Mit Mohammed auf Piste

Können täte ich es ja auch alleine, habe es in der Vergangenheit gezeigt und brauche mir nichts mehr zu beweisen. Aber einerseits wegen der Sicherheit, vor allem aber auch, weil es mit ihm die interessantesten Strecken zu entdecken gibt, habe ich mich entschieden, Mohammed Ouattou auf die Tour mitzunehmen. Er ist von Beruf Pistenführer und kennt wirklich jeden Stein abseits der Teerstraßen. Ich bin schon öfter mit ihm gefahren und habe immer Dinge entdeckt, die ich allein nicht gefunden hätte. Und so sollte es auch heute kommen.

Vom Biwak aus fuhr ich zunächst zur Tankstelle und zitterte etwas, ob ich auch meinen Diesel auffüllen kann. Denn diese einzige Tankstelle des Erg Chebbi hat vor allem am Morgen gut zu tun. Und es gelang mir tatsächlich noch vor einem Lkw dran zu kommen, der nicht nur seinen Tank, sondern etliche Kanister auffüllen wollte für die vielen Enduros, die auf seiner Ladefläche verzurrt waren. Endurofahren wird ganz groß geschrieben im Erg Chebbi oder überhaupt in Südmarokko. Wenn ich hier überall die Quads, Enduros oder auch 4×4 durch die Wüste rasen sehe wundere ich mich immer über das Auswärtige Amt, das Südmarokko doch als gar so gefährlich ansieht und möglichst niemand hinreisen lassen möchte. Hier ist so viel los, Sicherheit vor Terror ist gegeben, Sicherheit vor Beinbrüchen aber nicht, auch heute ist wieder ein waghalsiger Endurofahrer verunglückt.

Pünktlich um 10 Uhr war ich in Taouz und Mohammed wartete schon am Ortseingang auf mich. Kurz vor uns fuhren vier deutsche 4×4 auf die Piste, allerdings nicht auf unsere. Es gibt zwei und durch Mohammed weiß ich, dass unsere nicht nur ruhiger ist, während die andere viel von Minen-LKW gefahren wird und furchtbar ausgefahren ist, unsere führt auch durch schönere Landschaft und vor allem durch herrliche Dünenfelder, die die anderen ohne Führer eben nicht kennen. Unser erstes Ziel war Tazoult, dort gibt es eine Herberge wunderschön auf einem Hügel vor einem Dünenfeld gelegen. Leider war sie geschlossen, wie dann auch die meisten an der Strecke. Freitag, da versucht jeder zu einer Moschee zu kommen. Also gab Mohammed Gas und bretterte los. Einfach quer über die Dünen wie auf einer Autobahn, es geht hinauf und hinunter, zögern darf man nicht, will man nicht stecken bleiben. Da muss man schon ganz genau wissen, wohin man will und genau dafür hatte ich ihn ja auch mitgenommen. Hin und wieder waren Spuren zu sehen, aber Moha hielt sich nicht daran, suchte seinen eigenen Weg. Man kann bis fast nach Ramlia quer durch die Dünen fahren, was die meisten nicht wissen. Aber da wir in Ouzina wieder einige Herbergen besuchen wollten, fuhren wir doch hinüber zur Piste. Und dort trafen wir dann auch wieder die vier Deutschen. Statt selbst durch das Dünenfeld zu fahren ließen sie die Drohne darüber kreisen für Aufnahmen aus der Luft.

Ramlia war unser erster Stopp. Das Cafe Oasis mitten im Dorf mit seinen bunten Säulen existiert schon seit Urzeiten, hier muss man einfach was trinken. Ahmed begrüßte mich freudig, er kannte mich, obwohl er bei meinem allerersten Besuch höchstens nach Bonbons betteln konnte, denn das war vor 32 Jahren. Meine erste Pistentour im Süden mit einem Suzuki und in Begleitung einer Freundin, einfach unvergesslich. Moha verabschiedete sich für die Moschee, es war Freitag Mittag und man traf sich zum Gebet. Selbst die Frauen wanderten dorthin.

