Wenn ich Kamel El Kacimi in der Kasbah des Arts in Agdz besuche ist immer das schönste, wenn wir einfach so in der Umgebung drauf los fahren. Dabei haben wir schon die wunderbarsten Stellen entdeckt, wo nie Touristen hinkommen. Im letzten Jahr haben wir unseren privaten Pool dabei entdeckt, eine herrliche Stelle, wo der Dra immer Wasser führt und man wunderbar in klarem Wasser baden kann. Diesmal haben wir eine andere Piste ausprobiert, wir hatten keine Ahnung wohin sie führen wird. Es ging ganz weit hinter dem Jebel Kissane entlang, dort, wo weit und breit keine Asphaltstraße ist. Hier sind auch keine Dörfer zu finden, aber die Landschaft ist wunderbar, es geht durch wilde felsige Schluchten. Wir fahren die ganze Zeit entlang eines trockenen Flussbetts, hin und wieder von kleinen Pflanzungen gesäumt. Auch hier werden nun Wassermelonen angebaut, das ist das neueste. Die Wassermelonen, die seit wenigen Jahren erst bei Zagora in der Wüste heranreifen, sind die ersten auf dem Markt und erzielen die höchsten Preise. Nun versucht jeder, auf dieser Welle mitzuschwimmen, aber irgendwann ist das Angebot einfach zu groß. Wir fahren immer weiter und suchen ein schönes Plätzchen für ein Picknick, Brot und Ölsardinen haben wir dabei. Das Brot wurde in der Familie gebacken, denn heute streiken alle drei Bäcker von Agdz. Aber den Einheimischen macht das nicht allzu viel aus, denn Brot wird immer noch sehr häufig zu Hause gebacken.
Wir wissen nicht so recht, wo uns die Piste hinführt, sie ist recht gut. Ab und zu halten wir mal, in Abständen steht ein Bauernhaus am Wegesrand, und es gibt sogar eine Schule. Aber keine Leute, die man mal fragen könnte. Eigentlich will ich schon lange umdrehen, oft sieht es so aus, als wäre der weitere Weg von einem Berg versperrt, aber da ist immer noch eine Kurve vor uns, und ich will einfach wissen, was dahinter kommt. Dann hören die Autospuren auf und es sind nur noch Mopedspuren zu sehen. Also noch diese Kurve an dem engen Durchlass da und wir drehen endgültig um. Sind ganz erstaunt, als hinter der Kurve ein großes, hübsches Haus auf der Bergeshöhe steht, so hübsch verziert, es könnte fast eine Auberge sein. Und direkt davor ist dann endgültig die Piste zu Ende, ist das Tal ringsum von Felsen eingeschlossen.
Kamal steigt hinauf zum Haus um sich zu erkundigen. Und winkt mir gleich runter, ich soll doch zum Tee kommen. Wir werden eingeladen von Mohammed (wie sonst?) und seiner Familie, er hat acht Kinder. Seine Eltern waren Nomaden in dieser Gegend, aber er hat sich nun in dem windigen Tal dieses schöne Haus auf einer Anhöhe erbaut. Er lebt damit wirklich am Ende der Welt, denn hier geht es nicht mehr weiter. Alle seine Lebensmittel und das Diesel für die Motorpumpe muss er im 25 km entfernten Agdz kaufen und mit dem Moped heim transportieren.
Vor dem Haus steht ein Pfahl, an dem sind zwei Sandalen befestigt. In jeder steckt ein Handy, Mohammeds Telefonzelle. Nur an dieser einen Stelle ist Mobilfunkempfang, wenn sein Handy klingelt, muss er schnell vom Haus zum Pfahl laufen. Mohammeds Frau hat uns würzigen Tee zubereitet und dann kommt das frisch gebackene, noch heiße Brot herein, dazu eine Schale mit Öl. Mir schmeckt das köstlicher als alle die Tajines, mit denen ich die letzten Tage gefüttert wurde. Und die Bäcker können ruhig weiter streiken. Zum Glück habe ich noch ein paar Kleidungsstücke zum Verschenken im Auto. Mohammed ist ganz verwirrt, er hat für seine Gastfreundschaft keine Gegenleistung erwartet, aber wir insistieren, und er sagt, das ist Maktoub. Das hat Allah gesandt.