Von Taragalte nach Zagora

Das Festival habe ich nur am ersten Tag besucht. Aus den Musikgruppen, die am Abend spielen, mache ich mir nicht viel, mir gefällt besser die traditionelle Musik ohne Verstärker, die am ersten Nachmittag gespielt wurde, und die konnte an den nächsten Tagen nicht noch besser werden. Doch hörte ich, dass es abends brechend voll war. Die Einheimischen dürfen das Festival kostenlos besuchen und für die Jugend des Ortes gibt es wenig Abwechslung. Also zog am Abend eine ganze Karawane von Autos und Mopeds hinaus und leider gab es auch zwei tödliche Unfälle bei der An- und Abreise zu beklagen.

Ich genoss deshalb den letzten Tag in der Kasbah in Ruhe und ging nicht vor die Tür. Das Hotel war voll, viele Festival-Besucher wohnten dort und es gab nette Gespräche. Am Abend tauchte dann Belaid auf, ein mir gut bekannter Musiker aus Zagora, den Abdou eigens bestellt hatte, um zu spielen. Doch zunächst ging er mit Abdou zum Festival und ich saß todmüde alleine im Hotel. Um halb zehn ging ich ins Bett. Viertel nach elf dann hörte ich Musik und ging wieder raus. Und dann saßen wir bis nach zwei Uhr zusammen. War es die späte Uhrzeit, an die ich nicht gewöhnt war, oder die zwei Glas Wein? Auf jeden Fall fühlte ich mich am Morgen schauderhaft. Dennoch – ich wollte abreisen. Vier Wochen in der Kasbah sind einfach genug. Es war eine schöne, erholsame und friedliche Zeit, die ich sehr genossen habe. Die Jungs haben alles für mein Wohlbefinden getan. Aber irgendwann ist Schluss und ich muss weiter. Als ich in Zagora im Riad Fennec Sahara ankam war ich total müde und erledigt, mit Essen konnte man mir keine Freude machen und dabei wollte mich jeder einladen. Um 8 Uhr war ich schon im Bett.

Am Montag dann ging es schon viel besser, wenn auch die Energie noch nicht vollständig wiederhergestellt war. Mein Auto blieb jedenfalls in der Garage. Ich wollte zu Belaid, doch der war immer noch in Zagora, auch Mostafa war nicht in seinem Restaurant, also setzte ich mich ins Café Oscar und holte mir einen Kuchen zum köstlichen Milchkaffee. War das lecker. Endlich mal was anderes als das ewige Tajine, ich kann es einfach nicht mehr sehen. Auch an diesem Tag musste ich wieder zwei Einladungen zum Essen ablehnen, doch am Nachmittag spazierte ich zu Belaid.

Hochzeit in Zagora

Auf dem kurzen Straßenstück zwischen meiner Unterkunft und Belaids Auberge Prends ton Temps versperrte ein großes Zelt die Straße, eine Hochzeit wurde gefeiert. Ich hätte mich da nie hinein getraut, doch Belaid sagte, geh nur, die Leute sind freundlich und mögen Touristen. Ich linste also zur Tür hinein, sofort kam ein Mann und fragte, wollen Sie mal schauen. Eine schöne junge Frau stand am Treppenaufgang, er übergab mich ihr, Nora führte mich hinauf und da war dann die Hölle los. Bestimmt 200 Frauen in die schönen bestickten schwarzen Tücher von Zagora gehüllt, saßen in dem großen Raum eines ehemaligen Hotels und sangen und trommelten. Ich erfuhr, dass Nora die Braut war, sie war im Gegensatz zu den anderen in einen beigefarbenen Kaftan gehüllt, der wunderschön mit Perlen bestickt war, dazu trug sie goldene Schuhe. Sie war sehr freundlich und wir unterhielten uns in Englisch. Sie studiert Geschichte in Agadir und wird das auch nach der Heirat fortsetzen. Die Frauen waren ihre Schwestern und Freundinnen und Nachbarinnen, natürlich gab es auch ihre Mutter und damit die ältere Generation, und alle trugen unter den schwarzen Tüchern wunderschöne Kaftane in sehr unterschiedlicher Art und natürlich auch viel Goldschmuck. Das ist ein Fest, wo man sich richtig schön macht. Und ich in meiner scheußlichen Alltagskleidung daneben fühlte mich echt mies. Hätte ich das gewusst, hätte ich zumindest mein mauretanisches Kleid angezogen. Viele der jungen Frauen trugen einen Säugling auf dem Rücken oder dem Schoß, das hinderte sie aber nicht daran, zu tanzen. Die Lieder wurden vor allem von den älteren Frauen gesungen. Wir gerne hätte ich Fotos gemacht, aber das ging natürlich nicht. Aber ich dufte ein Selfie mit Nora, der Braut, machen und von den Händen ihrer Freundin, die das schönste Henna-Muster trugen, das ich je gesehen habe. Dann gab es Tee und jede Frau bekam ein kleines Päckchen mit Süßigkeiten. Ich aß zwar einen Keks, wollte das Päckchen aber als Souvenir mitnehmen, doch Nora erkundigte sich besorgt, ob ich denn die Kekse nicht mag. Aber ich konnte sie beruhigen und überzeugen, dass ich es lieber als Erinnerung aufheben möchte. Die Frauen griffen immer wieder zu den Trommeln und auch mich hielt es nicht. Genau wie Nora nahm ich zwei Teegläser und schlug sie im Takt der Musik gegeneinander. Es war richtig schwer, sich zu verabschieden, sie wollten mich am liebsten die ganze Nacht dabehalten.