1.4. Arbeiten wo andere Urlaub machen

Ich bin ja nicht auf Urlaub in Marokko, wer könnte sich schon vier Monate Urlaub leisten, sondern ich habe mein Büro nur mobil auf Reisen verlegt. Und gerade die letzten Tage sind ziemlich viel Arbeit, die Hochsaison zeichnet sich an jeder Ecke ab. Da eine meiner Kunden heute abreisen sollte, sie hatten ein Toubkaltrekking mit Wüstentrekking verbunden, holte ich sie kurzerhand selbst am Riad ab. So konnte ich nicht nur das Riad mal anschauen, das sie sich selbst ausgesucht hatten, ich konnte vor allem ein Feedback aus erster Hand erhalten. Wie es in der Wüste läuft weiß ich ja ganz gut, aber mit dem Toubkaltrekking habe ich weniger Erfahrung. Es war ein junges, schweizer Paar mit Bergerfahrung. Sie hatten natürlich vorher gefragt, ob der Toubkal um diese Zeit möglich ist, wie das Wetter sein wird, aber ich musste meine Standardantwort geben, dass ich es nicht weiß, dass keiner das Wetter vorhersagen kann. Und so war es ja auch, sie hatten unwahrscheinliches Glück und hatten bis zur Toubkalhütte gutes, trockenes Wetter, nur die Gipfelbesteigung war im Schnee, wofür sie ausreichend Material dabei hatten. Ich selbst war eine Woche später in Imlil und da sah es komplett anders aus, Schnee bis Imlil und an diesem Tage wäre der Marsch nicht möglich gewesen. Es sind halt die Berge, und die sind unberechenbar.

So gab es also von den Beiden nicht nur ein gutes, sondern ein begeistertes Feedback. Vor allem auch mit dem Bergführer und dem Koch waren sie höchst zufrieden, der ihnen sogar unter den einfachen Bedingungen ein tolles Tajine gezaubert hat.

Und auch an der weiteren Reise über den Hohen Atlas, zu den Schluchten des Dades und Todra nach Tamtatouchte hatten sie nichts auszusetzen. Unterwegs sind sie immer mal wieder ein paar Kilometer zu Fuß gegangen und in Tamtatouchte wartete dann Mohammed von der Kasbah Les Amis und führte sie auf einem Spaziergang durchs Dorf. Das ist immer das Highlight, weil Mohammed nicht nur sehr freundlich ist, sondern einige Jahre in Deutschland gelebt hat und gut deutsch spricht. Weiter in der Wüste hatten sie dann zwei Übernachtungen in Biwaks und als am Erg Chegaga sich ein Sandsturm zusammenbraute wurden sie kurzerhand ins bequemere Luxuscamp umgebucht, das ansonsten richtig teuer ist. Und die Beiden empfanden den Sandsturm dann als eine zur Wüste gehörige interessante Erfahrung. Alles in allem also eine gelungene Reise, das freut mich immer wieder zu hören. Ich werde ganz sicher versuchen, im nächsten Jahr auch wieder in der Hochsaison März/April im Land zu sein und so viele Kunden wie möglich zu treffen.

Und auch das Riad war sehr, sehr hübsch. Es heißt Dar Crystal, liegt ein wenig hinter dem Bahia-Palast versteckt, und wenn ich es zunächst nicht gefunden habe, dann lag das nicht daran, dass es so schwierig ist, sondern dass die Marokkaner einfach nicht in der Lage sind, eine Wegbeschreibung zu geben. Das Riad ist ganz in weiß gehalten, hat einen sehr schönen begrünten Innenhof mit kleinem Wasserbecken, eine große Dachterrasse, wo man nicht nur über die Stadt, sondern auch auf viele Terrassen von Riads blickt, die in der Nähe liegen. Ein Franzose, Bruno, führt das Riad und es ist immer ganz gut zu tun. Da die Räume lang und schmal sind, sind zwar jeweils geräumige Badezimmer entstanden, aber ums Bett herum gibt es nicht viel Platz, da das Zimmer gerade mal so breit ist wie das Bett. Auf dem Dach sind dann eine weitere Suite mit privater Terrasse und eine Hammam mit Massageraum.

