Gerade komme ich von einem zweitägigen Ausflug zurück, der mir einen weiteren Einblick gegeben hat, wie man so in Florida lebt. Das Wohnumfeld hat ja sehr viel mit der sozialen Klasse zu tun. Ich selbst lebe in einer Gegend, in der Mobilheime auf eigenem Grund stehen. Sie sind nicht mehr mobil, stehen fest auf dem Land. Und die Besitzer leben meist selbst darin. Hier in meiner Gegend sind dies, wenn es Einheimische sind, meist Menschen mit einer geringeren Rente, doch ausreichend zum Leben. Doch gibt es fast zur Hälfte Häuser von Snowbirds, das heißt Leute aus dem Norden der USA oder Kanada, die hier ein Ferienhaus haben und den Winter verbringen. Nicht weit ist eine Mobilhome Community. Das sind auch meistens Snowbirds, aber die Mobilheime stehen nicht auf eigenem Grund, sondern gehören zu einer Gesellschaft, die monatliche Leasingraten verlangt (etwa 500 $), dafür aber ein Clubhaus mit Pool und Fitnessraum anbietet. Sicher ist, wenn ich in Florida gelebt hätte mit ähnlichem Beruf und Einkommen wie in Deutschland, ich hätte in einer besseren Gegend gewohnt.
Mein Ausflug führte mich nach Oviedo, ich wollte 2 Nächte dort bleiben und musste feststellen, dass es dort keine Hotels gibt. Also habe ich in AirB&B geschaut und ein tolles Haus gefunden, ich habe neulich schon ein Foto gezeigt. Nun kann ich also berichten. Das Haus steht in einer Subdivision, das ist ein Neubauviertel, von einer Baugesellschaft gebaut. Die Häuser sind immer etwas unterschiedlich, auch in der Größe, werden mit Grundstück verkauft, aber auch in einer solchen Subdivision ist meist ein Wohngeld für Gemeinschaftsanlagen zu zahlen. Auf dem Foto sah das Haus ja sehr herrschaftlich aus, man glaubte, der Besitzer muss mindestens Millionär sein. Real war es doch etwas anders. Das Haus ist schön und auch recht neu, aber die Grundstücke sind nur klein, stehen dicht an dicht, was ich so aus Daytona Beach nicht gewohnt bin. Aber Orlando ist nah, Wohnraum ist gefragt, und zu den größten Arbeitgebern der Oviedo Area gehört – für mich überraschend – Siemens.
Das Haus mit 6 Schlafzimmern hat rechts und links der Eingangstür je eine Doppelgarage (ein unerfüllbarer Traum für jeden Deutschen). Nach dem Eintritt kommt man zunächst in eine große Diele mit Sitzgelegenheiten, von der man den Blick auf den Pool hat, der durch einen Screen (gegen die Moskitos) eingerahmt ist. Recht geht es dann zur großen Küche, die in einen Wohnbereich übergeht. Links lag mein Zimmer. Es gab zwar noch ein, zwei Türen, aber da habe ich nicht reingeschaut, es wird jedenfalls nur ein Zimmer zur Miete angeboten. Von meinem Zimmer führte eine Tür in den Kleiderschrank, eine andere ins Bad mit Dusche. Groß genug, fester, heißer Wasserstrahl. Eine weitere Tür führte hinaus zum Pool. Der war leider nicht gepflegt, der Hausherr sagte mir, sie schwimmen nicht und auch der Jacuzzi wurde nicht genutzt. Was für ein Jammer. Die Familie selbst wohnt im oberen Bereich, wie viele Badezimmer es dort genau gibt kann ich nicht sagen. Und die Klimaanlage ist super und sehr leise.
All das würde in Deutschland Luxus hoch drei bedeuten. Deshalb war ich auch sehr gespannt, etwas über die Familie zu erfahren. Und das war doch ziemlich überraschend. Die Familie stammt aus Indien, kam 2010 nach Kanada und hat die kanadische Staatsbürgerschaft. Der Mann wurde von Siemens geholt, ist aber kein IT-ler wie man denken könnte, sondern bezeichnete sich als Techniker. Im Jahr 2017 schickte ihn Siemens dann nach Florida. Dass er kein Manager ist sah man daran, dass er eher einen „9 to 5“ Job hat. Die Frau ist Lehrerin, sie haben zwei Söhne. Der eine ist noch in Kanada und studiert dort Medizin, der andere ist zu Hause. In dem Riesenhaus wohnen also 3 Personen und die Einkommensschicht erscheint mir ziemlich durchschnittlich, so wie in meinen Kreisen in Deutschland. Ich finde es wunderschön, was eine Migrantenfamilie in Amerika erreichen kann, so was ist in Deutschland nicht so einfach, denn selbst eine deutsche Familie kann sich kaum ein solch hübsches und großes Haus in dieser Einkommensklasse leisten. Da kann man schon ein wenig neidisch auf USA werden.
Von daher gebe ich der Unterkunft auf jeden Fall 5 Sterne, vor allem auch, weil beide Hausherren sehr freundlich waren. Lata fragte oft, ob sie noch etwas für mich tun kann und versorgte mich gleich mit Papierfiltern für die Kaffeemaschine. Auch die Nähe zu meinem Biketrail und zu einem Park, den ich noch besuchen wollte, waren ideal, ich würde jederzeit wieder hingehen.
Aber – eines muss ich doch anmerken. Ja, ich habe mir gewünscht, dass dies mein Haus wäre. Dass ich es einrichten könnte. Ganz klar würde ich als erstes den Pool in Ordnung bringen und vor allem den Jacuzzi. Aber ich würde auch eine richtig gemütliche Einrichtung hinein bringen. Das Familienzimmer war eher kalt und ungemütlich, da hat viel gefehlt. Ach, warum haben immer die falschen Leute so schöne Häuser. Sorry, aber man kann ja mal träumen. Ich gönne es ihnen von Herzen.