Als wir weiter fuhren fragte Moha, ob ich die Dünen von Ahanou kenne. Nein, keine Ahnung. Wir kamen an die Kreuzung vor Tafraout Sidi Ali, wo es rechts zu der Oase von Mharech geht und wo ich vor 6 Jahren mit Moha im Sand stecken blieb. Und da geht auch eine Piste links ab, eben zu den Dünen von Ahanou, während es nach Tafraout geradeaus geht. Moha meinte, da sei es unglaublich schön. Und das war es dann auch. Rotgoldene Dünen, ein weiter Hang, und man kann auch sehr gut auf dem Sand fahren. Ein weiter Blick ins Tal, einzelne kleine spitze Hügel erheben sich, ja, das hier ist unberührte Natur. Hier sollte man sein Lager aufschlagen, schöner kann man es nicht treffen. Und so schön, wie das Auge es sieht, bekomme ich es auch nicht mit meiner kleinen Kamera eingefangen. Schade, denn diesen Anblick möchte ich gerne für die Ewigkeit festhalten. So muss ich einfach ab und zu wiederkommen. Und ein ganz zarter grüner Schimmer ist zu erkennen, Gräser drücken sich durch die goldenen Sandkörner und kleine Blüten öffnen sich. Tafraoute Sidi Ali ist wirklich unglaublich schön, aber bei den meisten Besuchern auch völlig unbekannt, und selbst die 4×4-Fahrer, die die Piste von Merzouga nach Zagora fahren, sehen die Schönheit oft nicht, da sie nur durchrasen. Es lohnt sich, in Tafraout einige Tage zu bleiben und vielleicht sich auch hier auf ein Biwak einzulassen. Das ist Tourismus abseits vom Tourismus.

In Tafraout dann wollte ich in dem neuen Hotel schlafen, mit ordentlichen, klimatisierten Zimmern und einem schönen Pool. Ich habe sogar schon ein Zimmer reserviert, doch zunächst wollten wir weiter, für meine Recherche noch einige andere Herbergen abklappern, die natürlich alle viel einfacher sind. Und vor allem wollte ich zu Said in der Auberge Dar Lajdoud, wo ich mich vor 2 Jahren sehr wohl gefühlt habe. Im letzten Jahr habe ich nicht in Tafraout, sondern in der nahe gelegenen Oase Mharech gewohnt, in einer Herberge, die Saids Bruder gehört. Als wir bei Said ankamen freute er sich sehr und bot mir natürlich an, die Nacht zu bleiben. Geht ja nicht, habe ja ein komfortables Zimmer im Les Jardins. Doch dann sah ich ihm in seine freundlichen Augen und entschied mich anders. Noch so großer Luxus kann keine Herzlichkeit aufwiegen und hier fühle ich mich  einfach wohler.

Bevor wir aber wirklich unser Lager aufschlugen wollte ich noch weitere Herbergen besuchen und vor allem die berühmte Auberge Marabout. Sie steht an einem kleinen Grabhäuschen, eben das Marabout, umgeben von einem Friedhof mitten in der leeren Wüste. Und ist daher ein fester Punkt für alle Pistenfahrer. Die gleichnamige Auberge steht ebenso seit alter Zeit und bot immer ganz einfache Zimmer und Tamtam-Musik am Abend. Und genau hier an diesem öden Platz wollte doch mein Koch im Riad Azawad sein Handwerk gelernt haben.

Beim Näherkommen hielt ich das aber nicht mehr für ganz so unwahrscheinlich. Die Auberge hat sich so sehr gemausert, dass sie sich nun Kasbah Marabout nennt. Es gibt große Zimmer mit Bad, ein gemütliches Restaurant und wahnsinniges Essen. Zwar gibt es nicht mehr den besagten Portugiesen, aber der nun marokkanische Patron hat die gute Küche beibehalten, was ich allerdings nur von den Fotos her beurteilen konnte. Großartig und ich kann jedem nur empfehlen, dort abzusteigen.