Auf der Fahrt zum Flughafen dann sah ich plötzlich eine ganze Reihe geparkter Wohnmobile. Da ich ja immer im Dienst bin habe ich das sofort gecheckt, hier hat sich tatsächlich ein neuer Stellplatz gebildet, auf dem sehr viel Platz ist. Hunderte von Fahrzeugen passen darauf. Er ist direkt vor der Stadtmauer, Kamele liegen malerisch für die Touristen bereit und zum Djemaa el-Fna sind es genau 800 Meter. Ich habe mich mit einem Franzosen unterhalten, er sagte mir, noch gibt es keinen Wächter, keine Gebühr und keine Probleme. Sicher bleibt das nicht immer so. Wo die Behörden in der Stadt inzwischen wie zu Hause jeden Zentimeter Parkraum vermarkten wird sich hier bis zum nächsten Jahr sicher auch was tun.

Am Flughafen dann das gleiche Bild, das ich schon kenne, auf dem großen Parkplatz standen zwei Wohnmobile und die Gebühr beträgt immer noch 30 DH.

Zurück im Büro – eh sprich Hotel – warteten dann mehrere Emails auf mich. Die interessanteste: Eine Anfrage für eine Rundreise über zwölf Tage, Start am 8. April. Das ist eine Herausforderung in der Hochsaison und geht auch nur, wenn der Kunde praktisch am anderen Ende ebenfalls dauernd online ist. Bis in die Nacht haben wir gearbeitet, die Agentur hat super mitgemacht und in weniger als 24 Stunden hatten wir die ganze Rundfahrt mit Hotels in trockenen Tüchern. Und noch nicht einmal die schlechtesten. Das geht nur, wenn man eine renommierte Agentur im Rücken hat, die einen guten Draht zu den Hotels hat.

Aber auch abgesehen davon scheint sich jeder im letzten Moment für einen kleinen Ausflug in die Wüste zu interessieren und ich konnte mehreren Leuten helfen, noch etwas Schönes aus ihrer Marokkoreise zu machen. Es gibt wohl inzwischen eine Reihe von Flügen aus Deutschland nach Marrakech und die Stadt wird gerne besucht. Und irgendwie machen mir gerade diese Last-Minute-Angebote am meisten Spaß, vor allem auch, weil wir den Preis halten können und bisher noch keinen Hochsaisonzuschlag erheben mussten.

Abends dann war ich mit Abdou im Azar. Ein neues Restaurant in Gueliz ganz im Stil dieser Stadt. Viel Schau und wenig dahinter. Es gehört dem gleichen Besitzer wie Comptoir Darna und ist ähnlich aufgemacht, die Küche nennt sich Oriental und Mediterran. Am Eingang brennen Fackeln, der Tormann ist aber nicht wie beim Comptoir orientalisch gewandet, sondern im Anzug, und im Restaurant flackern die Kerzen. Es ist eine schöne, angenehme Atmosphäre, aber das Essen enttäuscht mich genauso wie in fast allen den neuen Lokalen Marrakechs. Gut sind die Mezze, die libanesischen Vorspeisen. Ich hatte mir nur Hummus bestellt, das war gut, aber das dazu gehörige Brot kam erst auf Nachfrage. Als Hauptgericht hatte ich mit Rindfleisch gefüllte Ravioli bestellt, dazu gehörte irgendwie noch Spinat. Was kam war ein großer Teller mit ganz wenigen Ravioli, eine braune Soße darüber und ein Klecks Blattspinat. Ideal für eine Diät, absolut nichts zum Sattessen. Am besten war das Dessert, ich hatte Profiteroles mit Schokofondant, die waren lecker, nur … als Besteck gab man mir einen großen Esslöffel. Wie ich damit das Fondant aus dem süßen, kleinen Töpfchen bekommen sollte und dann die Profiteroles in meinen Mund war schon eine Herausforderung. Und die Bauchtänzerinnen, die dann noch kamen, waren zwar jung und hübsch, aber alle Bauchtanzschülerinnen in Wiesbaden haben mehr Feuer.

So, und wo kriegen wir nun noch was zu essen?