6.1. Weichei

Diese luxuriösen Tage in meiner Prinzessinnensuite im Tichka haben mich doch etwas verweichlicht. Ich hatte mal wieder einen guten Plan, zunächst die neue Straße Zerkten (Tichka) – Demnate fahren, dann weiter Richtung Skoura, aber unterwegs übernachten in Toufghine. Dort hatte ich mir vor ein paar Jahren mal eine Gite angeschaut mit einem sehr netten Inhaber, der mir viele gute Tipps gegeben und einen Tee mit leckerem Brot und Honig dazu serviert hatte.
Aber immer kommt es anders. Die Gite ist noch da, alles unverändert. Der eine Bruder, mit dem ich gesprochen hatte, konnte gut französisch, aber er ist nicht da. Der andere Bruder spricht nur wenig Französisch, ich kann mich schlecht verständigen und er kann sich auch nicht an meinen Besuch erinnern. Ich schaue mir die Schlafräume an. Nur ein Matratzenlager, dünne Matten, dicht an dicht. WC und Dusche zwar sauber gekachelt, aber weit weg. Nein, das tue ich mir nicht an. Es ist schon spät, aber ich erkläre ihm, ich muss unbedingt Skoura noch erreichen. Er nimmt mich zumindest mit in die Privaträume, wo gerade alle Frauen der Familie um einen Teppichknüpfstock sitzen, Tee trinken und leckeres Schmalzgebäck essen. Nun, wenn das alles schon bereit ist, dann verliere ich ja keine Zeit.
Aber von vorn:
Im letzten Jahr übernachtete ich im Hotel Chems du Lac, am Stausee Bin el-Ouidane. Eine Gruppe von Motorradfahrern saß mit mir beim Abendessen. Sie waren die neue Straße von der Tichka-Passstraße herüber gekommen, die noch nicht in der Karte markiert ist. Und waren ganz begeistert. Ich habe die Route dann schon in mein Südmarokkobuch aufgenommen, wollte sie aber unbedingt selbst kennenlernen. Und habe es nicht bereut, es ist einfach immer ein herrliches Abenteuer, eine neue, unbekannte Route zu fahren. Man freut sich über jeden schönen, neuen Ausblick.
Die Straße ist durchgehend asphaltiert, aber auch wenn sie recht neu ist, haben Wettereinbrüche doch schon wieder Teile davon geschwemmt. Für Motorradfahrer und 4×4 einfach ideal, sehr schöne Landschaft, für Wohnmobile nicht so geeignet. Vor allem das erste Stück ist wunderschön. Auf halber Strecke liegt dann sehr idyllisch der Stausee Moulay Youssef, ganz einsam, nur von Militär bewacht. Auf dem großen Parkplatz vor der Staumauer soll man auch übernachten dürfen.

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Danach war es nicht mehr ganz so aufregend bis Demnate. Dort fuhr ich weiter Richtung Skoura. Noch vor wenigen Jahren war dies eine Piste, die im mittleren Teil nur für Maultiere möglich war. Dann hat man fast über Nacht eine Asphaltstraße gebaut, die ich auch im ersten Jahr gefahren bin. Sie war natürlich sehr gut und für alle Fahrzeuge möglich. Das hat sich nun aber doch geändert, denn es ist immerhin mitten im Hohen Atlas, die Winter sind hart und wenn es mal regnet kommen ganze Sturzbäche die nicht befestigten Hänge hinunter. Also ist auch diese Straße wieder ideal für Bike und 4×4, aber die Aneinanderreihung von Schlaglöchern werden einem großen Wohnmobil sicher nicht gut tun.
Es war also schon 16 Uhr, als ich in Toufghine ankam. Und das Schlaflager trotz den freundlichen Menschen verschmähte. Als Möglichkeit blieb nur, noch etwas einfacher bei einer Familie zu übernachten, die ich vor Jahren einmal kennenlernte, als dies noch Piste war und ich umdrehen musste, weil vierrädrige Fahrzeuge nicht weiter kamen. Der Bewohner wollte mir sofort sein Maultier ausleihen, weil er dachte, ich müsse unbedingt irgendwie über den Berg kommen. Sie hätten sich sicher gefreut, wenn ich sie mal wieder besucht hätte. Aber ich wollte doch lieber ein weiches Bett. Also fiel mir der Camping Ameridil ein, bei Skoura. Jedes Jahr fahre ich da vorbei, jedes Jahr lädt man mich ein, zu übernachten, und jedes Jahr sage ich nein. Also habe ich noch von der Piste angerufen, sie haben sich total gefreut. Und ich habe es tatsächlich geschafft, bis um 17:50, als es dunkel wurde, die kurvige Bergstraße hinter mir zu lassen und hatte nur noch gerade Straße. Als ich um 18.30 Uhr ankam, war mein Duschwasser geheizt, mein Zimmer bereit und das Tajine duftete.
Ach, das ist doch mein Marokko.