nichts zutraut, hat daraus einen wahrhaftigen Palast gemacht. Jedes Jahr, wenn ich komme, ist er ein wenig größer geworden, gibt es mehr und schönere Zimmer, deren wunderschöne Einrichtung er selbst kreiert, er braucht dafür keinen Designer. In diesem Jahr kam ein langer Flur hinzu, an dessen Wänden Plakate von den unzähligen Filmen hängen, die in der Gegend von Merzouga gedreht wurden. Und einen neuen Pool gibt es auch. Den bereits bestehenden im hinteren Teil will er als Hallenbad ausbauen.